Germania. Jaargang 5
(1902-1903)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdDie Frage der deutschen Schrift
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Dieser Streit ist uralt, so alt, dass man in Deutschland nichts Neues darüber zu sagen weiss. Ich will hauptsächlich für unsere niederdeutschen Freunde den Sachverhalt zusammenstellen. Die Deutschen sind in der Frage geteilt. Der Altvater der Germanistik, Jakob Grimm, war gegen die sogenannte ‘deutsche’ Schrift wahrhaft ergrimmt und brandmarkte sie mit den schlimmsten Worten. Der Altreichskanzler Fürst Bismarck schätzte sich hoch und las keine Bücher mit ‘lateinischer’ Schrift. Es fehlte nicht an Versuchen, in Deutschland die sogenannte lateinische Schrift einzuführen. Zeitschriften, vor allem wissenschaftliche, benutzen heute überwiegend die ‘lateinische’ Schrift. In den 7oer Jahren kündigte die Kölnische Zeitung an, dass sie in Zukunft mit lateinischen Buchstaben erscheinen würde. Sie führte diese Ankündigung aber doch nicht aus, einesteils. weil Fürst Bismarck dann das Blatt nicht mehr gelesen hätte, anderseits auch wohl aus buchhändlerischen Rücksichten; die sogenannte lateinische Schrift verschlingt nämlich mehr Raum, als die sogenannte deutsche. In den letzten Tagen ist der Streit erneuert worden, und zwar in denjenigen Kreisen, die sicherlich zu den deutschesten gehören, den alldeutschen. In den Alldeutschen Blättern eröffentlichte ein Deutsch-Ungarn einen ‘Nothschrei’ der scharf gegen die ‘deutschen’ Schriftzeichen aufzog. Das fachte den alten Streit aufs neue an; man glaubte bisher, dass grade die Jungdeutschen, Alldeutschen, und verwandte Gruppen entschieden für die bisherige Schrift seien. Es wirkt überraschend, dass gerade die wärmsten Alldeutschen sich gegen die derzeitige Schrift erklärten. Es zeigt, dass sich ein UmschwungGa naar eindnoot1 vorbereitet. Ich gestehe, dass ich zu diesen ‘Umstürzlern’ gehöre. Stellen wir die Gründe kurz zusammen. Mit Unrecht spricht man von einer deutschen und lateinischen Schrift. In Wirklichkeit sind aufänglich die Schriftzei- | |
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chen im Mittelalter den westeuropäischen Völkern gemeinsam; im 12. und 13. Jahrhundert unterliegen sie dann einer langsamen UmbildungGa naar eindnoot2; die Einflüsse der Gotik machen sich auch hier geltend. Die Buchstaben werden eckigerGa naar eindnoot3; ein Hang zu SchnörkeleienGa naar eindnoot4 und kleinen Zieraten tritt auf. Die zweite Umbildung geschieht dann am Ende des Mittelalters; der phantastische Kaiser Maximilian betätigt auch hier seinen Hang zur Don- Quichoterie, indem er sein wundersames Heldenbuch ‘Theuerdank’ plötzlich mit neuen grossen BuchstabenGa naar eindnoot5 schmückt, die sich seitdem als die ‘deutschen’ Anfangsbuchstaben festgesetzt haben. Wie die Zeit Maximilians in allem ein geschmackloses ZerrbildGa naar eindnoot6 des mittelalterlichen Rittertums nachkünstelt, so äussert sich dieser Geist auch in einer geschmacklosen Buchstaben-Spielerei. Man darf also nicht von deutschen und lateinischen Buchstaben reden, sondern richtiger ist es vom deutschen Standpunkt aus, die lateinischen Buchstaben als altdeutsche und die deutschen Buchstaben als neudeutsche zu bezeichnenGa naar eindnoot7. Die Gotisirung und die Verschnörkelung der altdeutschen Schrift machen auch die meisten übrigen mittelalterlichenGa naar eindnoot8 Völker mit, ein weiterer Beweis, dass hier nichts wirklich ‘Deutsches’ vorliegt. Sie werfen aber diesen Ballast bei Zeiten wieder über Bord und kehren später zu den einfacheren und mehr gewölbtenGa naar eindnoot9 Schreiblinien zurück, wie solche in der Natur einer glatten fortlaufenden Schrift liegen. Die Deutschen und die von ihnen kulturgeschichtlich abhängenden Dänen, Schweden und Norweger hielten aber an den neudeutschen Schriftzeichen fest. Die Schweden und Norweger haben sie in neuester Zeit verlassen. In Dänemark und Deutschland behaupten sie sich. Sicherlich sind aber die altdeutschen Schriftzeichen im Vordringen. Wenn man in dieser Frage an das Gefühl sich wendet mit dem Hinweis, dass mit diesen neuen Schriftzeichen die neue Volkslitteratur von Lessing bis Liliencron geschrieben sei, so | |
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muss man antworten: die erste Blütezeit unserer Sprache, die mittelhochdeutsche Lyrik und Epik, ist nicht in der neudeutschen sondern vorwiegend in der altdeutschen Schrift verfasst. Man weist nun darauf hin, dass die neudeutschen Schriftzeichen auch von den andern Völkern gelegentlich benützt werden. Das ist richtig. Aber sie werden es doch nur da, wo ein wirkliches Bedürfnis nach Verzierungen die allgemeinen Erwägungen der Handlichkeit und Lesbarkeit überwiegt, z. B. bei grossen Ueberschriften, wo man Raum zur Malerei braucht, wo man die Buchstaben durch BänderGa naar eindnoot10 verschlingtGa naar eindnoot11, wenden auch die Romanen und andere Völker gotisierende Schriften an. Man steht hier eben auf anderen Grundlagen. Es ist ein anderes, ob man Männer als Rokokopuppen auf ein Theater stellt, oder als Soldaten ins Feld schickt. Für den täglichen Gebrauch hat man sich eben nach dringenden Anforderungen des Lebens zu richten, in Luxusfragen herrscht Freiheit, bald in geschmackvoller, bald in gesmackloser Form. Man macht ferner geltend, dass für absehbare Zeiten doch die Deutschen gezwungen seien beide Schriftarten zu erlernen, weil die neudeutsche Schrift nicht ganz weiche. Da könne man auch gleichGa naar eindnoot12 bei der neudeutschen Schrift verbleiben. Dieser Grundsatz ist natürlich gänzlich wertlos, da er grade so für die altdeutsche Schriftspricht. Es handelt sich nicht urn die Erlernung einer Schrift, sondern urn ihren vorzugsweisenGa naar eindnoot13 Gebrauch. Die Drukkereien und VerlegerGa naar eindnoot14 werden an Schriftvorraten und GeldaufwendungenGa naar eindnoot15 sparen können, wenn man zur altdeutschen Schrift überginge. Wenn dem gegenübergestellt wird, dass auch englische, französische und amerikanische Drukkereien gotische Zierschriften hielten und gebrauchten, muss ich als Fachmann betonen dass dies doch nur ganz vereinzeltGa naar eindnoot16 vorkommt. Man lese einmal die Times und zähle die Buchstaben in gotisierender Schrift. Die grossen deutschen Zeitungen je- | |
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doch bedürfen sämtlicher Schriftsätze, sowohl in der altdeutschen wie in der neudeutschen Schrift; es ist unzweifelhaft, dass sie bei Uebergang zur altdeutschen Schrift mindestens um 1/3 bis 2/5 ihre Schriftvorräte vermindern könnten. Dass die Schriftgiessereien dem entgegen arbeiten, ist selbstverständlich. Es ist merkwürdigGa naar eindnoot17, dass der Streit noch nicht begraben ist, welche Schrift sich einfacher und klarer darstellt. Mir ist es nnzweifelhaft, dass dies die altdeutsche, die sogenannte ‘lateinische’ Schrift ist. Man stelle doch nur einmal nebeneinander die Schriften: Die altdeutsche Schrift enthält bei demselben Raum weniger Strichlänge, ist im Strich gleichmässiger und abgerundeter; sie hat also mehr ZweckmässigkeitGa naar eindnoot18, Einfachheit und Kraft, das heisst zugleich Schönheit. Daraus folgt ebenso, dass die Schrift die angenehmere für die Augen ist. Es wird auch