Annales Rodenses
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1122Im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1122Ga naar margenoot* ist heimgegangen aus diesem Licht durch den Wechsel in jenes ewige Licht Richerus, der erste Abt unserer Kirche, frommer Erinnerung würdig. Und er ließ die ganze Gemeinde in großer Trauer über seinen Tod zurück, weil sie eines so berufenen Hirten beraubt war. Denn zu seiner Zeit hatte sich aus beiden BistümernGa naar margenoot* ein großer und geachteter Konvent der Geistlichkeit hier versammelt. Laien jedoch nahm er nur wenige auf, es sei denn diejenigen, die in ihrem weltlichen Leben nützlich und ordentlich gewesen waren und durch deren Fürsorge die klösterliche Verehrung in ganz besonderer Weise bewahrt wurde und der wahre Sinn des christlichen Lebens. In dieser Zeit waren hier, wie berichtet wurde, acht Schwestern, die von in ihrem weltlichen Leben ordentlichen Müttern abstammten, unter der Beachtung sorgsamster Härte. Aber er hatte ausdrücklich klargemacht, daß er, obwohl er für viele gefragt wurde, niemals mehr aufnehmen werde, als wenn dieses Geschlecht das größte Hindernis für die Kanoniker (Scil. des Klosters) sei. Richerus wandte große Fürsorglichkeit den Gästen zu und nicht geringere den Armen. Im inneren Hausbereich bewirtete er die Ritter, in dem etwas abgelegeneren Haus die Bauern, wo auch die Laienbrüder Zeiten körperlicher Krankheiten und die Tage des AderlassesGa naar eind1) verbrachten. Die Ritter versorgte er aus der gemeinsamen Speisekammer der Brüder, die Bauern aber und kranken Brüder in dem abgelegeneren Haus. Dorthin wurde nämlich der Zehnte gegeben von allen Dingen, die Abgaben an Wein und Getreide mit Ausnahme des Pferdefutters und der Feldsaat und den Dingen, die verwendet wurden für den Erwerb irgendeines Freigutes. Und was auch immer hierher an Almosen gegeben wurde, davon ist der Zehnte dem Haus der Armen gegeben worden. Richerus war seiner Lehre nach ein ChristGa naar eind2), in seinen Worten redete er die Wahrheit, er litt mit allen und war freigebig. In seinem Verhalten war er höchst ehrenhaft und in allen Dingen sehr gottergeben. Deswegen wurde durch seine Frömmigkeit die Klostergemeinde in solch einem Maße gottergebener, daß das Kloster selbst und seine Bewohner entsprechend dem Ansehen so inniger Gottesverehrung geehrt wurden, sogar von Fürsten. Richerus starb am 5. Februar, im elften Jahr seiner Leitung. Von der Klostergemeinde wurde sofort Giselbertus gewählt, dem auch das Amt übertragen worden ist von Albero, dem Bischof des Bistums Leodium, und er ist, wie es Sitte ist in dieser Kirche hier, von jenem zum Abt geweiht worden. Dieser Giselbertus war Seelsorger der Pfarrkirche von CyreneGa naar margenoot* und Dekan jener Geistlichkeit, die sich in JuliacumGa naar margenoot* des KapitelsGa naar eind3) wegen zu versammeln pflegt; ein Weltmensch in hohem Grade und ausgestattet mit der weltlichen und literarischen Wissenschaft, ausreichend an persönlicher Erhabenheit, aber fortgeschritten im Alter. Weil er noch bei seiner Kirche blieb, als Richerus schon gestorben war, forderten ihn die Brüder auf, sich | |
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hierher zu begeben, denn sie wollten ihn zum Abt befördern. Und als er, obschon dazu erhoben, die kleinen Dinge des klösterlichen Lebens nicht kannte, ist ihm entgegengehalten worden, daß der Orden seinetwegen Schaden erleide, als wenn er einer solchen Würde nicht gewachsen sei, obwohl er doch bei der Wahl derselbeGa naar margenoot* gewesen war. Und im Laufe einer gewissen Zeit dauerte dieser Meinungsstreit hier an. Im selben Jahr brach von ClarofonsGa naar margenoot* Ailbertus auf, der Begründer und erste Priester dieses Klosters, um in der hiesigen Gegend Freunde und Bekannte zu besuchen. Er kam zum unteren rechten Niederrhein und wurde von einem reichen Mann in Gastfreundschaft