waren, benutzte Friedrich Wilhelm den Jahrestag so fröhlichen Thuns und schickte dem Dichter nach Lübeck ein Aquarell, das Programm des Lustspiels mit Randverzierungen zeigend, mit freundschaftlichen Zeilen. Hieran knüpfte sich nun eine Korrespondenz, die jeder Verehrer von Kaiser Friedrich wie von Emanuel Geibel mit Theilnahme lesen wird. Auf die Nachricht vom Tode seines Lieblingssängers schrieb der edle Fürst (und diesen Brief habe ich in Faksimile, wie auch ein Handschreiben Kaiser Wilhelms I., meinem Buche beigegeben) folgende charakteristische Zeilen: ‘Meinem Geschmack nach haben Wenige gleich Geibel es verstanden, das Harren, die sehnliche Erwartung dessen, was 1870/71 uns brachte, in dichterische Weisen zu fassen; vollends aber gebührt ihm der Ruhm, als echter Herold des Reiches, die Wiederherstellung desselben und des Kaiserthums würdig besungen zu haben. Geibels Dichtungen waren stets meine Begleiter.’
Wenn das ein Held und Mann sagt, wie Kaiser Friedrich, so darf der von der Literaturgeschichte hervorgeholte Beiname ‘Backfischdichter’ wohl mit der Zeit schwinden. Gewiss, als Sänger der Liebe hat Geibel, wie kaum ein Zweiter, die Gunst der Frauen und Jungfrauen sich im Fluge erobert, durch die keusche Reinheit seiner Gedanken, die weiche melodische Behandlung seiner Verse, die Innigkeit seiner Minnepoesie. Erst jetzt können wir diese letztere vollkommen würdigen und bewundern, nachdem der Nachlass seiner Jugendliebe Cäcilie dem Unterzeichneten anvertraut worden ist, der sie seinem Buche einverleibt hat. Diesen ungeahnten Reichthum an Perlen deutscher Lyrik wird ganz besonders das weibliche Geschlecht mit Entzücken lesen.
Ein Kulturbild unseres jetzt zur Neige gehenden Jahrhunderts bietet diese Geibel-Biographie. Der Dichter stand inmitten eines Kreises hervorragender und hochgestellter Zeitgenossen; abgesehen von dem preussischen Herrscherhause waren ihm nahe getreten König Maximilian von Bayern, Fürst Pückler-Muskau, Fürst Heinrich Carolath, dann Männer wie Adalbert von Chamisso, Franz Kugler, Heinrich von Müller, Niebuhr, Hendrik Steffens, sowie Adolf Friedrich von Schack, Paul Heyse, Bodenstedt und viele Denker und Dichter unserer Tage. Unter den Frauen ist vor allen ‘Bettina’ zu erwähnen, welche entscheidend in das Leben des Jünglings eingriff und ihm die Erzieherstelle beim Prinzen Katakazy in Athen verschaffte, eine für seine Entwickelung wichtige und interessante Periode.
Von den zahllosen bisher ungedruckten Gedichten, welche in diese Lebensgeschichte meines Landsmanns eingeflochten sind mag eines hier wiedergegeben werden, das Geibel schon als Schüler verfasst hat, freilich nicht historisch korrekt, und das den Heldentod des grossen holländischen Admirals Michael de Ruyter besingt: