Germania. Jaargang 1
(1898-1899)– [tijdschrift] Germania– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermdDie deutsch-protestantische Gemeinde in Brüssel.Die deutsch-protestantische Gemeinde erlässt einen Aufruf, der zur Genüge zeigt, dass die Deutschen endlich nicht mehr gewillt sind sich von ihren französischen Glaubensgenossen an der Nase herumführen zu lassen. Wir wissen es den deutschen Männern Dank, diese Frage vor das Forun der Oeffentlichkeit gebracht haben. Sie können der Unterstützung aller deutsch Gesinnten gewiss sein. Die Ueberläufer aber müssen gebrandmarkt werden!! | |
An die Deutschen Mitglieder der Museums-Kirche in Brüssel.An alle deutschen Mitglieder der Museums-Kirche in Brüssel (Église évangélique protestante franco-allemande de Bruxelles) gestatte ich mir die Bitte, im Interesse des Deutschtums und der Kirche ausführen zu dürfen, dass seit Jahren unsere Interessen durch eine willkürliche Handhabung der Wahlen der Kirchenverwaltung (consistoire, conseil d'administration, etc.) ernstlich geschädigt d.h. überall hintenan gesetzt worden sind. Obschon in Belgien bereits durch Gesetz vom 4. März 1870 und - dessen Ausführung betreffend - durch ‘arrêté royal’ vom 7. Februar 1876 | |
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- ausdrücklich die Bildung der Wahlkörper in kirchlichen Verwaltungsangelegenheiten festgelegt worden ist, so hat doch das Consistorium der Museums-Kirche in den letzten Jahren fortgesetzt seine Mitglieder unregelmässig wählen lassen. Wir Deutsche oder richtiger wir deutsch-sprechende Gemeinde-Mitglieder würden nun davon nicht mehr berührt sein als die belgischen d.h. die französisch-sprechenden Gemeinde-Mitglieder, wenn die Vertreter der deutschen ‘Sektion’ so gewissenhaft das Deutschtum im Kirchenwesen überall hochgehalten und geschützt hätten, wie die Vertreter der französischen ‘Sektion’ ihre Interessen gewahrt haben. Nun erscheint die Frage wohl berechtigt: warum hatte denn die deutsche ‘Sektion’ solche Vertreter, die das Deutschtum nicht energisch genug zur Geltung gebracht haben? Haben doch die Mitglieder der ‘Sektion’ diese Vertreter selbst gewählt! Doch diese Auffassung ist nicht zutreffend, weil der grösste Teil der deutschen Gemeinde-Mitglieder - in Folge des ungesetzmässigen Wahlverfahrens - durch das bestehende Consistorium von den Wahlen ausgeschlossen wurde und weil ein grosser Teil der zugelassenen Wähler der deutschen ‘Sektion’ alles Andere eher besass, als das Bewusstsein der Zugehörigkeit zum grossen deutschen Vaterlande und der Verpflichtung - deutsches Wesen, deutsche Sprache auch in der Kirchenverwaltung unentwegt hochzuhalten. Die gewählten Vertreter förderten zumeist die Sache der französischen ‘Sektion’, zunächst wohl zum Dank für die von dieser erhaltenen Stimmenmehrheit bei den Wahlen. Denn seit Jahren wurde die wirklich deutschgesinnten Gemeinde-Mitglieder des Consistoriums durch die von dem Deutschtum abgefallenen, aber in der deutschen ‘Sektion’ verbliebenen Mitglieder mit Hilfe der Stimmen aus der französischen ‘Sektion’ regelmässig überstimmt. Dieser Umstand nun, der nur durch das ungeselzmässige Wahlverfahren ermöglicht wurde, entbindet die deutsche ‘Sektion’ von jeder Verantwortung für die Wahl ihrer bisherigen Vertreter im Consistorium, muss dagegen aber eine um so ernstere Mahnung sein, - aufmerksam darüber zu wachen, dass künftig das Deutschtum in der deutschen ‘Sektion’ nicht durch fernere ungesetzliche Massnahmen geschädigt werde, und das kann nur dadurch geschehen, dass bei der Wahl der Vertreter der deutschen Abteilung solche Gemeinde-Mitglieder zu ernennen sind, welche der deutschen Sache überzeugungstreue Vertreter sein werden. Aus dem nachfolgend bekanntgegebenen Briefwechsel - geht deutlich hervor, dass das Gesetz bereits 1870 beziehentlich 1876 ausdrücklich vorgeschrieben hat: ‘Les membres électifs seront choisis par l'rassemblée | |
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des membres inscrits au registre paroissial, àgés de 21 ans accomplis, ayant une résidence d'un an au moins dans la circonscription.’ Ein Protest gegen die diesen Vorschriften nicht entsprechende Wahl von mehreren Gemeinde-Mitgliedern der deutschen ‘Sektion’ wurde von den derzeitigen Consistorium als unbegründet zurückgewiesen, und hierdurch wurden die protestierenden Mitglieder gezwungen die Ungesetzlichkeit beim Justiz-Minister zur Anzeige zu bringen. Der hierauf von den Behörden dem Consistorium zugestellte Erlass hatte dann endlich zur Folge - die erste Einlenkung in gesetzliche Bahnen - dass das Consistorium durch Rundschreiben im November 1898 zur Aufstellung einer Gemeindemitglieder liste auffordern liess. Eingedenk der zur Vorsicht mahnenden Erfahrungen müssen wir dieses Rundschreiben, diesen ersten Schritt zur Ordnung, aufmerksam prüfen, und was finden wir? Leider zwei Versuche die Gesetzesvorschriften zu entkräftigen oder zu umgehen: Das Gesetz sagt ad II ‘Les membres électifs seront choisis par l'Assemblée des membres inscrits au registre paroissial’ (Gemeindegliederliste). Warum heisst es nun in jenem Rundschreiben ‘um dann auf Grund derselben - der Gemeindeliste - eine “Wählerliste” anzufertigen?’ - Mithin scheint beabsichtigt zu sein, aus der Gemeindeliste nur einen Teil der Mitglieder zur Wählerliste zuzulassen. Solch' eine willkürliche Einschränkung des Wahlkörpers ist ungesetzmässig und sollen daher alle Gemeindeglieder der deutschen Abteilung wohl darauf achten, zu unterscheiden zwischen dem ‘registre paroissial’ (Gemeindeliste), und der beabsichtigten Wählerliste. Das Gesetz sagt ausdrücklich: jedes Gemeindeglied gehört zu der wahlberechtigten Versammlung. Was mit dieser künstlich gesuchten Unterscheidung bezweckt wird, liegt klar auf der Hand. Die Wählerliste soll so zusammengestellt werden, dass auf eine Mehrheit zu rechnen ist, wie eine solche bisher ungesetzmässig aufrecht gehalten worden. Ferner enthält jenes Rundschreiben eine Fragestellung nach der ‘Nationalität’ der sich anmeldenden Gemeindemitglieder. So nebensächlich, so von ungefähr hineingekommen, diese Frage auch erscheinen mag, sie hat eine weittragende Bedeutung. Es scheint nämlich in der Absicht zu liegen, die Wahlrechte und Wählbarkeit derjenigen Gemeindemitglieder einzuschränken, welche noch ihrem lieben deutschen Vaterlande als Staatsbürger angehören, also gewissermassen um ihrer deutschen Staatsangehörigkeit willen, zu Gemeindemitgliedern zweiter Classe gestempelt und herabgedrückt werden sollen. Diese Einschränkung würde dann selbstredend den Abtrünnigen | |
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und auch der anderen ‘Sektion’ zur Stärkung und zum Nutzen gereichen. Also auch dagegen, es sei warnend betont, müssen alle deutschen Gemeindeglieder energisch Einspruch erheben und geschlossen zusammenstehen. Bevor wir das Ergebniss jenes Rundschreibens behufs Aufstellung einer Gemeindegliederliste beleuchten, muss noch vorausgeschickt werden, was wohl allgemein bekannt ist, das die französische ‘Sektion’ mit den Jahren in ihrer Mitgliederzahl stehen geblieben, ja sogar zurückgegangen sein würde, hätte sie nicht einen indirekten, aber steten Zuwachs in den vom Deutschtum Abtrünnigen erhalten, wohingegen die deutsche Abteilung durch den anhaltenden Nachschub aus dem deutschen Vaterlande, sowie auch durch grossen Kindersegen eine steigende Gemeindegliederzahl aufweist. Trotz