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Aus Deutschland
Die Bevölkerungsvermehrung des deutschen Reiches ist eine ausserordentlich Grosse. Sie ist soeben für das Jahr 1901 auf 857,824 Köpfe ermittelt. Frankreich und Deutschland hatten 1870 vor dem Kriege jedes rund 38 1/2 Millionen Einwohner. Heute hat Frankreich (das durch den Krieg Elsass-Lothringen mit 1 1/4 Million Einwohner verlor) 38,600,000 Einwohner, Deutschland 58,300,000, also rund 20 Millionen mehr trotz der starken Auswanderung der Deutschen in den 70er und 80 Jahren.
In dem Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs 1902 I wird, wie in frühern Jahren, die Bewegung der Bevölkerung auf Grund der Eheschliessungen, Geburten und Sterbefälle dargestellt. Die Arbeit gibt Nachweise nicht bloss für das Reich und die einzelnen Bundesstaaten, sondern auch entsprechende Daten für das Ausland. Ferner werden erstmals auch Mitteilungen über Alter, bisherigen Familienstand, Religionsbekenntnis der Eheschliessenden, über Mehrlingsgeburten und Mehrlingskinder sowie über Alter der Gestorbenen gemacht. Im ganzen wurden im Jahre 1901 468,329 Ehen geschlossen (1900 476,491), die Zahl der Geborenen betrug 2,097,858 (2,060,657), die Zahl der Gestorbenen 1,240,014 (1,300,900). Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist gegenüber dem Vorjahr die Eheziffer etwas zurückgegangen (von 8,51 auf 8,24 auf 1000 Einwohner), die Geburtenziffer ist gestiegen (von 36,79 auf 36,80‰), die Sterbeziffer gesunken (von 23,23 auf 21,81‰)- Der Geburten-überschuss hat absolut und relativ eine namhafte Erhöhung erfahren, er ist von 759,757 oder 13,56 ‰ auf 857,824 oder 15,09 per 1000 gestiegen, er übertrifft nicht allein den durchschnittlichen Geburtsüberschuss des letzten Jahrzehnts, sondern wenig- | |
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stens der absoluten Zahl nach, die seit 1841 für den Geburtsüberschuss überhaupt ermittelte Höchstziffer, welche im Jahre 1888 mit 846,871 oder 15,5g ‰ erreicht wurde.
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Die Frage des Wettbewerbs zwischen den Rheinhäfen und den Nordseehäfen beschäftigt nach wie vor die öffentliche Meinung. Die Städte und Gegenden des deutschen Reiches, welche am Rhein gelegen sind, halten in dieser Frage mit Rotterdam und Amsterdam, weil eine Ablenkung des Verkehrs nach den Nordseehäfen ihnen den Umschlag von der Eisenbahn zur Rheinschiffahrt nimmt. Nun kommen aber alle Frachten, welche Köln, Düsseldorf, Ruhrort, Duisburg u.s.w. aufnehmen, auch Rotterdam und Amsterdam zugute und die deutsche Regierung tritt naturgemäss dafür ein, die eigenen Seehäfen an der Nordsee zu unterstützen: Emden, Bremen, Hamburg.
