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Vorspruch:
‘Rein will ich's jetzt hier haben: bringet Besen her Und Kehrwisch; die verdammte Spinnenarbeit musz Vernichtet sein; ich will das ganze Kunstgeweb Herunterfegen’ Ga naar voetnoot2
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Vorrede.
Johannes Murmellius entbietet Johannes Alexander aus Meppen Ga naar voetnoot3 und Hermann Stüve Ga naar voetnoot4 Grusz und Heil.
Ich möchte euch, ihr viellieben Freunde, jetzt nicht anders als mit jenen Worten ansprechen, welche ehedem der Philosoph Heraklit Ga naar voetnoot5 seinen Freunden zur Antwort gegeben haben soll. Als derselbe nämlich einstmals in einen kleinen Bäckerladen
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eintrat und daselbst wahrscheinlich des erwärmenden Feuers wegen längere Zeit verweilte, wunderten sich einige darüber, dasz er eine so elendige Behausung beträte; als sie ihn nun dessentwegen befragten, gab er ihnen lächelnd zur Antwort: ‘Auch hier sind ja Götter! Denn wenn es auch für mich vielleicht angenehmer wäre, die Muszestunden mit der Erklärung der Dichter oder mit der Pflege philosophischer Studien oder mit Abfassung von Gedichten auszufüllen, so schäme ich mich gleichwohl nicht, hierher herabgestiegen zu sein, wenn schon um mich zu wärmen, so mehr noch um den Fuszboden kehren zu lassen, damit die hungrigen Knaben sich bald hier einfinden können, um die Brötchen, wie sie im Ofen gebacken und auf die Erde säuberlich auf Sägemehl hingelegt worden sind, mit Heiszhunger zu verzehren. Kommt also herbei, meine Freunde, wenn es euch gelüstet, mit mir freundliche Rede zu tauschen. Schämt euch nicht, in dieses “Nest” eingetreten zu sein und meinen Auskehrer abzulösen, wofern derselbe von der Arbeit ermüden sollte. Denn auch hier sind Götter, die da fleisziger Arbeit gütig den Lohn zuwenden wollen. Seht zu, ich bitte euch, mit wie vielerlei und mit wie vielen Besen ich meinen Diener ausgerüstet habe, damit er imstande sei, nicht nur den Fuszboden zu reinigen sondern auch diejenigen zu züchtigen, welche es wagen sollten, denselben zu verunreinigen oder ihn in seinem Reinigungswerke zu verhindern.’
Lebet wohl und grüszt mir in meinem Namen Gerhard Listrius, Ga naar voetnoot1 der sich durch seine philosophischen Studien einen berühmten Namen gemacht hat.
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An den verehrlichen Leser.
Traun, es führet verschiedene Besen ein Auskehrer mit sich,
Wo nur ein ärmliches Haus zeigt sich erfüllet mit Staub;
Unrat verschwinde und nirgends sei häszliches Spinnengewebe,
Und wenn verscheuchet der Schmutz, strahle der Boden im Glanz.
Leser, dem heilig die Schöpfung der Musen, der scheuvollen Herzens
Studien liebt und betreibt, gönne mir freundliche Gunst.
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Kap. 1. Vorrede zu dem Schriftchen des Sulpitius Verulanus: Ga naar voetnoot1
über das Geschlecht der Dingwörter.
Oftmals habe ich bei mir die Frage eifrig erwogen und geprüft, wie es zu erreichen wäre, dasz die Knaben leichter bessere Fortschritte in der Kunst der Grammatik machten. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dasz man bei ihnen gröszere Erfolge erzielt, wenn man ihnen statt dunkler und umständlicher Vorschriften klare und kurze Regeln giebt. Derweil ich nun über die Fallbiegung der Dingwörter und über die Behandlung der Zeitwörter und der übrigen Redeteile jüngst zwei in ihrer Darstellung abegkürzte und übersichtlich gehaltene Bücher herausgegeben habe, so wandelte mich die Lust an, über das Geschlecht der Dingwörter und über die Formen der Vergangenheit und des Supinums bei der Zeitwörtern zwei weitere Bände von geringem Umfange zu schreiben. Den Knaben nämlich macht gerade die Lehre von der Biegung und dem Geschlechte der Dingwörter, von den Formen der Vergangenheit und des Supinums und von der Verwendung dieser Formen Schwierigkeit. Wenn ich sie nun über diese Schwierigkeit durch kurze, klare, wirksame Regeln hinweghebe, dann glaube ich meiner Pflicht genug gethan zu haben; dann werde ich von meiner Arbeit Dank und Ruhm gewinnen. Ich wundere mich aber darüber, dasz die Menschen des vorangegangenen Zeitalters oder dasz die alterfahrenen Schulmeister dieses Arbeitsfeld nicht für sich in Anspruch genommen haben; dasz sie es vorgezogen haben, den Jünglingen die Unklarheiten und Irrtümer des Alexander Ga naar voetnoot2 beizubringen. Meine Meinung geht nun dahin, dasz bei einigen die Scheu vor der Arbeit die Schuld trägt, dasz dagegen bei andern Miszgunst gegen die jüngeren Leute die Ursache gewesen ist, insofern sie das, dessen Erlernung ihnen selbst Mühe gemacht hatte, andere lehren wollten, ohne diese Mühe des Lernens zu mindern; auch sollte den Nachlebenden der Weg, sich auszuzeichnen, nicht freigegeben werden. Andere haben sich durch eine Art frommer
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Scheu abhalten lassen, an den Grundzügen des Lernens zu ändern; auf dasz nicht bei einem Volke, welches sich vielleicht dazu überreden liesze, die neue Weise ihre verdiente Würdigung gewinne, verwenden sie wie ehedem so auch jetzt alle überflüssige Zeit auf das Buch des Alexander. Von den Grammatikern kennen sie ihn allein; vornehmlich sein Buch haben sie zum Eigentum; in ihm allein lesen sie nach; die andern rühren sie nicht an; ihn allein erklären sie den Knaben; auf ihn verwenden sie ganze Tage. -
Aber wie unklug sind sie bei diesem Thun, wenn ich mich mit ihrer Erlaubnis so ausdrücken soll. Knaben, welche mit Milch und mit leckern, leicht verdaulichen Speisen genährt werden sollen, nähren sie in übel angebrachter Weise mit viel Wermut und mit bäuerlich derben Speisen; sie machen dieselben dadurch kraftlos und miszgestaltet; sie machen sie aufgedunsen statt feist.
Man wird nun erwidern, dasz jene leichter ein Gedicht Ga naar voetnoot1 des Alexander als eine Darstellung in ungebundener Rede lernen und behalten. Dies trifft bei vielen zu. Es giebt dagegen auch viele, welche ungebundene Rede leichter als gebundene lernen. Aber es sei dem wirklich so! Auf welche Weise soll es aber möglich sein, dasz die Kunst der Grammatik in Gedichten eine ausführliche und klare Darstellung gewinne? Sie mögen den Alexander wohl gedächtnismäszig kennen. Wenn sie es noch nicht verstehen, so werden sie, - sagt man - allmählich ein Verständnis gewinnen. Wie lange wird dies dann dauern? Bis zum dritten oder bis zum vierten oder bis zum fünften oder bis zum sechsten Jahre? Ga naar voetnoot2 Ich will dir einen Knaben trefflicher Begabung anvertrauen; gleichwohl wird derselbe kein Verständnis gewinnen aus dem in seiner Kürze dunklen Gedichte. Ich gebe dir einen Knaben von trägem Geiste; er wird nie über deinen Alexander hinauskommen. Gieb du mir einen Knaben, gleichviel von welcher Begabung, wenn er sich nur für deinen Alexander geeignet erweist. Ehe drei Jahre vergangen sind, wird er nach dieser neuen Lehrweise die Biegung und das Geschlecht der Dingwörter,
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die Formen der Vergangenheit und des Supinums und die Anwendung dieser Formen bez. den Satzbau besser kennen als der deinige. Dasselbe verspreche auch ich, wirst du einwenden. Du wirst indes dein Versprechen nicht halten. Und es wird bei dem deinigen weder der Ausdruck so gewählt noch die Rede so wortreich sein wie bei dem meinigen. Doch nicht einen einzigen, sondern sehr viele werde ich bei gleichmäszigem Fortschritt unterrichten. Wenn du aber so schnell unterrichten willst, wirst du dies nicht auszuführen imstande sein, es sei denn, dasz du nur wenige unterrichtest, und diese würden dann in Bezug auf anderweitige Kenntnisse ununterrichtet bleiben. Was wirst du mir zur Antwort geben? Wirst du deinem Alexander einen Vorwurf machen? Nein, sagst du. Seine Darstellung ist nämlich fehlerhaft, schwer verständlich, dunkel. Ich frage dich wiederum: sollen die schlechten Schriftsteller gelesen werden? Du verneinst dies. Wenn nun Alexander fehlerhaft und unklar ist, ist er dann nicht ein schlechter Schriftsteller? Warum liesest du also einen schlechten Schriftsteller, wenn nicht aus angebornem Schwachsinn? Siehst du denn nicht, dasz Alexander und gleich ihm einige andere die Grammatik verhunzt und die Geisteskräfte der Menschen entweiht haben? Wir wissen es, wie wenig gebildet die vorherlebenden Menschen waren, bei denen Alexander die erste Rolle spielte; die andern, die vor ihm lebten, waren hochgebildet. Wir Unglückliche sollen den Alexander, die Gräcismen, Ga naar voetnoot1 die ‘modi significandi’ Ga naar voetnoot2 lesen. Damit werden die Jünglinge einge-
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bildeter und thörichter werden als sie es früher gewesen sind, ehe sie solches begannen. Und diese Art des Lernens oder besser des Aberglaubens ist den Alten allen unbekannt gewesen. Barro, Ga naar voetnoot1 Cäsar, Ga naar voetnoot2 Quintilian, Ga naar voetnoot3 Palämon, Ga naar voetnoot4 Asper, Ga naar voetnoot5 Probus, Ga naar voetnoot6 Charisius, Ga naar voetnoot7 Phocas, Ga naar voetnoot8 weiterhin, - um auch neuere zu erwähnen - Donatus, Ga naar voetnoot9 Servius, Ga naar voetnoot10 Priscian Ga naar voetnoot11 haben niemals von dieser Weise gehört. O verlorne Zeit! O vergebliche Arbeit! O ihr Geisteskräfte,
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die ihr euch mit dem Fangen von Fliegen habt abgeben müssen! Doch was soll dies? Wenn nun die Eltern ihre Söhne einmal nur nach Alexander unterrichten lassen wollen! O verderbte Sitten! O ihr unglücklichen Jünglinge! Wehe! Wehe! Weinen solltet ihr und klagen! Denn die Feinheiten der Sprache werden euch vorenthalten, und mehr die Ungebildeten als die Gelehrten wollen über eure Bildung eine Untersuchung anstellen. Doch, ihr Knaben, entschlieszet euch nicht für den Alexander! Verachtet, verwerfet, meidet, flieht diejenigen, die ihn erklären! Geht einer verständlichen und verbesserten Lehrweise nach, auf dasz ihr in kurzer Zeit vieles lernt. Und ich ermahne euch nicht, dasz ihr einzig und allein meine Schriften lesen sollt. Leset vielmehr auch die Schriften anderer, wofern nur dieselben gut sind. Später aber, wenn ihr mit dieser Lehrweise vertraut geworden, werdet ihr ohne Scheu euch auch mit den andern Grammatikern beschäftigen können.
Ick zweifle nun nicht, dasz die Anhänger des Alexander gegen mich zu Felde ziehen werden und dasz sie es wagen werden, meine Werke mit ihren Wortklaubereien verwerflich zu machen. Wenn indes diese Streitfrage dem Urteil der Gebildeten anheimgegeben werden wird, so habe ich nichts zu fürchten. Mögen sie mir Verleumdungen und Nachstellungen bereiten; mögen sie toben und schelten; für die Wahrheit bleibt dies ohne Belang. In wenigen Jahren wird Alexander beiseite gelegt werden; er wird aus der groszen Welt verbannt werden in das Land seiner barbarischen Sprache; die Italiener werden dann die lateinische Sprache aus lateinischen und nicht aus barbarischen Schriftstellern erlernen. Ich habe die Überzeugung, dasz ich einen Schritt gethan habe, der den meisten dankenswert erscheinen wird, und zwar in Sonderheit den gelehrten geistreichen Männern, welche mich und mein Streben ohne Anflug von Neid loben und in Schutz nehmen werden gegen diese bethörten Anhänger Alexanders und gegen die Feinde einer feinen Bildung, wenn es solche Menschen geben sollte.
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Kap. 2. Brief des Aldus Manutius an die Lehrer der Grammatik. Ga naar voetnoot1
Die Grundzüge der Grammatik der lateinischen Sprache, welche ich vordem verfaszt habe, glaube ich euch, den Erziehern der Jugend und Leitern der Sittenzucht, zum Lesen empfehlen zu dürfen, nicht als ob ich der Meinung wäre, ihr bedürftet meiner Ausarbeitungen - wiewohl Plinius Ga naar voetnoot2 zu sagen pflegte, es sei kein Buch so schlecht, dasz es nicht nach irgend einer Seite Nutzen brächte - sondern damit ihr die etwaigen Irrtümer - sind wir doch Menschen - verbessertet und mich auf diese Fehler in freundschaftlicher Weise hinwieset. Ein zweiter Beweggrund liegt für mich darin, dasz - und ich möchte dies mit eurer Hilfe ausgeführt wissen - dieses Büchlein zum Unterricht und zur Unterweisung dienen soll, insoweit ich nämlich dafür halte, dasz dieses Werkchen ihnen von Nutzen sein wird. Daher möchte ich euch bitten, zunächst dessen eingedenk zu sein, dasz er eure Pflicht ist, derjenigen, deren Unterweisung ihr übernommen habt, euch in der Weise in eurer Mühewaltung anzunehmen, dasz dieselben zugleich Bildung und Reinheit der Sitten sich aneignen. Denn:
‘Lange bewahrt der Topf den Geruch, der als neu ihn durchbalsamt.’ Ga naar voetnoot3
Vieles kommt daher auf die Gewöhnung vom zarten Kindesalter ab an. Und ihr sollt euch nicht allein für die Lehrer und Leiter der Jünglinge, sondern für ihre Eltern halten. Ob ihr nun gut oder schlecht seid, das hat nach meiner Meinung eine solche Tragweite, dasz ich behaupten möchte, alle Güter, alle Übel, die irgendwie in der Welt vorkommen, haben
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ihre vornehmlichste Quelle gerade in euch. Denn die Rechtsgelehrten, die Philosophen, die Obrigkeiten in den Städten, die Fürsten, die Herzöge und die Könige, nicht minder Mönche, Priester, Bischöfe, Kardinäle und selbst Päpste, schlieszlich alle, welche auch nur die Buchstabenzeichen kennen gelernt haben, haben ehedem unter eurer Zucht gestanden und sind in ihrer Knabenzeit von euch unterwiesen worden. Eure Tugenden oder eure Laster haben ihren Sitten Nutzen oder Schaden gebracht. Solche Kraft hat die langjährige Gewohnheit, dasz du selbst heilig wirst, wofern du mit einem Heiligen zusammen lebst; lebst du aber mit einem verdorbenen Menschen zusammen, so wirst du selbst verdorben werden. Ga naar voetnoot1 So hat - wie Quintilian berichtet Ga naar voetnoot2 Leonidas, Ga naar voetnoot3 der Erzieher Alexanders, auf diesen gewisse Fehler übertragen, welche dem gewaltigen und groszen Könige seit seiner Unterweisung im Knabenalter dauernd anhafteten. Welch groszen Nutzen daher brave und tugendhafte Lehrer den Städten bringen, vermöchte ich nicht leicht zu sagen; welch groszen Schaden desgleichen leichtfertige und lasterhafte Lehrer anrichten, bin ich überhaupt nicht imstande zu sagen. Deshalb kann es mich nicht genug wunder nehmen, dasz von den Vätern der Knaben und von den Obrigkeiten in den Städten bei der Auswahl der Lehrer auf die Sittenzucht derselben fast gar kein Gewicht gelegt wird. Sie bemerken es nicht, wie sehr es hiervon abhängt, ob gute oder schlechte Menschen in der Bürgerschaft Raum und Bedeutung gewinnen. Denn wie geartet diejenigen sind, welche unterweisen, so geartet werden auch diejenigen sein, welche unterwiesen werden. Sie mögen es wollen oder nicht, mit der Länge der Zeit werden sie dahin kommen. Die Länge der Zeit lehrt den Löwen dem Menschen gehorchen. Mit der Länge der Zeit zernagt ein schwacher Wassertropfen den Felsen. Erkennet also, die ihr lange Zeit hindurch und ohne Unterlasz Jünglinge von zartem und arglosem Gemüte unterweiset, wie sehr ihr den Menschen nützen und schaden könnt. Wenn nun irgend wer seiner Pflicht so wenig eingedenk sein könnte, dasz er die seiner Obhut anvertrauten Lämmer gleichwie ein Wolf zerrisse, wehe! welche Strafe
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wird seiner im Jenseits oder gar in kurzer Zeit warten! Diejenigen nämlich, welche so gefährlich sind, dasz sie nicht nur dadurch schaden, dasz sie selbst verdorben sind, sondern auch dadurch, dasz sie andere verderben und mehr durch ihr Beispiel als durch ihr Vergehen schaden, werden frühzeitig vom Tode dahingerafft, auf dasz ihnen die Möglichkeit zu schaden genommen wird, auf dasz sie die Welt nicht verderben. Daher soll man nach Kraft und Vermögen dahin streben, dasz die Jünglinge zu gleicher Zeit sowohl in tugendhaften Sitten als auch in gedeihlichen Wissenschaften unterrichtet werden. Denn das eine ist ohne das andere in keinerlei Weise zu erreichen. Aber wenn bei dem einen oder bei dem andern ein Fehler gemacht werden müszte, so würde mir die Kunst, ein gesittetes Leben zu führen, wichtiger erscheinen als die Kunst, auch das Beste zu lernen. Ich sehe es nämlich lieber, dasz Leute von guten Sitten keine Kenntnis von den Wissenschaften haben, als dasz Leute von schlechten Sitten alles wissen. Solche würden den bösen Geistern gleichen. Wiewohl nämlich diese vieles wissen - denn deshalb ist ihnen von den Griechen der Name ‘Dämonen’ gegeben worden Ga naar voetnoot1 -, so sind sie gleichwohl so schlecht wie nur immer denkbar.
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Ein zweites, dessen ihr nach meinem Wunsche gedenken sollt, besteht darin, dasz ihr die Jünglinge nur solches auswendig zu lernen nötigt, das von hochgelehrten Schriftstellern herrührt, weiterhin keine grammatischen Regeln auszer möglichst kurz und knapp gehaltenen Auszügen, welche sie leicht im Gedächtnisse zu behalten vermögen. Ich finde es löblich, dasz sie auswendig lernen, aber nur in soweit, dasz sie jene Regeln häufig und sorgfältig lesen und die Abwandlung der Nomina und Verba durchaus verstehen. Indem wir sie nämlich nötigen, unsere Ausarbeitungen, sei es in gebundener sei es in ungebundener Rede, mit Absicht und Fleisz in ihr Gedächtnis aufzunehmen, machen wir - wie mir wenigstens scheint - Fehler nach mancherlei Richtung. Was sie mit vieler Mühe auswendig gelernt haben, verlernen sie in wenig Tagen, wie ich dies als Knabe und Jüngling an Regeln, die ich selbst zusammengestellt hatte, häufig erprobt habe. Als ich nämlich mit vielem Eifer die Regeln über das Genus und das Präteritum meinem Gedächtnisse eingepragt hatte, vergasz ich dieselben in sehr kurzer Zeit wieder. Ich glaube, dasz dasselbe auch andern begegnet. Weiterhin lassen sich die Jünglinge durch die Schwierigkeit des Inhaltes wie der Darstellung so weit entmutigen, dasz sie schlieszlich von Schule und Wissenschaft davon laufen und dasz sie die Studien, welche sie nicht mehr lieben können, nunmehr grimmig hassen. Dann werden sie in ebenderselben Zeit, in welcher sie Sachen von uns auswendig lernen, leichter und zweckmäsziger etwas von Cicero oder Virgil oder von andern berühmten Schriftstellern auswendig lernen können, das ihnen zur Zierde und in Zukunft zu nicht geringem Nutzen gereichen möchte. Dasz mir Solches in einem Knabenalter, als ich auf Geheisz des Lehrers das läppische Gedicht des Alexander über die Grammatik meinem Gedächtnisse einprägte, nicht zu teil geworden, beklage ich sehr. Nehmt dazu, dasz wir, gerade weil wir die Werke von Ungebildeten und Barbaren lernend durcharbeiteten, selbst ebenso oder besser noch ungebildeter und barbarischer wurden. Wir pflegen nämlich zumeist schlechter zu werden als diejenigen, denen wir nachahmen. Daher ist Quintilian der Ansicht, dasz von Anfang an und für immer die besten Schriftsteller gelesen werden sollen und unter ihnen vornehmlich derjenige, welcher
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die lichtvollste und gewählteste Darstellung zeigt. Über Cicero giebt er dieses Urteil ab. - Cicero ist, wie mir wenigstens scheint, für Anfänger angenehm und auch genugsam geeignet; er kann nicht nur Nutzen bringen, sondern auch die Vorliebe der Schüler an sich fesseln. Ein jeder soll, wie die Vorschrift des Plinius lautet, Cicero so ähnlich wie immerhin möglich werden.
Allein über Fragen dieser Art könnte man eine lange Auseinandersetzung halten. Ich bin hierauf gekommen in meiner groszen Liebe zu den Studierenden. Deshalb bitte ich euch wieder und wiederum: geht mit euch zurate, was ich etwa Gutes gesagt habe. Lebet wohl!
Venedig, im Monat Oktober 1507.
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Kap. 3. Aus einem Werke des Jakob Wimpheling. Ga naar voetnoot1
Es gab in Deutschland hochgelehrte und weithin berühmte Männer, bevor irgend jemand an Alexander dachte. Und heute sehen wir, dasz die klugen Italiener ihre Kinder in anderer Weise unterrichten. In möglichst kurzer Zeit nämlich werden dieselben mit den Grundzügen der Grammatik bekannt - so viel davon unerläszlich ist für die Verbindung der Wörter. Dann führen sie dieselben zu den Dichtern, zu den Rednern, zu den Geschichtsschreibern. Hier lernen sie zur Genüge die besondere Weise des Lateinischen, die ansprechende Gefälligkeit, die kennzeichnende Eigentümlichkeit des Ausdruckes, Schönheit und Reichtum der Rede, wohlgewählten Gedankengang, Bedeutung schwieriger Wörter, die Kunst andere zu überzeugen. So gewinnen die Söhne der Italiener bald die Fähigkeit, Vorlesungen über die Gesetze, über die Canones, Ga naar voetnoot2 über die hl. Schrift zu hören, und sie treten häufig als Rechtsgelehrte auf in einem Lebensalter, in welchem meine bemitleidenswerten
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Landsleute noch über den Vokativ, über die fünf Figuren, über die Fehler bei der Apposition sich mit einander streiten und mit den unklaren Bedeutungen des Genetivs und mit den ungereimten Gedichten des Alexander - wofern diese Machwerke wirklich die Bezeichnung ‘Gedichte’ verdienen - in lächerlicher Weise sich beschäftigen. Und während sie an der Hand tüchtiger Lehrer bereits den Lorbeer oder den Doktorhut zu erlangen vermocht hätten, so wissen sie nunmehr nach einem Studium von zehn oder gar von fünfzehn Jahren auf die Frage, was sie denn gelernt hätten, nichts zu antworten als ‘die beiden Teile des Alexander.’ Ga naar voetnoot1 So kommt es, dasz die meisten unserer Landsleute, welche Magister der Philosophie oder der sieben freien Künste heiszen, wenn sie die Hochschule verlassen und mit gebildeten Leuten zusammen treffen, nicht imstande sind, lateinisch zu sprechen oder einen lateinischen Brief zu schreiben oder ein Gedicht in lateinischer Sprache zu verfassen; auch vermögen sie es nicht, eine Geschichte zu erzählen oder die kürzeste geistliche Lesung, die sogenannte Kollekte, Ga naar voetnoot2 zu erklären.
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Kap. 4. Aus einem Briefe des Antonius Illuminatus. Ga naar voetnoot3
Antonius Illuminatus spricht sich in einem Briefe an Antonius Mancinellus Ga naar voetnoot4 dahin aus: ‘Es entweiche der Barbar
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Alexander und suche mit seiner barbarischen Sprechweise sein barbarisches Vaterland auf.’
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Kap. 5. Über die Irrtümer des Alexander.
Wer so stumpfen Geistes ist, dasz er die Weise des Alexander billigt, der mag das Buch des Pylades Buccard von Brescia Ga naar voetnoot1 lesen, welches die Aufschrift trägt: Bemerkungen des Pylades zu Alexander; er mag das Buch des Nestor Dionysius Ga naar voetnoot2 ‘Über Länge und Kürze der Silben’ lesen; dann wird er von seinen läppischen Ansichten ablassen.
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Kap. 6. Gegen die Erklärer des Alexander.
Es nimmt mich wunder, dasz einige nicht ungelehrte Leute in ihren Ungereimtheiten bis dahin gekommen sind, dasz sie der Meinung Raum geben, den Alexander in derselben Weise wie die Krähe des Äsop Ga naar voetnoot3 mit sorgfältig zurechtgelegten Erklärungen schmücken zu müssen. Um wie viel besser hätten sie ihre gute Zeit verwertet, wenn sie es vorgezogen hätten, dan Tändeleien des Alexander den Dienst zu kündigen und für den Gebrauch der Studierenden neue Bücher zu schreiben und die alten Wände mit frischem Stuck und mit neuer Malerei zu schmücken. Was nützt es, hohle Nüsse mit Goldblättchen zu schmücken oder altersmorsche Pfähle mit Purpurdecken zu bekleiden?
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Kap. 7. An dieselben über die Frage, was im eigentlichen Sinne ‘curtum’ heiszt.
Aber während diese guten Leute dem Alexander vieles zukommen lassen, empfangen sie von ihm alle mögliche barbarische Sprechweise. Und wenn ich auch hinsichtlich des Übrigen ein Auge zudrücken will, dieses eine kann nicht länger schweigend übergangen werden: jene haben sich selbst eine falsche Ansicht beibringen lassen und bringen gleichfalls eine falsche Ansicht den Knaben bei, wenn sie ohne weiteres eine kurze Silbe ‘verkürzt’ nennen. Die Wörter ‘breve’ (kurz) und ‘curtum’ (verkürzt) sind nämlich begrifflich sehr verschieden von einander. Denn ‘curtum’ bezeichnet im eigentlichen Sinne des Wortes etwas Verstümmeltes, Zerbrochenes, Zerstückeltes; es bezeichnet solches, welches nicht mehr unversehrt ist. So heiszt es bei Persius: Ga naar voetnoot1
‘Tecum habita et novis quam sit tibi curta supellex’
(Wohn' bei dir selbst, dann lernst du, wie ‘knapp’ dein Geräte bestellt sei)
und an einer andern Stelle: Ga naar voetnoot2
‘Et centum graecos curto centusse licentur.’
(Und feilscht hundert Griechen um hundert ‘lumpige’ Heller.)
Und Angelus Politianus Ga naar voetnoot3 schreibt an Mabilius:
‘Altera curta tibi solea est curtumque Mabili
Subligar erumpunt hinc digiti hinc veretrum’
(Einer der Schuh' ist ‘zerrissen’, ‘zerrissen’ auch ist dir der Leibschurz;
Schau'n dort die Zehen hervor, zeiget die Blösze sich hier).
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Curta und nicht brevis ist also eine Silbe zu nennen, wenn derselben irgend etwas abgeht, was zu ihrer Vollständigkeit gehört, wenn z. B. das Wort Christus ohne das Zeichen für den Hauchlaut geschrieben wird (Cristus) oder wenn es ohne diesen Laut ausgesprochen wird. In ‘Cristus’ ist dann die erste Silbe verkürzt (curta), dieselbe wird, wie bekannt, gleichwohl lang ausgesprochen; wenn man weiterhin z. B. etas statt aetas schreibt und felix statt foelix. Dasz man eine Silbe dieser Art ‘verkürzt’ nennen musz, wird, denk' ich, niemand bezweifeln wollen.
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Kap. 8. Sehr viele kommen zu irrigen Ansichten aus Unkenntnis der griechischen Sprache.
Aus Unkenntnis der griechischen Buchstaben hat Alexander manchen Fehler gemacht, so bei den Wörtern idolum, mamona, aptotum, Jacobus und bei andern dieser Art. Es werden dieselben nämlich im Griechischen mit omega ( ω ) geschrieben, und dies bezeichnet immer ein langes o : εìδωλον, μαμωνα, απτωτον, 'Iαxωβος. Ga naar voetnoot1 Mamona ist weder ein griechisches noch ein hebräisches-Wort; es ist vielmehr ein syrisches Wort (wie dies der h. Hieronymus gezeigt hat). Es bezeichnet bei den Syrern dasselbe, was bei den Griechen πλουτος (Plutos, Reichtum) bezeichnet, den jene zum Gott machen. Es ist ein nur in der Einzahl verkommendes Wort männlichen Geschlechtes. Man darf also den Anhängern des Alexander nicht Glauben schenken, die dasselbe zu einem Worte sächlichen Geschlechtes machen.
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Kap. 9. Gegen zu wenig vorgebildete Erzieher und Sprachlehrer (nach dem ersten Buche der Unterweisung in der Redekunst von Quintilian).
Von den Erziehern gilt dies in noch höherem Masze: sie sollen entweder gründlich unterrichtet sein - und dies sollte,
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wenn es nach meinem Willen ginge, ihre erste Sorge sein - oder sie sollen selbst die Überzeugung gewinnen, dasz sie nicht unterrichtet sind. Denn es giebt nichts Schlimmeres als Leute, die kaum einen Schritt über das Abc hinausgekommen sind und sich dann in eine falsche Meinung von ihrer Wissenschaftlichkeit hineinleben. Denn nur mit Unwillen stehen sie vor denjenigen zurück, die sich Erfahrung im Unterrichten erworben haben. Indem sie auf ein vermeintliches Recht pochen, überheben sie sich nach Art solcher Leute bis zur Aufgeblasenheit und hören in blindem Eifer inzwischen nicht auf, ihre Thorheit zu lehren. Und es bringt ihr Irrtum nicht geringeren Schaden den Sitten. So hat Leonidas, Ga naar voetnoot1 der Erzieher des Alexander - wie dies Diogenes von Babylon Ga naar voetnoot2 berichtet -, auf seinen Zögling gewisse Fehler übertragen, welche jenem mächtigen und groszen Könige von der Zeit seiner Erziehung im Knabenalter anhafteten.
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Oder würde es König Philipp von Macedonien gewollt haben, dasz sein Sohn Alexander in den Grundzügen der Wissenschaften von Aristoteles, dem gröszten Philosophen jener Zeit, unterrichtet würde, oder würde dieser jene Aufgabe übernommen haben, wenn er nicht der Überzeugung gewesen wäre, dasz er von höchster Bedeutung wäre, wenn die Anfänge der Wissenschaften gerade von dem Tüchtigsten gelehrt würden?
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Gemäsz unserer Geartung haftet das in uns am festesten, was wir in den Jahren, woselbst wir noch unerfahren waren, in uns aufgenommen haben, gleichwie der Geschmack, womit
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man neue Gefäsze angefüllt hat, denselben für die Dauer verbleibt; auch ist es nicht möglich, die Farbe auszuwaschen, die man der Wolle statt ihres ursprünglich so schlichten Glanzes gegeben hat. Und dies haftet um so fester, je schlechter es ist. Denn das Gute ändert sich leicht zum Bösen; niemals indes wird sich Fehlerhaftes in Gutes umgestalten. Es gewöhne sich daher ein Knabe, so lange es möglich ist, nicht an eine Sprechweise, die er sich wieder abgewöhnen müszte. Ga naar voetnoot1
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Kap. 12. Von dem tüchtigsten Lehrer sollen den Knaben die besten Vorschriften gegeben werden. Nach Mapheus Vegius im zweiten Buche ‘Über die Erziehung der Kinder’. Ga naar voetnoot2
Es ist geboten, noch gröszere Sorgfalt Ga naar voetnoot3 auf die Wahl der Lehrer zu verwenden, von welchen der öffentliche Unterricht gehandhabt werden soll, auf dasz dieselben vor allem würdigen Ernst bekunden, auf dasz sie in ihrem ausgezeichnetem Wissen ausgerüstet sind. Denn wie der Säugling an Gesundheit und Kraft um so mehr zunimmt, je reiner und unverdorbener die Milch ist, mit der ihn die Amme nährt, ebenso werden auch
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die Schüler in Sittenzucht und Wissenschaft um so erfreulichere Fortschritte machen, je reicher das Wissen und je edler die Sitten ihrer Lehrer sind. Es ist daher daran kein Zweifel, dasz man von Anfang an für sie gerade die vorzüglichsten Lehrer auswählen soll; wenn es freilich auch den Anschein haben sollte, dasz zur Unterweisung von unerfahrenen Kindern auch ein mittelmäszig gebildeter Lehrer und, wie man zu sagen pflegt, der erste beste gut genug sei. Denn je gebildeter einer ist, um so klarer und um so leichter faszlich wird er seinen Unterricht gestalten, der für den Geist der Knaben die heilsamste Nahrung bildet; um so sicherer und um so regelrechter werden die Grundlagen des Wissens sein, die er legt; diese Grundlagen werden für immer gerade so beschaffen sein, wie sie gelegt wurden, und ihre anfängliche Festigkeit wird ihnen für alle Dauer verbleiben.
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Vor allem wird die Sorge des Lehrers dahinzielen, die Schüler in das Lesen guter und bewährter Schriftsteller des Altertums einzuführen. Hierüber ist in unserer Zeit am meisten Klage zu führen. Denn mit der Unwissenheit der Lehrer ist es bis zu dem Punkte gekommen, dasz sie für den Knaben gewisse Ungeheuerlichkeiten von Büchern - nichts kann mit denselben in Bezug auf Abgeschmacktheit, Thorheit und Schlechtigkeit verglichen worden - zum Lernen in die Hand geben, gleich als wenn dies eine durchaus reine und vornehmlich für ihren Geschmack angenehme Milch wäre, während ihnen doch kein schlimmeres und verderblicheres Gift gereicht werden kann. Recht wäre es, wenn solche Bücher in das Land der Sarmaten Ga naar voetnoot2 und noch darüber hinaus gebracht würden, auf dasz dieselben bei freien Menschen auch nicht einmal im Gedächtnisse mehr
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vorhanden wären, oder dasz sie - und dies wäre noch besser - ganz und gar vernichtet würden und für immer vom Erdboden verschwänden. Ga naar voetnoot1
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Nicht mit Unrecht sollen daher die Knaben vornehmlich den Virgil gleichsam als den glänzendsten und ehrwürdigsten unter allen Dichtern zur möglichst fleiszigen Lesung in die Hand nehmen.
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Kap, 15. Aus dem Briefe des hl. Hieronymus an Läta. Ga naar voetnoot3
Es ist ein Lehrer auszuwählen, dessen Alter, Leben und Verhältnisse gute Gewährleistung geben. Selbst die Behandlung der Anfangsgründe und die Anordnung der Vorschriften klingt anders aus dem Munde eines Gebildeten, anders aus dem Munde eines Ungebildeten. Sie Ga naar voetnoot4 lerne im zarten Alter nicht Dinge, die sie später wieder verlernen musz. Es wird berichtet, dasz die Sprechweise der Mutter von früher Kindheit ab einen groszen Einflusz auf die Beredsamkeit der beiden Gracchen gehabt hat. Ga naar voetnoot5 Die Redefertigkeit des Hortensius Ga naar voetnoot6 er-
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starkte auf dem Schosze des Vaters. Schwer wird ausgerottet, was der Geist in sich aufgenommen hat, als er noch ungebildet war. Wer wäre imstande, der purpurfarbigen Wolle die ursprüngliche Farbe wiederzugeben! Ein neues irdenes Gefäsz bewahrt lange Geschmack und Geruch von dem, womit es zuerst angefüllt worden. Die griechische Geschichte erzählt, dasz der mächtige König Alexander, der Bezwinger des Erdkreises, in seinem Gebaren und seinem Gange Fehler seines Erziehers LeonidasGa naar voetnoot1, von denen er als Knabe angesteckt worden, nicht abstreifen konnte. Leicht ist die Nachahmung des Bösen, und schnell ahmt man die Fehler derjenigen nach, deren Tugenden nachzuahmen man nicht vermag.
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‘Dank dir, dasz du den Bürger dem Land und dem Volke geschenkt hast,
Wenn du ihn brauchbar machst für das Land und nützlich den Äckern,
Nützlich sowohl für des Krieges als auch für des Friedens Geschäfte.
Denn viel lieget daran, in was für Wissen und Sitten
Du ihn erziehest. Der Storch ernährt die Jungen mit Schlangen
Und Eidechsen, die fern vom Weg in den Feldern er auffand.
Haben sie Schwingen erlangt, dann suchen sie gleiches Getier auf.
Und fliegt hin zu der Brut und bringt ihr Stücke vom Aase;
Drum ist auch es der Frasz des erwachsenen Geiers und selbst sich
Nährenden, wenn er bereits auf eigenem Baume das Nest macht.
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Vogel im Walde, von hier kommt hin zu dem Lager die Beute;
Aber sobald von dort die gereifete Brut sich erhoben,
Eilt, wenn der Hunger sie treibt, sie hin zu der nämlichen Beute,
Die sie gekostet zuerst, nachdem durchbrochen das Ei war.’
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Kap. 17. Aus dem ersten Buche des Augustinus über den Gottesstaat. Ga naar voetnoot2
Den Virgil lesen die Knaben deshalb, auf dasz die Werke dieses groszen Dichters, welcher unter allen der berühmteste und beste ist, schon in den Jahren zarter Kindheit ihnen bekannt werden und auf das dieselben nicht leicht ihrem Gedächtnisse entschwinden können. Ein Ausspruch des Horaz lautet:
‘War einmal er getränkt noch neu, die Gerüche bewahrt er Lange der Topf.’ Ga naar voetnoot3
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Vor allem ist das zu beachten, dasz nicht nur jene Vorschriften, welche den Fortgeschrittenen gegeben werden, schwerer sind, sondern auch dasz er sich ziemt, die Grundzüge der Wissenschaften gerade von den besten Lehrern entgegenzunehmen. Aus diesem Grunde wollte auch König Philipp von Macedonien, dasz Alexander die Anfänge der Wissenschaften bei Aristoteles erlerne. Und die alten Römer hielten darauf, dasz ihre aus der Schule entlassenen Söhne zuerst an Virgil unterrichtet wurden, und dies mit gutem Grunde; denn das, was dem
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biegsamen Sinne eingepflanzt wird, schlägt tiefe Wurzeln und kann später mit keiner Gewalt mehr ausgerottet werden. Wenn sie sich daher von Anfang ab an die bessern Lehrer anschlieszen, so werden sie sich vornehmlich an dieselben halten und denselben stets gleichsam als ihren Führern folgen. Wenn sie aber irgendwie irrige Ansichten eingesogen haben, so erfordern diese die doppelte Zeit, indem es nämlich damit notwendig wird, dasz sie zuvor diese Irrtümer von sich abschütteln, ehe dasz sie richtige Vorschriften lernen. Deshalb forderte der zu seiner Zeit berühmte Musiker Timotheus von solchen Schülern, welche bei anderen noch nichts gelernt hatten, ein Unterrichtsgeld von bestimmter Höhe; von denen aber, welche bei andern irgend etwas gelernt hatten, forderte er den doppelten Betrag.
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Kap. 19. Aus einer Gedichtsammlung des Johannes Murmellius. Ga naar voetnoot1
Vieles liegt dran, bei welchem der Lehrer ein Jüngling als Kind noch
Latiums Sprache erlernt. Nimmt er mit kindlichem Sinn
Wissen entgegen, wie leicht dann schlüpfet auch Schlechteres unter;
Hat solches Wurzel gefaszt, ist es zu reuten gar schwer.
Wer giebt der Wolle, die einmal mit Purpur getränkt ist, die alte'
Farbe zurück? Wer nimmt schlimmen Geruch dem Geschirr?
Lange bewahrt sich der Topf den Geruch, der zuerst ihn erfüllte;
Lange verhaucht er den Duft, der ihn nur einmal durchdrang.
Jupiters Vogel wendet der strahlenden Sonne den Blick zu;
Ist auch nicht flügge die Brut, lehrt er sie Gleiches zu thun.
Findet der Storch eine Schlange, so führt er hinzu seine Jungen;
Willig drum ähnlichen Frasz schleppt sich das Junge herbei.
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Kap. 20. Ein Distichon des Murmellius.
Tief senkt die Wurzel sich ein von barbarischer Weise der Sprache;
Keinerlei Arbeit und Müh' reiszt die beharrliche aus.
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Kap. 21. Ein Epigramm des Murmellius zur Mahnung an die Lehrer.
Sprachbarbarei vertreibet mit Zischen aus jeder Lateinschul'!
Latiums Sprache indes finde dort Pflege und Ruhm!
Eben das Beste ist bildsamen Knaben im Anfang zu bieten,
Wann noch lenkbar ihr Sinn, Niedriges niemals indes.
Lange bewahrt sich der Topf den Geruch, den als neu er empfangen;
Keinerlei Kunst entfärbt Wolle, die einmal gefärbt.
Das, was zuerst sie gelernt, behalten für lange die Knaben.
Es zu erlernen war leicht; es zu verlernen ist schwer.
Thor, der da liebt zu verzehren die Eichel, doch schmackhafte Feldfrucht
Speichert sorglich er auf schmutzigem Stallvieh zur Kost.
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Kap. 22. Aus des Murmellius ‘Anleitung zur Verskunst’. Ga naar voetnoot1
Nach dem Urteil des Quintilian sollen die besten unter den Dichtern von vornherein und fortwährend gelesen und nachgeahmt werden. Derselbe giebt auch die zweckmäszige Vorschrift, dasz die Knaben alsbald dem besten Lehrer übergeben werden sollen, da es die gröszte Mühe erfordere, Fehler zu beseitigen, die sich einmal festgesetzt. Daher handeln die meisten nicht eben klug, die da ihre jungen Söhne zum Unterrichten wenig wissenden und halbgebildeten Lehrern übergeben, bei
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welchen den bedauerswerten Schülern die läppischen Verse des Alexander Gallus, des Jacetus, Ga naar voetnoot1 des Alanus Ga naar voetnoot2 und andere Machwerke dieser Art, welche von Sprachungeheuerlichkeiten, strotzen, erklärt werden. Nicht weniger thöricht sind diejenigen, die da ihre Kinder solchen Lehrmeistern anvertrauen, welche zwanzig oder dreiszig ungleich beanlagten und in ihren Kenntnissen auf verschiedenen Stufen stehenden Knaben dasselbe erklären und einpauken und dabei auf nichts in gleicher Weise als auf ihren Gewinn bedacht sind. Wie sehr die Sprachbarbarei dieser Leute, die sich zwischen den häuslichen Wänden breit macht und gerade gegen die Gelehrtesten in unverschämter Weise loszieht, dem leichtbestimmbaren Sprachgefühl der Knaben schadet, und wie schwachherzige Nachsicht gegenüber diesen Leuten den guten Sitten Eintrag thut, wer vermöchte dies mit wenig Worten darzulegen?
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Kap. 23. Aus der Murmellius Sammlung von Epigrammen über die Pflichten der Lehrer und der Schüler. Ga naar voetnoot3
So du reiches Wissen erstrebst, o Jüngling,
Der du rühmst dich herrlicher Gaben: ohne
Scheu vor Müh', mit Vollkraft des Geistes suche
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Wer von schwerer Krankheit geplagt wird, sucht sich
Einen Arzt von Ruf; für des Geistes Pflege
Wähle Lehrer aus von erprobter Kunst und
Wem is fremd die glanzvolle Weisheit Platos?
Jenen trieb der Eifer nach Wissen fort zum
Nil, er sah italisches Land und hört' die
Gaditaner kamen dereinst nach Rom, um
Zog sie hin: es lockte sie seiner Sprache
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Kap. 24. Aus derselben Sammlung.
Als Lehrer der Grammatik sollst du sein ein
Bewährtes Beispiel deinen Schülern allen;
Dasz sie dies ehren, lieben und befolgen,
Das sei dein Streben. Stetig ihres Wohles
Sei eingedenk und minder deines Vorteils.
Des Kaufmanns Sinn ist auf Gewinn gerichtet;
Der Lehrer soll auf Arbeit nur bedacht sein:
Gott lohnet nach Verdienst verdienstlich Leben.
Beachte stets der Schüler Geisteskräfte,
Und der Begabung derer, die dich hören,
Such' anzupassen deine Lehre; mindre
Des Lehrstoffs überflüss'ge Last den Schwachen:
‘Zuviel’ bringt dir nicht Ehre ein noch Beifall.
Der Weg sei mühelos zum Ziel des Lernens;
Zum Nützlichen geselle Angenehmes.
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Die höchste Kunst ist: Künste kunstvoll lehren.
Enghalsiges Gefäsz wird langsam nur man füllen;
Drum acht' darauf, wie viel der Knaben kaum erst
Erschloss'ner Geist kann fassen und behalten.
Vor allem halte unverbrüchlich Ordnung
Als Lehrer inne; inhaltsreiche Kürze
Erstrebe wie im Vortrag so in dem, was
Den Schülern du zum Niederschreiben bietest.
Nich übermäszig ernst darfst du dich zeigen,
Willfährig freundlich nur, so weit es billig.
Ein heiter Antlitz mildert strenges Handeln.
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Kap. 25. Aus derselben Sammlung.
Keinerlei Laster ergeben darf sein das Leben des Lehrers:
Achtbaren Lebens Verlauf spieg'le sich wieder in ihm.
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Kap. 26. Aus einem Briefe des Rudolf Agricola. Ga naar voetnoot1
Auch dies möchte ich gern erfahren, ob bei euch einer sei, der die Jünglinge in den Nebenstunden unterrichtet, wenn sie der öffentlichen Schule ledig sind, wie dies bei unserm Friedrich der Fall ist, wie du weiszt, und ob der Zutritt jedem Beliebigen frei steht, wofern er das ausbedungene Unterrichtsgeld zahlt. Gar sehr wünschte ich nämlich, dasz derselbe die Unterrichtsgegenstände so schnell wie möglich erlerne; da die Knaben dadurch, dasz sie hierbei länger verweilen, nicht nur Zeit verlieren, sondern auch - wie dies nach deinem Wissen
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Von den Unsrigen überliefert wird, - sich mit einem gewissen Abscheu erfüllen und Sprachfehler sich aneignen, so dasz sie in der Folge das Richtigere nicht nur zu spät, sondern auch mit um so gröszerer Mühe erst lernen.
