Germania. Jaargang 3
(1900-1901)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdDie französische Kriegslyrik des Jahres 1870-71 in ihrem Verhältnis zur gleichzeitigen deutschen.(Fortsetzung.)Dankbare Gegenstände für die Dichter des siegreichen Volkes waren Schlach-tenschilderungen. Die unzweifelhaft farbenprächtigste des Riesenkampfes bei Sedan gab Felix Dahn in seiner kriegerisch belebten Dichtung: ‘Die Schlacht von Sedan’ (Kriegspoesie, III., S. 56). Jene unterliefsen es aber keineswegs, die Greuel, welche ein Gang über das Schlachtfeld nach dem Kampfe vor das Auge treten läfst, in der ganzen grauenerregenden, erschreckenden Wirklichkeit zu beschreiben (vergl. Karl Geroks: ‘Ein Slachtfeld’ und das Winklersche Lied: ‘Die Hyänen von Wörth’ (Kriegspoesie, II., S, 74), Selbst nach den glänzenden Siegen bei Wörth, Gravelotte und Sedan beherrscht doch die deutsche Kriegsdichtung ein tiefernster Grundton. In jener Zeit entstand aufser anderen ähnlichen das Lied: ‘Trauernden Müttern zum Troste’, deren Söhne gefallen sind, (Julius Sturm: ‘Kampf- und Siegesgedichte’, Halle 1870, S. 32). Auch im weiteren Verlaufe des Krieges klingt aus manchem deutschen Liede, so aus Rud. v. Gottschalls ‘Requiem’ (Sept. 1870): ‘Rührt die Trommeln ernst und dumpf,
Senkt die Fahnen feierlich!
Jedem Heil, der im Triumpf
Für das Vaterland verblich’ u.s.w.
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und aus: ‘Unsern Toten in Frankreich’ von Friedrich Friedrich (‘Der Deutschen Heldenkampf in Wort und Lied’ von Fr. M. Remy, Berlin 1870. S. 224) die Körnersche Mahnung in seinem ‘Aufruf’ heraus: ‘Vergiss, mein Volk, der treuen Toten nicht!’ Dem deutschen Volke gereicht es sicher nicht zur Schande dass die Zahl der Lieder ungemein gross ist, welche dem ‘roten Kreuz’ Dank und Anerkennung zollen. Wir greifen nur heraus: ‘Die barmherzigen Samariter’ von M. Remy. ‘Der Deutschen Heldenkampf’, S. 164, ‘An Wolfgang im Felde’ von Ferd. Freiligrath (Kriegspoesie Bd. II, S. 317 ff), ‘Das rote Kreuz’ von Marie Ihering (Kriegspoesie Bd. II, S. 315 ff.), ‘Die treue Krankenpflegerin, Diakonissin Schwester Salome’ (Ditf. II, S. 184). ‘Das rote Kreuz’ von Rud. v. Gottschall (Friedens- und Kriegsgedichte, Leipzig, E. Keil, S. 191). Nichts lässt uns die dichterische Beteiligung des deutschen Gesamtvolkes an den grossen Zeltereignissen und die Anschauung und Stimmung breiter Volksmassen besser erkennen, als die poetisch-politischen Zeitstimmen des Volkes vol von schlagfertigem Witz und körnigem Humor. Wahrlich lebendiger und unmittelbarer redet in diesen Liedern der Volksgeist in seiner vollen Frische und oft auch ganzen Derbheit zu uns, als die getreuste Feder des Geschichtsschreibers ihn darzustellen vermag. Namentlich als Sieg auf Sieg folgte, kam der Humor zu seinem vollen Rechte. Urplötzlich tauchte das Kreuslersche Soldatenlied auf, welches Volk und Heer mit gleich grossem Wohlgefallen sang (M. Remy, ‘Der Deutschen Heldenkampf’, S. 450). Im volkstümlichen Soldatenton schildert das Lied, welches der ‘vielgeplagte Arzt mit Landpraxis’ in Sachsenhausen im Fürstentum Waldeck für seinen Sohn Reginald bestimmte, der als Unteroffizier d. R. mit dem 83. Regiment ins Feld gerückt war, das ebenso ruhige als entschiedene Auftreten König Wilhelms dem abgesandten Napoleons Benedetti gegenüber. Die meiste Angriffspunkten bot dem Spott und Witz die prahlerische Uberhebung der Kaiserin Eugenie, Napoleons, seiner Minister und Marschälle. Ausser den von Charlot übersetzten Liedern erinnern wir nur an: ‘Wie Napoléon Saarbrücken nahm’ (‘Der Deutschen Heldenkampf’, S. 443), ‘Das Bouquet’ (ebenda, 454)Ga naar voetnoot(1), ‘Er, Sie und Es’ (Ditf. I, S. 108), ‘Saure Gurke ist auch Kompott’ (Ditf. II, S. 109), ‘Das Zarenlied’ (Ditf., II, S. 110), ‘Eine Reise von Paris nach Wilhelmshöhe!’ (Kriegspoesie Bd. III, S. 326), ‘Der Hand- | |
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schuh, den Girardin den Deutschen nicht hinwarf’ (frei nach Schillers Handschuh; Kriegspoesie Bd. IV, S. 95), ‘Kronprinz und Marschall’ mit dem Kehrreim: ‘Fritze kommt und hat ihm schon’ (Kriegspoesie Bd. V.S. 448), ‘Mac Mahons zwei Cigarren’ (‘Heldenkampf’, S. 449)Ga naar voetnoot(1) und Kletkes Spottlied im echten Volkstone (‘Heldenkampf’, S. 432): ‘Kommt ein Fuchs zum deutschen Rhein,
Trauben naschen möcht' er,
Doch sie werden sauer sein,
Meint des Rheines Wächter,
Wäscht den Pelz ihm wacker aus,
Schickt ihn wohlgeprellt nach Haus, -
Füchslein auf der Lauer,
Die Trauben sind zu sauer!’ u.s.w.