Schon machen sich besonders in den Reinhäfen die neuen Tarife fühlbar, welche die preussischen Eisenbahnen zu erniedrigten Sätzen in den letzten Jahren für die Nordseehäfen eingerichtet haben. Die Handelskammer zu Duisburg ist dagegen vorstellig geworden, weil diese neuen Tarife Frachten auf die Seehäfen ziehen, welche früher Duisburg und dem Rheinhandel zufielen. Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Budde, hat darauf in ziemlich scharfer Sprache der Handelskammer entgegnet; seine Antwort lässt erkennen, dass er fest entschlossen ist, die preussische Tarifpolitik zu Gunsten der Seehäfen fortzusetzen. Die Antwort lautet:
‘Die Angriffe der überreichten Denkschrift gegen die Tarifpolitik der Staatseisenbahnverwaltung können in keiner Weise als begründet anerkannt werden. Diese Politik lässt sich nicht, wie in der Denkschrift behauptet wird, von Willkür, verfehlten Konkurrenz-Absichten und Missachtung der berechtigten Inte- | |
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ressen der Rheinschiffahrt, sondern von dem wohlerwogenen vaterländischen Gesamtinteresse leiten. Indem ich auf die bereits von meinem Herrn Amtsvorgänger in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 11. April d. J. abgegebene Erklärung verweise und auf die damit übereinstimmenden Beschlüsse des Bezirkseisenbahnrats zu Köln vom 3. März 1897 sowie die Ausführungen der Handelskammer zu Köln in ihrem Jahresberichte für 1901 S. 403 ff. Bezug nehme, bemerke ich noch folgendes:
Die Ausnahmetarife nach und von den deutschen Seehäfen sind in erster Reihe im Interesse der deutschen Landwirtschaft, Industrie und Gewerbetätigkeit eingeführt worden, um die Einfuhr unentbehrlicher Rohstoffe zu erleichtern und den Absatz inländischer Erzeugnisse auf dem Weltmarkte und in den durch den ausländischen Wettbewerb umstrittenen deutschen Gebieten zu fördern. Jeder derartigen Tarifmassregel ist eine sorgfältige Prüfung des Bedürfnisses und der in Betracht kommenden verschiedenartigen inländischen Interessen vorangegangen. Es ist bei solchen Ausnahmetarifen nicht der Zweck gewesen, den Binnenwasserstrassen den Verkehr zu entziehen. Wenn gleichwohl in einzelnen Fällen - namentlich bei weiten Entfernungen - eine solche Wirkung eingetreten ist, so muss dieser, für einzelne Schiffahrtsinteressenten unerwünschte Umstand gegenüber der Notwendigkeit einer günstigen Fortentwicklung des allgemeinen Wirtschaftslebens hingenommen werden.
Weitere Ausnahmetarife im Verkehr mit den deutschen Nordseehafen sind eingeführt worden, um denselben gegenüber den durch ihre geographische Lage, billige Eisenbahntarife und Refaktien unterstützten niederländischen und belgischen Häfen einen Anteil am Verkehr zu sichern. Zu diesem Zwecke sind die betreffenden Ausnahmetarife den Eisenbahntarifen der fremden Häfen tunlichst angepasst, unnötige Unterbietungen aber vermieden worden, so dass eine nennenswerte Schädigung der
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konkurrierenden Rheinschiffahrt nicht wohl eintreten konnte.
Würden die Ausnahmetarife der Seehäfen auch den Rheinhäfen gewährt, so wijrden die eintretenden Frachtermässigungen unübersehbare wirtschaftliche Wirkungen haben. So ist es erst kürzlich bei den Verhandlungen des Landeseisenbahnrats über die Einführung eines den Rotterdamer Frachtsätzen entsprechenden Ausnahmetarifs für Kupfer von den deutschen Nordseehäfen festgestellt worden, dass der von den Rhein-Umschlagsplätzen erhobene Anspruch auf tarifarische Gleichbehandlung mit den Seehäfen zu einer bedeutenden Verbindung der Einfuhr ausländischen Kupfers und damit zu einer schweren Schädigung der inländischen Kupferhütten führen würde. Wenn beispielweise ferner nach den Anträgen der Denkschrift ermässigte Ausnahmetarife für Eisenerze von den Rheinhäfen eingeführt würden, so kämen derartige Tarife fast ausschliesslich den ausländischen Erzen, die an der Wasserzufuhr mit mehr als go 90% beteiligt sind, zum Nachteil des Eisenerzbergbaues an der Lahn, Dill, Sieg, u.s.w. zu statten. Sie würden ausserdem verhängnisvolle Verschiebungen in den Wettbewerbsbedingungen der einzelnen Hochofenbezirke des Westens einschliesslich Lothringen-Luxemburgs verursachen. Die Denkschrift unterlässt es gänzlich, diese wichtigste Seite der geforderten Ausnahmetarife in das Auge zu fassen. Ausnahmetarife nach den Rheinhäfen würden ferner naturgemäss die Wirkung haben, den deutschen Häfen den Verkehr zu entziehen und ihn auf die fremden Häfen infolge der für diese eintretenden Verbilligung der Gesamtfrachten abzulenken. Während die Ausnahmetarife der deutschen Nordseehäfen, wie bereits erwähnt, zum grossen Teil den niederländischen Eisenbahnfrachten nachgebildet sind, mit denen die
Rheinschiffahrt im allgemeinen vollauf wettbewerbsfähig ist, wurde durch ermässigte Rheinumschlagstarife das bestehende Gleichgewicht zu gunsten der Rheinschiffahrt und der auslän- | |
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dischen Häfen gestört werden. Zu Tarifmassregeln mit derartig weitgreifenden und ungewissen Folgen kann schliesslich aus der allgemeinen wirtschaftlichen Lage der Rheinhäfen keinerlei Grund und Bedürfnis hergeleitet werden. Im Gegenteil hat sich der Verkehr der Rheinhäfen bei den bestehenden Eisenbahntarifen ausserordentlich günstig entwickelt und in den letzten 10 Jahren eine Steigerung von durchschnittlich jährlich 10 % erfahren.
