Germania. Jaargang 3
(1900-1901)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdAus Fritz Reuters jungen und alten Tagen.Ga naar voetnoot*
| |
[pagina 185]
| |
derbar schönen Sommer durchlebt, wie ich ihn meines Wissens in acht und fünfzig Jahren nicht erlebt habe. Denke Du unsere Lage in diesem Sommer: Zum ersten Male in einem ziemlich langen Leben Besitzer eines eigenen Grundstücks, Bewohner eines eigenen Hauses in der schönsten Gegend Thüringens, die Wartburg mit ihren welthistorischen Erinnerungen vor uns, sollte das den Kopf zuweilen nicht wirbeln und die Pflichten der Korrespondenz vergessen machen? Aber nun rechne dazu die Menge von Besuchern, worunter Deine braven Landsleute auch genügend vertreten waren, die Anlage eines neuen Gartens unter den allerschwierigsten Terrain-Verhältnissen, und dass dabei in mir der lange zurückgedrängte Furor economicus aufs Neue erwachte; denke Dir, dass zwischen allen diesen Freuden und Aergernissen der eine Grundton immer hindurch brummte: “Dein Buch muss aber fertig!” so wirst Du es erklärlich finden, dass ich Alles, sogar die liebenswürdigste Korrespondenz, liegen liess, auf eine ruhigere Zeit verschob und, wie der Perser sagt mich auf den Teppich der Geduld setzte und die Pfeife der Erwartung rauchte, was wohl meine besten Freunde zu meinem Schweigen sagten. - Nun steht mein Haus wohlgegründet auf festem Fels und wartet Deines Besuches; mein Garten beginnt zugrünen, mein Buch von dem Du das beifolgende Exemplar wohl oder übel lesen musst, ist fertig und in 18,000 Exemplaren in die Welt geschickt. Es ist jetzt der Kritik verfallen, und diese wird denn auch nicht verfehlen, mit ihren Fledermausflügeln das bischen van goldenem Schmetterlingsstaub, was daran haftet, abzustreifen. Du weisst es ja wohl aus eigener Erfahrung, dass gerade die impotenten Naturen sich am meisten berufen fühlen, jedes Erzeugniss freien Schaffens auf Null zurückzuführen. - Eins had mir aber leid gethan, dass trotz meines aufrichtigen Wunsches und der möglichsten Hülfe von meiner Seite unser gemeinschaftlicher Freund Vos der “Engeischen” Dame nicht den Vorsprung abgewonnen hat; er ist, wie er mir schreibt, mit der Nasenlänge eines Tages geschlagen worden.... Also im nächsten Sommer erwarten wir Dich!’ Das betreffende Buch war ‘De Reis' nah Konstantinopel oder De Meckelnbörgschen Montecchi un Capuletti’, die Uebersetzung des Pastors Christoffel Martinus Vos ‘Dörchlauchting’. Reuter bedauerte, dass Vos das alte lateinische Sprichwort Oleum et operam perdidi so recht unmittelbar auf sich anwenden dürfe.’ Wollte ich sagen, es hätte mir sehr leit gethan, dass Sie um eine Erfahrung reicher und um eine Hoffnung ärmer geworden sind, so wäre diess ausserordentlich mattherzig und schwächlich ausgedrückt; ich habe mich bis aufs Blut geärgert; und wenn's 'mal wieder so kommen sollte, so weiss ich einen anderen Weg, den wir einschlagen werden: ich schicke Ihnen dann mein Manuscript, ‘Vos in Heenvlit hat später Reuters Schwanenge- | |
[pagina 186]
| |
sang Voor Duitschland! Een gedicht. Uit het platduitsch overgezet’ zu Amsterdam 1871 veröffentlicht. Noch ein dritter Holländer trat mit ihm in Verbindung, der gelehrte Dr. Johan Winkler in Haarlem sandte im Sommer 1870 eine Schrift Taal en Tongvallen (Sprache und Mundarten) und bat um seine Mitarbeiterschaft an einem Werke über niederdeutsche Dialektologie. Reuter antwortete, das er den Wunsch zu erfüllen gedächte. ‘Jedoch müssen Sie mir Zeit lassen. WirDeutsche durchleben jetzt eine zu bewegte Zeit, als dass man über seine freie Musse bestimmen könnte. Vorläufig nur dies, Verstehe ich Sie recht, so wünschen Sie phonetische Sprachproben ohne Rücksicht auf Etymologie. Dann ferner: der von mir gewählte Dialekt wird im östlichen Mecklenburg und Vorpommern gerprochen (Stavenhagen liegt an der Eisenbahn Güstrow-Neubrandenburg); für das westliche Mecklenburg empfehle ich Advokat Hobein-Schwerin, für Mecklenburg-Strelitz Pastor Boll-Neubrandenburg. Nun wil ich noch erwähnen, dass Sie ausdrücklich auf die Aussprache Gewicht legen müssen? Später folgte als Beitrag das Gleichniss vom verlorenen Sohn, in Reuter'schem Platt, mit der Bemerkung: ‘Da wir mit unsern Schriftzeichen den Laut eines Wortes nur höchst mangelhaft anzudeuten vermögen, so wird man das Nachstehende mit Nachsicht aufzunehmen haben’. - Winklers Werk erschien unter dem Titel: Algemeen nederduitsch en friesch dialecticon. Eerste deel. 's Gravenhage 1874. Dasselbe enthält 186 Erzählungen von dem Gleichniss des verlorenen Sohnes in ebenso viel verschiedenen Arten der niedersächsischen und friesischen Sprachstämme, jedesmal mit diesbezüglichen wissenschaftlichen Anmerkungen. In dem Vorwort zu dem Abschnitt ‘Mecklenburg’ heisst es: ‘De Mecklenburger tongval is in de laatste jaren bijzonder bekend geworden door de geschriften van Fritz Reuter, Olle Kamellen, Ut de Franzosentid, Ut mine Stromtid, Hanne Nüte, enz., die niet slechts in Duitschland, maar in alle beschaafde landen der wereld een grooten roem hebben verworven, en dikwijls in andere talen zijn vertaald. ‘S. 50 folg. steht: ‘De gelijkenis van den verlorenen zoon in den tongval van de stad Stavenhagen. Medegedeeld door den heer Fritz Reuter te Eisenach, November 1870.’ Vielleicht waren die persönlichen Beziehungen des hervorragendsten deutschen Dialektdichters zu mitstrebenden Niederländern noch Zahlreicher. In Holland wie in Belgien, worauf ich schon im Augustheft der Germania hinwies wird noch manches Manuskript von und über Fritz Reuter verborgen liegen. Möge man doch dort nachforschen und mich durch Mittheilung beglücken, in diesem Falle auch speziell durch die Adressen der Familien Heye und Vos! Die zwei mit Reuter einst eng befreundeten Männer sind ja leider nicht mehr am Leben, während der wackere Dr. Winkler, dessen herzliche Gastlichkeit | |
[pagina 187]
| |
in Haarlem ich vor etwa fünfzehn Jahren genoss, hoffentlich noch der alten Rüstigkeit sich erfreut. Jetzt da die jugendliche schöne Königin Wilhelmine von Holland dem Prinzen Heinrich von Mecklenburg die Hand zum Bunde reichen wird, dürfte sich in den Niederlanden das Interesse für einen Dichter womöglich noch steigern, der durch seine Schriftstellerischen Schöpfungen zu den berühmtesten Söhnen Mecklenburgs zählt, und dessen Name für alle Zeiten neben den beiden andern unsterblichen Mecklenburgern Blücher und Moltke unvergänglichen Ruhm erworben hat. |
|