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Kap. 27. Aus dem ersten Tausend der Sprichwörter des Erasmus. Ga naar voetnoot1
Nunmehr komme ich zu einem Sprichwort, welches ich, wie ich mich entsinne, ehedem in meiner Knabenzeit, als ich der griechischen Sprache noch unkundig war, aus einem Briefe meines hochgelehrten Rudolf Agricola gelernt habe. In diesem Schreiben unternahm derselbe es, dem Stadtrat von Antwerpen Ga naar voetnoot2 den Ratschlag zu erteilen, den Sprachunterricht einem
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Lehrer anzuvertrauen, welcher die schönen Wissenschaften erlernt habe, und dieses Amt nicht etwa - wie dies gewöhnlich der Fall sei - einem jungen Theologen zu übertragen oder einem Naturforscher, der da Selbstvertrauen genug habe, über jedwede Sache zu sprechen, der aber nicht anzugeben wisse, was wirklich da ist. Was soll ein solcher beim Sprachunterricht thun, - sagt er -, offenbar dasselbe - wie die Griechen sagen, was der Hund im Bade. Ga naar voetnoot1
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Kap. 28. Aus der Schrift des Erasmus: ‘Über die Weise des Studiums’. Ga naar voetnoot1
Daher soll auf beiden Gebieten von Anfang an das Beste, und zwar bei den besten Lehrern gelernt werden. Was giebt es nämlich Thörichteres als mit vieler Mühe etwas lernen, was man nachher mit noch gröszerer Mühe wieder zu verlernen genötigt ist? Aber das Falsche, das sich einmal dem Geiste eingeprägt hat, kann - es ist dies wunderlich zu sagen - nicht mehr ausgerottet werden. Den ersten Platz nun nimmt die Grammatik für sich in Anspruch, und es soll dieselbe den Knaben von Anfang an in doppelter Form vorgetragen werden, griechisch nämlich und lateinisch, nicht nur weil in diesen beiden Sprachen fast alles Wissenswerte überliefert ist, sondern auch weil beide mit einander verwandt sind und weil beide in Verbindung mit einander sich schneller erlernen lassen, als wenn die eine ohne die andere gelernt werden sollte; sicherlich ist dies des Fall, wenn die lateinische ohne die griechische erlernt werden sollte. Quintilian sähe es lieber, wenn wir mit den Griechen den Anfang machten; seine Ansicht ist dabei die, dasz dann dem Unterricht im Griechischen in nicht zu langem Zwischenraume der im Lateinischen folgen sollte, und dasz dann auf beide Sprachen die gleiche Sorgfalt verwandt werden sollte, und zwar sollte dies so geschehen, dasz nicht die eine der andern Eintrag thäte. Deshalb sollen die Anfangsgründe beider Sprachen sogleich, und zwar bei dem besten Lehrer erlernt werden. Wenn die je nach Umständen nicht möglich sein sollte, so hat man sich - dies ist das Zunächstliegende - an die besten Schriftsteller Ga naar voetnoot2 zu wenden: es sollen dies nach meinem Willen zwar nur wenige, aber aus-
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erwählte sein. Jeder wird unter den griechischen Grammatikern den ersten Platz dem Theodor Gaza Ga naar voetnoot1 einräumen. Den zweiten nimmt nach meinem Dafürhalten Konstantin Laskaris Ga naar voetnoot2 mit Recht für sich in Anspruch. Von den lateinischen Grammatikern wäre unter den älteren Diomedes Ga naar voetnoot3 der bedeutendste. Unter den neuern finde ich nicht viel Unterschied, es sei denn dasz Perottus Ga naar voetnoot4 - abgesehen von seinen abergläubischen Ansichten - als der trefflichste unter allen erscheint.
Wie ich aber Vorschriften dieser Art als notwendige bezeichne, so möchte ich auch, dasz das, was vorgenommen werden kann, wenn es auch wenig sein sollte, doch zu dem Besten gehöre. Und niemals habe ich dem groszen Haufen der Sprachlehrer gegenüber meine Billigung ausgesprochen, die da die Knaben bei der Einprägung dieser Lernstoffe mehrere Jahre aufhalten. Denn die wahre Kunst richtig zu sprechen wird erworben einerseits durch Umgang und Unterhaltung mit solchen, die sich einer reinen Sprache befleiszigen, mehr aber noch durch anhaltende Lesung ausgewählter Schriftsteller. Von diesen sind an erster Stelle solche vorzunehmen, deren Redeweise nicht nur sprachlich rein ist, die auch durch ihren anziehenden Inhalt den Lernenden zu fesseln vermögen. Unter ihnen möchte ich die erste Stelle dem Lucian, Ga naar voetnoot5 die zweite dem
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Demosthenes, Ga naar voetnoot1 die dritte dem Herodot Ga naar voetnoot2 anweisen. Unter den Dichtern möchte ich den ersten Platz dem Aristophanes Ga naar voetnoot3,
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zweiten dem Homer, Ga naar voetnoot1 den dritten dem Euripides Ga naar voetnoot2 einräumen; denn die Werke des Menander, Ga naar voetnoot3 dem ich sonst selbst den ersten Platz eingeräumt hätte, sind uns verloren gegangen. Wer unter den lateinischen Dichtern hat gröszere Bedeutung für die Handhabung der Sprache als Terentius Ga naar voetnoot4 in seiner ungeschminkten, anmutigen, dem tagtäglichen Sprachgebrauch sich anpassenden Redeweise: Es kommt dazu, dasz derselbe auch in seinem Inhalte der Jugend Anziehendes bietet. Wenn einer der Meinung sein sollte, dasz ihm ausgewählte Lustspiele des Plautus, Ga naar voetnoot5 welche von Unflätigkeiten frei sind, anzuheihen wären, so
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erhebe ich dagegen keinen Einspruch. Der nächste Platz gebührt dem Virgil, Ga naar voetnoot1 der dritte dem Horaz, Ga naar voetnoot2 der vierte dem Cicero, Ga naar voetnoot3 den fünfte dem Cajus Cäsar. Ga naar voetnoot4 Wenn einer vermeinen sollte,
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noch den Sallust Ga naar voetnoot1 anreihen zu müssen, so würde derselbe bei mir nicht eben groszen Widerstand zu gewärtigen haben.
Die Beschäftigung mit den genannten Schriftstellern halte ich für ausreichend, um die beiderseitige Sprache kennen zu lernen.
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Kap. 29. Aus des Erasmus Buch der Sinnsprüche. Ga naar voetnoot2
Wie die gröszten Ärzte auch Krankheiten von geringerer Gefährlichkeit in der besten Weise heilen, so lehren die kenntnisreichsten Lehrer auch das Geringfügigste in der vorzüglichsten Weise. - Die Bienen bleiben fern von allen welken Blumen. So soll man sich auch nicht mit einem Buch beschäftigen, welches Gedanken enthält, die von sittlicher Fäulnis zeugen. Überhaupt soll man an nichts hinangehen, was sich nicht geschmackvoll und saftreich erweist - Wie verständige Leute nicht ohne weiteres aus jeder Quelle trinken, weil das, was dem einen zum Heile gereicht, dem andern Verferben bringt und diesen oder jenen in Raserei versetzt: so ist es nicht gefahrlos, jedes beliebige Buch zu lesen. Dem einen Buche nämlich entnimmt man Gemütsbewegung, dem andern sinnliche Lust oder bis zum Übermasz gesteigerte Ehrsucht.
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Kap. 30 Aus den Briefen des Marcus Antonius Sabellicus.Ga naar voetnoot1
Marcus Antonius an Jacobus Alsigianus.
Ich wünsche Dir Glück und Heil! Ich erfreue mich, dasz wir ein Söhnlein erhalten haben nach Deinem und meinem Wunsche; ich freue mich für Dich als Erzeuger, für mich als Erzieher. Da dieser Dein Sohn nun ins Leben getreten ist, so ist er Deine Sorge, dasz er am Leben bleibt, die meinige, dasz er einstens ein gutes Leben führt. Dies wird, wie ich hoffe, um so eher geschehen, je gröszer (wie ich höre) die Anzeichen künstigen Fortschrittes bei dem Knaben sind. Denn er lernt, wie ich höre, sehr leicht und er behält das Gelernte so fest, dasz er nach dem Urteil aller nicht sowohl zu lernen als des bereits Gerlernten sich zu erinnern scheint. Aber damit seine Unterweisung sich um so leichter gestalte und damit sein Gedächtnis um so dauerhafter werde, so hast du noch dahin zu streben, dasz er in der Zeit, so lange er noch ein Knabe ist und seines Alters wegen noch nicht bei mir zu verweilen vermag, nichts lerne, was er später wieder verlernen musz. Kaum wirst du es glauben, mein Trauter, welch groszen Schaden solches für einen Geist nach sich zieht, welcher der Bildung noch nicht teilhaftig geworden, welcher noch in dem Anfangsunterricht in den Wissenschaften steht. Es ist daher viel zuträglicher, irgend etwas anderes zu betreiben, als solches dem jugendlichen Geist einzutrichtern, was in gar nicht ferner Zeit zur stillschweigenden Verzweiflung der Lernenden, zuweilen selbst mit Drohungen und Schlägen aus dem Geiste wieder entfernt werden musz. Aber ausreichende Sorge wird, so scheint es, einem Knaben zugewandt, mit dessen Unterweisung einer betraut ist, welcher seinem Munde kein Wort entschlüpfen läszt, das nicht echt lateinisch und geschmackvoll wäre. Gieb Dir deshalb Mühe, dasz der Lehrer Deines Knaben mit Dir eng befreundet sei. Der Lerneifer des Lehrers ist dem Schüler nicht wenig förderlich, mehr doch indes die Gemütsstimmung desselben. Lebe wohl!
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Kap. 31 Aus einem andern Briefe des Sabellicus.
Ich wünsche, dasz er mit gleichem Eifer sich des Griechischen befleiszige, so dasz er täglich etwas, und zwar in griechischer Sprache, schreibt. Ich möchte nicht - um auf die übrige Ausbildung zu kommen - dasz er noch länger bei den grammatischen Untersuchungen sich aufhalte. Es ist die Zeit da, dasz er sich an Wichtigeres gewöhne. Daher möchte ich, dasz ihm Livius Ga naar voetnoot1 oder Lactantius Ga naar voetnoot2 vorgelegt werde, aus denen er mit volleren Zügen die Beredsamkeit schöpfen kann. Genug und übergenug Zeit wird der Grammatik zugewandt werden, wenn man an jedem fünften oder sechsten Tage auf die Besprechung einschlägiger Fragen zurückkommen wird. Die übrige Zeit soll dem Schreiben, dem Sprechen, den Denkübungen, der Redekunst gewidmet sein.
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Kap. 32 Der Psalter, die Sprüche Salomonis, das Buch Ecclesiasticus, die Evangelien sollen von den Knaben gelesen werden entgegen der Meinung gewisser Kuttenträger, die ohne Scham und Scheu mehr auf ihren Beutel und auf ihren Gewinn bedacht sind als auf das Schifflein Petri und auf die Tröstung des Nächsten.
Gewisse Kuttenträger, deren Oberhaupt mehr Zank und Streit als die Wissenschaften und die Gelehrten zu lieben scheint,
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bekümmern sich zu sehr um Dinge, die sie nichts angehen. Als sie vernommen hatten, dasz in unserm Gymnasium Ga naar voetnoot1 die Sprüche Salomons und einige Psalmen den der schönen Künste beflissenen Jünglingen vorgetragen wurden, schlugen sie gewaltigen Lärm und verkündeten mit Geschrei, Empörendes hätten sie in Erfahrung gebracht, dasz nämlich in der Schule des Murmellius die heiligen Schriften, die von ihnen selbst nicht einmal verstanden worden, von Knaben gelesen würden; den Hähnen würden Edelsteine und den Schweinen Perlen vorgeworfen. Viel besser würde um die Wohlfahrt der Knaben Sorge getragen werden, wenn ihnen auszer Alexander Gallus Ga naar voetnoot2 und Petrus Hispanus Ga naar voetnoot3 nichts vorgetragen würde. In den Schriften derselben fänden sich die festen Grundlagen der Grammatik und der Dialektik. Unter der wohlbewährten Leitung des Alexander und des Hispanus wären sie selbst das geworden, was sie jetzt darstellten; aus der Unterweisung dieser beiden wären so grosze Meister der Wissenschaft hervorgegangen.
Was solche Schwätzer, die in Sachen der Wissenschaft kein Urteil haben, die von irgend einem böotischen Ga naar voetnoot4 Schwein abstammen, von uns denken, kümmert uns nicht im mindesten; aber die Meinung berühmter Männer über diese Fragen wollen wir sorgsam beachten.
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Kap. 33 Aus dem Briefe des Hieronymus an Läta über die Erziehung der Tochter. Ga naar voetnoot5
Statt Perlen und serischer Ga naar voetnoot6 Gewandung liebe Deine Tochter die göttlichen Bücher, an welchen ihr nicht das mit bunter
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Goldmalerei zierlich geschmückte Pergament, sondern der getreulich verbesserte Wortlaut und die geschickte Anordnung gefallen soll. Zunächst lerne sie den Psalter und erhebe sich an diesen Gesängen zu heiliger Stimmung. Den Sprüchen Salomons entnehme sie Lehren fürs Leben. An der Hand des Buches Ecclesiastes Ga naar voetnoot1 gewöhne sie sich daran, der Güter dieser Welt zu spotten. Im Buche Hiob folge sie dem Beispiel der Tugend und Geduld. Dann gehe sie über zur Lesung der Evangelien, und wenn sie diese aus den Händen legen wird, so möge sie sich in die Apostelgeschichte und die Briefe mit ungeteilter Herzensfreude vertiefen.
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Kap. 34 Aus dem Briefe des Hieronymus an den Mönch Rusticus.
Niemals soll dieses Buch Deinen Händen entschlüpfen oder Dir aus den Augen kommen. Der Psalter ist wörtlich auswendig zu lernen.
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Kap. 35. Aus der Vorrede des Hieronymus zu den Büchern Salomonis. Ga naar voetnoot2
An den Sprichwörtern (Salomons) lehre den kleinen Sohn und unterweise ihn gleichsam über seine Pflichten durch diese Sinnsprüche. Aus derselben Quelle wird auch manchmal das Mahnwort, welches sich an den erwachsenen Sohn wendet, geschöpft werden können.
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Kap. 36. Aus den Erklärungen des Hieronymus zu dem Briefe des hl. Paulus an Titus. Ga naar voetnoot1
Frommes Wissen besteht darin, dasz man das Gesetz kennt, die Propheten versteht, den Evangelien glaubt, mit den Aposteln nicht unbekannt ist.
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Kap. 37 Aus dem zwölften Buche der ‘Evangelischen Vorbereitung’ des Eusebius. Ga naar voetnoot2
Da nun die jugendlichen Geister die Lehre der Tugend noch nicht erfassen, so läszt man Spiel und Gesang auf sie einwirken. Mit Recht werden daher bei uns die Hymnen der Propheten von den Knaben gelernt.
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Kap. 38 Aus dem zweiten Buche ‘Über die Erziehung der Kinder’ von Mapheus Vegius. Ga naar voetnoot3
Deshalb wird man auch nicht unterlassen dürfen, dan Knaben Abschnitte aus der h. Schrift, die sich für ihr Alter besonders eignen, zum Lesen vorzulegen. Wenn das Lesen dieser Schriften verbunden wird mit dem der heidnischen Schriften, so wird dies nicht geringen Vorteil bringen. Wenn nämlich unsere Vorfahren die Forderung aufstellten, dasz die Knaben zugleich sich mit dem Griechischen und mit dem Lateinischen beschäftigten, auf dasz sie die Weise beider Sprachen in gleichem Masze erfaszten, so scheint eben dieselbe Meinung bezüglich des
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gleichzeitigen Lesens der heiligen und der heidnischen Schriften angebracht. Falls sie sich zu gleicher Zeit mit der Kenntnis derselben vertraut gemacht haben, so werden die hiermit gewonnenen Vorstellungen um so fester haften und sich später, wenn sie älter geworden sind, gegenseitig in ihrem Gedächtnis hervorrufen. Wer sollte damit nicht einverstanden sein, dasz die Lehrer die erst in den Anfängen der Bildung stehenden Knaben nach dem Alphabet zunächst den Psalter auswendig lernen lassen, da ja durch den ganzen Erdkreis schon Psalmen erklingen und jeder, gelehrt wie ungelehrt, dieselben um der Anrufungen Gottes willen auswendig zu wissen sich bemüht. Wer sollte nicht der Meinung sein, dasz zunächst gerade dieser Lernstoff den Knaben füglicher Weise gleichsam als Milchnahrung dargeboten werden müsse, insonderheit da dieser Lernstoff verständlich, deutlich, mild, leicht und anziehend ist und in ihrem Munde wie in ihrem Herzen in Zukunft für die Dauer Wohnung nehmen möchte! Was bewundern wir ferner die Schaffenskraft der Dichter, die da Liebe und Schmerz und alle übrigen Stimmungen und Leidenschaften der Menschen in einer Weise darzustellenden vermocht haben, dasz es den Anschein gewinnt, als ob man die Handlung erlebe, nicht als ob uns dieselbe im darstellenden Worte vorgeführt werde! Oder ist es uns möglich, etwas Edleres und Göttlicheres zu schauen als jener Sänger der Hebräer, dem es weder an Anmut und Geschmack, noch an Fülle und Kraft, noch an treffender Schärfe der Rede irgend wie fehlt, der Gott den Allerhöchsten mit so gewinnenden Worten zu bitten versteht, dasz er ihn zu bewegen weisz, selbst gegen seinen Willen und fast trotz seines Widerstrebens diesen Bitten Erhörung angedeihen zu lassen? Wenn der Knabe an Jahren so weit herangereift ist, so soll man ihm die Sprüche Salomons, den Ecclesiasticus von Jesus Sirach vorlegen. Es kann keine Schrift gefunden werden, welche in höherem Masze als die genannten dazu geeignet und passend wäre, den Knaben Vorschriften fürs Leben zu geben und auf die Gestaltung ihrer Sitten einzuwirken, namentlich in Rücksicht darauf, dasz dieselben an Hieronymus einen feinsinnigen Erklärer gefunden haben.
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Kap. 39. Aus einem Briefe des Johannes Picus von Mirandula an seinen Neffen Johannes Franziscus. Ga naar voetnoot1
Es schliesze sich an die Lesung der hl. Schrift! Wieder und wieder bitte ich Dich, die Fabeln und Tändeleien der Dichter beiseite liegen zu lassen und dieses Buch immer zur Hand zu haben. Du kannst nichts thun, was Gott so wohlgefällig und Dir so heilbringend wäre, als wenn Du Tag und Nacht nicht ablässest, in der hl. Schrift zu lesen. Es ruht in ihre eine himmlische Kraft, die da, selbst lebendig und lebenerweckend, das Herz des Lesers - wofern er nur mit demütigem Sinne die hl. Schrift zur Hand nimmt - mit wunderbarer Gewalt zur göttlichen Liebe umgestaltet.
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Kap. 40 Aus einem andern Briefe des Picus von Mirandula.
Inzwischen wende Dich mit Eifer dem Lesen der heiligen Schriften, insbesondere der Lesung der Evangelien zu. Dies hebt oftmals unsern Sinn zu Gott empor, während die Welt und der Teufel Tag und Nacht nicht ruhen, uns durch ihre Verlockungen von Gott abzuziehen.
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Kap. 41 Aus dem zweiten Buche des Johannes Franziscus Picus über das Studium der göttlichen und der menschlichen Weisheit.
Wenn Bildung Nutzen in sich trägt und wenn die Vernunft es versichert und das Ansehen heiliger Männer es bestätigt, dasz nichts in höherem Grade zu verabscheuen ist als Unkenntnis der Wahrheit und dasz alle Erkenntnis an sich gut, heilsam und begehrenswert ist: warum sind wir denn so schläfrig und unthätig in der Erforschung der göttlichen
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Aussprüche, die da alles Wissen und alle Beredsamkeit der Heiden in hervorragendem Masze auch neben dem ihnen eigentümlichen Inhalte darbieten und nach dem Urteile der Heiden selbst noch übertreffen. Welcher Philosoph, frage ich, hat über die Natur der Dinge Vollkommneres zur Darstellung gebracht, als Moses? Hat einer Weiseres und Verständigeres geschrieben, aus dem jeder, der Ungebildete wie selbst der Feingeistige, je nach der Fassungskraft seines Geistes, zu schöpfen vermag? Solches trifft bei keinem der heidnischen Schriftsteller jemals zu. In welchem Geschichtsbuch wird man wahrheitsvollere Darstellung finden als in den göttlichen Aussprüchen? Wo wird man eine deutlichere und schlichtere, eine glühendere und gottbegeistertere Darstellung über die Liebe finden als in den Psalmen, diesen Liedern unter den Liedern? Wo finden sich sittliche Vorschriften in reicherer Fülle und gröszerer Vollkommenheit als im Buche Exodus, im Deuteronomium, in den Sprüchen Salomons und schlieszlich in den Evangelien? Wo zeigt sich eine vollendetere Kunst der Beredsamkeit, und zwar nicht der auf Trug und Schein bedachten, sondern der echten, als bei den Propheten, als bei dem Apostel Paulus?
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Kap. 42 Aus der ‘Paraclesis’ des Erasmus von Rotterdam. Ga naar voetnoot1
Dies, sage ich, ist volkstümlich. Wenn die Fürsten gemäsz ihrer Stellung sich hervorthun wollten; wenn die Geistlichen bei ihren Versammlungen und Ansprachen mit Nachdruck auftreten wollten; wenn die Lehrer in den höheren Schulen den Knaben statt jenes Erlernten lieber das, was sie aus den Quellen des Aristoteles Ga naar voetnoot2 und des Averroës Ga naar voetnoot3 geschöpft haben,
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beibringen wollten; so würde die Christenheit nicht von diesen fast allerorts ausbrechenden kriegerischen Unruhen in ihrem Frieden gestört werden; so würde nicht alles in unruhiger Bewegung sein, um in einem fast an Wahnsinn grenzenden Eifer mit erlaubten und unerlaubten Mitteln Reichtum zusammenzuscharren; so würden nicht allenthalben die Verhältnisse in Kirche und Staat so viele lärmvolle Zwistigkeiten aufweisen; so würden wir uns schlieszlich nicht lediglich durch Namen und Gebräuche von denjenigen unterscheiden, welche sich nicht zur Weisheit Christi bekennen - wenn anders es vornehmlich an diesen drei Klassen der Menschen gelegen ist, das christliche Leben in seiner Reinheit wiederherzustellen und zu mehren: an den Fürsten und an denen, welche die Pflichten derselben übernommen haben, an den Trägern des obrigkeitlichen Amtes; an den Bischöfen und ihren Stellvertretern, den Priestern; an denjenigen schlieszlich, welche jenes erste Lebensalter in allen Dingen zur gelehrigen Folgsamkeit hinführen sollen.
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Kap. 43. Gegen die Verächter der Dichtung.Entnommen dem Briefe des hl. Hieronymus an Paulinus über die Bücher der heiligen Geschichte.
David, den wir unsern Simonides, Ga naar voetnoot1 Pindar, Ga naar voetnoot2 Alcäus, Ga naar voetnoot3
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auch Flaccus, Ga naar voetnoot1 Catull Ga naar voetnoot2 und Serenus Ga naar voetnoot3 nennen dürfen, preist Christus auf der Harfe; mit zehnsaitigem Psalter Ga naar voetnoot4 singt er dem von den Toten Aufstehenden entgegen.
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Kap. 44. Aus der Vorrede des hl. Hieronymus zum Buche Hiob.
Von Anfang des Buches bis zu den von Hiob gesprochenen Worten bewegt sich im Hebräischen die Darstellung in ungebundener Rede. Von den Worten Hiobs, in denen er spricht: ‘Verloren sei der Tag, an dem ich geboren bin, und die Nacht, da man sprach: Ein Mensch ist empfangen!’ Ga naar voetnoot5 bis zu der Stelle, wo gegen das Ende des Buches geschrieben steht: ‘Darum strafe ich mich selbst und thue Busze in Staub und Asche,’ Ga naar voetnoot6 bewegt sich die Darstellung in Hexametern, die in daktylischen uns spondeischen Versfüszen einherschreiten und die wegen der Eigentümlichkeit der Sprache nicht bei denselben Silben, aber doch für dieselben rhythmischen Zeitabschnitte andere Füsze aufnehmen. Zuweilen gestaltet sich der Rhythmus, auch ohne dasz er auf die Zahl der Füsze achtet, gefällig und wohlklingend; doch wird dies mehr einem Verskundigen als dem einfachen Lehrer zum Bewusztsein kommen. Von dem oben bezeichneten Verse bis zum Ende des Buches wird der kurze und übrig bleibende Abschnitt in ungebundener Redeweise angefügt. Wenn es einem unglaublich erscheinen sollte, dasz bei den Hebräern solche Versmasze zur Anwendung gekommen sind und dasz der Psalter, die Klagelieder des Jeremias und fast alle Dichtungen
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der hl. Schrift in ihrem metrischen Bau nach der Weise unseres Flaccus und des griechischen Dichters Pindar, des Alcäus, der Sappho Ga naar voetnoot1 gestaltet sind: der mag nachlesen bei Philo, Ga naar voetnoot2 bei Josephus, Ga naar voetnoot3 bei Origenes Ga naar voetnoot4, bei Eusebius von Cäsarea Ga naar voetnoot5 und auf Grund ihrer Zeugnisse wird er bestätigen, dasz ich Zutreffendes behauptet habe.