Was sodann die Ausnahmetarife im Verkehr mit den niederländischen und belgischen Häfen anbelangt, so werden von den preussischen Staatsbahnen im allgemeinen regelmässige Frachtanteile eingerechnet und die Frachtermässigungen von den ausländischen Bahnen getragen. Zu einzelnen Fällen werden allerdings auch von den preussischen Bahnen Frachtermässigungen gewährt, dieselben stammen jedoch meistens schon aus der Privatbahnzeit und sind in der Hauptsache geringer als die den deutschen Häfen gewährten. Die Ausnahmetarife sind, auch soweit sie nicht schon zur Schonung bestehender Verhältnisse beibehalten werden mussten, wirtschaftlich gerechtfertigt, da sie der inländischen Industrie den Eisenbahnweg nach den niederländischen Häfen überhaupt erst ermöglichen. Der Einführung von gleichartig ermässigten Rhein-Umschlagstarifen stehen auch hier die oben erörterten Bedenken allgemeiner Art entgegen.’ (gez.) Budde
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Austausch von vlamischen und wallonischen Gebietsteilen Belgiens mit Frankreich. - In Washington sitzt ein sonderbarer Politiker, namens Robert Stein, welcher es sich vor allem angelegen sein lässt, Deutschland und Frankreich ‘versöhnen’ zu wollen.
Für die Deutschen giebt es nur eine Art der Versöhnung, nämlich, dass Frankreich offen und ehrlich den Frankfurter Frieden anerkennt und damit auf Elsass-Lothringen verzichtet,
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welches Frankreich nebst anderen Gebieten früher von Deutschland geraubt hat. Robert Stein hat nun zunächst eine Umfrage darüber veranstaltet, ob man vielleicht auf der Grundlage sich versöhnen soll, dass Deutschland Metz an Frankreich zurückgiebt. Das ist schon deshalb unsinnig, weil Frankreich viel weniger gereizt ist ob der Abtretung von Metz, als darüber, dass es durch das geeinte, stets wachsende Deutschland politisch und militärisch kalt gestellt und zur Ruhe gezwungen ist.