dieser Thatsache hat das Endergebnis doch sehr überascht; denn der Aufforderung zur Eintragung sind gefolgt, soweit bis jetzt bekannt geworden, für die französische Sektion nur circa 200 Mitglieder, für die deutsche Sektion circa 300 Mitglider. Diese Zahlen sprechen beweisend und nachdrücklich für die Bedeutung der deutschen ‘Sektion’ innerhalb des Gemeindewesens der Museumskirche. Ja, diese stattliche Zahl von deutschen und deutsch-redenden Gemeindegliedern genügt allein, ganz abgesehen von den Ungesetzlichkeiten, die Verwaltung, das Consistorium, zu veranlassen, den Wünschen der deutschen Abteilung - ‘Sektion’ -, die doch gewiss bescheiden sind, - denn nur Beobachtung der gesetzlichen Wahl-Vorschriften wurde erbeten - gerecht zu werden. Selbst wenn die nicht deutschen, aber doch die deutsche ‘Sektion’ vertretenden Mitglieder es an Festigkeit und Ueberzeugungstreue fehlen Hessen, musste allein schon aus Billigkeitsgründen die französische ‘Sektion’ völlige Gleichberechtigung zuerkennen. Doch die gemachten Erfahrungen sollen eine ernste Lehre sein, nicht lau zu werden, nicht, im Hinblick aut die unbestreitbare Mehrzahl, nachzulassen in der zielbewussten Vertretung der wahren deutsch-nationalen, sprachlichen und kirchlichen Rechte und Gebräuche auch innerhalb der Museums-Kirchen-Gemeinschaft. Selbst das Wenige, was heute noch darauf hinweist, das Deutsche unsere Gemeinde gegründet haben und nur seinen Ausdruck findet in der Benennung ‘française-allemande’, selbst diese Benennung soll fallen gelassen werden. So weit dart es nicht kommen! Die Gründung der Museums-Kirchen-Gemeinde verdanken wir deutschen Männern, dem Sinne und Geiste nach deutsch, denn zu Anfang des Jahrhunderts waren sie noch nicht so glücklich wie wir, einem grossen | |
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geeinten deutschen Vaterlande anzugehören. Um so grösser ist die Verpflichtung der jetzigen Gemeindemitglieder deutscher Zunge, nicht einreissen und zerstören zu lassen, was von ihren Vorfahren erbaut und estrebt wurde. Die Namen Schumacher, Romberg, Stuttberg, Engler, Lansberg, Hopfensack, Overmann, Mahler und wie (ähnlich lautend) die Gründer alle heissen mögen, bestätigen unabweislich den deutschen Ursprung der Gemeinde, welche dies auch selbst durch Anstellung von Geistlichen und Predigern wie Zillesen aus Jüchem, Charlier aus Frechem, Vent aus Holstein, Becker aus Detmold u.s.w. - alle deutscher Herkunft - wieder und wieder durch die That bekräftigte. Wenn nun diese Gründer sich bei ihrem Werke auch noch der Unterstützung deutscher Fürsten erfreuten, wie z. B. der Geldgaben von S. Maj. dem König von Preussen, Friedrich Wilhelm III., so dürfen wir für das Wirken dieser Männer doch anstandslos den Anspruch des Deutschtums erheben. Und dennoch herrscht jetzt in dieser Gemeinde der ausdrückliche Gebrauch der französischen Sprache im mündlichen und schriftlichen Verkehr bei allen kirchlichen Angelegenheiten: ein Zwang, dem selbst neueintretende deutsche Geistliche sich fügen müssen. Als in den vierziger Jahren für den sprachlich getrennten Gottesdienst je ein Prediger und zwar ein Deutschbelgier für den französischen und ein Deutscher für den deutschen Gottesdienst, angestellt wurde, trug man vielleicht nur den damals bestehenden Verhältnissen Rechnung; aber schon mit der Berufung eines Geistlichen französischer Nationalität Ende der sechziger Jahre und mit der neuen Benennung der Gemeinde als - ‘Eglise Evangelique Protestante française-allemande du Musée’ - wurde dem Sinne der Gründer zuwider, dem Deutschtum im Gemeindewesen entgegengetreten. Bei unparteiischer Behandlung der beiden Teile - ‘Sektionen’ hätte der Vorrang bei der Benennung