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Kap. 45 Aus der Vorrede des hl. Hieronymus zu der Chronik des Eusebius. Ga naar voetnoot6
Was giebt es Wohltönenderes als den Psalter, welcher nach der Weise unseres Flaccus und des Griechen Pindar bald in jambischen Versfüszen sich bewegt, bald in alcäischen Versen erklingt, bald die volltönende sapphische Weise wählt, bald selbst halbe Versfüsze nicht verschmäht? Ga naar voetnoot7 Was giebt es Schöneres als die Gesänge des Deuteronomiums und des Isaias? Was
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giebt es Gewichtigeres als die des Salomon? Was Vollendeteres als die des Hiob? Und diese Dichtungen bewegen sich alle - wie Josephus und Origenes angeben - in Hexametern und Pentametern.
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Fremd ist der heiligen Schrift nicht metrische Sprache und Weise:
Davids Psalmengesang schmückt sich mit lyrischem Vers;
Kleideten doch in daktylischen Versfusz - so lehrt es die Ursprach' -
Einst Jeremias und Job ein ihrer Worte Gewalt.
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Kap. 47. Aus dem ‘Apologetikon’ des Baptist von Mantua. Ga naar voetnoot2
Derweil gewisse Leute so manchesmal treffliche Männer beschuldigend anfallen, geht mein Wunsch dahin, dasz jene erkennen sollen, wie die hochheiligen Männer unter den Hebräern der alten Zeit nicht nur Verse und Gedichte gelesen, sondern auch verfaszt haben, und wie dieselben selbst Dichter gewesen sind. Allein sie benannten ein Gedicht anders wie wir; häufiger nämlich gebrauchten sie die Bezeichnung: Gesang, Psalm, Hymne statt Gedicht.
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Kap. 48 Aus demselben Werke.
O ihr weisen, würdevollen Männer! Diejenigen, denen wir die Leitung der Kirchen anvertrauen möchten, wollen die Gedichte in die Acht erklären. Es sollen die immerwährender Verehrung würdigen Bücher des Moses, des David, des Jeremias, des Hiob geächtet werden! Ach! seid gelassenen Sinnes, ihr Richter, und fällt nicht hastig das Urteil; gönnt einen Aufschub nur um einen Tag! Von auswärts sollen noch Zeugen herbeigeholt werden. Doch wozu dies? Ich bitte euch: zur Tages- und Nachtzeit lesen und singen wir in den Kirchen Gedichte. Ihr selbst seid mitunter dabei anwesend, während gesungen wird: ‘Conditor alme siderum’; ‘Ales diei nuntius’; ‘Aurora lucis rutilat’; ‘Lux ecce surgit aurea’; ‘Aeterna coeli gloria’. Ga naar voetnoot1 Ihr seid, sage ich, dabei, wenn solches und anderes dieser Art gelesen oder gesungen wird. Im stillen schwatzt ihr nach Art der Krähen. Was ihr hört, lobt ihr; ihr räumt ein, dasz Gott an solchen Liedern sein Wohlgefallen hat. Dies sind indes Wercke der Dichter, und die Werke der Dichter wollt ihr verwerfen und vertreiben.
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Kap. 49. Aus einem Briefe des Johannes Franziscus Picus an Kaiser Maximilian. Ga naar voetnoot2
So kam es, dasz ich mich dahin entschied, eine Begebenheit, die des Andenkens bei der Nachwelt in so hohem Masze würdig ist, schriftlich zu verzeichnen und in epischen Versen für die Gegenwart zur Darstellung zu bringen. Ich scheute dabei nicht die Schmähungen, wie sie ‘Philosophaster’ auszuteilen
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pflegen, die da nicht wissen, dasz in den schriftlichen Niederzeichnungen gerade diejenigen Stellen, welchen das höchste Gewicht beigelegt wurde, von den ersten Zeiten des Altertums her zu ihrer besondern Hervorhebung in Verse eingekleidet zu werden pflegten. Auch sind sie nicht genugsam bei Plato und Aristoteles zu Hause; von dem einen sind Epigramme, von dem andern sind Gedichte verfaszt worden, um über die ‘Vorschriften der Poetik’ mit Stillschweigen hinwegzugehen. Ga naar voetnoot1 Aber selbst die Theologen dürfen weder die kirchlichen Hymnen unberücksichtigt lassen, noch darf es ihnen unbekannt sein, dasz Gregor von Nazianz, Ga naar voetnoot2Hieronymus, Sedulius, Ga naar voetnoot3 Paulinus Ga naar voetnoot4 und andere
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Lieder gedichtet haben. Auch sollte es ihnen nicht entgangen sein, dasz Moses der erste gewesen, welcher Gottes Lob in einem Gedichte in Hexametern gesungen hat.
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Kap. 50. Aus dem Erklärungen desselben zu dem Hymnus auf die hochheilige Dreieinigkeit.
Es hat viele gegeben, welche die göttlichen Dinge in Form des Gedichtes zur Darstellung gebracht haben. Von den Griechen - auszer den Hymnen des Dionys, Ga naar voetnoot1 welche von demselben veröffentlicht worden sind, deren Art wir aber durchaus nicht kennen - sind es: Gregor von Nazianz, dessen Darstellungen in gebundener und in ungebundener Rede nur mit groszer Mühe gelesen werden können; Nonnos Panopolitanus, Ga naar voetnoot2 welcher eine Umschreibung zu dem Evangelium des hl. Johannes in epischem Versmasze verfaszte; Amphilochius; Ga naar voetnoot3 Apollinaris Ga naar voetnoot4 hat zu den Zeiten Julians Ga naar voetnoot5 die Thaten der Hebräer in einem epischen Gedichte von 24 Büchern zum Ärger des Julian
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zusammengefaszt, wie uns Sozomenus Ga naar voetnoot1 dies überliefert hat, und auszerdem hat er die lyrische Dichtung des Pindar und die Lustspiele des Menander in glücklicher Weise nachgeahmt. Ga naar voetnoot2 Ebenso hat Stephanus Ga naar voetnoot3 ein Trauerspiel über die Kreuzigung Christi gedichtet; Ambrosius von Alexandria; Ga naar voetnoot4 Sophronius; Ga naar voetnoot5 Johannes Damascenus; Ga naar voetnoot6 Christodorus Thebanus; Ga naar voetnoot7 Egnatius von Konstantinopel; Ga naar voetnoot8 Methodius, Ga naar voetnoot9 welcher die Irrtümer des Porphyrius Ga naar voetnoot10 in einem Gedichte widerlegte; und andere in
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nicht geringer Zahl, die sich in jeder Art der Dichtung mit Ruhm gedeckt haben. Lateinische Dichtungen verfaszten Juvencus, Ga naar voetnoot1 Sedulius, Ga naar voetnoot2 Arator, Ga naar voetnoot3 Prudentius, Ga naar voetnoot4 Lactantius, Ga naar voetnoot5 Paulinus, Ga naar voetnoot6 deren Werke wohl bekannt sind. Hieronymus hat auch einige Grab-inschriften verfaszt und den Psalter in Hexametern besungen. Hilarius von Poitiers Ga naar voetnoot7 hat nach den Mitteilungen des Hieronymus ein Buch Hymnen verfaszt. Auch der grosze Ambrosius Ga naar voetnoot8
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hat Hymnen gedichtet. Desgleichen hat Severinus Boëthius Ga naar voetnoot1 in seine ‘Tröstung der Philosophie’ verschiedene Gedichte eingeflochten. Ich übergehe den Damascus, Ga naar voetnoot2 den Licentius, Ga naar voetnoot3 Beda, Ga naar voetnoot4 Hrabanus, Ga naar voetnoot5 Hildebert von le Mans Ga naar voetnoot6 und andere in nicht geringer Zahl - um nicht ein vollständiges Verzeichnis vorzuführen -, die da alle in verschiedener Weise und in verschiedenartiger Dichtung die Religion Christi im Gesange verherrlicht haben.
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Kap. 51. Gegen diejenigen, welche sich für sehr erfahren halten, nachdem sie zehn Canones Ga naar voetnoot1 oder Gesetze gelernt haben, und sich über das Ansehen der Grammatiker in ungeziemender Weise erheben.
Es giebt manche, die in den schönen Künsten und in der wahren Litteratur allzuwenig Erfahrung haben. Nachdem sie nämlich einiges von dem canonischen Rechte oder von der Gesetzeskunde kennen gelernt und etwas davon dem Gedächtnisse eingeprägt haben, was entweder die Rechtsverdreher vor Gericht nötig haben oder was bei ihresgleichen angestaunt wird: so kommen sie bald in ihrer Überhebung bis zu dem Grade und blähen sich in ihrem Stolze so sehr auf, dasz sie im Vergleich zu sich selbst alle Gebildeten verachten und dasz sie die Grammatiker (Sprachlehrer) gleichsam als Versemacher geringschätzen. Zu der Zahl dieser Leute gehört einer, dessen Namen ich schonend nicht nennen will, der da neulich, als bei einer Zusammenkunft von einigen Genossen die Frage, ob olla oder navicula ein besseres Wort wäre, unter uns Gegenstand des vertrauten und scherzhaften Gespräches war, auch nach seiner leicht zur Erregtheit hinneigenden Eigenart an gewisse Verse erinnerte und mir mehrfach eben dieses Spottlied in verletzender Weise wiederholte.
O lächerlicher Mensch! der du schwerlich heilbar bist und wenn du dreimal Anticyra Ga naar voetnoot2 aufsuchtest. O ihr verblendeten
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Geister! O ihr verhärteten Herzen! In welcher Finsternis des Lebens und in welchen Gefahren wird die Zeit verbracht, die uns nun einmal gegönnt ist. Die vielen Gründe, gemäsz welcher ‘navicula’ dem Wort ‘olla’ vorzuziehen ist, kennen selbst die Knaben, die uns da sagen können, dasz ‘olla’ ein gewöhnliches Thongefäsz für den Küchengebrauch ist, welches bei jedem Stosz oder Schlag dem Zerbrechen ausgesetzt ist, dasz das Schifflein (navicula) dagegen aus einem festen widerstandsfähigen Stoffe zusammengefügt ist und für diejenigen, welche die Gewässer dieser Zeitlichkeit befahren, vom allergröszten Nutzen ist, und dasz dasselbe, wenn es auch zuweilen als ein Spiel von Sturm und Flut dahingetrieben wird, gleichwohl mit Gottes Beistand in der Regel unversehrt zu dem ersehnten Hasen gelangt. Und jene nebst ihrem Kuttenträger als Obmann, welchen ein satirischer Dichter mit diesem Verse bezeichnet zu haben scheint:
‘Aufbläht im Stolz sich, wes Antlitz bedeckt die verhüllende Kutte’
jene - sage ich - die da nicht sowohl Verehrer des canonischen Rechtes als Liebhaber guter Schüsseln sind, Ga naar voetnoot1 hassen die Grammatiker und verurteilen diejenigen, welche keiner der schönen Künste unkundig sind und allenthalben die Wahrheit freimütig verkünden.
Aber da wir nun einmal auf die Erwägung von ‘olla’ und ‘cymba’ (Kahn) gekommen sind, so wird es nicht unangenehm sein, aus den weltlichen wie aus den kirchlichen Schriften einige wenige Zeugnisse von den vielen, die es giebt, über beide Wörter anzuführen, durch welche des einen immerfort und überall miszfällig erwähnte Wertlosigkeit und des andern stets gelobte Nützlichkeit dargethan werden soll. ‘Olla’ wird in allbekannten Sprichwörtern angewandt. Unter diesen wendet sich dieses: ‘ollae amicitia’ Ga naar voetnoot2 gegen solche Freunde, welche - wie es täglich vorkommt - die Schüssel und nicht gegenseitiges Wohl-
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wollen vereinigt. Dasselbe erscheint auch in dieser Gestalt: ‘Fervet olla, vivat amicitia.’ Ga naar voetnoot1 Ein anderes lautet ‘ollam exornas’; Ga naar voetnoot2 es wendet sich an die, welche an einem sinnlosen Werke sich vergeblich bemühen. Es ist nämlich eine unvernünftige Arbeit, ein so wertloses Gefäsz wie einen Topf, der zum Küchengebrauch bestimmt ist, mit Malereien auszuschmücken. Daher rührt denn auch das sinnverwandte Wort: ‘ollas ostentare’; Ga naar voetnoot3 es bezeichnet dies: von einer an und für sich wertlosen und die Alten von einem ‘ollaris deus’, d. h. von einem schwachen und ohnmächtigen Gott, der an Wert mit einem irdenen Topf zu vergleichen ist. Bei Catull ist zu lesen: ‘Ipsa olera olla legit’. Ga naar voetnoot4 Dies kann auf diejenigen angewandt werden, welche zwar selbst mit Frevel bedeckt sind, aber die Schuld auf irgend etwas anderes zurückzuführen suchen, z. B. auf das Glied oder auf das Werkzeug, an dem doch die Schuld fürwahr nicht liegen kann; es trägt vielmehr der Sinn, welcher der bösen Begierde nicht widersteht, die Schuld.
Aber nun wollen wir von diesen Zeugnissen absehen und uns den der hl. Schrift entnommenen zuwenden. Es heiszt Exodus cap. XVI: ‘Wären wir doch gestorben durch des Herrn Hand im Lande Ägypten, als wir bei den Fleischtöpfen (super ollas carnium) faszen und Brot aszen bis zur Sättigung’ Ga naar voetnoot5 Und im vierten Buch der Könige steht geschrieben: ‘Als sie von dem Gekoch gekostet hatten, schrieen sie und sprachen: der Tod ist im Topfe, Mann Gottes!’ Ga naar voetnoot6 Desgleichen bei Ezechiel: Wehe der blutbefleckten Stadt, dem Topfe, woran der Rost hängt, dessen Rost nicht abgeht.’ Ga naar voetnoot7 Auch Hieronymus sagt: Ich sehe einen Topf, unter dem Feuer angelegt ist. Des Topfes des Vulkan (olla Vulcani), in welchen die Seele des
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Gotenkönigs Theodorich geworfen wurde, thut der hl. Gregor in den ‘Dialogen’ Erwähnung. Ga naar voetnoot1
Das Wort ‘olla’ machen weltliche und heilige Schriften ‘berüchtigt’; aber sie machen auch häufig von dem Worte ‘navicula’ Gebrauch. So Horaz in lobendem Sinne:
‘Navibus atque
Quadrigis petimus bene vivere.’ Ga naar voetnoot2
Und ein altes Sprichwort wird häufig angeführt:
‘Navis annosa haud quaquam navigabit per mare.’ Ga naar voetnoot3
Durch dasselbe werden wir in trefflicher Weise dahin ermahnt, dasz es ungeziemend ist, wenn ein ehrwürdiger, gebildeter Greis von einem ungebildeten hochfahrenden Jüngling mit unpassenden Zänkereien belästigt wird. Es ist nämlich billig, dasz einer, welcher die Gerechtigkeit ausgeübt und sich als Freund des Staates erwiesen hat, in sicherem Hafen ein ungetrübtes Dasein führe. - Bei Matthäus heiszt es: Und als sie in das Schifflein (in naviculam) eingetreten waren, legte sich der Wind. Die aber im Schifflein (in navicula) waren, kamen und beteten ihn an und sprachen: Wahrlich, du bist Gottes Sohn.’ Ga naar voetnoot4 Und bei Markus: ‘Und er stieg zu ihnen in das Schiff (in navim), und der Wind legte sich.’ Ga naar voetnoot5 Bei Lukas: ‘Und er setzte sich und lehrte das Volk (de navicula)
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aus dem Schiffe.’ Ga naar voetnoot1 Johannes desgleichen: ‘Sie sahen Jesum auf dem Meere wandeln und ganz nahe ans Schiff (navi) kommen, und sie fürchteten sich.’ Ga naar voetnoot2 - Es mag nun unser Gegner kommen und entgegen so vielen deutlichen und klaren Belegstellen sein ‘olla’ unserm ‘navicula’ vorziehen; er mag seine Ansicht inmitten der Töpfe von Weibspersonen als die zutreffendere mit lautem Geschrei verkünden; er mag sein Geschwätz anbringen im Kreise von seinesgleichen, so viel er will: er mag dabei das alte Sprichwort in seiner Wahrheit bestätigen: ‘Unter den Blinden ist der Einäugige König.’
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Kap. 52. Aus der Lamia des Angelus Politianus. Ga naar voetnoot3
Zu den Pflichten der Grammatiker gehört es, dasz sie Schriftsteller jeglicher Art, Dichter, Geschichtsschreiber, Redner, Philosophen, Naturforscher, Rechtsgelehrte prüfend durchforschen und erklären. Unsere Zeit hat zu wenig Erfahrung in den Dingen des Altertums; allzusehr beschränkt sie das Arbeitsfeld des Grammatikers. Bei den Alten genosz ehedem dieser Stand solches Ansehen, dasz lediglich die Grammatiker die Werke der Schriftsteller beurteilen und nach ihrem Werte bestimmten; sie wurden darum auch ‘critici’ genannt. Wie Quintilian Ga naar voetnoot4 berichtet, nahmen sie sich nicht allein das Recht, einzelne Verse mit einem kleinen Striche als Merkmal der Unechtheit zu bezeichnen, Ga naar voetnoot5 sondern sie unternahmen es auch, Bücher, welche ihnen mit falscher Aufschrift versehen zu sein schienen, gleichsam als untergeschobene aus dem ‘Canon’ der Schriften auszustreichen. Wie es ihnen gut dünkte, nahmen sie Schriftsteller in den ‘Canon’ auf oder schlossen sie aus demselben aus. Ga naar voetnoot6 Im Griechischen heiszt ‘grammaticus’ dasselbe
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wie ‘literatus’ im Lateinischen. Wir aber haben diesen Namen in die Trivialschule verwiesen, also gleichsam in die Stampfmühle. Ga naar voetnoot1 So können sich jetzt mit Recht die literati beklagen und sich beängstigt fühlen, gleichwie einstens der Flötenspieler Antigenides. Es ertrug es dieser mit allzuwenig Gleichmut, dasz die bei einem Leichenbegängnis mitwirkenden Hornbläser ‘tibicines’ d. h. Flötenspieler genannt wurden. So können die ‘literati’ darüber unwillig werden, dasz sie jetzt auch ‘grammatici’ genannt werden, die da doch die ersten Grundzüge lehren. Übrigens wurden Leute dieser Art bei den Griechen nicht ‘grammatici’, sondern ‘grammatistae’ genannt, und bei den Römern hieszen sie nicht ‘literati’, sondern ‘literatores’. Ga naar voetnoot2
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Kap. 53. Aus dem Briefe des Doktor Johannes Suave, Vicedominus von Kamin, an Johannes Murmellius, den Leiter des Gymnasiums zu Alkmaar. Ga naar voetnoot3
Über welche Fülle geistiger Begabung Du gebietest, habe ich den Aussagen vieler Leute, namentlich aber den glanzvollen
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Schöpfungen Deiner Muszestunden entnehmen können. Mit welcher Gewissenhaftigkeit aber und mit welcher Selbstlosigkeit Du Deiner Pflicht gerecht wirst, dies bekunden die Jünglinge, die wir höherer Bildung und feineren Schliffes bar zu Dir schicken und die Du nur dann zurücksendest, wenn Du sie mit Kenntnissen jeglicher Art ausgestattet hast. Meine Meinung nun ist die: ‘Weder der Samier Pythagoras Ga naar voetnoot1 hat in Sicilien helleres Licht verbreiten können, als Du in unserem deutschen Vaterlande es gethan hast, noch ist jener Sokrates, Ga naar voetnoot2 der da zuerst die Sittenlehre vom Himmel gebracht haben soll, ein vollkommenerer Mann gewesen, als Du dastehst, noch hat der göttliche Plato Ga naar voetnoot3 aus seiner Akademie besser unterrichtete Jünglinge entlassen, als Du sie aus Deiner Schule entlässest; noch sind aus dem Lyceum des Aristoteles Ga naar voetnoot4 scharfsinnigere Männer hervorgegangen, als sie aus Deinem Unterrichte erwachsen; noch hat Isokrates Ga naar voetnoot5 mit feinerem Geschmack als Du gelehrt; noch hatte die Schule des Theophrast Ga naar voetnoot6 einen zahlreicheren Besuch aufzuweisen als bis zu dieser Zeit die Deinige. Was soll ich noch mehr Worte verlieren! Du bist für uns ein Aristarch, Ga naar voetnoot7 ein Karneades, Ga naar voetnoot8 ein Demosthenes, Ga naar voetnoot9 ein Archimedes. Ga naar voetnoot10 Glück-
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licher bist Du als Cicero, welcher, wie Apollonius Molon Ga naar voetnoot1 berichtet, die Beredsamkeit von Athen nach Rom gebracht hat. Du aber hast die Beredsamkeit in Deinem Vaterlande erlernt und lehrst sie daselbst mit dem gröszten Eifer. Auch hast Du dieselbe nicht blosz, wie man zu sagen pflegt, an der Schwelle begrüszt, Du hast sie bis in die abgelegensten Winkel erforscht. Aber wozu soll ich am hellen Tage eine Lampe anzünden? Für immer wird Dein Name mit Ehre und Lob genannt werden.
Was mich nun anbetrifft - ich schicke Dir meinen Neffen zu, Ga naar voetnoot2 den Sohn meines Bruders. Ich wünsche um so mehr, dasz derselbe unter dem Meiszel, den Deine Hand führt, gebildet werde, je höher Du über anderen Leuten Deines Berufes stehst. Dieser Jüngling ist nicht ohne achtungswerte Anlagen. Aber er ist etwas freigebiger, als es gut ist - daher habe ich ihm bei seinem Scheiden unter anderm den Befehl gegeben, dasz er Dich als seinen Vater verehren soll und dasz er sein Geld Dir anvertrauen soll; wenn er aber Geld gebrauche, so solle er es von Dir erbitten. - Was bleibt mir noch hinzufügen? Ich bitte Dich wieder und wieder: übergieb ihn einem von Deinen klassisch gebildeten Schülern; durch den täglichen Umgang mit demselben kann er besser werden. Ich werde der Meinung leben, dasz Du alle Wohlthaten, die Du ihm hast zukommen lassen, mir erwiesen hast, und ich werde es nicht zulassen, dasz er Dich gereuen sollte, in der Erfüllung Deiner Pflicht Wetteifer an den Tag gelegt zu haben. Lebe in Gesundheit!
Stettin, im Jahre des Heils 1514, am 2. September.
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Kap. 54. Gegen die sprachunkundigen Wortbildner.
Es ist nicht leicht zu sagen, welche Schädigung der lateinischen Sprache die vielen ungelehrten Worterklärer anthun, die da Wörter deuten und Wörter ableiten und dabei zwischen
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dem Lateinischen und dem Barbarischen keinen Unterschied machen und somit die gröszten Geschmacklosigkeiten und geradezu lächerliche Deutungsversuche zu Tage bringen. Diejenigen nun, vor deren Irrtümern man sich hüten soll, habe ich in diesem kurzen Verzeichnis zusammengestellt. Isidorus, Ga naar voetnoot1 ein im übrigen gewissenhafter Schriftsteller, ist nicht ganz zu verachten. Vor allem sollen wir die abscheulichen und barbarischen ‘Briefe der Dunkelmänner,’ Ga naar voetnoot2 die schlieszlich auch von dem Papste verworfen worden sind, wie die Pest fliehen. Dann Papias Ga naar voetnoot3, Eberhard, Ga naar voetnoot4 Hugutio, Ga naar voetnoot5 das
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Catholicon, Ga naar voetnoot1 der Mammaetractus, Ga naar voetnoot2 Haimo, Ga naar voetnoot3 der Breviloquus, Ga naar voetnoot4 die Gemma gemmarum, Ga naar voetnoot5 der Vocabularius rerumGa naar voetnoot6, Jo-
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hannes von Garlandia, Ga naar voetnoot1 Nicolaus von Lyra, Ga naar voetnoot2 Accursius, Ga naar voetnoot3 Aurea legenda, Ga naar voetnoot4 die Glossulae decretorum, Ga naar voetnoot5 die Glossa notabilis Ga naar voetnoot6 und andere dieser Art.
