Dietsche Warande en Belfort. Jaargang 1920
(1920)– [tijdschrift] Dietsche Warande en Belfort– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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Voor ons onderwijs.In de studie onzer Nederlandsche letterkunde houden onze leeraars totnogtoe te weinig rekening met hetgeen de buitenwereld over ons weet te zeggen. Hoe vreemden, die uit hoofde alree van hun vreemdelingschap waarborgen leveren van objectieviteit in hun kijk op onzen landaard, onze typen en toestanden bezien, is toch wel belangrijk. Wij bedoelen natuurlijk die vreemden, die zelf gewetensvol en van dichtbij komen speuren, niet diegenen - en hoevelen zijn er niet - welke in hun grootmachtige hooghartigheid op afstand blijven staan, en antwoorden: it does not matter, als ze betrapt worden op de verkondiging dat Rotterdam de grootste haven van België is en Antwerpen de hoofdstad van Nederland. We zetten dan te dezer plaatse in: een reeks chronologische kijkjes van buitenlanders op personen en onderwerpen onzer letterkunde. We voegen er aan toe iets dat ons in datzelfde onderwijs nog nuttiger blijkt dan 't vorige, nuttig zelfs op het noodige af: nl. een proeve van chronologische Tabellen der beschavingsgeschiedenis, vooral ten dienste van de studeerenden in de Nederlandsche letterkunde: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Heinric van Veldeke. -Heinric van Veldeke war in der Nähe von Mastricht zu Hause, und stand im Dienste der Grafen von Looz und Rineck, welche zugleich die Burggrafschaft von Mainz bekleideten. Er selbst hielt sich, wie wir voraussetzen dürfen, mindestens zu Pfingsten 1184 in Mainz auf. Damals schlug Friedrich der Rothbart seine Söhne Heinrich und Friedrich zu Rittern, und ein Fest wurde gefeiert, in welchem deutsche Kaiserherrlichkeit vor ganz Europa glänzte. An 70,000 Ritter waren im Rheingan zusammengeströmt; eine improvisirte Stadt von Zelten und hölzeren Haüsern nahm sie auf; drei Tage lang war ein jeder des Kaisers Gast; und schon die Anstalten zur Verproviantirung erregten allgemeines Staunen: nie hatte man Aehnliches gesehen. Lateinische, deutsche und französische Dichter, ebenso wie die Geschichtschreiber der Zeit sind des Ruhmes jener Tage voll. Die Dichtung selbst muszte aus dem festlich gehobenen Verkehre deutscher und französischer Ritter Vortheil ziehen. Der thätige Antheil an der poetischen Production war in der aristocratischen Gesellschaft Deutschlands kaum zwanzig Jahre alt; der ganze Reiz des Werdenden muszte noch auf ihr ruhen, und der Schmuck der Poesie kann einem so groszen Feste nicht gefehlt haben. Jeder gab gewisz sein Bestes. Damals mag der Kronprinz Heinrich die Liebeslieder gesungen oder bei fahrenden Spielleuten bestellt haben, die ihm zugeschrieben werden. Damals, wenn nicht früher, wurden die frischen, naturfreudigen Lieder des Heinrich van Veldeke auch den oberdeutschen Dichtern bekannt; er konnte persönlich die neuen Grundsätze der poetischen Technik vertreten, die er durchzuführen suchte; und er konnte aus seiner Aeneide vorlesen, welche kurz vor dem Feste vollendet und in Abschriften verbreitet worden sein dürfte. Das Geheimnis der Kunst, das er mitzutheilen hatte, war der reine Reim. Der Reim des neunten Jahrhunderts, der Reim Otfrieds und seiner Collegen, war nur Assonanz. Und auch die neu anhebende geistliche Dichtkunst des elften Jahrhunderts bediente sich einer höchst freien Assonanz, die sich im Laufe des zwölften Jahrhunderts allerdings dem reinen Reime zusehends näherte, ohne ihn jedoch zu erreichen. Diesen letzten Schritt gethan zu haben gilt als Veldekes Verdienst, und die Geschichte musz es ihm zuschreiben, weil es die