das bestritten. Aber ein so guter Deutscher, wie der Augenarzt Dr. Fick, Zürich, welcher in allen Fällen deutsche berechtigteGa naar eindnoot19 Eigenthümligkeiten verteidigt, also an sich dazu neigen würde, die neudeutsche Schrift beizubehalten, hat auf Grund sorgfältiger Untersuchungen in einer Broschüre festgestellt, dass die altdeutschen Schriften rascher d.h. bequemer zu lesen sind, also das Auge weniger in AnspruchGa naar eindnoot20 nehmen. Die erschreckend hohe Anzahl von Brillenträgern in Deutschland kann ich in Ueberstimmung mit hervorragenden Augenärzten nur durch die Schrift erklären. Gewiss wird in Deutschland mehr gelesen und mehr studiert als in vielen anderen Ländern, in denen die allgemeine Schulpflicht noch nicht so | |
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streng durchgeführt ist; aber Norwegen, Schweden, Dänemark und Frankreich stehen hier wohl kaum zurück und haben nicht die Hälfte der Augenkranken Deutschlands. * * * Sehe ich also schon im Vorstehenden keine Gründe für Beibehaltung der neudeutschen Schrift und manche für den Uebergang zür altdeutschen Schrift, so ist für mich nun entscheidendGa naar eindnoot21, dass der Druck altdeutscher Bücher sowie der Zeitungen in altdeutscher Schrift, die Einführbarkeit deutscher Bildung gewaltig ausdehnenGa naar eindnoot22 wird. Wer dem entgegenhält, dass doch ein deutsches Buch nur der liest, welcher Deutsch versteht und auch Deutsch lesen kann, beweist nur, dass er den Kern der Frage nicht verstanden hat. Natürlich wer Deutsch studiert hat, hat auch die neudeutschen Buchstaben studiert. Es giebt aber Millionen, welche Deutsch entweder sprechen, oder doch verstchen, abernicht lesen lernen. Der oben erwähnte Notschrei eines Deutsch-Ungars ist so bezeichnendGa naar eindnoot23, das wir ihn ausführlichGa naar eindnoot24 hierhersetzen. Wir hätten von der Magyarisierung nicht soviel zu fürchten, wenn eins nicht wäre: die gotischen Lettern. Man ahntGa naar eindnoot25 nicht, was diese Lettern unserm Volkstuin für Schaden zufügen und wie sie der Verbreitung des Deutschtums ein Hindernis sind. Man kann sagen, sie werden zum Fluch. Wenn wir nur nicht in allem und allem der Welt um 50 bis 100 Jahre nachhinken wollten. Hätte man bei uns vor 50 Jahren die lateinischen Lettern eingeführt, wir hätten jetzt von der Magyarisierung recht wenig zu fürchten. So aber wird in den Schulen hier kein deutsches Wort und also auch nicht die gotischen Schriftzeichen gelehrt. Die Eltern sind zwar empört, in den Leuten steckt ganz entschieden nationales Gefühl, das sich in letzterer Zeit gesteigertGa naar eindnoot26 hat. Der Schwabe fühlt instinktiv, dass er, um geistig fortzuschreiten, ein Ideal, einen Leitstern braucht. Bisher waren es die Achtundvierziger, die ihm von Freiheit, Gleichheit u.s.w. mit magyarischem Pathos predigten, -gebe man ihm sein Deutschtum als Ideal und man kann noch Wunder erleben. Alle sagen stolz: wir sind Deutsche; ja der Begriff Deutschungar beginnt sich einzubürgern, gleich dem Begriff Deutschböhme - im Gegensatz | |
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zum Stockungarn, oder magyarischen Ungarn, So ist es heute. Wie wird es aber in 20 bis 30 Jahren, wenn jene Generationen, die jetzt die Schule besuchen, herauskommen, denen die gotischen Lettern jedwedes deutsche Buch, jede deutsche Zeitung unlesbar machen? Und sie später zu erlernen, dazu ist keine Gelegenheit. Hier thut schnell Hilfe not. Früher oder später muss es ja doch kommen, also besser früher. Die Frage ist brennend, das sieht bei uns hier jeder, der sehen will. Die Moderne Kunst, dies illustrierte