Der jetzige Reichtstag vergegenwärtigt scherlich nicht die Stimmug, die aller Orten im Lande für die maritime Vorlage vorherrscht. Dass die Polen undeutsch fühlen, handeln und stimmen, ist recht wohl begreiflich, dass die Sozialdemokratie sich ablenend verhält, ist nach ihrer stets veneinenden Haltung allen Regierungsvorlagen gegenüber vorauszuschen. Ihre efolgschaft bildet die Richtersche Gruppe unbedingt in Wehrfragen seit langer Zeit. Von dem Centrum hingegen müsste man voraussetzen, dass es sich besinnen wird, ehe es sich in geraden Gegensatz zur Reichs- und zu allen Einzelregierungen bringen wird, um ge, meinsame Sache in dieser nationalen Lebensfrage mit Sozialisten, Polen, Welfen und andern verneinenden Elementen zu machen. Wer in schlechter Gesellschaft ausschlaggebend auftritt und das Zünglein der Wage auf deren Seite niederzwingt, der schwächt sich für die Zukunft und bleibt nicht ohne Makel. Im tarken Deutschland kann die katholische Partei lebens- und arbeitsfähig, ja selbst massgebend sein, wie wir dies in letzter Zeit oft sahen, in einem geschwächten und gefährdeten Reiche aber schrumpft auch ihr Ansehen und ihre Kraftentwicklung unerbittlich zusammen. Der Katholizismus Deutschlands befindet sich im Vergleich zu dem anderer, selbst ganz katholischer Länder, in einer fürstlichen Stellung, an ihm wird es liegen, sich dieselbe durch weise Mässigung und vaterländisches Bewusstsein zu erhalten. Die andern Parteien im Reichstage sind beinahe geschlossen ohne Vorbehalt für die Vorlage eingetreten bis auf wenige Ausnahmen, wenn auch keine ‘Hurrahstimmung’ bei Allen vorhanden ist, wie etwa in der französischen Kammer bei ähnlichen Anlässen. Tief in unserm Volke schlummern gewaltige Kräfte, die leider nur zu oft zu anderer Nutz und Frommen verwendet wurden.
Jetzt sind sie wieder erwacht, sie regen sich und sehnen sich nach Bethätigung in eigenem Belang. Wer wird es wagen, dieselben einzuengen oder gar abzulenken? Jedes Volk verdient die Regierung, die es hat, verdient das Joch, das die Verhältnisse ihm aufzwingen, verdien die Bande, die es willig trägt. Wir aber im Ausland hoffen, dass sich der Geist rücksichtslos Bahn bricht, der die Grösse und Herrliehkeit des Deutschen Reiches im neuen Jahrhundert verbürgt.
Deutschland ist berufen zur Führung als gemanische Weltmacht hört es diesen Ruf nicht, richtet es sich nicht darauf ein, diese hohe ihm gestellte Aufgabe durchzuführen, so muss es notgedrungen wieder in den alten Schlaf verfallen, es dient dann in seiner Hülflosigkeit fremden Herren, und mit ihm alle deutschen und ausserdeutschen Lande, die sich an seiner Grösse aufrichten und stützen möchten.
Als einarmiger Riese steht es im umgekehrten Verhältniss zu England da. Ein Einarmiger aber ist trotz aller Kraft ein Verstüm-