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Kap. 55 Aus dem Eingang zu dem zweiten Buche der ‘Elegantiae’ des Laurentius Valla. Ga naar voetnoot1
Jenen drei Triumvirn gleichsam: Donatus, Ga naar voetnoot2 Servius, Ga naar voetnoot3 Priscian, Ga naar voetnoot4 über deren Vorrang die Gelehrten verschiedener Ansicht sind, weise ich immerhin die Bedeutung zu, dasz alle, die nach ihnen über die Sprachrichtigkeit im Lateinischen geschrieben haben, Unklares sich zusammengestammetl zu haben scheinen. Unter ihnen steht an erster Stelle Isidor, welcher von all diesen Unwissenden die gröszte Anmaszung bekundet; wiewohl er nämlich nichts weisz, giebt er dennoch Vorschriften über alles und jedes. Andere, die noch weniger gelernt haben, sind Eberadus, Hugutio, der Verfasser des Catholicon, Haimo und noch andere, die nicht wert sind, dasz man ihren Namen nennt. Ga naar voetnoot5 Gegen groszen Lohn bringen sie durch ihre Belehrung die Schüler dahin, dasz sie nichts wissen; oder sie entlassen ihre Schüler noch thörichter, als sie dieselben empfangen haben.
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Kap. 56. Aus dem ‘Apologeticon’ des Baptist von Mantua. Ga naar voetnoot1
Ich sehe manche, welche sich für vollendete Grammatiker halten, nachdem sie die Verslein des Grammatikers Alexander und des Äsop Ga naar voetnoot2 gelernt haben; und wenn sie einiges von der Dialektik und den Gesetzen hinzugelernt haben, so glauben sie Solon Ga naar voetnoot3 und Chrysippus Ga naar voetnoot4 zu sein. Wenn man aber späterhin von Augustinus oder Hieronymus oder Hilarius Ga naar voetnoot5 oder von einem andern aus der Zahl derer, welche an der lateinischen Sprache getreulich festgehalten haben, etwas zum Vortrag bringt, so stocken und schweigen sie und halten mit der Sprache zurück und wollen nicht zugehört haben. Sich belehren zu lassen, erzeugt ihnen Scham; die Unwissenheit wird ihnen zur Qual. Sie behaupten dann, zu damaliger Zeit wäre die Grammatik anders gelehrt worden als jetzt. Aber man musz ihnen dann vorhalten, auch die Unkenntnis der Grammatik der damaligen Zeit sei nicht gestattet, da ja nach der Weise der damaligen Grammatik die Evangelien, die Briefe des hl. Paulus und der andern Apostel und die Schriften groszer Lehrer abgefaszt seien; dieselben würden nicht allenthalben diese Bedeutung gewonnen haben, wenn jene nicht in der Grammatik erfahren gewesen wären. Auf solche Vorhaltungen werden sie antworten, sie hielten sich nur an die Hauptsache; sie werden nach wie vor ihr ‘Catholicon’ in Ehren halten, welches doch mehr Fehler aufzuweisen hat, als der Leopard Flecken auf seinem Fell.
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Kap. 57 Woher sind richtige Wortableitungen und Worterklärungen zu entnehmen?
Wortableitungen und richtige Erklärungen des Wortsinnes sind am besten zu suchen: bei Varro Ga naar voetnoot1 wenn doch sein Werk ‘de lingua latina’ vollständig vorhanden wäre! - bei Nonius Marcellus, Ga naar voetnoot2 Festus Pompejus, Ga naar voetnoot3 diesen Erforschern der lateinischen Sprache; bei Aulus Gellius, Ga naar voetnoot4 Macrobius, Ga naar voetnoot5 Caper, Ga naar voetnoot6 Priscian, Ga naar voetnoot7
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Diomedes Ga naar voetnoot1 und bei den alten Rechtsgelehrten, welche vornehmlich die Beredsamkeit pflegten; desgleichen bei Johannes Tortellius Ga naar voetnoot2 = derselbe hat aber, wie dies auch bei einigen andern der Fall ist, hier und da Fehler gemacht. - Dann ist auch eine umsichtige Vergleichung der verschiedenen Lesarten vonnöten und ein auf Scharfsinn gegründetes Urteil. - Ferner bei Jovinianus Parthenopäus, Ga naar voetnoot3 dessen Wörterbuch von seinem Lehrer Chalcidius Ga naar voetnoot4 zusammengestellt sein soll; bei Laurentius Valla, Ga naar voetnoot5 der sich unter allen das höchste Verdienst um die lateinische Sprache erworben hat; bei seinem Schüler Nicolaus Perottes. Ga naar voetnoot6 Geselle diesen zu den Hermolaus Barbarus, Ga naar voetnoot7 welcher zu der Naturgeschichte des Plinius verbesernde Zusätze, die eine Fülle der edelsten Gelehrsamkeit bekunden, herausgegeben hat; den Georg Merula, Ga naar voetnoot8 den Philipp Beroaldus; Ga naar voetnoot9 zu den Schriftstellern über den Landbau: Georg Valla; Ga naar voetnoot10 Budäus Ga naar voetnoot11 zu den
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Pandekten und über das As und seine Teile; des Erasmus ‘flumen aureum’ und Anmerkungen zum Neuen Testamente und die Scholien zu Hieronymus; Ga naar voetnoot1 des Petrus Crinitus Ga naar voetnoot2 Bücher ‘de honesta disciplina.’ Auch ist nicht zu verachten Dionysius Nestor Novariensis, Ga naar voetnoot3 noch die Schrift des Grapaldus: Ga naar voetnoot4 ‘de partibus aedium’. Obwohl Ambrosius Calepinus Ga naar voetnoot5 wenn schon andere, dann besonders den Nicolaus Perottus, den Hermolaus Barbarus und den Philipp Beroald in wenig bescheidener Weise ausgeplündert hat und über den Laurentius Valla ohne Scheu und Scham loszieht, obwohl er weiterhin als ein urteilsloser Mensch manchmal wahnwitziges Zeug faselt, so ist er dennoch solchen Studierenden vonnöten, die selbst nicht viele Bücher zum Eigenbesitz haben, in Rücksicht darauf, dasz er sehr viele Ausdrücke aus guten Schriftstellern zusammengetragen hat und wohl geordnet und deshalb auch leicht auffindbar darbietet.
Für die Unterweisung der Knaben wäre vielleicht meine ‘Pappa’ Ga naar voetnoot6 mit dem Verzeichnis der Nomina und einem zweiten der Verba nicht ohne Nutzen; ebenso das ‘Vocabularium’ die Pylades von Brixen, Ga naar voetnoot7 die ‘Flores’ des Antonius Man-
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cinellus Ga naar voetnoot1 und die ‘Vocabula’, die von demselben aus verschiedenen Schriftstellern ausgewählt worden sind. Die von mir für die Unterweisung der Knaben veranstaltete Sammlung ‘Composita verborum’ Ga naar voetnoot2 gefällt vielen, wie ich höre; es würde dieselbe noch weit mehr gefallen, wenn nicht infolge der Unachtsamkeit der Setzer an vielen Stellen Fehlerhaftes gelesen würde. Aber mit Gottes gnädigem Beistand werde ich mich dahin bemühen, dasz den Schülern eine verbesserte Auflage in die Hand gegeben wird.
Weiterhin ist den Schullehrern das griechische Wörterbuch vonnöten, welches Hieronymus Aleander Ga naar voetnoot3 mit Fleisz zusammengestellt hat. Nicht geringen Nutzen brächte ihnen Julius Pollux, Ga naar voetnoot4 welcher für den Antoninus Commodus ein Wörterbuch verfaszt hat, das nicht nach Buchstaben, sondern nach Gegenständen geordnet ist (freilich des den Gegenstand bezeichnenden Wortes wegen), in dem man bei jedwedem Dinge die verschiedenen Wortbezeichnungen findet. Groszen Nutzen gewährt auch Suidas, Ga naar voetnoot5 dessen Wörterbuch von vielen Schriftstellern erweitert worden ist. Der Redner Eudemus, Ga naar voetnoot6 der ein nach
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Buchstaben geordnetes Wörterbuch geschrieben hat; Helliadus, Ga naar voetnoot1 welcher während der Regierung Theodosius' des Jüngeren wirkte; Eugenius aus Augustopolis, Ga naar voetnoot2 einer Stadt Phrygiens, Zosimus von Gaza, Ga naar voetnoot3 Cäcilius aus Sicilien, Ga naar voetnoot4 Longinus Cosimus, Ga naar voetnoot5 Lupercus Berytus, Ga naar voetnoot6 welcher über die Wörter des Attischen schrieb.
Der Sophist Justinus Julius, welcher einen Abrisz der Sprachen Pamphyliens verfaszte und über den Sprachgebrauch im Attischen schrieb; Pamphilius, Ga naar voetnoot7 welcher ein ‘pratum dictionum’ herausgab; der Alexandriner Zopyrio Polio, welcher ebenfalls über die Wörter im Attischen nach Ordnung der Buchstaben schrieb.
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Ebenso haben die verschiedenen Lesarten bei guten Schriftstellern eine grosze Bedeutung nicht allein für den Wortlaut, sondern auch für den Wortsinn und die Erklärung, vornehmlich bei Marcus Tullius (Cicero), Quintilian, Plinius, Seneca, Plutarch, Lactantius, Columella, Vitruv, Ga naar voetnoot1 Vegetius, Ga naar voetnoot2 Modestus, Ga naar voetnoot3 Solinus, Ga naar voetnoot4 Hieronymus, Augustinus, Ambrosius, Herodot, Livius, Julius Cäsar, Cornelius Tacitus, Sueton, Platina, Ga naar voetnoot5 Maccus Antonius Sabellicus, Georg Valla, Rafael Volaterranus, Ga naar voetnoot6 Nicolaus Leonicenus und bei andern. Aber keineswegs sollen solche Schriftsteller unberücksichtigt bleiben, die auf Grund ihrer vielseitigen Gelehrsamkeit Erklärungen zu den Dichtern, den Rednern und zu andern Schriftstellern herausgegeben haben. Über solche Erklärungsschriften soll nunmehr im besondern gesprochen werden.
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Kap. 58. Was für Erklärungsschriften sind nicht auszuwählen?
Nicht leicht könnte ich es sagen, welche Förderung der grammatischen Lehrthätigkeit und überhaupt der gesamten Litteraturkunde gewisse hochgelehrte Männer angedeihen lassen, die Erklärungen, Auslegungen, Untersuchungen, Deutungen, Beobachtungen, Anmerkungen und anderes dieser Art zu verschiedenen Schriftstellern herausgegeben haben. Jeder, der die schönen Wissenschaften, wenn auch nur eben mit den Lippen gekostet hat, weisz es wohl, welche Menge von Wörtern, von wenig bekannten Ausdrücken, Sprichwörtern, Sinnsprüchen, Redewendungen aus solchen Schriftwerken entnommen werden kann. Aber zu meiden sind vor allem solche Erklärungsschriften, welche sich von Sprachbarbarei nicht frei gehalten haben. Manche derselben nehmen keine Rücksicht auf die Anordnung des Stoffes, auf die Feinheit der Rede, auf die Vereinfachung der Darstellung; mit überflüssigen Fragen kleinlicher Art, mit Einwendungen, Zergliederungen, spitzsfindigen Schlüssen, die nicht nur keinen Nutzen sondern übermäszigen Schaden bringen, mit ungereimten Abschweifungen und bisweilen mit Anführung von fast wertlosen Belegstellen, die ohne Prüfung und Wahl von jedem beliebigen unklaren Kopf und Dunstmacher hergenommen wurden, stopfen sie die elendigen Schriftchen voll; weiterhin suchen sie angesehene Schriftsteller zu verdunkeln und schaffen durch die Vermischung von Hell und Dunkel ein unentwirrbares Durcheinander. Beiseite zu schieben sind einige - ich will aus Schonung ihre Namen nicht nennen, da sie durch Zusammenstellung von Bücher-Verzeichnissen und durch Abfassung von guten Büchern sich um die Studierenden wohl verdient gemacht haben -, die, um ihren Büchern gröszere Verkäuflichkeit zu sichern, in ihren wortreichen Erklärungen bei dem Zergliedern und dem Aufbau der Sätze und bei der Erklärung von Schwierigkeiten gerade bei solchen Erscheinungen verweilen, die jedem und selbst einem halbwegs Gebildeten geläufig sind; wenn aber vielleicht eine etwas dunkle Stelle vorliegt, über welche nach der Erwartung des Lesers die Erklärung helleres Licht verbreiten sollte, so rücken sie entweder mit der Sprache nicht heraus oder sie entfernen sich in ihrer Deutung weithin
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von der Auffassung des Schriftstellers und bringen Falsches statt Wahres, Ungenaues statt Genaues vor. Wiewohl diese einem leichtgläubigen Leser durch die bestechenden Aufschriften ihrer Bücher nicht weniger als alles versprechen, so ist es gleichwohl wunderbar, wie wenig sie bieten. Aus solchen Quellen entströmt um so gröszeres Unheil für Knaben und Jünglinge, als viele im Vertrauen auf die Zuverlässigkeit solcher Erklärungen ohne Zuhilfenahme anderer Bücher und ohne eignes Urteil aufs Geratewohl sich daran wagen, Vorlesungen über Litteratur zu halten; in ihrer verwerflichen Vermessenheit schaffen sie dann aber von den Dichtern selbst, die sie nicht verstehen, durch ihre falschen Deutungen Zerrbilder und richten nur Verwirrung an; sie überheben sich nicht allein über die wohlunterrichteten Lehrer, sondern sie haben auch die schamlose Stirn, dieselben in der Öffentlichkeit zu verkleinern. Wieviel Unheil erwächst den Jünglingen aus der Menge solcher Ungereimtheiten!
Um davon gelegentlich ein kennzeichnendes Beispiel anzuführen, will ich einiges wenige anfügen, am zweckmäszigsten aus Baptist von Mantua.
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Kap. 59 Erklärung einer Stelle aus den Idyllen des Baptist von Mantua. Ga naar voetnoot1
Der angeführte Vers ist entnommen dem ‘Candidus’ bei Baptist von Mantua.
‘Non patinam Aesopi fameo clypeumve Minervae.’
Was hierüber die Erklärung, welche meistens zum Verkauf angeboten wird, vorführt, mag jeder, der will, nachlesen. Aber er mag dann im 51. Kapitel des X. Buches der Naturgeschichte des Plinius nachforschen, welcher Art die Schüssel des tragischen Schauspielers Clodius Äsopus gewesen und wieviel dieselbe kostete. Ga naar voetnoot2 Über den Schild der Minerva aber mag er
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diese Stelle aus Sueton kennen lernen: Ga naar voetnoot1 Der durch eine geradezu seltene Üppigkeit berüchtigte Kaiser Vitellius Ga naar voetnoot2 liesz eine Schale um 2000 Sesterzien herstellen, zu deren Gusz, wie Plinius erzählt, auf dem Campus ein Ofen erbaut worden war. Wegen ihrer ungeheuren Grösze pflegte er sie den Schild der Minerva zu nennen. In ihr liesz er eine Mischung anrichten von: Leber von Papageifischen, Gehirn von Fasanen und Pfauen, Jungen von Flamingos, Milch von Muränen, die vom Karpathischen Meere Ga naar voetnoot3 bis zur Strasze von Gibraltar von den Flottenführern und Dreideckern aufgesucht worden waren.’
Diese Stelle des Baptist von Mantua ist offenbar auf jene Schale des Vitellius zu beziehen. Wer dies nicht erkennt, wird fürwahr in der schönen Litteratur zu keiner Erkenntnis gelangen.
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Kap. 60. Erklärung einer Stelle aus den Epigrammen des Baptist von Mantua an Falco.
Aber solches könnte vielleicht noch erträglich erscheinen. Lächerlich jedoch ist das, was vorgebracht wird bei dem Verse desselben Baptist von Mantua in den Epigrammen an Falco:
‘Fagina gemmato dactylotheca sinu.’
Diese Erklärung nämlich lautet: ‘Es ist “dactylotheca”, wofür man auch “chirotheca” sagt, benannt von “dactylus” d. i. Finger.’
O, du wackerer Mann, der du solches aus den schriftlichen Überlieferungen ans Tageslicht gebracht hast! Sage uns doch, ich bitte, wo in der Welt du eine aus Buchenholz gefertigte ‘chirotheca’ gesehen hast. Wenn deine Hand mit derselben bekleidet gewesen wäre, so würdest du der Menge
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derer, die deinen Erklärungen ohne weiteres vertrauen, nicht so viele Irrtümer beigebracht haben.
Es bezeichnen nämlich ‘dactylotheca’ und ‘chirotheca’ bei weitem verschiedene Dinge. Denn ‘dactylotheca’ - griechisch δαxτυλοθήxη Ga naar voetnoot1 - bezeichnet ein Behältnis zum Aufbewahren von Ringen; dasz in diesen häufig Edelsteine angebracht sind, ist bekannt. Der eine Teil dieses zusammengesetzten Wortes ist nicht ‘δάxτυλος’ d. i. Finger, sondern ‘δαxτύλος’; dies bezeichnet ‘Ring’, welcher den Finger zu schmücken pflegt. Der andere Teil des zusammengesetzten Wortes ist: θήxη, welcher als ‘repositorium’ (Behältnis zum Aufbewahren von Schmuckgegenständen), ‘loculus’ (Kästchen, Kapsel), ‘vagina’ (Scheide), ‘sepulcrum’ (Grab) erklärt wird. Ga naar voetnoot2 Es lautet dieses Wort nur auf Grund der Zusammeziehung ‘δαxτυλοθήxη’ statt ‘δαxτυλιοθήxη’.
Bei Martial heiszt es im zehnten Buche der Epigramme: Ga naar voetnoot3
‘Sechs Ring' an jedem Finger trägt Charinus stets
Und legt auch nicht des Nachts sie ab,
Noch wenn er badet. Wissen wollet ihr den Grund?
Ein Ringbehälter fehlet ihm.’ Ga naar voetnoot4
Unter den ‘Saturnaliengeschenken’ Ga naar voetnoot5 desselben wird einem Ringkästchen dieses Distichon in der Mund gelegt:
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‘Oft entgleitet ein Ring von Gewicht den gesalbeten Fingern;
Aber durch mich wird dir sicher die Gemme bewahrt.’ Ga naar voetnoot1
Plinius berichtet im 1. Kapitel des XXXVII. Buches seiner Naturgeschichte: ‘Eine Sammlung geschnittener Edelsteine, wofür man auch ‘dactyliotheca’ Ga naar voetnoot2 sagt, hatte zuerst Scaurus, der Stiefsohn des Sulla.’
‘Chirotheca’ - griechisch ‘χειροθήxη’ - von χειρός und θήxη d. i. von manus und theca - bezeichnet ‘tegumentum manus’ (Umhüllung der Hand).
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Kap. 61. Erklärung einer Stelle aus dem ersten Buch der ‘Not der Zeit’ von Baptist von Mantua.
Um aber von dem übrigen abzusehen, so will ich in Rüchsicht auf die Studierenden jene Verse des feinsinnigen Dichters Baptist von Mantua erklären, welche im ersten Buche seiner Dichtung ‘die Not der Zeit’ stehen:
‘Et qui surripiens auri duo milia pondo
Et lateres fulvos fucata subintulit aera.’
(‘Als er entwendet zwei tausend Pfund Gold und als er geraubt die
Goldenen Barren, da legte er Erz hin, das golden gefärbt war.’)
Ich halte dafür, dasz zu lesen ist, ‘auri tria milia pondo’.
Es bezieht sich auf den Diktator Cäsar, Ga naar voetnoot3 welcher, wie dies
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von Sueton Ga naar voetnoot1 überliefert worden ist, in dem ersten Konsulate dreitausend Pfund Gold aus dem Kapitol entwendet und eine gleiche Gewichtsmenge vergoldeten Kupfers als Ersatz hingelegt hat.
Plinius berichtet hierüber im dritten Kapitel des XXXIII. Buches folgendes: ‘Während des Bürgerkrieges nahm Cäsar gleich nach seinem Einzuge in die Stadt aus dem Staatsschatze 26 000 Goldbarren und in barer Münze 300 Pfund. Ga naar voetnoot2 Zu anderen Zeiten war der römische Staat nicht reicher.’ Derselbe sagt im ersten Kapitel dieses Buches: ‘Ich weisz wohl, dasz Crassus in dem Jahre, woselbst er zum ersten Male und Pompejus zum dritten Mal Konsul war, aus dem Tempel des Jupiter Capitolinus zweitausend Pfund Gold, die von Camillus dort niedergelegt worden, geraubt hat.’
Nach der Weise, wie die Verfasser solcher Erklärungen sich diese Stelle zurecht legen, kann man sich mit leichter Mühe durch den Augenschein davon überzeugen, was sie in ihren Erklärungen vorbringen werden. Wer aber ihren Ungereimtheiten in den Erläuterungen zu Baptist von Mantua und zu andern Dichtern nachgehen wollte, der möchte wohl damit ein wenig bedeutsames Unternehmen in Angriff nehmen, welches mit schwerer Arbeit verbunden ist, die in der That noch um so lästiger sein wird, als zuvor alle ihre unnützen Schwätzereien durchzulesen wären.
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Kap. 62. Welche Erklärungsschriften eignen sich am besten für die der schönen Künste Beflissenen?
Diejenigen, welche sich die heiligen Schriften zum Gegenstand ihres Studiums machen, sollen vor allem die Erklärungen der besten Schriftsteller durcharbeiten, wie da sind: Origenes, Ga naar voetnoot1 Basilius, Ga naar voetnoot2 Gregor von Nazianz, Ga naar voetnoot3 Athanasius, Ga naar voetnoot4 Cyrillus, Ga naar voetnoot5 Chrysostomus, Ga naar voetnoot6 Hieronymus, Ambrosius, Hilarius, Augustinus, Ga naar voetnoot7 Gregorius, Ga naar voetnoot8 Cassiodorus, Ga naar voetnoot9 Thomas van Aquin, Ga naar voetnoot10
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Picus von Mirandula, Ga naar voetnoot1 Jakob Faber von Estaples, Ga naar voetnoot2 Erasmus von Rotterdam. Ga naar voetnoot3 In gleicher Weise sollen diejenigen, welche ihre Kraft auf das Studium der weltlichen Litteratur verwenden, die bewährtesten Erklärungen zu den Schriftstellern durcharbeiten. Ein Verzeichnis dieser Erklärungen habe ich, so gut es zur Zeit anging, zusammengestellt und im folgenden angefügt. Ich habe mich dabei in der Anordnung an die Zeit, in welcher diese Schriftsteller lebten, gehalten und an erster Stelle die Philosophen, dann die Redner, an dritter Stelle die Dichter und zuletzt die Geschichtschreiber aufgeführt; die übrigen Schriftsteller habe ich auszer acht gelassen.
Zu den ‘goldenen Sprüchen’ des Pythagoras Ga naar voetnoot4 giebt es eine Erklärung von dem stoischen Philosophen Hierokles, Ga naar voetnoot5 die von Aurispa Ga naar voetnoot6 ins Lateinische übersetzt worden ist.
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Zu bestimmten Gesprächen Platos: Ga naar voetnoot1 Erklärungen des Marsilius Ficinus, Ga naar voetnoot2 welcher die Werke Platos und einige Schriften der Platoniker Plotinus, Ga naar voetnoot3 Jamblichus, Ga naar voetnoot4 Porphyrius Ga naar voetnoot5 ins Lateinische übersetzt hat.
