Vlämische Chronik
Die jungfräuliche schöne Königin von Holland, die dem Dornröschen gleich in ihrem Schlosse am Loo desjenigen harrte, der sie aus dem Zauberbann der Kindheit zum Liebesleben erwecken sollte, ist erlöst oder vielmehr pro[s]aisch ausgedrückt verlobt. Durch die Dornenhecke, die um sie her aus grosser Besorgnis, mütterlicher Liebe und zuletzt durch das schwere königl. Amt emporgezogen war, gelang es einem niederdeutschen Fürsten unter vielen Bewerbern siegreich bis zur holden Königsmaid durchzudringen.
Wie jeder Vergleich aber, so hinkt auch dieser. Wir dürfen eigentlich nicht von einem willenlosen lieblichen Kinde sprechen, sondern von einer Herrscherin, die erst ganz kürzlich gezeigt hat, dass sie es wagt weit eher der Urgestalt des Dornröschens, der starken Brunhild gleich, allen Herrschern zum Trotz, allen Völkern zur Freud, dem von Ungerechtigkeit und Willkür Verfolgten Schutz und Asyl zu bieten.
So lange vom greisen Helden Krüger und seinem Burenvolk gesungen und gesagt wird, so lange wird man auch von der mannhaften wackern und schönen Königin Wilhelmine sprechen, die ihm ein Schutzengel geworden.
***
Wiederum hat der unerbittliche Tod zwei der besten Vlamen in das Jenseits entführt: Baron de Maere und Albrecht De Vriendt.
Von ersterem, dem Begründer der neuen maritimen Anlagen des alten Brügge, bringen wir in heutiger Nummer einen längern Aufsatz, welcher der Feder unseres bewährten Mitarbeiters des Professors Sabbe von Brügge entstammt. Wie wir in der voraufgehenden Hinweisung der Schrifleitung mitteilen, war Sabbe der treue Helfer des Dahingeschiedenen, beide, Hand in Hand gehend, hielten unerschütterlich fest an dem grossen Gedanken, den sie verwirklichten trotz vielfacher Gegnerschaft. Das stille Brügge wird, bald zu neuem Leben erwachend, gewiss niemals Baron de Maere und seinen treuen Sabbe vergessen.
Albrecht de Vriendt, der Brüder unseres Redaktionsmitgliedes Juliaan de Vriendt, erblickte in Gent, der Geburtsstadt Karl V., am 6. Dezember 1843. das Licht der Welt. Beide Brüder fühlten sich zur Kunst hingezogen und weilten schon als Knaben oft stun-