aufgenommen, dessen Haus abgelegen war von der Kirche. Zugleich mit ihm wurde ein falscher Pilger aufgenommen, mit Palmzweig und Schaffell gekennzeichnet. Als dieser mit dem Priester zusammen eintrat, glaubte der Priester, er sei ein Bekannter des Gastgebers, der Gastgeber aber, daß er der Begleiter des Priesters sei; und so ist von keinem von ihnen die List des Strolchs durchschaut worden. Als aber am Morgen jene in die Kirche gingen und der Priester den Gottesdienst feierte, machte sich der Fremde mit dem Pferd des Gastgebers und einigen Kleidungsstücken davon, als wolle er den Priester von der Kirche zurückbringen, damit er nicht belastet werde von der Anstrengung des so weiten Weges. Da dieses sofort erkannt wurde, und weil von allen angenommen wird, daß der Strolch der Begleiter des Priesters gewesen sei, berufen sie eine Gerichtsversammlung ein, gehen an die Untersuchung, schleppen ihn zum StachelGa naar margenoot*, urteilen, daß er des Todes schuldig sei. Als alle seine Leidensfähigkeit bewundern, weil er nicht einmal im Angesicht des Todes aufgeregt ist, sprengt das Pferd heran mit den aufgebundenen Kleidungsstücken und bleibt mitten in der Menge zahm stehen, obwohl es doch vorher ungezügelt und ungezähmt schien. So bewies der Herr, der der Steuermann und Wächter der wahren Unschuld ist, daß sein Priester unschuldig des Raubes und weit davon entfernt gewesen war; und so ist er vom Aufhängen am Stachel freigekommen. Obwohl sie ihm überreiche Geschenke aufs liebenswürdigste darreichen wollten, der Wiedergutmachung wegen, und weil sie dem unschuldigen Priester Gottes so große Schmach angetan hatten, wollte er diese keineswegs annehmen, da er sogar bereit war, das Martyrium für Christus auf sich zu nehmen. Daher darf man nicht zweifeln, daß er sich auch hätte krönen lassenGa naar margenoot* vom Herrn mit der heiligen Krone.Ga naar margenoot* Danach aber beschleunigte er seine Reise nach Saphenberch, um Graf Adolphus, den Besitzer dieser Burg, aus alter Zuneigung zu besuchen. Er entschloß sich, danach auf dem Rückweg auch die Gemeinde diesesGa naar margenoot* Klosters hier zu begrüßen. Er kam zu der Burg, die DichidGa naar margenoot* heißt, wo der Besitzer der Burg, RetherusGa naar margenoot*, im Sterben lag, dem er dereinst versprochen hatte, daß er bei seiner Totenfeier dabei sein werde. Dieser wurde von ihm mit dem Zeichen des ewigen Lebens versehen. Er starb | |
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am dritten Tage, wobei der Herr bestätigte, daß sein Priester ein Mann von Wort war. Von dort ging er weg und kam zu einem Besitztum (villam = Domäne, Dorf, Stadt), das SehtemeGa naar margenoot* heißt, in Gastfreundschaft höchst willkommen bewirtet von einem Ersten dieses Ortes. Dort befiel ihn sogleich eine schwere Krankheit. Seine körperlichen Kräfte ließen ständig nach. Und nachdem er das heilbringende Sakrament für die ewige Reise empfangen hatte, empfahl er sich Gott dem Herrn an mit dem ganzen Volk des christlichen Glaubens. Er betete inständig für das Gedeihen der Güter und das Heil der Seelen, die durch seine Tätigkeit für den Gottesdienst gewonnen worden waren, daß sowohl Klöster errichtet als auch die Seelen bewahrt wurden durch die Hilfe Gottes. Dann bat er einen Dienstmann, ihm einen Trank aus einem Brunnen zu bringen, um den Durst mit dem kühlen und frischen Wasser zu stillen. Als dieser Trank gebracht war und er gekostet hatte, meinte er am Geschmack des Weines zu merken, daß man ihm wirklichen Wein zu seiner Genesung gebracht habe. Er stellte den Becher weg und erinnerte daran, daß er nicht Wein, sondern einen Trank Wasser verlangt habe. Da geriet der Gastgeber darüber in Zorn, daß das so gewesen sei, goß aus, was der Becher enthielt, und befiehlt dem Diener, aufs schnellste Wasser zu bringen. Als der Priester daran wiederum gekostet und Wein geschmeckt hatte und den Diener beschuldigt