Über Aristoteles Ga naar voetnoot6 haben viele in griechischer Sprache geschrieben; Ga naar voetnoot7 gleichwohl will ich diejenigen unter ihnen erwähnen,
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die in die lateinische Sprache übersetzt worden sind. Den Themistius Ga naar voetnoot1 hat Hermolaus Barbarus Ga naar voetnoot2 erklärt, den Alexander Aphrodisius Ga naar voetnoot3 hat Hieronymus Donatus erklärt. Von den Lateinern, die Erklärungsschriften zu Aristoteles verfaszt haben, schätzen wir am höchsten den Severinus Boëthius, Ga naar voetnoot4 von welchem sich einige Erklärungen bis heute in Gebrauch erhalten haben, dann den Leonardus Aretinus, Ga naar voetnoot5 den Jakob Faber, Ga naar voetnoot6 den Johannes Franziscus Picus. Ga naar voetnoot7
Zu Plautus Ga naar voetnoot8 haben Petrus Valla, Bernardus Sarra-
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cenus, Ga naar voetnoot1 Johannes Baptista Pius, Ga naar voetnoot2 Pylades von Brescia Ga naar voetnoot3 Erläuterungen, Thaddäus Ugoletus, Ga naar voetnoot4 Grapaldus Ga naar voetnoot5 und Georg Anselmus Scholien Ga naar voetnoot6 herausgegeben.
Zu Terenz: Ga naar voetnoot7 Donatus, Ga naar voetnoot8 Calpurnius, Ga naar voetnoot9 Guido Juvenalis, Petrus Marsus. Ga naar voetnoot10
Zu Lucretius: Ga naar voetnoot11 Johannes Baptista Pius aus Bologna.
Zu Catull: Ga naar voetnoot12 Parthenius aus Verona und Palladius aus Padua.
Zu Cicero: Ga naar voetnoot13
a ) ‘Epistolae familiares’: Hubertinus Clericus und Martinus Phileticus. |
b ) ‘de oratore’: Omnibonus Leonicenus. Ga naar voetnoot14 |
c ) ‘de inventione libri duo’: Der Redner Marius Fabius Victorinus. Ga naar voetnoot15 |
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Zu den ‘Topica’: Ga naar voetnoot4 Severinus Boëthius und Georg Valla. Ga naar voetnoot5
Zu den ‘Orationes’: Asconius Pedianus; Ga naar voetnoot6 Georg Trapezuntius, Philipp Beroald; Franziscus Maturantius.
Zu den ‘Tuskulanen’: Domitius Calderinus und Philipp Beroald.
Zu den ‘Officien’: Petrus Marsus und Franziscus Maturantius.
Zu ‘Laelius’: Ga naar voetnoot7 Omnibonus Leonicenus.
Zu ‘Cato major’: Ga naar voetnoot8 Martinus Phileticus und Johannes Murmellius. Ga naar voetnoot9
Zu den ‘Paradoxa’: Ga naar voetnoot10 Franziscus Maturantius.
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Zu ‘Somnium Scipionis’ hat Macrobius zwei Bücher, die von vielseitiger Gelehrsamkeit zeugen, herausgegeben. Ga naar voetnoot1
Die Erklärungsschriften zu Sallust: ‘Bellum Catilinarium’Ga naar voetnoot2 - Geschichte der catalinarischen Verschwörung, - welche gewöhnlich unter den Namen des Laurentius Valla und des Omnibonus Leonicenus angeführt werden, sind nach meinem Dafürhalten nicht von diesen herausgegeben; sie sind untergeschoben. Vielleicht hat einer der Zuhörer Vorträge des Lehrers mit wenig Sorgfalt niedergeschrieben und diese dann drucken lassen und sie des Gewinnes wegen an Studenten verkauft. Zu dem ‘bellum Jugurthinum’ - Krieg gegen Jugurtha - hat Johannes Chrysostomus Soldus von Brixen eine Erläuterung geschrieben.
Zu Virgil: Probus Donatus; Servius; Christophorus Landinus; Ga naar voetnoot3 Antonius Mancinellus; Domitius Calderinus; Hermannus Torrentinus; Servatius Ädicollius Ga naar voetnoot4 und andere; vornehmlich aber erwiesen sich nützlich die ‘Saturnalien’ des Macrobius.
Zu Horatius: Der hochgelehrte Porphyrio Ga naar voetnoot5 und der Nach-
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äffer desselben Acron: Ga naar voetnoot1 dann Christophorus Landinus und Antonius Mancinellus.
Zu Tibull: Bernardinus Cyllenius aus Verona Ga naar voetnoot2 und Junius Parrhasius Ga naar voetnoot3.
Zu Propertius: Domitius Calderinus, Johannes Cotta aus Verona, Philipp Beroald und Antonius Volscus.
Zu Ovid: Rafael Regius; Bartholomäus Merula; Ga naar voetnoot4 Antonius Fanensis; Ga naar voetnoot5 Paulus Marsus; Antonius Volscus; Ubertinus, der Kleriker; Domitius Calderinus; Georg Alexandrinus.
Zu Valerius Maximus: Oliverius Arzignanensis Ga naar voetnoot6 und Antonius Länas.
Zu dem Tragödiendichter Seneca: Bernardinus Marmita aus Parma, Daniel Cajetan aus Cremona und Jodocus Badius Ascensius.
Zu Persius: Cornutus; Bartholomäus Fontius; Ga naar voetnoot7 Johannes Britannicus; Ga naar voetnoot8 Curius Lancillottus; Johannes Murmellius. Ga naar voetnoot9
Zu der Spottschrift Senecas auf den Tod des Kaisers
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Claudius hat Beatus Rhenanus mit Bedacht und Geschmack Scholien verfaszt. Ga naar voetnoot1
Zu Lucanus: Omnibonus; Johannes Sulpitius; Philipp Beroald.
Zu Columella: Philipp Beroald.
Zu Papinius Statius: Der Grammatiker Lactantius, Ga naar voetnoot2 welcher von einigen Lutatius genannt wird; Domitius Calderinus; Franziscus Maturantius; Johannes Britannicus.
Zu Silius Italicus: Ga naar voetnoot3 Petrus Marsus; Domitius Calderinus hat die in Angriff genommenen Erklärungen wegen frühzeitigen Todes nicht vollenden können.
Zu Juvenal: Angelus Sabinus, welchen Calderinus ‘Fidentius’ nennt; Domitius Calderinus;
Ga naar voetnoot4 Georg Merula; Georg Valla; Ga naar voetnoot5 Johannes Britannicus; Ga naar voetnoot6 Antonius Mancinellus. Ga naar voetnoot7
Zu Martial: Nicolaus Perottus; Domitius Calderinus; Ga naar voetnoot8 Georg Merula; Ga naar voetnoot9 Hermann Busch.
Zur Naturgeschichte des Plinius: Hermolaus Barbarus; Ga naar voetnoot10 Marinus Becichemius aus Scodra; Ga naar voetnoot11 Henricus Johannes Bathanus; Rafael Regius.
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Zu Quintilian: Laurentius Valla; Georg Merula; Rafael Regius; Jodocus Badius.
Zu Plinius dem Jüngeren: Johannes Maria Ga naar voetnoot1 und Hadrian Barlandus. Ga naar voetnoot2
Zu Porphyrius: Ammonius; Boëthius; Pomponius Gauricus; Jakob Faber von Estaples.
Zu Apulejus hat Philipp Beroald sehr erfreuliche Erläutungen geschrieben.
Zu Claudian: Junius Parrhasius Ga naar voetnoot3 und einige andere. Ga naar voetnoot4
Zu Cyprians Dichtung: ‘Das Kreuz der Erlösung’: Johannes Murmellius. Ga naar voetnoot5
Zu Hieronymus hat, wie ich vernehme, Erasmus prächtige Scholien verfaszt, Ga naar voetnoot6 die aber noch nicht in meine Hände gekommen sind. Zu dem Briefe des Hieronymus an Nepotianus habe ich eine kleine Erklärungsschrift verfaszt. Ga naar voetnoot7
Zu dem Gedichte des Lactantius: ‘Salva festa dies’ Ga naar voetnoot8 hat Hermann Busch eine gelehrte Erläuterung geschrieben.
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Zu Ausonius: Franziscus Sylvius. Ga naar voetnoot1
Zu Martianus Capella: Ga naar voetnoot2 Johannes Pius Baptista aus Bologna. Ga naar voetnoot3
Zu Prudentius: Rudolf Agricola; Hermann Busch; Hadrian Barlandus, Johannes Murmellius. Ga naar voetnoot4
Zu Fulgentius Ga naar voetnoot5 und Sidonius Apollinaris: Ga naar voetnoot6 Johannes Baptista Pius aus Bologna. Denen indes, welche die lateinische Sprache in ihrer Reinheit und Feinheit zu erlernen sich bemühen, gebe ich den Rat, von dem Lesen dieser Schriften und ihrer Erklärungen wegen ihrer gezierten und ungelenkigen Darstellungsweise abzusehen.
Zu der ‘Tröstung der Philosophie’ von Severinus Boëthius habe ich Erklärungen geschrieben, welche zu Deventer in einer wenig sorgfältigen Ausgabe im Drucke erschienen sind: Dieselben sind indes zu Köln von den beiden hochgelehrten Männern Johannes Cäsarius Ga naar voetnoot7 und Ortuin Gratius Ga naar voetnoot8 - wie dies die Aufschrift des Buches und der am Schlusse angefügte Brief
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bezeugen, - mit groszer Sorgfalt in ihrer ursprünglichen Richtigkeit wieder hergestellt worden. Ga naar voetnoot1
Zu Cato Ga naar voetnoot2 oder Probus - wie dies die Ansicht des Galeoto Narniensis ist -: Platina, Antonius Mancinellus; Erasmus; Jodocus Badius.
Zu den ‘Bucolica’ des Franzesco Petrarca: Servatius Ädicollius aus Köln.
Zu den Elegieen des Marcus Antonius Sabellicus: Hermann Torrentinus aus Zwolle.
Zu dem ‘Rusticus’ des Angelus Politianus: Johannes Murmellius Ga naar voetnoot3 und Nicolaus Beraldus. Ga naar voetnoot4
Zu den ‘Einführungen in die Philosophie’ von Jakob Faber: Ga naar voetnoot5 Jodocus Clichtoväus, Ga naar voetnoot6 welcher auch zu Augustinus Dathus Ga naar voetnoot7 nicht zu verachtende Erklärungen geschrieben hat.
Zu Baptist von Mantua: Sebastian Murro; Ga naar voetnoot8 Sebastian Brant; Ga naar voetnoot9 Jodocus Badius. Mein Wunsch wäre, dasz dieser letztere weniger, aber solgfältiger geschrieben hätte.
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Johannes Franziscus Picus Ga naar voetnoot1 hat selbst zu seinen ‘heroici hymni’ sehr nutzbare Erläuterungen geschrieben, in welchen sich mannigfache und vielseitige Gelehrsamkeit bekundet. Zu dem Staurostichon desselben hat Jakob Spiegel eine Erklärung geschrieben.
Klüglicherweise lasse ich viele unerwähnt, welche Erklärungsschriften zum Gebrauch für Studierende verfaszt haben. Ich zweifle nicht daran, dasz bei einer solchen Fülle vortrefflicher Werke von Tag zu Tag noch mehr solcher Erklärungsschriften erscheinen werden. Einen jedoch darf ich nicht unerwähnt lassen; es ist dies Gerard Listrius aus Rheine, Ga naar voetnoot2 der in den drei Hauptsprachen wohl erfahren und zudem ein nicht gewöhnlicher Arzt ist. Dieser hat zu dem goldenen Büchlein des Erasmus: ‘Encomium Moriae’, Ga naar voetnoot3 welches freilich gewissen Theologisten nicht gefällt, köstliche Erklärungen geschrieben. O dasz dieser auch an anderer Stelle, wenn auch zum Unwillen der Vorkämpfer des Alexander, und zwar zunächst aus dem berühmten Gymnasium, welches er zu Zwolle leitet, jegliche Sprachbarbarei hinausweisen möge! Dies wird er um so eher thun müssen, als er zur Durchführung dieses Vorhabens sich mit Waffen mancherlei Art ausgerüstet sieht.
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Kap. 63. Es werden einige Verse des Virgil abweichend von der gewöhnlichen Deutung erklärt.
Folgende Verse des Virgilius Maro aus dem VI. Buche der Äneide: Ga naar voetnoot4
‘Ille ait: neque te Phoebi cortina fefellit
Dux Anchisiade nec me deus aequore mersit.’
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(‘Jener drauf: Nicht hat dich getäuscht das Orakel des Phöbus,
Held, von Anchises gezeugt, noch ein Gott in das Meer mich versenket.’)
werden von den meisten so erklärt: ‘O dux Anchisiade, cortina Phoebi neque fefellit te nec me; deus in somno mersit aequore’ (O Held, von Anchises gezeugt, das Orakel hat weder dich noch mich getäuscht; ein Gott hat mich im Schlafe ins Meer versenkt), wie es geschrieben steht am Ende des V. Buches. Ga naar voetnoot1 Doch diese Erklärung ist mehr scharfsinnig als wahr. Daher geht meine Ansicht dahin, dasz diese Verse in folgender Weise zu erklären sind: O dux Anchisiade, cortina Phoebi neque fefellit me nec deus d. h. irgend einer der Götter - mersit me aequore. Vorher nämlich sagt Äneas:
‘Was war's für ein Gott, Palinurus,
Der dich uns entrissen und mitten im Meere versenkt hat?
Sage doch an! denn er, der noch nie mich getäuschet, Apollo,
Hat allein durch diese Verkündung das Herz mir gebrochen,
Weil er verhiesz: Du sollest, vom Meer unverletzet, gelangen
Ga naar voetnoot2
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Hierauf antwortet Palinurus: ‘O Äneas, weder hat Apollos Orakel dich getäuscht, noch hat mir irgend einer der Götter das Leben entrissen dadurch, dasz er mich ins Meer stürtzte. Denn als ich vom Schiffe herabstürtzte, zog ich das Steuer mir nach ins Meer, und mich anklammernd an dasselbe bin ich unversehrt bis ans Gestade gelangt. Aber das wilde Volk der Lukaner stürtzte sich mit dem Schwert mir entgegen und litt es nicht, dasz ich am sicheren Orte verblieb.’ Ga naar voetnoot1
Einige verwundern sich darüber, dasz Virgil gesagt hat: Ga naar voetnoot2
‘Sedet aeternumque sedebit Infelix Theseus’
(‘Es sitzt und ewiglich fort sitzt Theseus kummerversenkt’),
während er doch vorher gesagt habe, dasz Theseus wieder zum Tageslicht zurüchgekehrt sei. Und es hat - wie es in der Mythologie heiszt - Theseus zu seinen Lebzeiten den Herkules in die Unterwelt begleitet, und durch seinen Beistand ist Herkules aus der Unterwelt entronnen. Ga naar voetnoot3 Als aber nach dem Tode seine Seele in die Unterwelt versetzt wurde, kehrte sie nimmer zu den Lebenden zurück, sondern sitzt daselbst wegen der ungerechten Tötung seines Sohnes und wird ewig dort sitzen, den unbilligen Tod des Hippolyt kummervoll beweinend.
Mit Recht sagt also Virgil vorher, dasz er (Thesus) lebend aus der Unterwelt zurückgekommen sei. An diese Thatsache lehnt Virgil seine Behauptung an und nachher zählt er ihn auf unter denjenigen, die gestorben sind. Diese beiden
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Behauptungen widersprechen sich also nicht. - Folgende Verse desselben Dichters aber aus demselben Buche:
‘Der wirft Argos dahin und Mycene, das Reich Agamemnons,
Selbst auch Ääcus' Enkel, Achills, des gewaltigen, Abstamm,
Trojas Ahnen zur Sühn' und entweiheten Tempeln Minervas’ Ga naar voetnoot1
sind nicht von Curius ze verstehen, welcher gegen Pyrrhus das Heer anführte, sondern von Ämilius Paulus, welcher den König Perseus von Macedonien besiegte und im Triumphe aufführte; mit der Gefangennahme desselben und seiner Enthronung wurde dem Reiche des Aäciden das Ende bereitet. Ga naar voetnoot2 Von ihm singt auch Properz:
‘Du, der Perseus, den Äffer des anmutigen Ahnen Achilles -
Mein Ahn'! - ihn und des Achills Haus der Vernichtung geweiht.’ Ga naar voetnoot3
Mit der Besiegung des Perseus und mit der Auflösung des Aäcidenreiches dürfte das römische Volk sich dem Glauben hingeben, Rache genommen zu haben für die Zerstörung Trojas. Freilich hat Ämilius Paulus weder Argos noch Mycene zerstört, doch er stammt von Äneas, dem Sohne des Anchises, ab, deren Nachkommen Argos zerstören sollten, die Vaterstadt des Agamemnon, welcher der Anführer der Griechen war im Kampfe gegen Troja.
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Kap. 64. Erklärung einer Stelle aus den Episteln des Horaz.
Bei Horaz finden sich im ersten Buche der Episteln diese Verse:
‘Thust du Verzicht auf die Glieder des nie überwundenen Glykon,
Hieltest den Körper du doch nicht frei von verknöchernder Handgicht.’ Ga naar voetnoot1
In der Erklärung hierzu erwähnt Akron, Ga naar voetnoot2 dasz Glykon ein ungemein starker Ringkämpfer gewesen. Über denselben werden indes weder von Akron noch von andern weitere Nachrichten aufgebracht. Wir lesen nun aber im fünften Buche des Laërtius, Ga naar voetnoot3 dasz Lykon, Ga naar voetnoot4 der Sohn des Astyanax aus Troja, ein ausgezeichneter Philosoph gewesen. Da die Sprechweise desselben eine sehr liebliche war, so wurde er von einigen ‘Glykon’, was soviel wie ‘der Liebliche’ bedeutet, genannt. Ga naar voetnoot5 Derselbe besasz gewaltige Körperkraft, welche er wacker übte; er gab sich dabei ganz und gar den Anschein eines Ringkämpfers. So soll er in seiner Vaterstadt nach hergebrachter Weise als Ringkämpfer aufgetreten sein und seine Kraft im Ballspiel bekundet haben. Er starb im Alter von 74 Jahren an der Fuszgicht. Auf diesen nun weist Horaz hin. Wenn du auch, sagt er, durch körperliche Übung dir nicht eine solche Körperkraft zu erwerben imstande bist, wie sie Glykon erlangt hat, wiewohl er vorher schwächlichen und zierlichen Körpers war - wie dies Antigonus Caryster bestätigt - so unterlasse es doch nicht, Heilmittel gegen die Handgicht und Fuszgicht, jene zwei sehr
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lästigen Krankheiten, in Anwendung zu bringen. Es ermahnt damit aber Horaz in feiner und sinniger Weise zum Studium der Weisheit. Er weist auf das Beispiel des Glykon hin, welcher ein Ringkämpfer war und zugleich ein weithin berühmter Philosoph, welcher aber, trotzdem er über sehr grosze körperliche Kraft verfügte, gleichwohl in seinem Alter an Hand- und Fuszgicht litt. Im Hinweis auf dieses Beispiel liegt für uns die Mahnung verborgen, dasz niemand auf die Kräfte des Körpers sein Vertrauen setzen soll, dasz wir uns mehr um die Kräfte der Seele als um die Stärke des Körpers bemühen sollen. Ga naar voetnoot1
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Kap. 65. Über die Bedeutung von ‘en unquam’.
Allgemein bekannt sind die Verse aus den Idyllen Virgils:
‘En unquam patrios longo post tempore fines
Pauperis et tuguri congestum cespite culmen
Post aliquot mea regna videns mirabor aristas?’
(‘Werd' ich der Heimat Flur jemals nach Jahren erblicken
Und, aus Rasen geschichtet, den Giebel der ärmlichen Hütte?
Hierbei erwägen die meisten mit allzuwenig Umsicht die Worte des Servius Ga naar voetnoot3 und nehmen ‘en’ für ‘ecce’, während es doch in einem ganz anderen Sinne aufzufassen ist. ‘En’ bezeichnet nicht lediglich ‘ecce’, z. B. weiter unten: Ga naar voetnoot4
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Perduxit miseros? en quos consevimus agros?’
(‘Wohin doch führte die Zwietracht
Uns unglückliche Bürger? Für wen, ach! sä'ten wir Feld an?’)
‘En’ wird nämlich in der gewählten Sprechweise statt ‘num’ oder statt ‘ne’ gesetzt und ist eine Fragepartikel. Servius erklärt ‘en’ durch ‘ecce’ und ‘unquam’ durch ‘aliquando’. ‘En unquam’ wendet Virgil an einer andern Stelle getrennt durch ein eingeschobenes Wort an: ‘En erit unquam dies?’ (‘Wird je kommen der Tag?’.) Ga naar voetnoot1 Dies besagt soviel als ‘unquam ne?’ ‘aliquando ne?’ Nach dem Zeugnis von Priscian setzt Festus Ga naar voetnoot2 ‘en unquam’ statt ‘ecquando?’ ‘Ecquis’ ist zusammengesetzt aus ec und quis und bedeutet dasselbe als numquis d. i. num aliquis. Es scheint Servius ‘enunquam’ als zusammengesetzte Form, d. h. als eine stilistische Figur aufzufassen. Auch Terentius gebraucht diesen Ausdruck, z. B. im Phormio: Ga naar voetnoot3
‘Und sag mir doch, hast du wohl je (en unquam) gehört,
Dasz man injuriarum Ga naar voetnoot4 mich belangt?’
und in derselben Dichtung: Ga naar voetnoot5
‘Sagt, habt ihr je (en unquam) gehört, dasz man so schändlich’
Mit jemand umgegangen, wie mit mir?’
Und bei Livius heiszt es im X. Buche: Ga naar voetnoot6 ‘En unquam fando audistis patritios primo esse factos non de caelo demissos?’ - ‘Habt ihr wohl je sagen hören, dasz zuerst zu Patriciern gemacht worden seien, nicht etwa Leute, die vom Himmel gefallen . . . . ?’
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Kap. 66. Gegen diejenigen Verächter der humanistischen Studien, die da mit Unrecht die Kunst des Aristoteles ihr eigen nennen.
Mit Verachtung und Spott soll man vielen entgegentreten, welche sich aus dem Grunde für Aristoteliker halten, weil sie die Humanitätsstudien und die Beredsamkeit hassen; sie lassen sich durch Bücher täuschen, welche gemeiniglich in manchen Schulen zur Behandlung kommen. Über diese Bücher hat der in der griechischen Sprache hochgelehrte Guarino von Verona Ga naar voetnoot1 in seiner Lebensbeschreibung des Aristoteles sich dahin geäuszert: ‘Es sind dies keine Bücher des Aristoteles, noch würde er, wofern er noch lebte, sie als die seinigen bezeichnet wissen wollen. Es sind dieselben voll von Abgeschmacktheiten. Jener aber wollte der geschmackvollste Schriftsteller sein, und er bemühte sich auch, das zu sein, was er sein wollte, und er erreichte auch das, um was er sich bemühte.’ Und kurz darauf fügt Guarino hinzu: ‘Jene mögen doch aufhören, nach ihrem eignen Unvermögen in der Redekunst die Beredsamkeit des Aristoteles zu bemessen. Wer nämlich von denen, die in unserer Zeit für Philosophen gehalten werden wollen, beherrscht auch nur die Anfänge der gelehrten Bildung? Von den Sprachlehrern wurden sie frühzeitig weggenommen, als sie noch wenig gelernt und den Kopf voll von knabhaften Unklarheiten hatten. Dann beeilten sie sich solches zu hören, was sie weder dem Wortlaut noch dem Sinne nach verstehen; von den Dingen selbst haben sie kaum einen Schatten von Verständnis.’ Dies und anderes findet sich bei Guarino.
Trapezuntius Ga naar voetnoot2 aber hat in seiner Rhetorik diese mit seinem Verständnis niedergeschriebenen Worte uns zurückgelassen, deren
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Anführung gestattet sein dürfte: ‘Alles Wissen und alle Gelehrsamkeit ist ohne den Glanz der Beredsamkeit gewissermaszen etwas Unansehnliches und Sprödes; es entbehrt jeglicher Würde und wird nicht durch die Wucht einer Persönlichkeit gehoben; es gelangt nicht zur Darstellung und entbehrt des Schmuckes derselben; es wird nicht ans Tageslicht gebracht, sondern liegt verborgen in der Dunkelheit. Diese Erkenntnis blieb der Schule des Sokrates in all ihren Vertretern nicht unbemerkt; sie blieb weder der stoischen Schule noch der akademischen verborgen. Ga naar voetnoot1 Und es würde nicht leicht sein, unter unsern Vorfahren - seien es Römer oder Griechen - einen ausfindig zu machen, welcher in der Handhabung geschmackvoller Rede unerfahren gewesen. Unerwähnt will ich lassen Karneades, Aristipp, Theophrast, Diogenes, Ga naar voetnoot2 nach dessen Ansicht beredte Menschen ebenso hoch über andern stehen als Menschen ohne jegliche Bildung über dem Tiere. Unerwähnt sollen die unzähligen andern bleiben, selbst Plato, die Quelle der Beredsamkeit, und die übrigen, welche mit Umsicht und Bedacht seinen Spuren folgten. Auf Aristoteles, diesen in Wahrheit groszen Lehrer der Philosophie, den jene ihren Meister genannt wissen wollen, dem sie unter Aufbietung all ihrer Kräfte nacheifern, den sie schätzen, bewundern, lieben: auf Aristoteles, sage ich, wollen wir unser Augenmerk richten. Ist es nun wahr, dasz Aristoteles, den man das Haupt und das Auge der Philosophie nennt, die Vorschriften der Beredsamkeit verächtlich beiseite schiebt? Niemand hat nach meinem Urteil mit gröszerer Fülle des Ausdrucks und mit ungetrübterer Klarheit des Gedankens, niemand hat mit gefälliger abgemessenem Wohlklang Ga naar voetnoot3 und mit Worten wuchtigeren Inhaltes gesprochen. Wenn jemand sich vorstellte, dasz Gott in menschlicher Weise spräche, so möchte ich behaupten, dasz Gott keine bessere und schönere Form der
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Sprache wählen würde. Aristoteles war von dem Wunsche beseelt, nicht dasz er allein, sondern dasz auch wir der Gewalt der Rede teilhaftig würden. Daher hat er uns an köstlichen Denkmälern dieser Kunst mehr zurückgelassen als diejenigen, welche sich ‘Redner’ nannten. Ga naar voetnoot1
Daher könnte man ihm eher die Philosophie absprechen, als dasz man ihm nicht Beredsamkeit einräumte. Es wird nämlich erzählt, dasz er im Lyceum Ga naar voetnoot2 vor dem Frühmahl beim Umherwandeln die Geheimnisse der Natur, welche er ‘acroamatica’ Ga naar voetnoot3 nannte, erklärt habe. Nach dem Frühmahl habe er dann, bei Gott, einen gröszeren Teil des Tages hindurch Lehrvorträge über die Redekunst und ihre Gesetze gehalten. Ga naar voetnoot4 Sein Urteil ging nämlich dahin, dasz ein Philosoph, der nicht beredt sei, sich wenig oder gar nicht von einem Menschen unterscheide, der sich für reich ausgiebt, aber selbst an all demjenigen, das unserer Natur notwendig ist, in nicht geringem Masze Mangel leidet. Und dies mit Recht. Denn wer sich als reich aufspielt, aber weder Grund und Boden in ansehnlicher Ausdehnung, noch prächtige Häuser im Besitz hat, wer zudem seine Zehen durch die Stiefel lugen sieht und seinen Leib in schmutziges, durchlöchertes Gewand hüllt: der ist nicht nur arm, der wird vielmehr als hilfsbedürftig und notleidend verhöhnt. Die da nun vorgeben, sie hätten Einsicht in den Lauf der Welt, in den Urgrund der Dinge, in das Wesen der Himmelskörper nach ihrem Ursprunge und ihrer Bestimmung, die sollen, wofern sie nicht imstande sind, ihr Wissen auch durch die Fülle der Rede gleichsam mit Gold und Edelgestein zu schmücken, aller Wissenschaft bar erscheinen.’ Soweit Trapezuntius.
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Kap. 67. Was bezeichnet ‘alabandicus’ oder ‘alabandiacus’?
Der Mathematiker Licinius sagte, dasz die Alabandeer, Ga naar voetnoot1 welche eine in Ionien gelegene Stadt bewohnen, für genugsam gewitzigt in allen bürgerlichen Angelegenheiten gehalten werden; aber wegen der ihnen eigenen nicht geringfügigen Verstösze gegen die Schicklichkeit seien dieselben für Thoren gehalten worden. So waren die im Gymnasium Ga naar voetnoot2 daselbst aufgestellten Bildsäulen alle so dargestellt, als ob sie eine Ansprache halten wollten; die auf dem Forum Ga naar voetnoot3 stehenden waren entweder mit dem Diskus Ga naar voetnoot4 in der Hand, oder im Wettlauf, oder beim Ballspiel dargestellt. So war die Darstellung der Bildsäulen der besonderen Bestimmung des Ortes nicht angemessen. Dieser Umstand schädigte den Ruf der Bürgerschaft in ihrer Gesamtheit. So kam es, dasz die Griechen das Wort ‘alabandiacus’ oder ‘alabandicus’ zur Bezeichnung von ‘ungebildet’ und ‘albern’ gebrauchten, wie dies Hermolaus in den Erklärungen zu Plinius bezeugt. Ga naar voetnoot5
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Kap. 68 Erklärung des altertümlichen Ausdruckes ‘insubidus’.
Ein sehr alter Ausdruck ist ‘insubidus’, dessen Deutung ich bis heute noch bei keinem der Grammatiker gefunden habe. So viel ich nun durch Vermutung erreichen konnte, bezeichnet er dasselbe wie ‘indecorus’ (unziemlich), invenustus (unschön),
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inelegans (geschmacklos), insipiens (unverständig), stolidus (albern), brutus (unvernünftig). Bei Lampridius Ga naar voetnoot1 heiszt es im Leben des Commodus Antoninus: ‘Sein Körper war wohl gebildet; sein Blick einfältig blöde (vultu insubido), wie dies bei Trunksüchtigen der Fall ist; seine Sprechweise kunstlos.’ Symmachus Ga naar voetnoot2 schreibt in seinen Briefen: ‘Ich fühle mich zu groszem Danke verpflichtet, da ich die Wahrnehmung mache, dasz mein Brief dir nicht albern erschienen ist (litteras meas tibi insubidas non videri).’ Dieses Wort hat auch Angelus Politianus Ga naar voetnoot3 in seinen Schriften vermischten Inhalts angewandt; es heiszt daselbst: ‘Allzu abgeschmackt würde ein Dichter sein (nimis enim foret insubidus poeta).’ Von diesem Worte ist das Adverbium ‘insubide’ abgeleitet. So heiszt es in den Saturnalien (VII) des Macrobius: Ga naar voetnoot4 ‘Nicht unverständig (non insubide introspexit) ist die Ansicht des Epikur über das Wesen der Wahrnehmung.’ ‘Non insubide’ heiszt also ‘non insipienter’ ‘nicht unverständig’. Es scheint dieses Wort abgeleitet zu sein von dem Nomen ‘sus’ - Schwein -, so dasz insubidus sowiel heiszt als ‘in suibus’ - bei (unter) den Schweinen. - Für Bezeichnung der Geringschätzung und Verachtung kam dann ‘insubidus’ in Gebrauch. Ga naar voetnoot5
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Kap. 69. Was heiszt ‘pedestris oratio’?
‘Pedestris’, sagt man, wird eine ‘numeröse’ Ga naar voetnoot1 Sprache genannt, welche die Vorschriften der Silbenzählung und der Silbenmessung berücksichtigt und welche zu diesem Zwecke des Fuszes (pes), d. h. des Versfuszes, bedarf. Allein ‘oratio pedestris’ wird von jedem wirklich Gebildeten nie im Sinne von ‘numerosa’, sondern im Sinne von ‘soluta’ verstanden. Ga naar voetnoot2 Auch wird ‘pedestris’ nicht von ‘Versfüszen’ - pedes metrici - hergeleitet, sondern im übertragenen Sinne von ‘Fuszgänger’ - pedites -, welche im Vergleich zu den Reitern und zu denjenigen, welche im Wagen fahren, niedrig und gering erscheinen. Strabo sagt im ersten Buche: ‘Auch selbst der Umstand, dasz man die Rede ohne Versmasz die zu Fusze gehende nennt, bezeichnet die gleichsam von einer Höhe und von einem Wagen auf den Fuszboden herabgestiegene Rede.’ Ga naar voetnoot3 Daher gebraucht Horaz im zweiten Buche der Satiren zur näheren Kennzeichnung der Muse das Wort ‘pedestris’, nicht aus dem Grunde, weil die Muse sich der Füsze zum Stehen bedient, wie dies Akron vermutet - denn dies wäre ein überflüssiges Beiwort, sondern es bezeichnet ‘pedestris’ hier den Stil, der jeglichen Aufschwungs entbehrt, der von der ungebundenen und tagtäglichen Redeweise wenig abweicht, wie dies den Satiren eigen ist: Ga naar voetnoot4 deshalb nennt er sie auch teils ‘sermones’ - Gespräche - teils ‘epistolae’ - Episteln. Ga naar voetnoot5 An
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einer anderen Stelle hebt er dies deutlich hervor; er sagt daselbst: Ga naar voetnoot1
‘Ich selbst nicht würde Gesprächston,
Der auf der Erd' hinkreucht, vor Heldengesang mir erwählen,
Würde der Länder Gestalt und Ströme besingen und Burgen,
Auf Bergrücken getürmt, und feindliche Reich' und mit deiner
Obhut rings auf der Erd' Umkreis vollendete Kriege,
Und das Vorschlosz, das Janus, den Wächter des Krieges, gebannt hält,
Oder, da du obwaltest, die Parthern furchtbare Roma:
Könnt' ich dem eigenen Wunsche Entsprechendes leisten.’ -
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Kap. 70 Über die Betonung verkürzter Wörter.
Bei der Betonung der Wörter machen die meisten gewöhnlich Fehler, vornehmlich bei denjenigen Wörtern, bei deren Aussprache entweder die Synkope Ga naar voetnoot2 oder die Apokope Ga naar voetnoot3 in Anwendung gebracht wird. So sprechen sie ‘audiit’ mit dem Ton auf der ersten Silbe aus, während gemäsz Vorschrift berühmter Grammatiker die mittlere Silbe lang ausgesprochen werden soll. ‘Arpinas’ Ga naar voetnoot4 sprechen sie mit dem Ton auf der mittleren Silbe aus, während die letzte Silbe lang ausgesprochen werden soll. Servius Ga naar voetnoot5 schreibt in seinen Erklärungen zum X. Buche der Äneide in Bezug hierauf: Es steht fest, dasz die Wörter bei einer Verkürzung den Ton auf derselben Silbe behalten, auf welcher sie ihn in unverkürztem Zustande tragen. Priscian Ga naar voetnoot6 sagt im VII. Buche seiner Grammatik:
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Wenn bei Kürzungen der Vokal, auf welchem der Ton ruht, unversehrt bleibt, so behält er auch den Ton unversehrt, wie audīvit, und audīt, illīcce und illīc, tantóne und tantón.
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Kap. 71. Erklärung des Wortes ‘popa’.
Calepinus und andere haben berichtet, dasz ‘popa’ gleichbedeutend sei mit ‘pinguedo’. Ga naar voetnoot1 Dies ist unzweifelhaft eine irrige Ansicht. Nach dem Zeugnis des Hermolaus Barbarus Ga naar voetnoot2 nämlich heiszen die Opferdiener: ‘popae’ d. h. die Opferer (Schlächter) der Opfertiere. Helius Spartanus Ga naar voetnoot3 sagt in der Lebensbeschreibung des Geta: Ga naar voetnoot4 ‘Es gab ein Opferdiener mit Namen Antonius dem Opfertiere den tödlichen Schlag.’ Servius Ga naar voetnoot5 sagt in seinen Erklärungen zum XII. Buche der Äneide: ‘Limus (Schurz) aber heiszt das Gewand, welches die Opferdiener vom Nabel bis zu den Füszen bedeckt.’ Und Sueton erzählt: ‘Einmal stand das Opfertier bereits am Altar, als Caligula, wie ein “Opferdiener” geschürzt, die Axt hochaufschwang und den Opferschlächter (cultrarius) erschlug’ Ga naar voetnoot6 - wiewohl gewöhnlich in den Suetonhandschriften ‘pomparum’ statt ‘poparum’ gelesen wird. Bei Propertius heiszt es im 4. Buche: Ga naar voetnoot7
‘Succinctique calent ad nova sacra popae’
oder wie es in einigen Ausgaben heiszt: ‘ad nova lucra
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popae’.
- Hüte dich, an dieser Stelle ‘succincte’ zu lesen, wie gewöhnlich gelesen wird. - So sagt auch Persius Ga naar voetnoot1 ‘ventrem popam’ nicht statt ‘pinguis’ (fett) oder ‘obesus’ (aufgedunsen), wie einige annehmen, sondern für ‘heluo’ (Prasser), vorator (Schlinger), ‘phago’ (Fresser).
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Kap. 72 Berichtigung einer Stelle aus dem ersten Buche der Schrift Ciceros ‘Von den Pflichten’.
Es nimmt mich wunder, dasz diese Stelle von den Erklärern, und selbst von sonst wohl unterrichteten Männern nicht richtig gestellt worden ist. Gewöhnlich wird nämlich diese Stelle Ciceros im ersten Buche der Offizien falsch gelesen in dieser Weise: ‘omnis autem animadversio et castigatio contumelia vacare debet neque ad ejus, qui puniet aliquem aut verbis castigat, sed ad utilitatem rei publicae referri’. Ga naar voetnoot2 Es darf nämlich nicht ‘puniet’ sondern es musz ‘punitur’ gelesen werden. So lehren berufene Grammatiker. Marcellus Ga naar voetnoot3 sagt: ‘punitur’ wird sonst auch statt ‘punit’ gesetzt. Als Beispiel führte er dann die Stelle aus Cicero de officiis an: ‘neque ad ejus qui punitur aliquem aut verbis castigat sed ad rei publicae utilitatem referri.’ - Servius Ga naar voetnoot4 hat in seinen Erklärungen zu dem XI. Buche der Äneide bei dem Verse:
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‘Et pictis bellantur Amazones armis’
folgende Bemerkung: ‘bellantur’ steht statt ‘bellant’. Denn man pflegt die Zeitwörter im Wechsel und in Vertretung mit einander zu gebrauchen; daher ist denn hier die Passivform in der Bedeutung der Aktivform gesetzt worden. Ähnlich heiszt in den ‘Georgica’: Ga naar voetnoot1
‘Et placidam paci nutritor olivam’.
Denn hier hat der Dichter das Futurum des Passivums statt des Präsens des Aktivums gesetzt; er setzt nämlich ‘nutritor’ statt ‘nutri’. So heiszt es auch bei Cicero in den Offizien: ‘neque ad ejus, qui punitur aliquem aut verbis castigat sed ad rei publicae utilitatem referri’; hier steht ‘punitur’ für ‘punit’. - Quintilian Ga naar voetnoot2 bezeugt es im X. Buche, dasz sich bei den Zeitwörtern neue Wortformen bilden, so: ‘fabricatus est gladium’ (er hat ein Schwert geschmiedet) und ‘inimicos punitus est’ Ga naar voetnoot3 (er hat Rache genommen an den Feinden). Auch Gellius Ga naar voetnoot4 hebt im VIII. Buche hervor, dasz man in fast allen Schriften der Alten Zeitwörter in Passivform statt derselben Zeitwörter in Aktivform gebraucht finden könne. Wenn wir dem Marcellus Ga naar voetnoot5 Glauben schenken, so hat bei Cicero auch im ersten Buche der Tuskulanen ‘puniuntur’ statt ‘puniunt’ gestanden, und zwar in folgendem Zusammenhange: ‘Tenendum est igitur nihil curandum esse post mortem, quum multi inimicos etiam mortuos poeniuntur.’ Ga naar voetnoot6 Gleichwohl findet sich in den Ausgaben: ‘puniant’. Ich wundere mich, dasz Beroald Ga naar voetnoot7 dies nicht richtig gestellt hat.
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Kap. 73. Was bedeutet ‘labarum’? - Berichtigung einer Stelle des hl. Hieronymus.
Es liegen unter den Werken des Prudentius zwei Bücher gegen Symmachus vor, reich an trefflichem Inhalt. Ga naar voetnoot1 In dem ersten derselben finden sich diese Verse:
‘Göttlicher Namen des Heilands, du zierst im Gefunkel von Gold und
Edelgestein das Labarums purpurne Fahne; den Heerschild
Schmückt nun der Name des Herrn und es funkelt das Kreuz von der Helmzier.’
Was in diesen Versen ‘labarum’ bedeutet, sieht nicht jeder Einfältige ein, wie man zu sagen pflegt. Es überliefert nun Sozomenus Ga naar voetnoot2 in der Geschichte, dasz Kaiser Konstantin
Ga naar voetnoot3 während des Krieges mit Maxentius Ga naar voetnoot4 im Traume das Zeichen des Kreuzes am Himmel in strahlendem Glanze gesehen habe; Engel hätten, diese Erscheinung bewundernd, dabeigestanden und gesprochen: ‘Konstantin, in diesem wirst du singen.’ Er berichtet weiter, dasz Christus selbst ihm (dem Konstantin) erschienen sei und ihm das Zeichen des Kreuzes gezeigt habe mit dem Befehle, ein ähnliches Zeichen herstellen zu lassen und
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dasselbe zum Schutze in der Schlacht bei sich zu führen, um durch dasselbe sich den Sieg zuzuwenden. Darauf habe Konstantin auf den Rat der christlichen Priester von geschickten Männern aus Gold und Edelgestein auf einem ‘Vexillum’ Ga naar voetnoot1 das Zeichen des Kreuzes anbringen lassen und habe dieses Feldzeichen ‘labarum’ Ga naar voetnoot2 genannt. Dieses kriegerische Zeichen war vor den anderen besonders dadurch ausgezeichnet, dasz es dem Kaiser vorangetragen wurde, desgleichen dadurch, dasz es bei den Kaisern Brauch wurde, demselben Ehrerbietung zu erweisen. Es soll dann Konstantin das ansehnlichste Feldzeichen des römischen Reiches vornehmlich aus dem Grunde in das Kreuz umgewandelt haben, dasz die Unterthanen sich durch den häufigen Anblick desselben der alten Sitte entwöhnen und an denjenigen als einzigen Gott glauben sollten, dem der Kaiser Verehrung zollte, oder unter dessen Führung und Hilfe er gegen die Feinde stritt. Dieses Zeichen wurde immer den Reihen vorangetragen, da er den Befehl gegeben hatte, dasz dasselbe in den Schlachten an der Stelle des Schlachtfeldes verweilen sollte, wo der Kampf am heiszesten entbrannt war. Er traf daher die Einrichtung, dasz bestimmte Fahnenträger diese Fahne abwechselnd trugen und mit demselben die Reihen
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der Kämpfer durchschritten. Es wird berichtet, dasz einstmals einer der Träger dieses Feldzeichens beim Ansturm der Feinde von Furcht ergriffen worden sei und das Feldzeichen einem andern zum Tragen gegeben hätte. Als er aber vom Kampfplatze und aus dem Bereich der Wurfgeschosse sich fortschlich, wurde er plötzlich tödlich getroffen. Jener aber, welcher das heilige Feldzeichen in die Hand genommen hatte, blieb unverletzt inmitten der Geschosse, die auf ihn geschleudert wurden. In wunderbarer Weise nämlich hatte es die Macht des Herrn gefügt, dasz die Pfeile der Feinde alle an dem Feldzeichen haften blieben, dasz sie indes von dem Fahnträger selbst inmitten der Gefahr fern blieben. Man sagt, dasz auch kein anderer von den Trägern dieses Zeichens im Kriege an einer Wunde verstorben sei oder das Los der Gefangenschaft erlitten habe.
Aus all diesem geht nach meinem Dafürhalten deutlich hervor, was ‘labarum’ bedeutet. Wie aber Menschen, welche wissenschaftlich in unzuriechendem Masze geschult sind, nur zu vieles andere unrichtig zu lesen pflegen, so weisen bei dem Sermon des hl. Hieronymus ‘Über den Geburtstag des Herrn’ die Handschriften das Wort ‘lavarum’ auf. Die nach Wahrheit Strebenden sind daher zu ermahnen, dieses untergeschobene und in den Zusammenhang nicht passende Wort zu streichen und an seine Stelle ‘labarum’ zu setzen. - Mit Freude aber wollen wir dieses Zeichen auf unsere Schultern nehmen. Die Fahne des Sieges wollen wir erheben, das unterbliche ‘labarum’ wollen wir auf der Stirn tragen. Wenn der Teufel dieses Zeichen auf unserer Stirn erblickt, erzittert er. - Die Bemerkungen unseres Erasmus hierüber habe ich noch nicht vor Augen gehabt. Seine Ausgabe der Werke des Hieronymus ist noch nicht in meine Hand gekommen. Ga naar voetnoot1
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Kap. 74. Gegen diejenigen, welche mit allerlei unnützem Zeug ihre Erklärungen vollstopfen, auf dasz dieselben umfangreicher werden.
Quintilian sagt im ersten Buche seiner Unterweisung: ‘Dem nachzugehen, was irgend ein unbedeutender Mensch gesagt hat, zeugt entweder von übergroszer Ängstlichkeit oder von leerer Prahlerei, es überladet den Geist und hält ihn ab, sich mit Besserem zu beschäftigen; denn wer alles Niedergeschriebene prüft und sogar das, was nicht wert ist gelesen zu werden, kann seine Mühe auch den Schwätzereien zuwenden, an welchen die alten Weiber Gefallen finden.’ Bei Raphael Regius lesen wir: ‘Hieraus erhellt einerseits, wie das Gebaren der Grammatiker verurteilt werden musz, welche immer neue oder auch schon abgethane Geschichten durchstöbern und, auf dasz es nicht den Anschein gewinne, als erstrecke sich ihr Wissen nicht über hinreichend viele Gebiete, solcherlei in ihre Erklärungen aufnehmen, was, wie jedermann weisz, für die Klarlegung der Gedanken bei den Schriftstellern, die sie erklären, keine Geltung hat, oder mit dem Hauptgedanken, den sie entwickeln, nicht in Bezug steht. Anderseits sind auch die Gesetzeskrämer und Philosophaster zu tadeln, welche etwas Groszes zu leisten vermeinen, wenn sie bei ihren Vorlesungen die albernen Ansichten jedes beliebigen faden und unklaren Kopfes ihren Zuhörern einprägen. Durch solcherlei Tändeleien wird thatsächlich erreicht, dasz solches, was anderwärts wissenswert und wissensleicht erscheint, in ihrem Munde über und über abgeschmackt und ungemein schwierig erscheint.’
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Kap. 75 Budäus in den Anmerkungen zu den Pandekten.
Es giebt Leute, welche die Lehrmeinungen des Baldus, des Bartolus Ga naar voetnoot1 und anderer bis in ihre kleinsten Teile zergliedern,
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gleichsam als hätten sie Lehrsätze der Philosophie vor sich. Um ein erstaunliches Aufsehen zu erregen, führen sie dabei Namen von Gewährsmännern an, welche nicht einmal solchen, welche die Namenkunde zu ihrem Berufsgeschäfte gemacht haben, bekannt sind. Es gilt ihnen nämlich als ein Hauptverdienst, unter diesen Gewährsmännern gerade solche anzuführen, die wenig von sich reden gemacht haben und die allen selbst dem Namen nach unbekannt sind. Die Erwähnung der alten Gewährsmänner dünkt ihnen gewöhnlich und verbraucht, wiewohl gerade diese alten die besten unter den Gewährsmännern sind und auch allen zur Hand stehen und unter ihren Händen gleichsam abgegriffen worden sind. Unter solchen Verhältnissen haben für jeden gerade seine eignen Worte einen wunderbaren Klang; die Worte aller andern erscheinen ihm misztönig. In diesem einen Punkte nämlich stimmen sie alle vornehmlich überein.
