Germania. Jaargang 5
(1902-1903)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdDie ältesten HandelsbeziehungenGa naar eindnoot1 zwischen Deutschland und China
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Nr. 95 brachte dieselben im AuszugeGa naar eindnoot2 und danach wären die ersten Handelsbeziehungen in den Anfang der 20 er Jahre des 19. Jahrhunderts zu verlegen. Das Schiff ‘Mentor’, auf dem sich der spätereGa naar eindnoot3 Konsul Oswald befand, war so glücklich 1828 in Canton, der damals einzigen dem Fremdenverkehr geöffneten Stadt Chinas, Verträge abzuschliessen. Es ist jedoch nicht zutreffend, dass dieser VorgangGa naar eindnoot4 die älteste Verbindung zwischen Deutschland und China darstellt, dieselbe datiert viel weiter zurück, nähmlich bis auf den deutschen Kaiser Karl VI und Friedrich den Grossen. Auch waren die älteren ersten Verbindungen weit aussichtsvollerGa naar eindnoot5 wie die von 1828, zu einer Zeit gänzlicher Ohnmacht zur See, und sind lediglichGa naar eindnoot6 politischer VerhältnisseGa naar eindnoot7 wegen nicht weiter verwertet worden. Dieser wirklich ältesten Verbindungen zwischen Deutschland und China soll hier näher gedacht werden, sie sind interessant genug. Dem Hause Habsburg gehörten die spanischen Niederlande. Es war immer noch mit der Nordsee verbunden und konnte die Vorteile, welche ein Staat besitzt, der den Fuss in die See gesetzt hat, ausnützenGa naar eindnoot8. Diesen ungeheuern Vorteil haben alle Staaten, gleich welcher Regierungsform, bei verständiger Leitung erstrebtGa naar eindnoot9. Das that der ritterlich mönchische Staat des Deutschen Ordens, der in Balga seinen ersten Seepunkt an der Ostsee schuf und mit energischer bewaffneter Faust Besitz von Danzig ergriff, worauf die brandenburgischen Markgrafen abzogen. Das that Brandenburg unter dem Grossen Kurfürsten, Russland und Peter dem Grossen, damals nur nach dem Schwarzen Meer und der Ostsee, und Oesterreich hält so gut es kann seinen Besitz an der Adria fest. Selbst Polen versuchte Fuss an der See zu fassen, hatte aber weder bei seinem Lehnsstaat, dem Herzogtum Preussen, Glück, noch bei derartigen Wünschen in seinem Hauptpunkt Danzig, das sich mit gewaltigen Befestigungen zum Schutz gegen die polnischen Schirmherren umgab | |
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und ausser der Huldigung als freier, über Krieg und Frieden selbständig verfügenderGa naar eindnoot10 Staat auftrat. Sogar die Schweiz hat vor nicht langer Zeit Bestrebungen auf Seeansehen erstrebt; man wünschte eine Schweizer Flagge. Es standen der Absicht Karl VI., die spanischen Niederlande in ihrem vollen Werte als Seeküstenstaat auszunützen, nicht unbedeutende Hindernisse entgegen. Wohl hatte Spanien durch den Utrechter Frieden in Preussen Geldern und Belgien an Oesterreich verloren, aber die Seemächten wachten eifrig darüber, dass ihnen kein neuer Konkurrent Schaden zufügteGa naar eindnoot11, während die Niederländer sich danach sehntenGa naar eindnoot12, wie ihre Nachbarn die Holländer, an dem sehr einträglichen Handel nach Indien und Ostasien teil zu nehmen, was ihnen unter spanischer Herrschaft nicht möglich war. Das sollte sich unter habsburgischer Herrschaft ändern. An Seeleuten war kein Mangel, denn die stellten sich, vorher in englischen und holländischen Diensten, zur VerfügungGa naar eindnoot13. Das Kapital fand sich auch, denn es war keine schlechte Spekulation, die indischen Waren mit Umgehung der hohen englischen und holländischen Zölle direkt in die Länder des europäischen Festlandes einzuführen, und so entstand bereits 1714 die Ostender Kompagnie, die in Ostende und Lissabon Schiffe ausrüstete und ihre Fahrten begann. Zum grossen Erstaunen der Engländer, Franzosen und Hollander erschienen im Jahre 1716 an der Küste von Malabar zwei grosse Schiffe mit dem kaiserlichen DoppelaarGa naar eindnoot14 in der Flagge. Direkt anzugreifen wagte man sie nicht, aber die Mächte, die den Handel nach jenen Ländern damals noch als ihr gemeinsames Monopol betrachteten - später nahm England das für sich allein in Anspruch -, beschlossen, sich des neuen unliebsamen Konkurrenten mit allen Mitteln zu erledigenGa naar eindnoot15. Das ging aber so einfach nicht, denn in Deutschland hatte die Gesellschaft viel Sympathien, weil sie die ausländischen Waren direkt und daher billiger lieferte, und der Kaiser | |
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Karel VI. blieb gegenüber den Vorstellungen der Seemächte, die namentlich von Holland und Frankreich sehr eifrig auf diplomatischem Wege geführt wurden, vollständig kalt; alle die langen Denkschriften mit dem Hinweis, dass die Verträge des Friedens von Utrecht verletztGa naar eindnoot16 würden, halfen nichts, ebensowenig hatte es Erfolg, dass den Holländern, Franzosen und Engländern jede auch nur mittelbare Beteiligung an dem deutschen Unternehmen verboten wurde, auch dass vier ihrer Schiffe Kapern in die Hände fielen, änderte nichts daran, dass die Ostender Gesellschaft sich weiter entwickelte und 1720 bereits sechs Schiffe nach Indien und Ostasien entsenden konnte. Als sie 1723 mit kaiserlicher GenehmigungGa naar eindnoot17 eine öffentliche Subskription auf sechs Millionen Gulden eröffnete, war der Betrag binnen 24 Stunden gezeichnet, und in wenigen Wochen standen die Aktien 15 pCt. höher. - Wenn man die damalige Kaufkraft des Geldes in Rechnung stellt, so waren das, auf heute gerechnet, mindestens 50 Millionen Mark. - Diese Fahrten wurden nun bis China, bis Canton, ausgedehntGa naar eindnoot18, woselbst die Gesellschaft eine Faktorei besass, wie auch in Koblore an der Koromandelküste und in Bengalen. Die Gesellschaft blühte und zahlte ihren Teilnehmern hohe Dividenden bis zu 33 1/3 pCt. aus. - Da opferte Karl VI. das blühende Unternehmen den Interessen des Hauses Habsburg. Er war der letzte männliche Spross des alten Geschlechtes auf dem Kaiserthron und stiess durch die Pragmatische Sanktion 1713 die alten habsburgischen Erbfolgegesetze derart umGa naar eindnoot19, dass auch die weiblichen Nachkommen erbberechtigt sein sollten. Um aber die Nachfolge seiner Töchter möglichst sicher zu stellen, wünschte der Kaiser von den Mächten die Anerkennung dieses Schrittes und da stiess er auf Schwierigkeiten. Nach vielen Verhandlungen waren Spanien, Russland und Preussen (1726 erst) gewonnen, die Seemächte dagegen sträubtenGa naar eindnoot20 sich länger, und erst 1731 kam es zu einem Ver- | |
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gleich, in welchem Karl VI. - die blühende Ostender Kompagnie opferte. Bereits 1726 hatte er, dem Drängen der Seemächte nachgebend, das Privileg der Gesellschaft auf sleben Jahre suspendiert, nach Abschluss des Vertrages 1731 war es noch gestattetGa naar eindnoot21, zwei Schiffe zur Abwicklung der Geschäfte nach Indien und Canton zu senden. - So endeten die ältesten Handelsbeziehungen Deutschlands mit China, der Aar mit den zwei Köpfen verschwand aus den chinesischen Gewässern. - Aber wenig mehr als ein Jahrzehnt später erschien in Kanton wiederum eine bisher nie gesehene Flagge: Ein schwarzer Adler wehte in weissem Felde, ein Schiff des Preussenkönigs Friedrich II., den die Welt später den Grossen nannte, seine Feinde ‘den König’, der ‘König von Preussen’ war glücklich in den chinesischen Hafen eingelaufen. Friedrich der Grosse hatte zu Emden die asiatische und bengalische Kompagnie gegründet, fand aber bei diesem Unternehmen bei den angeblichen Freunden, den Holländern und Engländern, nicht nur kein Entgegenkommen, sondern offene Feindschaft, man untersuchte die preussischen Schiffe, 1754 nahm man eins in Gravesend unter dem Vorwande weg, man wüsste nichts von einer Königlich preussischen bengalischen Kompagnie, und Friedrich musste sich das gefallen lassen, denn er besass keine Flotte und hatte den sleben-jährigen Krieg, den Kampf, um die Existenz Preussens, gegen Europa begonnen. Da konnte er den englischen Bundesgenossen nicht missen wie er glaubte, der ihn dann im entscheidendenGa naar eindnoot22 und ernstesten Moment, 1761, schmählichGa naar eindnoot23 im Stiche liess. Der ‘König von Preussen’ aber kehrte 1753 mit einer reichen Ladung Seide, Thee und Porzellan, von welch letzterem noch heute Stücke sich im kaiserlichen Besitz befinden, zurück. Ein hoher Mandarin in Canton soll bei Betrachten der preussischen Flagge geäussertGa naar eindnoot24 haben, er hätte schon früher ein solch grossen Vogel gesehen, aber ihm keine lange Lebensdauer zugesprochen, | |
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weil er zwei Köpfe gehabt habe, dieser werde wohl länger leben, da er nur einen Kopf besässe. - Der gute Chinamann hat sich geirrt: Der einköpfige Vogel verschwand noch schneller als der zweiköpfige des deutschen Reiches in China und kehrte erst nach sleben Jahrzehnten wieder, und weiter verging ein halbes Jahrhundert, ehe er anfing, seine SchwingenGa naar eindnoot25 zu entfalten und dauernd sich niederzulassen. Jetzt bleibt er, und alle Häfen Chinas wie die der gesamten Erde kennen ihn: Den preussischen Adler im Mittelfelde der Kriegsflagge des Deutschen Reiches. |
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