der erstbestehenden Partei zufallen müssen; aber auch wenn ein Vorrecht nicht anerkannt wurde, hätte es immer noch ‘allemande-française’ heissen müssen, denn bei Gleichberechtigung hätte die alphabetische Reihenfolge in der Bezeichnung Platz greifen müssen. Es sollte jedoch - das war die heimliche Absicht der Gegner des Deutschtums - mit der gewählten Benennung ‘française-allemande’ zugleich das Uebergewicht der französischen ‘Sektion’ zugesprochen werden; was dann auch leider geschah und fortgesetzt heute seine Bestätigung findet in der Thatsache, dass der Vorsitz - die Präsidentschaft - einer und derselben Person, - der französischen Sektion angehörend - ohne Wechsel übertragen bleibt. | |
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Gleiches Streben der französischen Abteilung wird es uns noch erleben lassen, dass in der Benennung das Wort ‘allemande’ gestrichen wird - wie es neuerdings schon beabsichtigt ist, - wenn die deutschen Gemeinde-Mitglieder nicht inzwischen Einspruch erheben. Hier könnte man sagen, es sei kleinlich, auf eine Benennung etwas zu geben, aber es darf nicht vergessen werden, dass kleine, aber stetig fortgesetzte Abstriche von den Rechten der deutschen Gemeindemitglieder schliesslich nichts mehr übrig lassen und dass es sich sehr leicht ereignen könnte, dass man später die Hand erhöbe zur Beseitigung des deutschen Gottesdienstes,Ga naar voetnoot*)) wenn wir deutschen Gemeindeglieder immer nur schön stillhalten und gleichgültig zusehen, wie die Abtrünnigen durch jeden gelungenen neuen Uebergriff sich immer mehr an der von ihnen verratenen deutschen Sache versündigen. Die lehrreiche Vergangenheit diene uns zur Verhütung eines solchen Endes und sei uns Antrieb zur Einigkeit, welche stark macht, damit die neuen zu erwartenden Uebergriffe alle deutschen Gemeindeglieder gewarnt und zur Abwehr bereit finden, damit dann ihre Vertreter im Consistorium fest entschlossen sind, das Ihre dazu beizutragen, dass guter deutscher Sinn gepflegt werde und sich bethätigen könne in treuer Liebe zum grossen deutschen Vaterlande und zu der teuren deutschen Muttersprache auch in unserer Museums-Kirche zu Brüssel. Das walte Gott! O. v. Mühlmann. Die Vertreter der deutschen Gemeindemitglieder im Consistorium werden diesem warmen Aufruf gewiss Gehör geben. Das bezeugte ja eine gradezu erbärmliche Schlaffheit und Gleichgültigkeit, wenn dies nicht der Fall wäre. Die meisten derselben tragen Namen, die in der deutschen Kolonie einen guten Klang haben, und den wollen sich dieselben doch wohl bewahren. Die ganzen kirchlichen Angelegenheiten der deutschen Abteilung müssen in deutscher Sprache geführt werden auch im Konsistorium. Wollen die französischen Mitglieder mitthun, so müssen sie sich daran gewöhnen ebenso gut deutsch zu verstehen, wie die Deutschen es verstehen müssen, wenn französisch gesprochen wird. Gleichheit!! Das Wort erinnert an das kürzlich erlassene Gesetz Devriendt, welches von den Kammern geheischt und zugestanden wurde. Was dort erreicht worden, wird man doch wohl in diesem Consistorium ebenfalls erlangen können. Im Uebrigen möchte ich unsern guten deutschen Freunden anraten jedes französiche Wort zu vermeiden auch in Eingaben an die Regierung. | |
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Alles sollte in deutscher Sprache abgefasst und, wenn nötig, von einer vlämischen Uebersetzung begleitet sein. Der einschlägige Minister Begerem ist ein bekannter Flamingant, ein warmer Verteidiger des Gleichheitsgesetzes, der sich freuen wird, wenn die Deutschen sich aufraffen und der Unthätigkeit entsagen, die sie bis dahin kennzeichnete. Bon v. Z. |
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