Germania. Jaargang 6
(1903-1904)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdHermann Althofs ‘Waltharilied’
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in den letzten Jahren das Interesse für das Lied gestiegen, und unablässig suchen Philologen und Uebersetzer das herrliche Werk einem immer volleren Verständnisse entgegenzuführenGa naar voetnoot(1). Ganz besonders hat sich Prof. Althof in Weimar um seine Erklärung und Verbreitung in weiteren Kreisen verdient gemacht. Seine exegetischen und kritischen Arbeiten, welche sich mit dem ‘Waltharius’ beschäftigen und immer neue willkommene Aufschlüsse zutage fördern, bilden schon eine recht hübsche Serie. Vor acht Jahren erschien zum ersten Male seine schöne Uebertragung des Liedes in wohlgebauten Hexametern; dann kam im Jahre 1899 der höchst verdienstliche erste Teil einer zusammenfassenden, kritischen und erklärenden Ausgabe der DichtungGa naar voetnoot(2), deren zweiter abschliessender Teil hoffentlich recht bald erscheinen wird. Nun hat der unermüdliche Gelehrte die schon in dritter Auflage bei Göschen erschienene Verdeutschung, welche besonders den Zwecken der Schule dienen sollte, in grösserer Ausgabe mit ausführlicher Einleitung und eingehenden Erläuterungen veröffentlicht, die bestimmt ist, ‘eine vollkommenere Kenntnis des Liedes und der Sage von Walther und Hildegunde zu vermitteln’Ga naar voetnoot(3). Das neue Buch, das von der Verlagsbuchhandlung aufs schönste gedruckt und ausgestattet worden ist, setzt sich aus mehreren Teilen zusammen. In der Einleitung unterzieht der | |
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Verfasser zunächst in grossen, kräftigen Zügen die deutsche Volksdichtung im frühen Mittelalter und das Verhältnis der Geistlichkeit zu ihr einer recht anregenden Betrachtung, führt uns dann nach der ehrwürdigen Abtei von Sankt Gallen, in deren stillen Mauern das Waltharilied einst entstanden ist, und erzählt uns von der emsigen literarischen Tätigkeit der Jünger des Benedictus, die dort in frommer Abgeschiedenheit ihre Tage verbrachten. Sehr interessant und wertvoll ist dann das folgende ziemlich ausgedehnte Kapitel der Einleitung, in dem sich Althof mit der Persönlichkeit des Dichters beschäftigt und das Werk selbst einer eingehenden, liebevollen Analyse unterwirft. Mit feinem Blick weist er auf alle jene Feinheiten der Komposition und der Erfindung hin, die uns den Sang so lieb und anheimelnd machen. Besonders schön sind die verschiedenen Charakteristiken, die Althof uns von jenen trotzigen, blonden germanischen Kriegern giebt, in denen ja ein Nietzsche den Typus höherer Menschlichkeit zu finden glaubte. Am besten hat mir die Art und Weise gefallen, in der der Verfasser Hagens Individualität analysiert und uns den ergreifenden Seelenkampf vergegenwärtigt, der in seiner Brust wogt, während Walther sich mit den Frankenrecken in Waften mass und als der tragische Augenblick herannaht, da das einst so eng verbundene Freundespaar die Klingen kreuzt zum Streite auf Leben und Tod. - Den Kern des Buches bildet die vielgelobte hexametrische Uebersetzung des Walthariliedes in zwölf Abenteuern die dem Original vielleicht doch allzu genau angepasst ist. Soll der Waltharius wirklich in der abgelebten Form des Hexameters, die Althof allen andern Versmassen vorzieht, eine Stätte in der deutschen Literatur finden, so müsste der Uebersetzer ein wenig mehr von seinem ängstlichen Anklammern an den Urtext abgehen, als er es tut. Doch dies nur im Vorbeigehen! Der Verdeutschung folgen auf 50 Seiten ausführliche Erläuterungen, die besonders | |
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über die deutschen Altertümer mannigfach belehren. Den Abschluss des Werkes bilden zwei Abhandlungen, in denen Althof die weitere Verbreitung und Bearbeitung der Walthersage erschöpfend erörtert und dem Leser in Wort und Bild den angeblichen Schauplatz der Kämpfe Walthers im Wasgenwalde vor Augen führt. - Im grossen und ganzen ist Althofs neues Waltharibuch ein schönes Beispiel deutscher Gelehrtenarbeit. Möge es allen Lesern, die es zur Hand nehmen, den gleichen Genuss bereiten, den es mir gewährt hat! |
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