Blatt mit lateinischen Lettern gedruckt, hat letzterem Umstande hier seine grosse Verbreitung zu danken. Alle Schreibmaschinen haben lateinische Lettern. Das LebensfähigereGa naar eindnoot27 bricht durch. Die gotischen Buchstaben sind aut die Dauer unhaltbar, doch wird man es bei uns erst einsehen, wenn wir schon unberechenbare, nicht wieder gut zu machende nationale Verluste haben werden. Man wird mir einwendenGa naar eindnoot28, ich übertreibe, - o nein! Ich könnte mit 100 BeispieleinGa naar eindnoot29 das Gesagte erhärtenGa naar eindnoot30. Wie viele Schwaben besprachen mit mir in letzter Zeit voll Empörung, dass man das Deutsche aus den Elementarschulen ausmerztGa naar eindnoot31 und sonderbar, bei einigen endete der Gedankengang: dass ihre Kinder und Enkel ja deshalb deutsch wohl sprechen werden können, nur nicht deutsch lesen, der deutschen Buchstaben halber. Warum man denn nicht wie alle andern Sprachen das Deutsche auch mit lateinischen Buchstaben schreibt, da kämen die Kinder leicht in das deutsche Lesen und Schreiben hinein. So der Gedankengang einfacher Leute. Wir stehen aber der gotischen Lettern halber der Magyarisierung um eine mächtige Waffe schwächer gegenüber. Wie sollen wir in zwanzig Jahren auf die jüngere Generation wirken (die nur die lateinischen Lettern kennt), um ihr Nationalgefühl zu beleben? Das wird einfach unmöglich sein, demi die gotischen Lettern kennen sie nicht. Diesem ‘Notschrei’ aus dem ‘äusserstem Osten’, aus Ungarn muss ich eine Notschrei aus dem äussersten Westen des germanischen Europas anzufügen. Ich muss an dieser Stelle auf die VerheerungenGa naar eindnoot32 hinweisen, welche die ‘deutschen’ Buchstaben im Westen dem Deutschtum zufügen, und wie sie an dem Besitzstand der Deutschen und des Germanentums mehr zehrenGa naar eindnoot33, als es die Kämpfe und Schlachten der Romanen vermochten. Die Holländer und Vlamen sind lange zu der altdeutschen Schrift zurückgekehrt, und sie stehen verständnislos unseren Buchstaben gegenüber. Unsere Mitteldeutsche Schriftsprache, das sogenannte Hochdeutsch, steht den niederdeutschen Mund- | |
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arten noch so nahe, dass sich Mitteldeutsche und Niederdeutsche mündlich verständigen können; ein Thüringer kann einen Westfalen wie einen Vlamen noch verstehen. Diejenigen Deutschen aber, welche in Niederdeutschland geboren, also an die allgemeine niederdeutsche Ausdrucksweise sowie an die festbestimmte Verschiedenheit der Mitklinger (Consonanten) gewöhnt sind, können sich ohne weiteres in Holland und im vlamischen Belgien verständigenGa naar eindnoot34. Die Sprachen stehen sich so nahe, dass der Deutsche z. B. niederländisch ohne Studium lesen kann und umgekehrt sollte eigentlich der Holländer und Vlame ohne weiteres deutsche Bücher verstehen. Welch ungeheuren Einfluss der deutschen Sprache und der deutschen Kultur in den Niederlanden das ergäbe, und umgekehrt, wie sehr dadurch unser Leben von niederländischem Kunstsinn befruchtet würde, liegt auf der Hand. Man denke sich nur, dass es uns möglich wäre die deutschen Zeitungen in Masse nach den Niederlanden und Belgien zu bringen und die alle öffentliche Meinung dort bildenden französischen Zeitungen zum Teil zu ersetzenGa naar eindnoot35. Das ist einfach unmöglich, weil die Niederländer und die Reichsdeutschen gänzlich verschiedene Buchstaben haben, und viele Niederländer bei BetrachtungGa naar eindnoot36 unseres Euchstabengewirres ebenso abgeschreckt werden, wie wir von den russischen oder chinesischen Zeichen. Es ist eine fremde Welt, die da entgegentritt. Die Vlamen beispielweise empfinden