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Der Schriffahrtsverkehr in den deutschen Rheinhäfen
Die Nachricht, dass Deutschland die Einführung von Zöllen oder besser gesagt von Stromabgaben auf dem Rheine plane, ist schon widerrufen. Aber bei der starken Bewegung, welche diese Nachricht hervorgerufen hat, ist eine Betrachtung der grösse des Rheinverkehrs von Belang.
Seit Mitte der 70er Jahre hat sich der Rheinstrom infolge der Aufhebung der Rheinzölle und der Durchführung der Stromregulierung zu einer der grossartigsten Verkehrsstrassen der Welt entwichelt. Zahlreiche neue Hafenanlagen sind entstanden und haben einen bedeutenden Verkehr an sich gezogen. Den grössten Schiffahrtsverkehr unter den Rheinhäfen weist im Jahre 1902 Duisburg auf mit über 6,620,000 t. Gleich Ruhrort besteht der Umschlag Duisburgs vorwiegend in der Abfuhr von Kohlen, die 58,5% des Gesamtverkehrs ausmachte. Der Erzverkehr hat
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infolge der wirtschaftlichen Krisis um 200,000 t. abgenommen. Der Gesamtverkehr in Erz erreichte noch nicht 800,000 t. Ebenso ist die Holzzufuhr gegen das Vorjahr zurückgegangen von 324,000 t. auf 265,000 t. Gegen das Jahr 1900 beträgt der Ausfall sogar 135,000 t. Dieser grosse Rückgang in der Holzanfuhr ist eine unmittelbare Folge des schlechten Geschäftsganges im Rheinisch-Westfälischen Industriegebiet. Eine Zunahme hat dagegen die Anfuhr in Getreide erfahren und zwar von 576,000 t. auf 616,000 t. Der Getreideverkehr wickelt sich hauptsächlich in dem vor Hochwasser geschützten Innenhafen ab. Zahlreiche Speicher, mehere Getreidemühlen mit 17 Elevatoren beweisen, dass Duisburg einer der bedeutendsten Getreidehandelsplätze Deutschlands ist. Von Bedeutnng ist ferner im Jahre 1902 die Abfuhr von verarbeitetem Eisen aller Art gewesen, welche von 47,000 t. auf 92,000 t. gestiegen ist. Diese Zahlen kennzeichnen klar die Not unserer Industrie, die bei dem kargen Absatze im Inlande auf das aufnahmefähigere Ausland angewiesen war. An feuerfestem Rohmaterial wurden 31,000 t. angefahren und an Petroleum 27,000 t. Der Stückgutverkehr Duisburgs tritt hinter dem Verkehr der Massengüter gänzlich zurück. Er betrug 1901 nur 104,000 t. Hinsichtlich des Stückgüterverkehrs steht daher Duisburg auch erst an fünfter Stelle unter den deutschen Rheinhäfen. Selbst von Düsseldorf ist Duisburg seit Inbetriebnahme seiner neuen Hafen- und Kaianlagen überholt worden. Da das Hinterland Duisburgs mindestens ebenso aufnahmefähig ist als dasjenige Düsseldorfs, so ist die Ursache für die Entwickelung nur in den unzureichenden Ladestellen am Duisburger Rheinufer zu suchen. Düsseldorf und Köln besitzen am Rheinufer zahlreiche Lagerschuppen und Krane, die in der Hauptsache nur den Stückgüterverkehr
vermitteln. Stückgüter pflegen nicht in ganzen Schiffsladungen nach den einzelnen Häfen befördert zu werden, sondern es wer- | |
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den von den Güterdampfern die für die verschiedenen Häfen bestimmten Teilladungen in kurzem Anfahren aus- und eingeladen. Will daher Duisburg seinen Stückgüterverkehr heben, so ist die Anlage von Ladestellen am Rheinufer unbedingt erforderlich. Vielleicht bietet der Bau des neuen Hafens Gelegenheit an der Mündung desselben am Rheinufer Stückgüterschuppen einzurichten.
