1 Die indirekte Rede
Die direkte und die indirekte Rede (IR) geben nicht die Aussagen, Fragen, Wünsche und Gedanken des Sprechers (Spr. 1) wieder, sondern die einer anderen Person (Spr. 2). Spr. 1 vermittelt lediglich die Rede des Spr. 2.
In der deutschen Standardsprache ist die wichtigste Funktion des K1 die Wiedergabe der indirekten Rede:
(1) Der Minister sagte, dass die Durchführung des Projektes gefährdet sei (K1), da das Geld fehle (K1). (2) Außerdem müssten (K2 ersetzt K1) die Pläne überarbeitet werden. (3) Die beteiligten Firmen habe (K1) er inzwischen informiert. (4) Sie hätten (K2 ersetzt K1) Verständnis gezeigt.
Die Konjunktive in Satz 1 sind redundant, da die indirekte Rede hier von dem Hauptsatz der Minister sagte eingeleitet ist. In den Sätzen 2, 3 und 4 ist die IR nicht eingeleitet. Hier sind die Konjunktive also notwendig, um diese Sätze als Aussage des Ministers (Spr. 2), und nicht als Meinung des Sprechers (Spr. 1) kennzeichnen zu können. Wenn die Form des K1 mit der Form des Indikativs zusammenfällt, ersetzt der K2 den K1.
Bei der Wiedergabe der IR gibt es im D einen großen Unterschied zwischen Standardsprache und mündlicher Sprache. Obgleich die Standardsprache in der eingeleiteten IR zunehmend dazu neigt, auf den K1 zu verzichten, hält sie in der Mediensprache daran bzw. an den Ersatzformen (K2 oder würde-Umschreibung) fest.
Die mündliche Sprache zeigt bereits starke Abbauprozesse im Bereich des K1, wie der folgende Textabschnitt zeigt:
(1) Mike hat gesagt, dass er den Prüfungstermin nicht einhalten kann, weil ihm die Zeit fehlt. (2) Seine Diplom-arbeit sei noch nicht fertig. (3) Den Professor hätte er bereits informiert. (4) Dieser würde Verständnis zeigen.
Die mündliche Sprache verzichtet auf die redundante Anwendung des K1 zugunsten des Indikativs (Satz 1). Sie kennt den K1 ohnehin nur noch für das Verb sein (Satz 2). Bei den anderen Verben weicht sie auf den K2 aus (Satz 3). Wenn auch der K2 sich formal nicht vom Ind. Prät. unterscheidet, wird die Umschreibung würde+Inf bevorzugt (Satz 4):