Germania. Jaargang 3
(1900-1901)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdDie Entwickelung, die Blüthe und der Verfall der holländischen SeemachtGa naar voetnoot*)I. Die Grundlegung in Europa bis 1567.Ein holländischer Schriftsteller, der um die Mitte des 17. Jahrhunderts von der glanzvollen Höhe hinabblickt auf die Anfänge seines Vaterlands, nennt Holland treffend ein Land, das von Natur nicht würdig gewesen wäre, bewohnt zu werden. Unend- | |
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lich wenig brachte das Land selbst hervor. Fast Alles, was für die Ernährung der Volksmassen, für Industrie und Schiffahrt von Nöthen war, musste vom Auslande erworben werden. Wollte dies Volk höhere Geltung erlangen, die Waaren der Fremde erwerben können, so musste es auf die See hinausgehen und in den Berufen des Fischers und Schiffers Verdienst suchen. Die langgestreckte Küstenheimath, ein Mittelding zwischen Meer und Land, erleichterte diesen Uebergang ganz wesentlich. Bis in die Zeiten der Karolinger hinauf lassen sich die Friesen, die Bewohner der Küstenlandschaften von der Scheide bis zum Dollart, von Seeland, Holland, Westfriesland, als Seefahrer und Händler nachweisen. Nach England und Südnorwegen richtete sich die Fahrt. Sie scheinen auch die ersten gewesen zu sein, die die Fahrt um das Kap Skagen nach der Ostsee, wenigstens bis zur Ausmündung des Sundes erprobten. Hier gewann das Handelsleben im Anschlusse an das Emporblühen der Heringfischerei im Sunde seit etwa dem Schlusse des 12. Jahrhunderts zugleich grosse Umschlagsplätze an der Südspitze Schwedens in Skanör und Falsterbo. Jedoch hemmte der gewaltige Aufschwung, den der Handel niederdeutscher Städte während des 14. Jahrhunderts nahm, die Fortschritte des friesischen Fernverkehrs. Schiffahrt und Verkehr der Skandinavier, der Russen, der Eng- | |
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länder und Friesen wurden von den heimischen Meeren verdrängt. Fast konkurrenzlos herrschte auf ihnen Ende des 14. Jahrhunderts das hansische Schiff, der hansische Kaufmann. Deutlich erkennbar ist seit dem zweiten Kriege der Hansen gegen König Waldemar von Dänemark ein handelspolitischer Gegensatz zwischen Hansen und Holländern. In den Friedensschlüssen mit Dänemark 1370, mit Norwegen 1376 wurde den Holländern, die Seite an Seite mit den Hansen die nordischen Herrscher bezwungen hatten, dieselben Vergünstigungen im Verkehr mit dem Norden wie den Hansen eingeräumt. An der Ausnützung derselben aber wurden die Hollände alsbald allerorten, in Bergen, dem grossen Hauptstapelplatze Norwegens, nicht minder wie im Sunde, von den Hansen beeinträchtigt. Nicht von allen Hansen, nur von denen, die den Verkehr des Nordens mit dem Auslande immer vollständiger in ihre Hände zu bringen suchten; das waren die sogenannten wendischen Städte Stralsund Rostock, Wismar und Lübeck, das Haupt der ganzen Hanse. Die Reibungen wurden dadurch vermehrt, dass die Holländer sich immer entschiedener und planvoller der Frachtfahrt und des Zwischenhandels zwischen dem Ostsee-Gebiet und den grossen Märkten des westlichen Kontinents auf flandrischem Boden anzunehmen begannen. Denn in der Herrschaft über den ost - westlichen Handel lag die Ueberlegenheit begründet, welche Lübeck und seine Nachbarstädte - auch Hamburg und Lüneburg stellten sich immer entschiedener an ihre Seite - innerhalb des ganzen nördlichen Handelsgebiets besassen. In Preussen und Livland, den Vorländern des riesigen, produktereichen osteuropäischen Binnenlands, suchten sich die Holländer einzunisten. Sie begannen sich zu Herren von Handelsartikeln zu machen, deren Vertrieb ebenfalls ganz besonders lübisch-wendische Erwerbszweige bedrohte, so des westfranzösischen Seesalzes und des Nordsee-Herings. | |