hatte wegen des abermaligen Herbeibringens von Wein, da eilt der Gastgeber selbst, nachdem er erneut den Becher ausgegossen hatte, einen Trank Wasser zu holen. Als daran der Mann Gottes zum drittenmal gekostet hatte, erkannte er am Weingeschmack, daß es ein Geschenk Gottes sei. Er trinkt und preist den Herrn des Himmels und der Erde. Aber auch der Gastgeber und alle, die dabeistanden, denen die Sache jetzt ganz offenkundig war, begehrten eine Probe, tranken alle von demselben Trank und erkannten, daß der Wein aus Wasser verwandelt worden war. Sie priesen den Herrn, daß er Großes an denen tut, die ihn lieben. Und als ihm die Lösung der Seele vom Körper bevorstand, kam dort ein Wohlgeruch von süßestem DuftGa naar margenoot* auf, der das Zimmer erfüllte und die Herzen der Umstehenden froh machte, bis er, bereit heimzugehen, seinen Tod erfüllte. Sein Leichnam wurde auf eine Bahre gelegt, und alle lobten gemeinsam den Herrn, weil er durch ein so deutliches Wunder des Heils die Heimkehr seines Priesters geschmückt hat: Es ist weggenommen aus dem Körper durch einen so deutlichen Beweis des Sieges Ailbertus, der Priester Gottes, der mit Gott dem Herrn immer siegen wird, der von den himmlischen Engeln, wie wir glauben, in gebührender Weise aufgenommen worden ist. Im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1122, in der ersten Indiktion, am 19. Sept., einem Montag, Luna IIIIGa naar margenoot* concurrente VGa naar eind4); es gab keinen Schalttag; unter der Herrschaft des Herrn durch alle Zeiten (cod.: ‘per omnia seculorum secula’). | |
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Während aber seine Diener ein Gefährt vorbereiteten, mit dem er, wie er Zeit seines Lebens gebeten hatte, hierher gebracht werden sollte, trugen Bewohner der Domäne den Leichnam in die kleinere KircheGa naar eind5) der Domäne, denn dort gibt es zwei Kirchen. Sie sicherten die Bahre ringsum und bewachten sie sorgfältig, damit keiner darankommen oder gar den Leichnam - wovor sie Angst hatten - wegbringen könne. Daraufhin eilte der eine seiner Diener die ganze Nacht hindurch nach Saphenberch, um dem Grafen Adolph Nachricht zu geben, daß er kommen solle, der Menge den Leichnam des Priesters wegzunehmen. Der andere Diener blieb bei der Bahre zurück. Die Domänenbewohner begruben ihn sofort am Abend vor dem südlichen Eingang dieser Kirche, die an der Seite einen Zugang zur Sakristei hat, unter Anwesenheit zahlreicher Menschen bei den Exequien. Als aber der Graf am Morgen kam und den schon beerdigten Leichnam ausgraben und ihn hier zu dem Kloster, wie jener zu Lebzeiten gebeten hatte, bringen wollte, voller Zorn über ihre maßlose Ungehörigkeit, daß sie einen so heiligen und so ehrwürdigen Priester bei sich begraben hätten und das ohne kirchliche Festlichkeit, da versuchten sie ihn einzuschüchtern, indem sie sich als Vorwurf ausdachten, wieso er einen nach seiner Aussage so heiligen und ehrwürdigen Priester mit ungeweihter Hand aus dem Grabe herauszureißen wage, vor allem ohne Erlaubnis des Bischofs und ohne Anwesenheit der Geistlichkeit. Da der Graf dadurch eingeschüchtert war, blieb es dabei. Im demselben Jahr heiratete Graf Adolf Margarete, die eine Enkelin Friedrichs, des Erzbischofs von KölnGa naar margenoot*, war. Sie war geboren auf der Burg Suarcenburch in Bayern, die an der Grenze zu Böhmen liegt. Von dieser Burg stammte bekanntlich auch Friedrich selbst. Bis dahin war Adolf noch nicht mit der Grafschaft ausgezeichnetGa naar eind6), aber Fridericus verlieh sie ihm, als er ihm die Enkelin (zur Frau) gab. In diesem Jahr erlaubte Papst PascalisGa naar margenoot* König Heinrich, Bischöfe und Äbte, nachdem sie frei gewählt waren, ohne SimonieGa naar eind7) mit Bischofsstab und Ring in ihr Amt einzusetzen; so könnten sie nach kirchlichem Recht eingesetzt werden.Ga naar eind8). |
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