Germania. Jaargang 3
(1900-1901)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdDeutsches und Undeutsches vom Hause HabsburgAngesichts der Entscheidung, die für unsere hochdeutschen Stammesgenossen in Oestreich bei den letzten Reichsratswahlen gefallen ist, regt es wohl auch den ostmärkischen Verhältnissen ferner stehende Niederdeutsche an, einmal die Stellung des Hauses Habsburg zum Hoch- und Niederdeutschtume in Vergang nheit und Gegenwart mit einem durch völkische Weltanschauung vertieften Blick einer Prüfung zur unterziehen. Es wird sich herausstellen, dass unter den zahlreichen Familiensünden des Hauses Habsburg undeutsche Hauspolitik obenan steht. Rudolf I. war noch ein deutscher König, sein Sieg bei Dürnkrut 1278 ein deutscher Erfolg gegen die Tschechen, die Erwerbung Oestreichs für sein Haus eine Stärkung Deutschlands. Die Besitznahme Böhmens durch Albrecht II. lag ebenfalls im deutschen Vorteile, denn Böhmen gehört zu Deutschland; mit den ungarischen Ansprüchen dieses Kaisers schien sich bereits ein unheilvolles Hinausgreifen unseres Herrscherhauses über Deutschlands natürliche Grenzen einzuführen. | |
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Der erbärmliche Friedrich III. wagte beide Länder den völkischen Gegenkönigen nicht abzunehmen, ja sah sich von den Madjaren zeitweise seiner Erblande beraubt. Dagegen erweiterte er die Macht seines Hauses im Westen; als der Reichsfein 1 Karl der Kühne 1477 bei Nanzig gegen die Schweizer fiel, verlobte er seinen Sohn Maximilian mit der Erbtochter von Burgund und den Niederlanden. Dem Namen nach waren damit die westlichen Grenzlande dem Reiche wiedergewonnen; allein, es sollte sich zeigen, dass, was Oestreicherwarb, nicht für Deutschland gewonnen war. Von Friedrich verraten, von Max bekriegt, erlangten die Schweizer damals die thatsächliche Loslösung vom Reiche ihrer Volksgenossen. Max' Sohn heiratete die spanische Erbtochter; ihre Söhne Karl V. und Ferdinand I. trieben der eine mehr spanische, der andere mehr ungarische als deutsche Politik. Ohne Verständnis für das Lechzen des deutschen Volkes nach einem deutschen Kaiser führte Karl spanische Soldaten ins Reich und drängte so die protestantischen Fürsten zum Verrat von Metz, Tull, Vierten an Frankreich. Bei seiner Abdankung gab er die Niederlande an Spanien; die Anschwemmungen deutscher Ströme mit ihren späteren Siedelungen in Kapland, Amerika, Ostindien gingen somit durch Habsburgs Schuld Deutschland verloren. Seit Ferdinand I. hetzte uns habsburgischer Läuderhunger die Türken auf den Leib; das Reich bezahlte die ungarische Erwerbung des Kaiserhauses mit dem Türken fennig und dem Blute seiner Söhne. Hauspolitik und Römerfreundschaft, eine andere Familieneigenschaft, der Habsburger, verquickten sich in dem widrigen II. Ferdinand. Ihn treffen die vernichtenden Vorwürfe, den Glaubenszwiespalt und die Vielstaaterei in Deutschland verstärkt und verewigt, den freien Entwickelungsgang der deutschen Gesittung zu Gunsten der französischen aus angeborenem Bildungshass gehemmt; durch eigene und fremde undeutsche Truppen das deutsche Land verwüstet, den Bauernstand lahmgelegt und die Rasse verdorben zu haben. Mit den vielfach volksfremden Generalen haben die Ferdinande den östreichischen Adel verseucht, dabei versäumt, in Böhmen durchzudeutschen. In den Raubkriegen Ludwigs XIV. verlor das Reich eine Reihe flandrischer Grenzfestungen, - seitdem erst sind Rijssel und Doornik zu ‘Lille und Tournai’ geworden, - dazu die elsässischen Reunionen, vor allem Strassburg. Der ‘grosse’ Leopold aber eroberte unterdessen mit deutschem Blute ausgedehnte ungarische Gebiete für sein Geschlecht. Das deutsche Volk hatte nur Thränen für seine Schande. Wie jubelte es d ch auf bei der Kunde des Ehrentages von Fehrbellin! Die Hofburg aber überkam die Ahnung eines ‘neuen Wandalenreiches.’ Der Staat der Habsburger wuchs in diesen Jahr | |