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Mit ersterem bekämpften sie die Herrschaft des Lüneburger Salzes in der Ostsee; des Fischfangs in der Nordsee nahmen sie sich in wachsendem Masse an, seit die wendischen Städte Ende des 14. Jahrhunderts ihnen die Theihiahme am Handel mit dem Sund-Hering erschwerten. Sie schmälern den Absatz der im lübischen Verkehr zwischen Flandern und Russland alteingebürgerten flandrischen Webewaaren, indem sie eine eigene Tuchindustrie zu entwickeln beginnen. Sie suchen in allen Zweigen des wendischen Zwischenhandels zwischen Ost und West Fuss zu fassen. Im 15. Jahrhundert ist der Kampf zwischen Lübeck und Amsterdam - um die leitenden Städte zu nennen - auf allen Punkten entbrannt, Wiederholt sucht Lübeck die Hansestädte zu einmüthigen Sperrmassregeln gegen den holländischen Handel zu vereinigen. Sie erwiesen sich im Wesentlichen als wirkungslos, schärfere Mittel mussten ang wandt werden, wenn Lübeck seine angefochtene Handelsherrschaft behaupten wollte. Auf zwei grossen Strassen bewegte sich der Verkehr zwischen der Ostsee und der Nordsee, auf der holsteinischen Landstrasse, die Lübeck mit Hamburg verband und in den Jahren 1390 bis 1398 ergänzt worden war durch einen lübischen Kanalbau zwischen Trave und Elbe, und auf der Seestrasse durch die dänischen Gewässer. Von diesen befand sich erstere Strasse vollständig unter der Herrschaft Lübecks, und die Seestrasse musste dies Schicksal theilen, wenn es Lübeck gelang, den skandinavischen Norden und seine Herrscher wirthschaftlich wie politisch weiter zu beherrschen. Dies war altlübische Politik; mit ihr verquickte sich nun die Spekulation, vermöge deren man gedachte, die lästig werdenden Konkurrenten vom Norden und von der Ostsee möglichst fernzuhalten. Schon in den 20er Jahren des 15. Jahrhunderts nahm dieser Kampf um den Sund und den Zwischenhandel, der Hollands | |
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europäische Bedeutung begründet hat, akute Formen an. Im Kampf und im Bunde mit den nordischen Herrschern suchte Lübeck wiederholt den Sund zu sperren, und die grosse Menge der Bevölkerung jubelte diesen Unternehmungen zu, am begeistertsten, als Wullenwever 1534 seine verwegenen Pläne in die That umzusetzen begann. Indessen sie scheiterten schnell und voltständig; die lübische Herrschaft über den Sund und den Norden brach damit für immer zusammen, und sicher vor fernem thätigen Gegenwirkungen Lübecks konnte sich fortan der holländische Handel das Uebergewicht in der Ostsee erringen. Wiederholt hatte die holländische Seemacht während dieser Kriegsperiode Gelegenheit gehabt, ihre Tüchtigkeit zu beweisen. Die Vertrautheit mit der See durch den grossen Fischfang in der Nordsee machte die Niederländer zum seegewohnten und seegewandten Volk, erzog eine eisenharte, kühne, seemächtige Bevölkerung. Vom Gelingen der jährlichen Heringsfischerei hing für Holland grossentheils die Wohlfahrt ab, von der Ausrüftung der Schiffe, dem Knüpfen der Netze u.s.w. lebten Tausende. Dem gesammten Volke ward der Verkehr mit der See geläufig. ‘Die Fischerei hat uns zum Seevolk gemacht, so dass wir grossen Handel treiben konnten’, das war die feststehende Ueberzeugung der Niederländer (de la Court). Und die Handel fand seinen Mittelpunkt in dem trefflichen Hafen von Amsterdam. Schon 1438 konnte die Landesregierung beim Ausbruch eines Krieges mit den wendischen Städten erklären, dass Holland und Seeland gänzlich begründet seien auf Kaufmannschaft. Vom freien Verkehr mit den Ostsee-Gebieten hing der Schwung des Handels auch für die anderen Richtungen des Amsterdamer Verkehrs ab. Wenn es richtig ist, da s Holland schon um 1500 für 9/10 seines Getreidebedarfs auf überseeische Einfuhr und zwar ganz überwiegend aus den Ostsee-Gebieten angewiesen war, so begreift sich auch aus diesem Gesichtspunkte die Erregung, welche jede | |
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Erschwerung des Sund-Verkehrs in Holland hervorrief. Bald bildete der Handel mit dem baltischen Korn überhaupt den vornehmsten Erwerbszweig des Landes. Amsterdam ward die grosse Kornscheuer, von wo aus Westeuropa und namentlich das Mittelmeer-Gebiet mit Getreide versorgt wurde. Noch als Unterthanen des weltgebietenden spanischen Königs gelangten die Holländer zu ihrer glänzenden maritimen Entwickelung vor allen Ländern Europas. Und sorgfältig meist nahm die spanische Statthalterschaft in den Niederlanden Rücksicht auf die Verkehrsinteressen ihrer nördlichen