Germania. Jaargang 2
(1899-1900)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdAn Pol de MontGa naar voetnoot(1)
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Dort hab' ich im grünen Versteck gehaust.
Und immer schien mir das köstlichste Loos:
Zu leben im tiefsten Waldesschoss;
So weit das Luftmeer die Erde umwallt,
Ist herrlicher nichts als der deutsche Wald.
Wenn die Zweige erschauern im Morgenhauch,
Wenn das Abendlicht zittert auf Baum und Strauch,
Wenn sie träumend stehn in der Mondennacht,
Das ist eine Pracht, das ist eine Pracht!
Die Pracht, sie schaute ins Nest mir herein,
Als kaum sich erschlossen der Augen Schein,
Und stets mein geliebtester Aufenthalt
War all meine Tage der Wald, der Wald.
Der Wald bot labende Nahrung mir,
Und Freiheit blühte wie nirgends hier,
Von Zweig zu Zweig, von Baum zu Baum
Hüpft' ich im weiten Waldesraum;
Und erstarb über Wipfeln des Lichtes Schein,
Wiegte ihr Säuseln in Schlummer mich ein.
So schwand mir vorüber des Sommers Zeit;
Wohl sah es oft knapp mit der Atzung aus,
Doch sorglich hatt' ich bestellt mein Haus;
Ich schmauste, was Sommers ich eingesackt,
Habe Buchenkern viel und Nüsse geknackt;
Und wurde zu grimmig des Wetters Graus,
So verschlief ich die Tage im wärmenden Haus.
So lebt' ich gar froh ohne Ungemach,
Doch jeden erharrt ein Schicksalstag,
Auch meiner erschien: vor kurzer Frist
Berückte mich schlau des Fängers List,
Der schaffte mich rasch aus dem Walde zur Stadt,
Wo ein Poet mich erstanden hat,
Der sendet an Dich, den Poeten, mich,
Weil nach Meinesgleichen Dich Sehnsucht beschlich.
Du liebst mein Geschlecht, doch Flanderns Gau,
Der hegt keinen Wald, nur blühende Au,
Auf Auen gedeihen wir nimmermehr,
Drum kam ich zu Dir aus der Ferne her.
Das war eine Reise! Vom Sachsenland
Durch Thüringens Fluren zum Scheldestrand!
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Zwei Tage und Nächte währte die Fahrt,
Da hiess es: sich fassen auf gute Art.
Denn einsam (von Holz im engsten Verliess,
Das kaum durch Spalten die Luft einliess)
Fuhr ich ohne Geleit auf den Schienen dahin,
Aber ich trug's mit geduldigem Sinn,
Habe Obst genascht und Nüsse geknackt,
Die dein Freund mir bescheert, der mich eingepackt.
Das ging nun vorüber, ich athme befreit,
Den Kerker hast Du erschlossen mir weit,
Ich strecke die Glieder, von Freude durchwallt,
Und bringe Dir Grüsse vom deutschen Wald.
Der Wald, wie liegt er so weit mir und fern!
Hinfort soll ich Dir gehorchen als Herrn;
Wohlan! sei hold mir und thu' mir nicht weh',
Dass ich nicht bange vor Sehnsucht vergeh'
Und dass, wenn Du musische Träume spinnst,
Und gottbegeistert auf Lieder sinnst,
Ich ewig-rege den ernsten Mann
Mit munteren Sprüngen erheitern kann.
Dresden.
Albert Möser.
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