Zeitgenossen nicht anders wuszten. Dasz sie einen bloszen technischen Fortschritt so hoch schätzten mochten, | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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zeigt, wie ernst sie es nahmen mit der strengen Form, für welche der reine Reim ein Symbol ist. Dabei war Veldekes Sprache nicht einmal richtiges Mittelhochdeutsch; er schrieb die Mundart seiner Heimat, vielleicht um ein weniges gemildert. Aber die Ritter vom Niederrhein und aus den Belgischen Landschaften galten für die feinsten in Deutschland, so sehr, dasz bis nach Oesterreich hin die Leute, die sich einen vornehmen Anstrich geben wollten, vlämische Phrasen in ihre Rede mischten. Mit der ganzen Autorität seiner Heimat ausgestattet, trat Veldeke in die ritterliche Gesellschaft, die sich zu Mainz um den Kaiser versammelt hatte. Und sein Ausspruch galt, wie es scheint, ohne Widerspruch. Gleich in und um Mainz wirkte sein Beispiel; in Thüringen hat er eine eigentliche Schule gegründet; in Alemannien steht Hartmann von Aue auf seinen Schultern; der grosze Baier Wolfram von Eschenbach nennt ihn seinen Meister und beklagt seinen frühen Tod. Veldeke hatte eine Legende vom heiligen Servatius geschrieben; niemand achtete darauf. Er schrieb seine Aeneide, und war ein berühmter Mann. Die Namen Rom und Troja hatten ihren Zauber noch nicht eingebüszt. Vor Troja sollte das Ritterwesen begonnen haben, und das römische Reich war in deutscher Hand. Von dem Trojaner Aeneas stammte der Gründer von Rom ab; und Virgilius, der ihn besungen, galt dem Mittelalter für einen Propheten Christi. Aber Veldeke bearbeitete seine Aeneide nicht nach dem Virgil, auf den er sich beruft, sondern nach einer französischen Bearbeitung des Virgil. Er hatte sie schon in den siebziger Jahren begonnen und das Fertige einer Gräfin von Cleve geliehen. Dieser Dame wurde die Handschrift bei Gelegenheit ihrer Hochzeit mit Landgraf Ludwig von Thüringen durch einen Grafen Heinrich entwendet und nach Thüringen gesandt. Der rücksichtslose Herr wollte seinen Landsleuten mit dem gestohlenen Buch offenbar ein besonderes Vergnügen machen und legt dadurch Zeugnis ab für den hohen Antheil, den um jene Zeit die adelige Gesellschaft an deutscher Dichtung nahm. Erst nach neun Jahren erhielt der Dichter sein Eigentum in Thüringen selbst zurück und vollendete das Werk auf Veranlassung des Pfalzgrafen von Sachsen, des nachmaligen Landgrafen Hermann von Thüringen. Als Protector Veldekes tritt uns der kunstsinnige Fürst zum ersten Mal entgegen, an dessen Hofe sich später Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide begegneten. Indem Veldeke die Geschichte des Aeneas nach dem Französischen | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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erzählt thut er dasselbe wie seine Vorgänger, die Verfasser des ‘Flore’ und ‘Tristan’ und wie seine Nachvolger, die Hartmann von Aue, Gottfried von Straszburg und viele Andere. Sie alle setzen die Arbeit der Pfaffen Lambrecht und Konrad fort: sie übersetzen aus dem Französischen. Sie haben an der Erfindung des Stoffes wenig Antheil: so wenig, ja noch weniger als die Verfasser der Nibelungenlieder und viel weniger als die alten Spielleute, die Verfasser der Odyssee-artigen Orient- und Kreuzzuggedichte. Bindet sich das Nibelungenlied an die überlieferten Züge der Sage, so binden sich die ritterlichen Epiker an ihre Vorlage. Sind jene Volksdichter treue Bewahrer der Tradition, so zeigen sich die höfischen Poeten meist nur in ihren Liedern originell: als Romandichter sind sie wesentlich Uebersetzer. Ihre Eigenart macht sich nur in der Wahl der Stoffe und in deren