Robert Stein will nun eine neue ‘Versöhnung’. Frankreich soll Metz und wallonische Teile von Belgien erhalten, und soll dafür die vlamische Teile, etwa bis vor Calais an Belgien herausgeben. Wir drucken die Darlegung Steins nachstehend ab, jedoch mit der ausdrücklichen Erklärung, dass wir sie als leeres Phantasie-Projekt betrachten, das höchstens für die Vlamen Frankreichs ein gewisses Interesse erwecken und zur Aussprache anregen kann. Die Darlegung lautet:
‘Mein Gedanke entstand beim Lesen von Fritz Bleys hochinteressanter Schrift, Die Alldeutsche Bewegung und die Niederlande,’ wo auf Seite 63 von den französischen Vlamen gesagt wird: ‘Mit tiefem Schmerze beklagten sie den Friedensschluss (1871), der ihnen die ersehnte Vereinigung mit Belgien versagte.’ Wenn diese Gesinnung noch fortdauert, so dürfte obiger Vorschlag dort lebhaften Anklang finden. Andererseits wären manche wallonische Distrikte, z. B. Charleroi, gewiss hocherfreut, von der klerikal-vlämischen Uebermacht befreit und mit der Republik vereinigt zu werden. Die Vlamen und Klerikalen würden die Verstärkung durch 200,000 Stammesgenossen wahrscheinlich gern sehen, sowie den Abzug ebensovieler wallonischer Gegner. Auch die gegenwärtige französische Regierung wäre vielleicht vergnügt, die konservatieven Vlamen für socialistische Wallonen umzutauschen. Indem die Manien durch Deutschlands Gunst ihre Volkseinheit und die entschiedene Ober- | |
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hand in Belgien gewinnen, würden sie enger an Alldeutschland geknüpft. Die vlämische Mehrheit würde den Congostaat verdeutschen. Bleibt es beim Alten, so werden die französischen Vlamen verwälscht; das Vlamentum in Belgien erleidet mehr und mehr Verluste (?? Red.), der Congostaat wird zum französischredenden Negerstaat, dessen Anschluss an Frankreich nur eine Frage der Zeit ist. Die Versöhnung mit Frankreich würde alles umändern. England müsste darauf sich uns nähern. Italien, welches jetzt hin und her schwankt, würde fest an Deutschland und Frankreich gebunden. Die Haltung der hervorragendsten Männer in Frankreich, insbesondere Jaurès, Clemenceau, d'Estournelles, Constant, gewährt die Sicherheit, dass die Rückerstattung des französischredenden Gebietes hinreichen würde,
um die Versöhnung zu bewirken. Es ist unbegreiflich, wie Deutschland diesen Vorschlag ablehnen könnte.’
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Holländische Künstler in Krefeld. - Das Kaiser-Wilhelm-Museum zu Krefeld, veranstaltet unter der unermüdlichen und talentvollen Leitung seines Directors Deneken, von Zeit zu Zeit Ausstellungen auswärtiger Künstler. So werden auch für die diesjährige Frühjahrsausstellung unsere holländischen Nachbarn in ihrer eigenen Sprache aufgefordert, Künstwerke nach Krefeld zu senden. Das Hundschreiben an die holländischen Künstler, hat folgenden Wortlaut: Het Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld beschouwt het als een zijner voornaamste plichten met de kunstuitingen der verschillende landen voeling te houden en zijne bezoekers met de kunstproducten van het internationale kunstgebied bekend te maken. Reeds sedert de opening van het Museum werd er naar gestreefd dit doel te bereiken door het houden van verschillende Tentoonstellingen. Schilderijen en plaatwerken werden in grootere tentoonstellingen ter bezichtiging gesteld, terwijl van de werken van enkele kunstenaars of eene groep van artisten kleinere tentoonstellingen gehouden werden; ook werden de voortbrengselen der graphische kunst meermalen tentoongesteld. Vooral werd er op gelet, de
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bezoekers in aanraking te brengen met de nieuwste producten der moderne decoratieve kunst. De grootste tentoonstellingen, in het Museum gehouden, zijn: de Internationale Kunsttentoonstelling van 1897; de Tentoonstelling van Vlaamsche kunstenaars in 1899 en de Noorsche tentoonstelling in 1902. Het goede succes, waarmede deze pogingen bekroond zijn, heeft men vooral te danken aan de gunstige plaatselijke toestanden. Bij de bewoners van eene stad als Krefeld, waar zijde-industrie één van de hoofdtakken van bestaan is, openbaart zich vanzelf veel belangstelling in de kunst en deze belangstelling nu vindt op het