Germania. Jaargang 6
(1903-1904)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
[pagina 559]
| |
Eine neue Erwerbung der Königlichen Bibliothek zu Berlin
| |
[pagina 560]
| |
zudem meist als Ganzes einer nordamerikanischen Universitätsbibliothek einverleibt sind, im Ausland eine besondere Mission erfüllen und den Vertretern der Wissenschaft in einer jugendlich kräftig aufstrebender Nation eindränglicher als Worte es könnten zeigen, mit wie vieler Mühe und Selbstaufopferung von tausenden von schlichten Handwerkern aus den Reihen der alten Kulturvölker die Steine zum stolzen Bau moderner Wissenschaft erst herbeigeschafft worden sind. Kommt noch hinzu, dass der pietätvolle Sinn eines ehemaligen Schülers, wie es bei der Bibliothek von Ernst Curtius der Fall war, den Erwerb veranlasst, dann kann man es wohl verstehen wenn dessen Witwe, die edle nun auch heimgegangene Frau, diese Ueberführung als eine durchaus angemessene empfand und auch voller Hochherzigkeit das schöne von Künstlerhand ausgeführte Porträt ihres Mannes mit über das Weltmeer sandte, damit es den Arbeitsaal, für den die Bibliothek bestimmt ist, schmücke. Wie nun aber für das Ausland deutsche Gelehrtenbibliotheken einen ganz ausserordentlichen Werth haben, der im Inland unmöglich gezahlt werden könnte, so bedarf auch Deutschland selbst trotz aller Aufwendungen für unser in vieler Beziehung musterhaft organisirtes Bibliothekswesen der Zufuhr frischen Blutes durch Büchereien die in fremden Ländern unter besonders günstigen Bedingungen von bestimmten Gesichtspunkten aus zusammengebracht sind. Selbst die Königliche Bibliothek in Berlin, die sich mehr und mehr zu einem das Schrifttum aller Kulturnationen umfassenden Magazin ausweiten wird, hat in der Beziehung noch gewaltige Lücken auszufüllen. Noch vor einem Menschenalter war, um ein Beispiel herauszugreifen, der Bestand an niederländischen Zeitschriften dort ein ganz geringer und selbst gegenwärtig ist die Zahl der gehaltenen Journale jedenfalls nicht ausreichend,umeine vollständige Uebersicht über | |
[pagina 561]
| |
die geistigen Strömungen in Holland und Belgien zu ermöglichen! Mit um so grösserer Freude wird man daher in den Niederlanden davon Kenntniss nehmen, dass nach einer Mitteilung im Aprilheft des Zentralblatts für Bibliothekswesen (Leipzig, Harrassowitz) die Königliche Bibliothek zu Berlin kürzlich von der Stadt Delft die sogenannte niederländisch-indische Bibliothek erworben hat, die ehemals der 1842 ebendort errichteten neuerdings aber wieder aufgehobenen Niederländisch-Indischen Akademie gehörte. Diese Bücherei umfasst eine fast vollständige Sammlung der ganzen die holländischen Kolonien betreffenden so wichtigen Literatur. Sie ist für Deutschland um so bedeutsamer, weil für das zuletzt in die Reihe der Kolonialvölker eingetretene Reich die stammverwandten Nordniederländer die gegebenen Lehrmeister sind. Ungefähr 10000 Bände, etwa 120 Karten und Atlanten, Photographie-Sammlungen, alle möglichsten Schriftund Zeichenvorlagen sowie einige Handschriften enthält die Sammlung, deren Werth noch durch die ihr einverleibten in Niederländisch Ostindien in einer der dortigen Sprachen erschienenen Veröffentlichungen wesentlich erhöht wird. Als im vorigen Jahre Alfred Zimmermann sein schönes und umfassendes Werk über die Europäischen Kolonien mit einer eingehenden Schilderung der Kolonialpolitik der Niederländer abschloss,Ga naar voetnoot(1) konnten ihm die deutschen Bibliotheken nicht genügen, vielmehr waren es die reichen Schätze des britischen Museums, die die Grundlage für seine Darstellung abgaben. Nun ist es nicht ohne Interesse vom Autor zu erfahren, wie die Hunderten von Büchern, die er dort benutzen musste, der Mehrzahl nach nicht gebunden und sogar nicht einmal aufgeschnitten waren, ein augenscheinlicher Beweis wie gering in | |
[pagina 562]
| |
England das Bemühen ist, die Kolonialgeschichte anderer Völker verstehen zu lernen. In Berlin wird es, so hoffen wir zuversichtlich, anders sein; die Verordnungen und Reglements der holländischen Regierung, die vielen kleinen Broschüren über die Geschichte, die Verwaltung, den Handel, die Industrie, den Ackerbau, die Verkehrsverhältnisse, die reiche Literatur über das Recht der Eingeborenen, sie alle bieten ein so verlockendes Rohmaterial dar, dass sehr bald junge deutsche Juristen, Historiker und Nationalökonomen es in Angriff nehmen werden. So wird auch dieser so glückliche Kauf der Königl. Bibliothek zu Berlin dem Ziele dienen, das wir mit dieser Zeitschrift verfolgen: auf dem Gebiet der Wissenschaft und Kultur werden neue Berührungs- und Anziehungspunkte geschaffen werden. |
|