Eine derbe Abfertigung erhielt das übermütige Prahlen der Franzosen mit einer militärischen Promenade nach Berlin durch Roderich Benedix in dem Gedicht: ‘Der Spaziergang nach Berlin’ (Kriegspoesie Bd. I, S. 572), welche spöttisch daran erinnert, dass die Franzosen ihren höchsten Wunsch erfüllt sähen und allerdings unter Bewachung nach Berlin, Spandau und Küstrin geführt würden. Zur höflichen Erwiderung des Besuchs zögen inzwischen die Deutschen in festgeschlossenen Gliedern nach Paris: ‘Wir wollen da die Rechnung zieh'n
Für den Spaziergang nach Berlin.’
Die französischen Zeitungen, in denen fortwärend anstatt vom deutschen Generalstab von einem ‘General Staff’ die Rede war, forderten den Spott der deutschen Dichtung förmlich heraus. Ein Lied mit dem Kehrreim: ‘Das ist der General Staff’ verspottet diese Verwechselung in drastischer Weise (Kriegs-poesie Bd. II, S. 190), ebenso das Lied vom ‘General Staff’, frei nach dem Pariser Figaro, (Ein Albumblatt des Kladderadatsch vom 20. Sept. 1870, S. 7). In dieser köstlichen Satire macht sich die Furcht und Angst der Franzosen vor | |
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dem unheimlichen Feinde zum Schluss in dem allgemeinen Notschrei Luft: ‘Der General Staff, der General Staff,
O betet, betet, Nonn' und Pfaff',
Dass doch der Himmel unser sich
Erbarmen möge gnädiglich
Und uns recht bald vom Halse schaff',
Den General Staff!’
Dem allgemeinen Spotte verfiel ‘die grosse und gefährliche Armada’ der Franzosen (Kriegspoesie Bd. IV, S. 350), als die von ihr allgemein erhofften Grossthaten ausblieben. ‘Neues Mausefallen Lied’ nennt sich ein anderes Spottlied, welches von der Einschliessung der Franzosen in Metz und Paris handelt (Kriegspoesie Bd. III, S. 246). Das Lied: ‘Der Nachtwächter von Paris’ (Ditf. II, S. 115) verkündet im Anschluss an die Stunden der Nacht die französischen Niederlagen. Das Erscheinen Garibaldis, ‘des Löwen von Caprera’, auf dem Kriegstheater zur Verteidigung der Republik, welches auf die grossen Ereignisse des Krieges nicht von dem mindesten Einfluss war, bot manche Seite für die humoristische Behandlung und rief Gedichte wie: ‘Jetzt wird der Krieg romantisch’ (Kriegspoesie Bd. IV, S. 99) und ‘Kutschke an Garibaldi’ (Kriegspoesie Bd. V, S. 121) hervor. Der Humor kam in Deutschland auch in der Form zum Durchbruch, welche zur Zeit der Freiheitskriege gang und gäbe war, in der Form von Gesprächen. In einem solchen, welches der alte Fritz mit Blücher im Himmel führt, lässt der Taunusbote den alten Marschall Vorwärts, der am Kampfe des geeinten Deutschlands am liebsten selber mit teilgenommen hätte, die Worte sagen (Kriegspoesie Bd. I.S. 642): ‘Sackerlot, wie liegt mir's schwer im Sinn,
Dass ich nicht mitten drunter bin.
Wie wollt' ich die Ohnehosen bekatzbachen
Und ihnen einen lustigen Kehraus machen!
Ha! - Ich nehme Urlaub nach der Erden.’
Urwüchsicher Humor beherrscht die reiche Dialektlitte[r]a[t]ur, welche hauptsächlich Lulus Feuertaufe bei Saarbrücken, Napoleons Aufenthalt auf Wilhelmshöhe und das Leben in Paris während der Schreckenszeit der Belagerung poetisch zu gestalten wusste. Ein besonders günsiger Boden schien der Krieg für die ‘Oberbayrischen Feld-Schnadahüpfeln’ zu sein (vergl. Ditf. II, S. 24, S. 53, u.a. Stellen). | |
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Mit Vorliebe zieht der Humor harmlose kleine Vorkommnisse, wie sie damals das leben im Felde und daheim ihm bot, in seine Kreise. Solcher Art sind folgende Lieder: ‘Die bayrischen Knödel bei Weissenburg’ (Ditf. II S. 48), ‘Das Fässl zu Weissenburg’ (Kriegspoesie S. 42), ‘Der erste gefangene Turko’ (Wachsmann ‘Kriegslieder’, S. 468). ‘Das deutsche Handwerk’ (Kriegsp[o]esie V. Bd., S. 436) und Fastenraths köstliche Gedicht: ‘Der alte Fritz an die Berliner Strassenjugend’ (vom 3. Sept. 1870), als Jungen auf das Reiterstandbild geklettert waren, um Fahnen darauf anzubringen. (Zwickau) Prof. Dr. Fritsche |
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