Der Güterumschlag Ruhrorts is gegen das Vorjahr um 460,000 t. zurückgegangen und beläuft sich im Jahre 1902 auf 6,317,000 t. In Ruhrort überwiegt die Abfuhr von Steinkohlen noch mehr als in Duisburg und erreicht fast 71% des Gesamtverkehrs. Die Anlagen des Ruhrorter Hafens sind daher zum grössten Teile auch für die Kohlenverschiffung eingerichtet. 10 Kipper dienen dazu, um ganze Wagenladungen direkt von der Eisenbahn in das Schiff zu stürzen. Daneben bestehen noch 17 hochwasserfreie und 98 gewöhnliche Ladebühnen, von denen aus die in den Magazinen lagernden Kohlen unter Vermittelung einer Schüttrinne in das Schiff befördert werden. An zweiter Stelle steht wie in Duisburg der Erzverkehr mit 1,055,000 t. Gegen das Vorjahr ist eine Abnahme von 210,000 t. zu verzeichenen. Auffallend ist der Rückgang in der Zufuhr von Eisenerz talwärts, d.h. im Bezuge der lothringischen Minette in beiden Häfen. In Ruhrort ist die Zufuhr an Minette von 144,000 t. im Jahre 1899 auf 64,000 t. im Jahre 1902, in Duisburg von 104,000 t. im Jahre 1889 auf sogar nur 10,000 t. zurückgegangen. Die Zufuhr von Erzen zu Berg, d.h. von vorwiegend schwedischen und spanischen Erzen beträgt dagegen in Ruhrort 980,000 t. im Jahre 1902 und in Duisburg 777,000 t. Die Abnahme der Minnettezufuhr ist zum Teil eine Wirkung der Ausschliessung von Oberlahnstein von dem Erzausnahmetarif der preussischen Eisenbahnverwaltung. Um den Vorsprung, welchen die binnenländischen Werke durch den Erzausnahmetarif und durch ihre
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Lage im Kohlengebiete erhalten haben, auszugleichen, waren die am Niederrhein gelegenen Hochofenwerke auf die ausländischen Erze angewiesen. Wenn nicht einige dieser Werke aus früherer Zeit her noch Erzlager in Lothringen besässen, so würde der Bezug von Minette auf dem Rhein wohl vollkommen aufgehört haben. Die Holzzufuhr besteht in Ruhrort hauptsächlich in fertig geschnittenem Grubenholz, das Flossholz tritt sehr zurück. Die Gesamtanfuhr betrug im Jahre 1902 82,000 t. Das Getreidegeschäft ist in Ruhrort gegenüber Duisburg nur bescheidenen Umfanges, die Zufuhr geht schon seit Jahren immer mehr zurück und ist auf 54,000 t. gesunken.
An dritter Stelle unter den Rheinhäfen steht Mannheim mit Rheinauhafen, das seiner günstigen Lage am oberen Endpunkte der grossen Reinschiffahrt und der einsichtigen Tarifpolitik der Badischen Eisenbahnverwaltung seine ausserordentlich rasche Entwicklung verdankt. Der Gesamtumschlag belief sich im Jahre 1902 auf rund 5,730,000 t. Vornehmlich sind es auch in Mannheim Kohlen, die einen Hauptteil des Verkehrs ausmachen. Im Jahre 1902 wurden 2,230,000 t. Kohlen in Mannheim ausgeschifft und entweder in Magazinen gelagert oder direkt in Eisenbahnwagen verladen. Nächst Kohle ist für Mannheim Getreide der wichtigste Zufuhrartikel. Nicht weniger als 863,000 t. Getreide wurden im Jahre 1902 dort angefahren, an Weizen allein 664,000 t. Von der gesamten Weizeneinfuhr Deutschlands kommt etwa ein Viertel auf Mannheim, das daher auch der bedeutendste Weizenhandelsplatz Deutschlands ist. Sehr hervorragend ist ferner die Petroleumzufuhr, die sich auf 102,000 t. belief. Hinsichtlich des Stückgüterverkehrs überragt Mannheim alle übrigen Reinhäfen bei weitem. Im Jahre 1901 wurden dort mehr als 417,000 t. Stückgüter angefahren. In weitem Abstande folgt Köln mit 267.000 t. Stückgüter, Düsseldorf mit 147,000 t. Ludwigshafen mit 126,000 t. und an funfter Stelle Duisburg
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mit 104,000 t. Zum Versand gelangt in Mannheim in erster Linie Holz und zwar wird zum Teil das auf dem Neckar ankommende Flossholz dort zu Rheinflössen zusammengestellt und talwärts befördert, zum Teil wird das Holz auch auf den Sägewerken in Schnittware umgewandelt und dann versandt. Die Holzabfuhr betrug im Jahre 1902 über 198,000 t. In einer Menge von mehr als 147,000 t. gelangte ferner auch Salz zur Verschiffung.
Den vierten Platz unter den Rheinhäfen nimmt die Mannheim gegenüber gelegene bayrische Stadt Ludwigshafen ein. Der Gesamtverkehr dieser Stadt hat gegen das Vorjahr um fast 8% abgenommen und beläuft sich auf 1,624,000 t. Die Abnahme entfällt zum grössten Teile auf die Zufuhr von Steinkohle, 195,000 t. Roheisen - 34,000 t. Erze - 12,000 t. und Getreide - 59,000 t. Eine ganz erhebliche Zunahme hat die Zufuhr von Rohzucker erfahren und zwar von 14,000 t. auf 61,000 t., weil die süddeutschen Raffinerien wieder mehr dazu übergegangen sind, den Rohzucker aus den norddeutschen Fabriken auf dem Wasserwege zu beziehen.