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zehnten aus Deutschland hinaus, versagte sich aber engherzig dem weitblickenden Ratschlage des Prinzen Engen von Savoien eine entschlossene östliche Politik, zu treiben. Er wollte kleinlich Deutschland zugleich in Ohnmacht erhalten, so sah er neidvoll auf die völkische Politik der Hohenzollern. Die Namen Montecuccoli, St. Germain, Schwiebus sind noch unvergessen bei allen guten Brandenburgern. Der spanische Erbfolgekrieg machte Deutschland abermals zum Tummelplatz fremder Hee[r]e, dem Kaiser brachte er die spanischen Niederlande und halb Italien ein, dem Reiche drückte er sein Siegel auf die alte Schande und fügte noch den Hohn der Straffreiheit der wittelsbachischen Verräter hinzu. Nie war der Name ‘Habichtsburg’ sinnvoller als in diesen Zeiten aus- schweifendster habsburgischer Habsucht. Und Sünde reiht sich an Sünde, Schuld an Schuld. Der lothringische Verlobte Maria Theresias tauschte Toskana gegen sein deutsches Herzogtum ein, dies verlor das Reich an Frankreich. Und weiter ging die Hetze gegen die Hohenzollern. Unwürdig ist der ehrliche Friedrich Wilhelm I. vom Kaiser gehänselt, mit seinem Sohne überworfen, in seinen Heiratsplänen mit diesem genasführt, in seinen jülichbergischen und ostfriesischen Absichten betrogen worden! Lächerlich war es, dass der Kaiser an Friedrich II. den Reichskrieg erklären liess, während er Russen und Franzosen ins Land rief, um die deutsche Volkswirtschaft aufs neue in ihrer Entwicklung zurückzuwerfen! Der vielgerühmte ‘deutsche’ Kaiser Josef II. aus dem französischen Hause Lothringen-Anjou ist vorwiegend als ausgeprägter Zentralist aufzufas en, er trachtete, ‘die so verschiedenen Bewohner zu einer Nation, nämlich zu Oesterreichern zu machen.’ Schwerlich unterschreibt ein Schönerlaner den Satz: ‘Die Nation darf keinen Unterschied machen.’Ga naar voetnoot(*) In den Revolutionskriegen büsste das Reich die Trümmer seines elsässischen Besitzes ein, auch die Befreiungskriege führten die Grenzlande nicht zurück dank unserem Kaisergeschlechte; dies aber erntete uns unheilvolle italienische Gebiete. Nach dem misslungenen Versuche, die auf den habsburgischen Hartschädelen entwertete Stauferkrone an Napoleon loszuschlagen, hatte sich der ‘gute’ Kaiser Franz dieser Würde oder Bürde würdelos entledigt; das Bundespräsidium rettete ihm die Vorteile und die Macht ohne die sittlichen Pflichten des alten Kaisertums. In dieser Stellung fröhnte Habs- | |
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burg unter allen Erbsünden am meisten seinem Freiheitshasse. Leider liess sich Preussen in bekannter norddeutscher Tölpelhaftigkeit durch die ewig schändlichen Demagogenverfolgungen zum Büttel einer fremden Macht missbrauchen. Dergleichen soll ja noch heute vorkommen! - 1848 schien die lang verdiente Abrechnung bringen zu sollen, allein der vom Preussen eingeschlagene Weg führte nach Olmütz. Die Zeit war noch nicht reif für das Werk der Rache. Im italienischen Feldzuge von 1859 warf Oestreich den Preussen solange Verrat vor, bis der Prinz-Regent für eine fremde Sache marchieren wollte, da schloss Franz Josef schleunigst Frieden. Die deutsche Meinung aber nahm Partei für die östreichische Lügenpolitik. Als die Hofburg infolge des 2. schleswig holsteinischen Krieges eine verschlimmbesserte Neuauflage Schwarzenbergschen Ränkspiels versuchte, hatte sie endlich ihren Meister gefunden, der ihr Truggewebe mit schrillem Schwertschwung zerhieb. Aber immer noch sträubten sich die Wiener Staatsmänner, eine geschichtlich gewordene Notwendigkeit anzuerkennen; 1870 plante der Protestant Beust einen katholischen Dreibund gegen das verhasste Preussen. Vierzig Jahrzehnte füllen die Sünden der habsburgischen Haus- und Hofpolitik wider Deutschland von Friedrich III her bis herab auf die Preussenfresser Beust und Erzherzog Albrecht. Sie bedeuten wahrhaft mehr Schande für Deutschland als für ein gewisses Haus. Denn wenn dieses sich nun einmal aus Deutschland hinausgelebt hatte, so wäre es längst an uns gewesen, aus der