Germania. Jaargang 4
(1901-1902)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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Der Dreibund und der ReichskanzlerDer Schüler des Fürsten Bismarck, der Sohn seines vertrauten Mitarbeiters und sein Nachfolger hat im Reichstag auf eine sicherlich verabredeteGa naar eindnoot1 Anfrage hin das Werk seines Meisters nicht mehr für eine Notwendigkeit erklärt, auch diese vielleicht unerwartete Entwicklung begründet, sowie im Anschluss an Bismarcks denkwürdiges Wort an gleicher StelleGa naar eindnoot2 Deutschland auf seine eigene Kraft verwiesen. Ueberrascht hat diese amtliche Darlegung des LenkersGa naar eindnoot3 unserer Politik eigentlich Niemanden. Die Presse folgerteGa naar eindnoot4 daraus den Fortbestand des Dreibundes, aber nur die Vossische-Zeitung gedacht des deutlichen Winkes an unsere Verbündeten, dass sie uns wohl mehr brauchen, wie wir unsere Bundesgenossen. Des Grafen Bülow ZolltarifsvorlageGa naar eindnoot5 sollte dann nach der üblichenGa naar eindnoot6 freihändlerischen Darstellung an der Erkaltung der gegenseitigen BeziehungenGa naar eindnoot7 schuld sein. Der Vorwurf,Ga naar eindnoot8 die Geschäfte des Auslandes bei diesem Gesetzenwurf besorgt zu haben, traf freilich gerade diese Vertreterin des Berliner Freisinns und Händlertums. Bülow's massvolleGa naar eindnoot9 Zollsätze verhindern wederGa naar eindnoot10 die Erneuerung der Handelsverträge mit unsern Bundesfreunden, noch lockernGa naar eindnoot11 sie das politische Band. Unsere Nachgiebigkeit hat s. Zt. trotz der WarnungGa naar eindnoot12 des Altreichskanzlers die Abnahme der innigen Vertrautheit der | |
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Dreibundstaaten nicht aufzuhalten vermocht. Oesterreich wurde immer slawenfreundlicher unter Verstärkung der magyarischen Grossmannssucht auf Kosten des Deutschtums und Italiens Herz erwachte in alter Liebe zur französischen Schwesterrepublik, deren kaiserlicher Vorgänger freilich seine Einheit geschaffen hatte, da das schöne, aber verrottete Land alles fremder Hülfe, wie der unsrigen. 1866, verdankt. Trotzdem wird der Dreibund nicht auseinander fallen, noch war bei aller Abkühlung Bismarcks Tat vergebens. In Oesterreich wird unser Volkstum sich immer freier auf die Stammesbande mit dem Reiche stützen können, ohne class das amtliche Deutschland aus BundesrücksichtenGa naar eindnoot13 den offenen Ausdruck der nationalen Zusammengehörigkeit abschwächen muss. Nur unser Volkstum im Donaureich kann auf die Dauer die Abbröcklung der verwelschten Gebietsteile Tirols, des Küstenlandes, sowie Triests verhindern und wir brauchen jetzt die unverschämten italienischen Irredentisten nicht mehr mit SammethandschuhenGa naar eindnoot14 anzufassen. Unser Kapital hat bei der leichtsinnigen und betrügerischen Misswirtschaft Italiens schwere Einbussen erlitten; jetzt ist Frankreich wieder der Geldgeber geworden, was wir ihm im Interesse unseres Geldbeutels gern gönnen. Das deutsche Reich hat bewusster Weise um der ungarischen Bundestreue willen die 3 Mill. Deutsche der Zips und des Banats aufgegeben was vielleicht schon ein Fehler war, da die österreichischen Deutschen bald das Schicksal ihrer ungarischen Brüder freilich nicht ohne ihre beiderseitige Schuld teilen sollten. Nunmehr sind wir in dieser BeziehungGa naar eindnoot15 unabhängiger geworden. Nimmt die habsburgische Monarchie unserer Bundeshülfe wegen endlich Rücksicht auf den Volksstamm, der sie begründet hat, so freuen wir uns dieser Einsicht. Sonst sind wir der diplomatischen FesselGa naar eindnoot16 ledigGa naar eindnoot17, die natürlich noch unsere amtlichen Beziehungen bindet. Wien hat sich nach längerem ZögernGa naar eindnoot18 doch zur amtli- | |
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chen Abweisung des polnischen Uebermutes verstehen müssen und wollen wir es ihm danken, da wir die Verlegenheit der österreichischen Regierung zu würdigen wissen, deren sicherster HortGa naar eindnoot19 noch stets der Polenklub war. Der deutsche Verlust in Galizien ist ja volklich bedauerlich, aber verhältnismässigGa naar eindnoot20 noch unbeträchtlichGa naar eindnoot21, sodass selbst die österreichischen Deutschen mit den Polen noch am besten auskommen. Bildet sich Italien ein, im Frieden Tripolis nicht ohne die Mitwirkung Frankreichs zu erhalten, so irrtGa naar eindnoot22 es sich wohl, da Frankreich jedenfalls mehr Interesse an diesem türkischen Tributstaat hat, als wir, sodass das Haus Savoyen schliesslich doch um diesen Siegespreis geprelltGa naar eindnoot23 werden wird. Im Kriegsfall wäre ihm als Siegesbeute Korsica und Nizza sicher, aber wir wünschen dringend, dass Frankreichs Rachsucht noch lange gedämpft wird, und bemühen uns redlich mit den Vogesennachbarn auf höflichemGa naar eindnoot24 Fusse zu verkehren wie die Liebenswürdigkeiten des Kaisers zeigen. Die Franzosen sind auch empfänglich für solche Freundlichkeit, ohne dass wir uns darüber täuschen, als ob dieses erregbareGa naar eindnoot25 Volk jemals von der Vergeltung lassen würde. Der Dreibund ist auch fernerhin eine Friedensbürgschaft wie die französischen Wühlereien im tschechischen und magyarischen Lager gegen diesen Völkerverein bewiesen haben. Wäre Frankreich der kriegerischen Hülfe dieser Verbündeten sicher, schlüge es auch ohne Russlands bisher stets ausgebliebene Zustimmung nur allzu gern los. Aber selbst die italienischen Franzosenfreunde wagen diesen gefährlichen Versuch nicht, wie auch an den österreichischen Slawen und Klerikalen die Errinnerungen von 1866 nicht spurlos vorüber gegangen ist. Die Offenherzigkeit des Reichskanzlers, hat wohltuend und erlösendGa naar eindnoot26 berührt. Der Dreibund ist nicht mehr unsere einziger, doch bisweilen schwankender HortGa naar eindnoot27, sondern unsere selbstbewusste Stellung unter den Weltmächten, zu denen Oesterreich und Italien | |
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kaum zählen. Die Klugheit und das eigene Interesse dieser beiden schwächsten Grossmächte gebieten aber den Anschluss an uns und wir haben keinen Anlass diese Rückendeckung gering zu schätzen, ohne jedoch auf sie angewiesen zu sein. Daher ist auch der Fortbestand des Dreibundes inzwischen durch die persönliche Initiative des Kanzlers in Venedig und Wien bereits wieder vertraglichGa naar eindnoot28 gesichert. (Berlin.) Kurd von Strantz |
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