Behandlung geltend. Denn sie sind keine treuen Uebersetzer im heutigen Sinne. Sie wollen nicht ein fremdes Werk seinem Stil und besonderen Character nach wiedergeben. Sie sind vielmehr, um einen Ausdruck von Goethe zu gebrauchen, parodistische Uebersetzer; sie wollen die fremde Frucht durch ein Surrogat ersetzen, das auf eigenen Grund und Boden gewachsen ist. Wenn Goethe weiter bemerkt, dasz die Franzosen sich dieser Weise der Uebersetzung bei allen poetischen Werken bedienen, und dabei die neueren Franzosen im Auge hat, so können wir hinzufügen, dasz die alten Franzosen gerade so waren und dasz sie von unseren höfischen Epikern nach ihren eigenen Methode ins Deutsche gebracht werden. Viel kühner allerdings verfahren jene alten Franzosen in der Aneignung fremder Werke, als ihre deutschen Uebersetzer. Veldeke hält sich treuer an seinen französischen Vorgänger, als dieser an Virgil. Der Franzose hat die sechs Zeilen, in denen bei Virgil Lavinia auftritt, zu 1400 erweitert und einen vollständigen Roman daraus gemacht, so dasz neben Aeneas und Dido nunmehr Aeneas und Lavinia als gleichberechtigtes Liebespaar erscheinen. Solche Sprünge wagt Veldeke nicht. In der Regel führt er nur die Tendenzen seiner Vorlage weiter, in welcher bereits die aüszeren Begebenheiten, die wunderbaren Thaten und Schicksale zurücktraten, um einerseits den Gemüthsbewegungen anderseits den Schilderungen von Waffen, Kleidungen, Einrichtungsstücken gröszeren Raum zu lassen. Das innere Leben der Menschen und der Luxus, mit dem sie sich zu umgeben im Stande sind, das ist jenen Aristocraten die Hauptsache. Ihr eigenes Selbstgefühl, ihr eigener Luxus-bedürfnis spricht sich darin | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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aus. Laocoon, die Zerstörung Trojas, der Tod des Priamus, die Flucht des Aeneas werden kurz abgemacht, aber vom dem Lieben und Leiden der Dido vermiszt man kein Wort. Das Wunderbare, so weit es auf antiker Mythologie beruht, fast alle Gemälde antiker Sitte, das Antiquarische und Topographische, überhaupt. Alles was ein Interesse an verschwundenen Zeiten und Orten voraussetzen würde, ist weggeblieben. Eine Anzahl classischer Allegorien, die Beschreibung der Fortuna, der Fama, der Pforte der Unterwelt hatte der Franzose mit einem gewissen Wohlgefallen übersetzt. Veldeke augenscheinlich kein Liebhaber der Allegorie, liesz sie fort. Dagegen die Schilderung der Sibylla und des Cerberus, beide als scheusliche Wunderwesen ausgemalt, hat der Deutsche noch überboten. Immerhin aber musz man sagen, dasz der Uebersetzer als Individuum beinahe verschwindet. Seine Persönlichkeit lernen wir nur aus Liedern und Sprüchen kennen. Er zeigt sich als ein harmloser, lustiger Mensch. Er hat einen wahren Cultus der Heiterkeit. Er lobt jeden der mit Ehren glücklich zu sein versteht. Er bekämpft die mürrischen Tadler, die Neidischen die ihrem Nächsten sein Vergnügen nicht gönnen. Er genieszt mit dankbarem Enthusiasmus die einfachen Freuden des Lebens: so preist er den Frühling, so preist er den Vogelsang, so preist er die Liebe: ‘Von der Liebe kommt uns alles Gute’. Vogelsang und die Bäume in Blüte, das macht ihn so froh, dasz er sich selbst über die Trennung von der Geliebten tröstet. Sein Schmerz geht nicht tief. An humoristischen Wendungen fehlt es ihm nirgends. Einmal, da er seine Herzensdame beleidigt hat, findt er gute Laune genug, ihr ein Lied in den Mund zu legen, worin sie ihn derb abkanzelt. Seine Sprache ist lebhabt. Er bedient sich deutlicher Bilder. Wilhelm Scherer. ‘Geschichte der Deutschen Litteratur’ 7e A. Berlin 1894
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