Auffassung unseres Herrscherhauses von seinen Pflichten die letzten Folgen zu ziehen. Was aber wollen alle die einzelnen kleinen und grossen Sünden der Vergangenheit besagen gegenüber der einzigen Kette unerhörter Vergehungen der Gegenwart? Schon immer auf Irrpfaden, betrat das bewusste Haus alsbald nach dem Bluttage von Königgrätz und der Reichsgründung offensichtlich für alle Welt den Weg der Sünde. Unter der wohltönenden, den Liberalismus aller Länder, insbesondere den Deutschen, bethörenden Firma der ‘Gleichberechtigung aller Nationalitäten’ begann die Meistbegünstigung der minderwertigen Völkerschaften auf Kosten des Deutschtums, endlich der immer offener werdende Kampf gegen alles Deutsche. Es wäre ebenso ungerecht wie beschränkt, für die Wendung der Dinge in Oestreich allein den bösen Willen und die Kurzsichtigkeit der Wiener Diplomaten verantwordich zu machen. Das Ent[s]cheidende im Völkerleben ruht vielmehr in höheren weltbeherrschenden Gedank[e]n und in der Naturnotwendigkeit, nicht im Willen des Einzelnen. Auch die grössten Staatsmänner handeln in der Hauptsache unter dem Drucke der gegebenen Umstände, wenn | |
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auch die freie Entschlusskraft der letzte Antrieb ihres Thuns bleibt. Die höchste Schöpfung des Menschengeschlechts ist nun aber einmal der Staat, und er findet seine natürliche Grundlage in der Gemeinsamkeit seiner Angehörigen in Sprache, Sitte und Glauben, sowie im Blute, also in einem Volkstum. Grundsätzlich sollten Staat und Volkstum stets sich decken, jeder Staat nur ein ganzes Volkstum umfassen, jedes Volkstum einen Volkstaat bilden. Aber wie noch jede Theorie wird auch das ‘Nationalitätsprinzip’ in der Praxis vom Grün des Lebens überwuchert und durchbrochen. Gerade die grösten Staaten und die kleinen Völker haben diesem Grund- und Leitsatze alles Völkerlebens von jeher am meisten widersprochen, jene einige von diesen mitumfasst. Eine schwerere Gefahr als diese oft gänzlich eingekapselten und meist friedfertigen Zwergvölker boten indessen der ruhigen Fortentwicklung der allgemeinen bürgerlichen Zustände solcher Grosstaaten die gewöhnlich dem Volkskörper mehr aussen angeklebten Splitter mit mächtigen Volksstaaten. Für diese ist es dann oft ebenso eine Ehrenpflicht gewesen, die unterdrückten Volksgenossen zu erlösen. Von diesen leitenden Grundgesetzen aller Staatsbildung haben auch riesenhafte Weltreiche mit buntem Völkergewimmel keine Ausnahme gemacht. Das chinesische, römische, fränkische Weltreich sind wie die arabischen, mongolischen, türkischen auf der unbedingten Vorherrschaft einer Herrenrasse, eines einzelnen Volkes, ja meist nur eines Stammes begründet gewesen. Die mazedonisch- griechisch- persische Mischbildung des alexandrinischen Weltreiches musste eine Eintagsfliege bleiben, die Tochters aaten der Diadochen erstrebten sämtlich mit schnellem Erfolg die Einschmelzung des mazedonischen Stammes in das blutsverwandte helenistische Griechenthum. Infolge der grossen französischen Staatsumwälzung ist nun der im Kerne uralte Volksgedanke in die Massen der Bevölkerungen der meisten Länder gedrungen, hat sich dadurch vertieft und verinnerlicht und eine ungeahnte Kraft gewonnen. Seine Neubildung ging Hand und Hand mit dem stark demokratischen Zuge, der im letzten Jahrhundert durch die gesamte gesittete Welt ging, dem Streben der Regierten nach Befreiung von der Bevormundung durch die Regierenden. Einst nur in den gegebenen Unterschieden der Rassen begründet und von den Regierungen je nach ihren Zwecken ausgebeutet oder niedergehalten, gewann der Volksgedanke nunmehr erst wahrhaft Fleisch und Blut, Farbe und Leben. Wenigstens in den stürmischen Zeiten des Kampfes erfüllte sich jeder Volksgenosse bis zum dümmsten Bauernknecht mit heissem persönlichen Hasse gegen alle feindlichen Volksfremden, in einem Maasse, wie er bis dahin selten erlebt war. (Schluss folgt.) P. Schwebs. |
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