Um die Mündung des Mains gruppieren sich die Häfen Mainz, Gustavsburg und Kastel, von denen Gustavsburg den grössten Verkehr aufweist. Leider liegen die Verkehrsziffern dieser Häfen für 1902 z.Z. noch nicht vor. Im Jahre 1901 hatte Gustavsburg einen Güterumslag von fast 1,140,000 t. Hiervon entfielen auf den Kohlenverkehr allein 849,000 t. In Mainz kommen mehr die wertvolleren Güter zum Umslag. Die Anfuhr in Steinkohlen erreichte dort noch nicht 67,000 t. Der Gesamtverkehr betrug 680,000 t. Dazu kommt Kastel mit einem Güterumschlag von insgesamt 488,000 t. Bemerkenswert ist Kastel durch seine Lage an der Mündung des Mains als Hauptausgangspunkt der Rheinflösse. Im Jahre 1900 gelangten 294,000 t. Flossholz den Main herunter in den Rhein. Eine derartige
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Verkehrsmenge erreicht der Neckar, der zweitgrösste Flossholzzubringer des Rheins, bei weitem nicht. Im Jahre 1900 gingen aus dem Neckar nur 93,000 t. Flossholz in den Hafen von Mannheim ein.
Die sechste Stelle unter den Rheinhäfen nimmt Koeln mit 800,000 t. ein. Im Verhältniss zu der Grösse der Stadt ist dieser Umschlag nur bescheidenen Umfanges. Allerdings ist zu beachten, dass der eingentliche Massenverkehr in Köln sehr zurücktritt. Von erheblichem Umfange ist nur der Umschlag in Getreide mit 135,000 t. und Holz mit 68,000 t., während an Steinkohlen, der Hauptfrachtartikel des Rheins, nur 50,000 t. angebracht wurden. Von Bedeutung ist dagegen der Stückgüterverkehr, der sich im Jahre 1901 auf mehr als 267,000 t. belief. Fürdie Rhein-Seeschiffahrt bildet Köln den Endpunkt des Rheinweges. Dieser Verkehr erreicht daher in Köln auch den grössten Umfang unter den Rheinhäfen. Er beträgt im Jahre 1902 rund 95,000 t., d.h. mehr als der zehnte Teil des gesamten Kölner Hafenverkehrs. Eine umfassendere Ausgestaltung des direkten Rheinseeverkehrs lassen zur Zeit die Wasserverhältnisse des Rheins nicht zu. Um eine wirklich leistungsfähige direkte Rheinseeschiffahrt zu schaffen, ist eine Vertiefung des Rheins auf mindestens 6 Meter erforderlich. Ob die hierfür aufgewandten Kosten sich jedoch verzinsen werden, erscheint fraglich. Jedenfalls würde sich eine derartige Vertiefung des Fahrwassers bis Köln kaum lohnen, da dort die auch für die Seeschiffahrt unentbehrlichen Massengüter wie Kohlen und Erze fehlen.
Ein recht ansehnlicher Schiffahrtsverkehr hat sich in den letzten Jahren nach Fertigstellung der neuen Hafen- und Kaianlagen in Düsseldorf entwickelt. Nach einem vorübergehenden Rückgang ist der Güterumschlag im Jahre 1902 auf 661,000 t. gestiegen. Gegen das Vorjahr beträgt der Zuwachs 13,5%. Hauptanfuhrartikel sind Holz mit 148,000 t. Sand und Kies
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mit 120,000 t. und Getreide mit 77,000 t. In Stückgütern betrug der Verkehr im Jahre 1901, 149,000 t.
Von Bedeutung ist ferner der Rheinschiffahrtsverkehr Strassburg, der allerdings gegenwärtig noch ganz abhängig von dem Wasserstande des Rheins ist. Im Jahre 1902 betrug der Umschlag 496,000 t. Auf Steinkohlen entfallen davon 265,000 t. und auf Getreide 130,000 t. Einschliesslich des Kanalverkehrs belief sich der gesamte Güterumschlag Strassburgs zu Wasser auf 794,000. Zu seiner eigentlichen Bedeutung wird der Schiffahrstverkehr Strassburgs erst gelangen, wenn durch Regulierung des Oberrheins eine sichere und leistungsfähige Wasserstrasse zwischen Mannheim und Strassburg geschaffen worden ist.
Einen nicht unbedeutenden Verkehr hat im Jare 1902 Karlsruhe, der jüngste deutsche Rheinhafen, an sich gezogen. Bisher nahm die um 5 km. vom Rhein entferntliegende Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe an den Vorteilen eines billigen Wasserweges nur geringen Anteil, da die Häfen Maxau und Leopoldshafen nicht der Neuzeit entsprechende Ladeeinrichtungen besassen und zu weit entfernt lagen. Erst nach Eröffnung des neuen Rheinhafen am 1. Mai 1901 ist Karlsruhe in die Reihe der Rheingrosshäfen getreten. Freilich steht Karlsruhe mit seinen 212,000 t. Güterumschlag hinter den Rheinhäfen zu Mülheim a. Rh. Uerdingen, Worms, Wesel, Lauterburg, Neuss, Kruppschen Hafen zu Rheinhausen, den Ladestellen der Basalt-Aktiengesellschaft zu Linz bei Köln und der Hütte Phönix zu Laar bei Ruhrort zum Teil weit zurück, doch wird Karlsruhe aller Wahrscheinlichkeit nach viele dieser Häfen überflügeln, sobald die Regulierung des Oberrheins vorgenommen sein wird.
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