das französische zunächst als leichter und die französische Kultur als eine nähere, weil sie die hauptsächlichsten Kulturvermittler, d.h. die Buchstaben, wenigstens lesen können, während 9/10 der Vlamen und Holländer niemals dazu kommen deutsch auch nur zu buchstabieren. Solange wir uns der neudeutschen BuchstabenschnörkelGa naar eindnoot37 rühmen, bleiben wir den 9-10 Millionen Niederländern ein fremdes Volk. Wir haben mit diesen Buchstaben einen KeilGa naar eindnoot38 in das europäische Germanentum geschotenGa naar eindnoot39, der herausgezogen werden muss. Schreiben und drucken | |
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wir lateinisch so kann jeder Holländer und Vlame sich in das Hochdeutsch ohne Unterricht hineinlesen, wie jeder Deutsche ohne Unterricht in das Holländisch-Vlamische sich hineinliest. Die Frage ist von grosser Bedeutung. Es handelt sich darum, die 8 Millionen niederländischer Germanen den grössten Schritt zum Anschluss an die Kultur de 70 Millionen Hochdeutschen thun zu lassen, der überhaupt denkbar ist und umgekehrt Deutschland durch das grossartige niederländische Kulturleben zu befruchten. Es ist mir daher unverständlich, wie mit einem wahren Fanatismus, aus Liebe zum HerkommenGa naar eindnoot40, Deutsche der sog. gotischen Schrift anhängen.
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Das sind die Gründe, welche mich bewegen, für die allgemeine Rückkehr zum altdeutschen Buchstaben einzutreten. Es giebt eine Partei in Deutschland, welche die Vermittelung wünscht; eine solche Vermittelung strebt die sogenannte Schwabacher Schrift an. Weshalb aber nicht ‘reinen Tisch’ machen? Jeder Deutsche versteht und liest die altdeutsche Schrift: er mag sie auch anwenden. Der Weg, der zur Einführung führt, ist gegeben. Es ist die Tagespresse. Wenn es gelingt, die führendenGa naar eindnoot41 Zeitungen zu bewegen, von einem bestimmten Tage an, die altdeutschen Schrift allgemein anzunehmen, so wird in zwei Wochen das deutsche Volk daran gewöhnt sein, und die Kritiker von heute werden verstummen. Allerdings weiss ich wohl, das allein die Schrift die gewünschte Annäherung zwischen den Niederdeutschen in Belgien und Holland und den Reichsdeutschen nicht vollziehtGa naar eindnoot42. Gerade bei den Vlamen und Holländern findet man die unselige Art, die Wortendungen abzukappen und dabei eine sinnlose VerstümmelungGa naar eindnoot43 und Erstarrung des Wortreichtums vorzunehmen. Leider | |
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giebt es noch, vor allem in Belgien, Schriftsteller, die auf diese ‘Abkappung’ noch besonders stolz sind, welche damit endigen wird, dass nur noch einzelne kleine, starre Stammsilben übrig bleiben und die Sprache alle Bewegung und Lebhaftigkeit verliert. Ausserdem bedarf es noch, wie ich schon in einer früheren Nummer dieser Zeitschrift ausgeführt habe, einer Einigung über die Schreibung derjenigen Klinger (Vokale), welche in der mündlichen Sprache genau dieselben sind. Um eine völlige Annäherung hoch- und niederdeutscher Sprache zu ermöglichen, muss durch gemeinsame VerständigungGa naar eindnoot44 der Staaten auch eine gemeinsame Rechtschreibung eingeführt werden. Unser deutscher Vaterland nennt der Niederländer ebenso wie wir: unser Wort ‘Deutschland’ aber liest er wie ‘Dötschland’ und wenn er ‘Duitschland’ schreibt, so spricht er es wie wir. Und so ist niederländisch aa gleich hochdeutsch ah, oo ist oh, ei ist ij, u.s.w. Auch hier muss und wird dereinst die KluftGa naar eindnoot45 zwischen getrennten Bruderstämmen sich schliessen. |
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