Provinzen. Zudem öffnete ihnen dieser politische Zusammenhang den ungewehrten Zugang zu den neuen Brennpunkten des Welthandels, Lissabon, Sevilla, Antwerpen; ja der Verkehr zwischen den südlichen Kornlanden des Weltreichs und seinen niederchen Provinzen gerieth schon damals fast ganz in ihre Hände. Noch behauptete als Hafen und Handelsplatz Antwerpen einen bedeutenden Vorrang vor Amsterdam. Die Zahl der Schiffe dort betrug das Fünffache des Schiffsverkehrs im Amsterdamer Hafen. Wie bedeutend aber der Aufschwung des Amsterdamer Handels in der Zeit von 1531 bis 1566 z. B. war, das zeigen die Abgaben von der Waage und vom Pfahlgeld. Die ersteren stiegen um mehr als das Doppelte, die letzteren in gleichen Verhältniss wie 3: 8, und dies, ohne dass die Tarife verändert waren. Um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts besitzt Holland eine höchst leistungsfähige Handelsflotte und ein ausgezeichnetes, grosses Seemanspersonal. Einer Berufsflotte, um den Umfang des Handels, die Freiheit der Meere, die errungene wirthschaftliche Stellung zu schützes, hatte es bislang nicht bedurft. Die Kauffahrer, die ohnehin meist mit Geschützen und Waffen versehen waren, um schweifenden Seeräubern begegnen und die Neutralität in Kriegen anderer Mächte wahren zu | |
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können, bildeten auch zugleich die Kriegsflotte. Noch bestand die Führung des Seekriegs überwiegend in Kaperei. Die grossen Seeschlachten von Berufsflotten gehören im Allgemeinen einer späteren Zeit gewaltigerer Kämpfe an. Aber diese Zeit war auch für Holland nahe herangerückt. | |
II. Die Blüthezeit und die Kolonien bis 1650.‘Von der See ist Hollands Blüthe, Macht und Ruhm gekommen; unsere Hauptkraft liegt in dem Imperium maris’, so schrieb 1618, mitten in der Zeit des Freiheitskampfes ein holländischer Schriftsteller. Als die spanische Knechtschaft die südlichen Niederlanden überwältigte und die nördlichen bedrohte, als Steuerdruck, Inquisition, Scheiterhausfen so furchtbar auf dem Volke lasteten, da kam die Erlösung von der See her. Nie vielleicht hätte sich das geängstigte Volk wieder aufgerichtet ohne die Wassergeusen. Scharen von Auswanderern trieb das grausame Wüthen Albas aus dem Lande, die eifrigsten Protestanten eilten hinüber aus dem Süden in das Heer des Prinzen von Oranien im Norden, unter ihnen auch der edle Marnix von St. Aldegonde, der Dichter des Liedes Wilhelmus von Nassauwen. Aber die sicherste Zuflucht für alle freiheitliebenden Elemente der ganzen Niederlande gewährte das Meer. Meist Seeleute aus Holland und Seeland bildeten die Scharen dieser Wassergeuzen. Die ersten Kaperbriefe wurden 1568 durch die oranischen Prinzen an sie ausgestellt. Der Kampf gegen den spanischen Tyrannen war ihre Lofung. Nur Niederländer durften als Kapitäne, Leutnants, Schiffer eingestellt werden. Beute ward getheilt, auch der Prinz erhielt seinen Antheil. Klein waren die Schiffe, nothdürftig armirte Handelsfahrzeuge. Kaperei mehrte schnell ihre Zahl. Aber die gesammte Mannschaft war seegewandtes Volk. So fing der Krieg an, der Hollands Bedeutung zum Range einer Weltmacht erhob. | |
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Ordnung, Halt und Nachdruck kam in diese revolutionäre Bewegung doch erst, seit Seeland und Holland mit gesammelte; Kraft sich den Rebellen anschlossen. Die Eroberung von Briel durch die Wassergeusen gab 1572 das Signal zur Erhebung. Der Bund der beiden Landschaften war der Kern um den die anderen sich konsolidirten. Den fundamentalen Ausdruck fand diese Entwickelung 1579 in der Utrechter Union, dem Kriegsbüdniss der sieben Provinzen des Niederländischen Nordens, der Generalstaaten, gegen Spanien. Unbekannt noch war das Schicksal des kühnen Unternehmen. Die Münzen der Generalstaaten aus diesen gefahrvollen Jahren zeigen sehrbezeichnend ein Schiff, das steuerlos und segellos auf hoher See dahintreibt mit der Unterschrift: incertum, quo fata ferant. Unabsehbar dehnte sich der furchtbare Krieg mit der spanischen Weltmacht vor den Blicken aus. Nauticus. (Fortsetzung folgt.) |
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