oogenblik haar middelpunt in het nieuwe Museum. Daarbij komt dat Krefeld het drukbezochte verkeersmiddelpunt van een groot deel der Rijnprovincie is, waardoor het Museum zich steeds mag verheugen in een druk bezoek van vreemdelingen. En al kan Krefeld, noch in aantal inwoners, noch in betrekking tot de kunst, wedijveren met het nabijgelegen Düsseldorf, toch hebben de pogingen van Krefeld, om de kunst te bevorderen, tot ver over de grenzen der stad de opmerkzaamheid gewekt, omdat zij steeds, en met goede gevolgen, getracht heeft den weg te volgen, welke de nieuwe kunstrichting gebaand heeft. De geografische ligging van Krefeld, dat slechts drie mijlen van de Nederlandsche grens verwijderd is, en het feit, dat de stad vroeger (1600 - 1702) met het Graafschap Moers tot het gebied van het Huis Oranje behoorde, heeft vanzelf de gedachte doen ontstaan, betrekkingen aan te knoopen met de Nederlandsche kunstenaars. In verschillende tentoonstellingen van het Museum zijn dan ook voortbrengselen der Nederlandsche schilderkunst, der grafische kunst en der moderne boekbandversiering ter bezichtiging gesteld, maar tot eene grootere tentoonstelling is men tot nu toe nog niet gekomen. De groote voordeden, welke bovengenoemde tentoonstellingen, namelijk de Vlaamsche in 1899 en de Noorsche in 1902, voor de kunst van de betreffende landen gehad
hebben liet ons besluiten dat de lijst der tentoongestelde werken in 't Nederlandsen zal uitgegeven worden, terwijl men ook van plan is aanplakbiljetten te laten vervaar iigen naar het ontwerp van eenen Hollandschen kunstenaar. Verdere inlichtingen zijn te verkrijgen, a. voor de afdeeling schilderkunst: bij de H.H.H.W. Mesdag, Den Haag, Laan van Meerdervoort 9 en H.W. Jansen, Amsterdam, Van Lennepkade 55; b. voor de afdeeling der graphische kunst: bij den Heer Ph. Zücken, Den Haag, Bezuidenhout, Villa Helena,; c. afdeeling architectuur: bij den Heer H.P. Berlage, Amsterdam, Overtoom 365 en d. afdeeling decoratieve kunst: bij de HH. E.A. von Saher, Haarlem, Museum van Kunstnijverheid, en K. Sluyterman, Den Haag, Wagenaarvveg 12. Terwijl ik u de bepalingen en voorwaarden, aangaande de tentoonstelling, als ook de noodige inschrijvingsbiljetten enz. doe toekomen, heb ik het voor- | |
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recht U beleefd uitte noodigen eraan te willen deelnemen. Hoogachtend, De Directeur van het Kaiser-Wilhelm-Museum Dr. Deneken.
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Die deutsche Sprache hat ihren siegreichen Einzug in die luxemburgische Kammer gehalten, wo es bis jetzt gebräuchlich war die Landesgeschäfte in einer für das Volk unverständlichen Sprache zu behandeln.
Bei der Beratung über den neuen deutschluxemburgischen- Eisenbahn- und Zollvereinsvertrag hat Dr. Welter die Kammer ausdrücklich dazu aufgefordert, nunmehr auch die sprachlichen Folgen aus dem Vertrag zu ziehen. Am Schluss seiner Rede heisst es wörtlich: ‘Da in Zukunft unsere Beziehungen zu Deutschland sich noch inniger als bisher gestalten werden, werden wir auch daran denken müssen, der deutschen Sprache bei uns mehr Geltung zu verschaffen, wir werden das Zweisprachensystem aufgeben und uns an eine einzige Sprache, die deutsche, halten müssen. Einem Abgeordneten, der dem Widersinn Ausdruck gab, das Zweisprachensystem gehöre zu den Eigentümlichkeiten der luxemburgischen Rasse, erwiderte Dr. Welter dass wir ein deutschredendes Volk sind und neun Zehntel unserer Mitbürger die französische Sprache überhaupt nicht verstehen. Sie komme nur für die Bevorrechteten, aber nicht für das Volk in Betracht. Die Geistlichkeit predige ausschliesslich deutsch, weil sie wohl wisse, dass sie sonst nicht verstanden würde. Den Gebrauch des Französischen vor den Gerichtshöfen bezeichnete er als groben Missbrauch und hob als empörend hervor, dass über die Beschuldigten in einer Sprache verhandelt werde, von der sie keine Silbe verstehen. Wenn es dem Abgeordneten für Esch gelingen sollte, der deutschen Sprache künftighin hierlands etwas mehr zu ihrem Rechte zu verhelfen, so könnte er von sich sagen, dass er der Vernunft und seinem Lande einen grossen Dienst erwiesen hat.
Kölnische Zeitung 15. April Mittwoch:
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