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Kap. 76. Die Gesetzeskundigen unserer Tage bedienen sich der ‘gotischen’ Sprache; die alten Rechtsgelehrten handhabten die feinste und schmuckvollste Sprechweise.
Laurentius Valla sagt im Eingange des dritten Buches der ‘Eleganz’: Ga naar voetnoot1 Wohin ist es mit der römischen Litteratur gekommen! Die Alten nahmen griechische Ausdrücke in ihre Sprache auf, diese ‘gotische.’ Ich sage dies nicht, um die Rechtsbeflissenen zu verkleinern. Im Gegenteil, ich möchte sie davon überzeugen, dasz sie ohne Humanitätsstudien die Befähigung, die sie anstreben, nicht erreichen; ich möchte sie dahin ermahnen, dasz sie lieber den Rechtsgelehrten als den Gesetzeskrämern ähnlich werden wollen. Denn um mit Virgil zu sprechen:
‘Allzu beglückt fürwahr, wenn nur sein Wohl es erkennte, Wäre das ländliche Volk!’ Ga naar voetnoot2
So möchte ich auch die Rechtsbeflissenen ‘beglückt’ heiszen, wofern sie ihre Güter erkannt haben. - Welcher Unterrichts-
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gegenstand - angenommen dasz derselbe in öffentlicher Vorlesung behandelt wird, - ist so ansehnlich und - um mich dieses Ausdruckes zu bedienen - so goldig als das bürgerliche Recht?
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Kap. 77. Gegen den Stolz der Gesetzeskrämer. (Eine Stelle aus den Anmerkungen des Budäus zu den Pandekten.) Ga naar voetnoot1
Unerträglich in Wahrheit ist der Stolz jener, die von dem Rechtsstudium mit Karren voll Bücher zurückkehren, gleichsam als wären sie mit den Schätzen Ägyptens vollgepfropft. Die andern, welche sich mit sprachwissenschaftlichen Studien beschäftigen, verachten sie, gleich als wären dieselben mittellos und ohnmächtig, gleich als sammelten dieselben aus einem groszen Haufen Streu wenige Fruchtkörner oder auch gar keine. Wenn sie doch einmal bedenken wollten, dasz ihr eigener Reichtum nichts anders als Töpferware ist, die durch einen einzigen Erlasz des Landesherrn in Scherben geht, - was, wie wir hoffen, bald eintreten wird zur ungemein groszen Beglückung des ganzen Menschengeschlechtes - so würden sie ohne Zweifel auf diese hochfliegenden Gedanken, wie der Kastengeist sie eingiebt, verzichten.
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Kap. 78. Franziscus Philelphus im zweiten Hekatostichon der zweiten Dekade seiner Satiren. Ga naar voetnoot2
‘Rechtsgelehrte, so nennst du vielleicht mit Recht jene Männer,
Welche wohl kundig des Rechtes zu heiszen verdienen, jedoch auch
Jungendrescher, so mein' ich; den Handel mit nutzlosem Worttand
Lernten allein sie, doch treffliches Wissen ist fremd ihnen gänzlich.’
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Kap. 79. Georg Valla im achten Buch der Politik. Ga naar voetnoot1
Ulpian sagt: ‘Die Vorschriften des Rechtes sind diese: in Ehren leben, den Nächsten nicht schädigen, jedem sein Recht zukommen lassen. Die Rechtswissenschaft ist die Kenntnis der göttlichen und menschlichen Dinge, das Wissen um Recht und Unrecht.’ Nach Ulpians Ga naar voetnoot2 Ansicht kann derjenige nicht rechtskundig genannt werden, welcher nicht einen Inbegriff aller Erkenntnis und nicht alle Wissenschaften und Künste, die im Gymnasium gelehrt werden, sich zu eigen gemacht hat. Mein Urteil geht nun dahin - und die Richtigkeit desselben erhellt leicht, wofern wir nicht Trägheit und Schwierigkeit behufs unserer Verteidigung zum Vorwand nehmen wollen -, dasz alle diese Unterrichtsgegenstände von demjenigen, welcher einen derselben vollkommen zu beherrschen trachtet, in Angriff genommen werden müssen. Aber wir besitzen keine Liebe zur Wissenschaft. Die Erkenntnis der Dinge, so die des Rechtes, wird nicht erstrebt um der Würde dieser Erkenntnis wegen; hastig und übereilt werden wir zu einem tagtäglichen Beruf und zu einem gemeinen Gelderwerb abgerichtet und ausgerüstet. Jene Rechtskundigen wachen die Nächte hindurch und arbeiten im Schweisze ihres Angesichtes, wenn sich nur ein reicher Käufer für ihre schmutzige Ware finden läszt. - Warum soll einer nicht hoffen dürfen, alle Künste zu beherrschen
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und seinem Namen ein ewiges Angedenken zu verschaffen, der da berechnet, dasz das Studium aller Unterrichtsgegenstände, die es giebt, ihm von Nutzen sein wird?
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Kap. 80. Aus derselben Schrift.
Wiewohl vieles durch Gesetze in trefflicher Weise angeordnet ist, so ist dasselbe meist durch den Scharfsinn der Rechtsgelehrten verderbt und entstellt worden. Wie es auch heute in Wahrheit behauptet werden kann, dasz im ganzen bürgerlichen Rechte die aus Anerkennung der Rechtsgleichheit hervorgehende Gerechtigkeit und Billigkeit im Rechtsverfahren auszer acht bleibt, dasz dagegen dem Worte nach diese Rechtsgleichheit beibehalten ist. Denn die des bürgerlichen Rechts Beflissenen reden und sprechen gar viel über Wortbezeichnungen und über die der Idee nach vorhandenen Rechtsverhältnisse. Daher werden denn auch die Gesetze von Ovid ‘wortreich’ genannt. So kömmt es denn, dasz die Behauptung zu Recht zu bestehen scheint, diese Art von Gesetzeskunde mache einen nicht zu einem erfahrenen Manne, sondern sie mache übermütig, hochfahrend, unbarmherzig, aufgeblasen und entfremde einen jeder Regung der Menschlichkeit, es sei denn, dasz man unter Zahllosen vielleicht irgend einen antreffe, der auf Grund angeborner Anlage so billig und rechtschaffen denkt, dasz ihn jenes Austüfteln von Listen und Kniffen nicht zu verderben und nicht zu der trotzigen Habsucht und ungewöhnlichen Härte der übrigen zu erniedrigen vermocht hat. Haftet diesen wohl ein anderes Gebrechen an als eine zum Verderben des Geistes ausgeklügelte Schlauheit und eine um Worte nie verlegene Entstellung der Klugheit? Da nun kaum irgend einmal ein Satz von allgemeinerem Inhalt sich ausfindig machen läszt, der nicht nach einer Seite hin angegriffen und widerlegt werden kann, so mag diese Kenntnis mit Recht eine ‘sophistische’ genannt werden.
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Kap. 81. Aus demselben Buche.
Allein jenes römische Recht kann nicht mehr in einem Kämmerlein aufbewahrt werden, da von Tag zu Tag durch die Wortklaubereien der Erklärer die Zahl der Bände gröszer wird und der Haufen solcher Werke höher anschwillt. Und - was das Verderbliche ist für die Bürger und für alle, welche diesen Gesetzen nachzukommen genötigt werden - es wird ihre Gefühllosigkeit für jeden Fall eines Vergehens, wo sich nur eine Handhabe dazu darbietet, so dasz ich von vielen mit Recht habe sagen hören, dies seien nicht Lehrer der Gerechtigkeit, sondern der Ungerechtigkeit, und es seien nicht Lehrer der Menschlichkeit, sondern der Gefühllosigkeit. Denn je mehr Worte sie machen, um so mehr Stoff bieten sie dar, das Vergehen, die Zurechtweisung, den Rechtsstreit und den Verlust bedeutsamer werden zu lassen. Wer hat nicht gehört, dasz hochfahrende aufgeblasene Menschen am häufigsten Vorträge halten, gleich als hätten sie etwas ausfindig gemacht, was den übrigen verborgen und unauffindbar gewesen? Achtet darauf, ihr Jünglinge, welchen Wert dies hat für die Erwerbung des Lebensunterhaltes! Dies, sage ich, geht darauf hinaus, die Wahrheit zu vertreiben. Das heiszt nicht: Gerechtigkeit lehren; das heiszt: Gerechtigkeit in ihr Gegenteil verkehren. - Aber wenn sie nun einmal von diesem strotzenden Übel ergriffen sind und durch Räubereien mancherlei Art auch Schätze für sich anhäufen, so erlangen sie in ihrem Leben doch niemals den Namen guter, gerechter, schuldloser Menschen. Nach dem Tode aber büszen sie die verdienten Strafen, wenn sie von jenem ewigen Richter, dem allmächtigen Schöpfer der Welt, ganz und gar werden verworfen werden. Sie werden freilich von keinerlei Schamgefühl erschüttert; während diejenigen, welche man Wegelagerer und Meuchelmörder nennt, sich für gewöhnlich in den Wäldern versteckt halten, treiben sie sich im Herzen der Stadt mitten auf dem Markte umher; sie treten mit schamloser Stirn nicht nur öffentlich auf mit einer Kühnheit, die menschliches Begreifen übersteigt; sondern sie machen sich auch breit und drängen sich andern auf, um dieselben zu
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belehren, und gebärden sich, als wenn sie über jedwede Unthat auszer sich wären. - Soll man dies eine Wissenschaft des Rechts nennen, während es doch ein Verderben für den Staat ist, welches von Tag zu Tag fortwuchernd mehr und mehr an Kraft gewinnt? -
Aber auf dasz der ‘Scoparius’ nicht zu grosz werde an Umfang, will ich, da mir bei meiner Absicht, auf einen andern Gedanken überzugehen, sehr vieles, das auf die Widerlegung der Gesetzeskrämer und Rechtsverdreher Bezug hat, begegnet, von diesen Stellen einige anführen.
Es giebt einen Brief des Äneas Silvius, Ga naar voetnoot1 in welchem er die Dichtkunst der Rechtswissenschaft vorzieht.
Die unbilligen Rechtsanwälte und Rechtsverdreher werden sehr gut hergenommen in dem Gespräche: ‘Philalethes’ von Mapheus Vegius. Ga naar voetnoot2
Bei Johannes Franziscus Picus Ga naar voetnoot3 finden sich folgende Stellen: ‘Dasz doch jene Gesetzeskrämer, die der schönen Künste unkundig sind, aufhören möchten, sich allzuviel auf die Irrtümer der Glossen, der Dekrete, der Dekretalien Ga naar voetnoot4 und der bürgerlichen Gesetze einzubilden!’ ‘Viele Irrtümer und Unrichtigkeiten sind durch die Sorglosigkeit der Abschreiber in die Bücher der Dekrete hineingekommen, welche an vielen Stellen verderbt und entstellt waren.’ ‘Man spottet über die Irrtümer derer, welche der Meinung sind, dasz eine Abweichung
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von den Satzungen der Dekrete kein geringeres Unrecht sei als eine Abweichung von den Evangelien. Dieser Meinung scheint auch Gratian, Ga naar voetnoot1 der Zusammensteller der Dekrete, gewesen zu sein, welcher wegen eines nichtverstandenen Ausspruches des Augustinus wunderliche Faseleien vorgebracht hat.’
Man lese bei Thomas Morus ‘Schilderung der neuen Insel Utopia’. Ga naar voetnoot2 Daselbst lautet die Aufschrift eines Abschnittes: ‘Von den äuszerst wenigen Gesetzen für die Bewohner Utopias und von der Menge der Rechtsanwälte’.
Erasmus Ga naar voetnoot3 läszt im ‘Lob der Narrheit’ einen also sprechen: ‘Unter den Gebildeten nehmen die Rechtsgelehrten für sich selbst den ersten Rang in Anspruch, und kein anderer Stand hat in gleicher Weise Wohlgefallen an sich selber. Indem sie den Felsblock des Sisyphus Ga naar voetnoot4 beständig wälzen und sechshundert Gesetze in ein und demselben Atemzuge hersagen, gleichviel worauf sich dieselben beziehen; indem sie Erklärungen zu Er-
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klärungen, Ansichten zu Ansichten häufen, erzielen sie es, dasz jenes Studium das schwierigste von allen zu sein scheint, wie sie selbst es auch für das mühevollste und in der Folge auch für das rühmlichste ansehen.
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Kap. 82. Verzeichnis einiger barbarischer Ausdrücke, die von den Gesetzeskrämern in Aufnahme gebracht worden sind.
‘Guerra’ statt ‘bellum’ (Krieg). ‘Treuga’ statt ‘induciae’ (Waffenstillstand). ‘Laudum’ statt ‘arbitrium’ (Schiedsrichterspruch). ‘Bannum’ statt ‘proscriptio’ (Ächtung). ‘Bannire’ statt ’proscribere’ (ächten), ‘Bannitus’ statt ‘proscriptus’ (geächtet) oder ‘praeconio citatus’. ‘Retorquatio’ statt ‘repercussio’, ‘relatio’ oder ‘retortio’ (Zurückschiebung des Eides auf den, welcher ihn angetragen hat). ‘Exemplare’ statt ‘exscribere’, ‘describere’ oder ‘exemplum sumere’ (Abschrift nehmen). ‘Exemplatum collationatum’ statt ‘exemplum recognitum’ (beglaubigte Abschrift). ‘Conditio potestativa’ statt ‘conditio arbitraria’ (schiedsrichterlicher Vorschlag) oder ‘conditio in potestate nostra’ oder ‘conditio in nobis sita’. ‘Necessitas causativa’ statt ‘necessitas conditionalis’ (eine an Bedingungen gebundene Verpflichtung). ‘Stipulatio alternativa’ statt ‘stipulatio disjunctiva’ (wechselseitiges Handgelöbnis). ‘Putativum’ statt ‘opinabile’ (vermutlich). ‘Dispensare’ statt ‘legibus vel canonibus solvere’ (von der Befolgung der bürgerlichen oder kirchlichen Gesetze entbinden). ‘Casus legis’ statt ‘species legis’ (Rechtsfall), wofür bei Cicero und Quintilian auch ‘thema’ oder ‘propositum’ gesetzt wird. ‘Insinuare donationem’ statt ‘donationem profiteri’ (eine Schenkung bekannt machen). ‘Miles’ statt ‘eques’ (Ritter). ‘Recusare judicem’ statt ‘judicem rejicere’ oder ‘ejurare’ (einen Richter verwerfen). Ga naar voetnoot1 ‘Judex suspectus’ oder ‘judex favorabilis’ statt ‘judex iniquus’ (ein parteiischer Richter). ‘Non suspectus judex’ statt ‘judex aequus’ (ein unparteiischer Richter). ‘Vasallus’ statt ‘cliens’
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(Höriger, Schützling). ‘Homagium’ statt ‘clientela’ (Schutzgenossenschaft). ‘Feudum tenere ab aliquo’ statt ‘in fide alicui esse’ (sich in jemandes Schutz begeben). ‘Assecurantia’ statt ‘fides’ (Schutz). ‘Lesire feudum’ statt ‘injicere manum praesidio clientario’ (einen ohne richterlichen Entscheid der Schutzgenossenschaft berauben). ‘Tolerantia’ statt ‘precarium’ (ein auf Widerruf gewährtes Besitzverhältnis). ‘Alaudiale praedium’ statt ‘praedium immune’ (ein steuerfreies Besitztum). ‘Rapportum’ statt ‘renuntiatio’ (Bericht, Bekanntmachung). ‘Processio’ statt ‘supplicatio’ (Busz-, Bettag; Bittgang). ‘Cessum tollere’ statt ‘sacrorum cessationem remittere’ oder ‘interdictum remittere’ (das Interdikt aufheben), wofür man auch, ohne abgeschmackt zu sein, sagen darf: ‘sacrificium remittere’, wenn z. B. einer sagte: ‘Sycophanta sacristitium Alcmariae indixit’ statt ‘interdictum indixit’.
Hiervon aber ist es nun genug und übergenug!
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Kap. 83. Gegen die Sophisten und die barbarischen Entsteller der Dialektik. Alcinous Ga naar voetnoot1 in seinem Buche über die Lehre Platos cap. XXXIII.
‘Der Sophist unterscheidet sich von dem Philosophen ebenso sehr in der Weise seines Auftretens wie in dem Gegenstande des Wissens. In der Weise, insofern als er den Einkünften, die ihm von den Jünglingen zu teil werden, nachgeht und es vorzieht, gut und rühmlich zu scheinen als zu sein; in dem Gegenstande des Wissens, insofern sich der Philosoph mit dem beschäftigt, was immer dasselbe ist und sich immer in derselben Weise verhält, insofern der Sophist sich aber um das bemüht, was ganz und gar nicht in Wirklichkeit vorhanden ist, und sich mit seinen Arbeiten auf ein Gebiet zurückzieht, welches wegen der sich dort lagernden Finsternis nur schwer durchmustert werden kann.’
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Kap. 84. Aus dem Buche des Aristoteles ‘Über die sophistischen Beweise’.
Ga naar voetnoot1
‘Da es aber für manche wertvoller ist, weise zu scheinen als zu sein, ohne es zu scheinen - es ist nämlich die Weisheit der Sophisten eine solche, die zu sein scheint, ohne dasz sie wirklich ist, und der Sophist ist ein Mensch, welcher auf Grund von scheinbarer, aber nicht wirklicher Weisheit Geld zusammenhäuft - so liegt es fürwahr klar zu Tage, dasz diese mit Notwendigkeit den Anforderungen, welche man an Weise zu stellen pflegt, zu entsprechen scheinen, anstatt denselben zu entsprechen, ohne es zu scheinen.’
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Mächtig erschallet die Stimme des redegewandten Sophisten;
Doch über leeres Gezänk schwindet zwecklos die Zeit.
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Kap. Erasmus im ‘Lob der Narrheit’. Ga naar voetnoot3
Diesen möchte ich zugesellen die Dialektiker und Sophisten, eine Gattung von Menschen, gesprächiger als alles Erz zu Dodona, Ga naar voetnoot4 so dasz jeder von ihnen mit je zwanzig auserlesenen Weibern in der Zungenfertigkeit wetteifern könnte. Beglückter gleichwohl würden sie sein, wenn sie wohl so zungengewandt wären; aber sie sind auch so zänkisch, dasz sie sich mit der gröszten Hartnäckigkeit um des Kaisers Bart streiten und in der Hitze des Wortgefechtes meistens die Wahrheit aus den
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Augen verlieren. Ausgerüstet mit drei Syllogismen wagen sie es unverzüglich, mit jedwedem über jedwede Sache anzubinden. In ihrer Rechthaberei dünken sie sich übrigens unbesiegt, auch wenn ihnen ‘Stentor’ Ga naar voetnoot1 als Gegner gegenüber träte.
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Kap. 87. Aus einer Schrift des Johannes Picus von Mirandula. Ga naar voetnoot2
Es ist schon dahin gekommen, dasz nur diejenigen für weise gelten, welche das Studium der Weisheit wie Mietlinge betreiben. So kann man es beobachten, wie die schamhaft züchtige Philosophie, welche dank den Göttern unter den Menschen weilt, ausgewiesen, ausgezischt und ausgepfiffen wird; man kann es beobachten, dasz sie keinen findet, der sie liebt, keinen, der sie hegt und pflegt, es sei denn dasz sie sich selbst gleichsam darbietet und für die Miszachtung und Verspottung ihrer hoheitsvollen Würde elendigen Lohn annimmt. Schmerzerfüllt hebe ich dies hervor und fühle mich dabei von Unwillen ergriffen nicht sowohl gegen die Fürsten als vielmehr gegen die Philosophen unserer Zeit. Denn gerade sie vermemen und verkünden, man soll aus dem Grunde nicht philosophieren, weil den Philosophen kein Lohn gewährt und keine Gunstbezeugung bereitet würde: gleich als bekundeten sie es nicht selbst durch diesen einen Vorwand, dasz sie keine Philosophen sind; denn ihr ganzes Leben ist entweder auf Gewinn und Erwerb oder auf Befriedigung des Ehrgeizes gerichtet; sie streben zwar nach Erkenntnis der Wahrheit, aber nicht um der Wahrheit selbst willen.
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Kap. 88. Johannes Franziscus Picus an Thomas Wolf. Ga naar voetnoot3
Über die Dialektik habe ich fünf Bücher an meinen Sohn geschrieben. Aber ich hatte auch einmal die Absicht, ein
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Sammelwerk der gesamten Philosophie zu schreiben. Da ich indes wuszte, dasz diese Aufgabe von griechischen wie von lateinischen Schriftstellern vielerorts in Angriff genommen worden, so habe ich mich bis auf diesen Tag der Ausführung meines Vorhabens enthalten und beschränkte mich auf das Gebiet der Dialektik. Viele haben sich darnach gesehnt, dasz dieser Stoff in angemessener Weise und in lateinischer Sprache zur Darstellung gelange. Diese Last habe ich gern übernommen, einerseits weil diejenigen, welche des Griechischen unkundig sind, bei der Handhabung des Lateinischen etwas Barbarisches und Verkehrtes, von dessen Knarren die Bänke der Schulen brechen, nicht ertragen können und den Fusz da zurückziehen würden, wo sie ihn voran setzen sollten; anderseits um meinem Sohne für dieses Studium eine nicht geringe Hilfe zu bieten.
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Kap. 89. Derselbe an Johannes, den Sohn des Thomas Wolf.
Als ich sah, dasz du, mein liebwerter Sohn, schon über die Ziele der Grammatik hinaus bist, und dasz du durch die höheren Studien der Humanitätswissenschaften gleichwie durch blütenreiche Fluren umherschweifest, um von hieraus den Hügel der Dialektik mit seinen jähen, dornenbewachsenen Abhängen zu ersteigen, so habe ich es für vernunftgemäsz gehalten, dir hierüber einige Vorschriften zu geben. Und es dürften umsichtige Eltern es niemals für unangebracht erachtet haben, dasz ich einen Teil der Last übernehmen zu sollen glaubte, auf dasz du nicht allein bedeutsam erleichtert werdest in dieser Last, sondern auf dasz du auch durch Irrwege voller Krümmungen dich nicht abschrecken lassest, auf geradem Wege und ohne Aufenthalt jenen Hügel zu ersteigen und zum Gipfel der hochedlen Beredsamkeit geleitet zu werden. Gar schwere Irrtümer entspringen in unseren Tagen aus fehlerhafter Gewöhnung. Die unbrauchbarsten Menschen stehen in dem Rufe, brauchbare Führer zu sein. Anders finden sich keine, welche jene an Dornen
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und Schlangen reichen Fuszpfade zu säubern unternehmen. Wie wenige nämlich giebt es, die nicht in Furcht und Schrecken versetzt werden und davon fliehen. Und giebt es nicht solche, die freilich die Behauptung aufstellen, jene Wissenschaft sei die Lehrerin fast aller andern Wissenschaften, die aber beim ersten Schritt in den Hörsaal und beim Anhören auch nur eines Lehrsatzes aus dem Gebiete der Dialektik stutzen und in ihrem Vorhaben innehalten! Und mancher, welcher zuvor stärker ausgeschritten ist, hemmt nicht nur seinen Schritt, sondern zieht den Fusz zurück, wenn er die ersten wirklichen Schwierigkeiten auch nur in ihrem Herannahen verspürt. Aber auch sonst stellen sich dem Lernenden übergrosze Schwierigkeiten entgegen. Wenn sie das ‘Organon’ Ga naar voetnoot1 des Aristoteles in Angriff nehmen wollen, so stoszen sie auf der Schwelle schon auf ausgeklügelte und für Neulinge unlösbare Fragen oder - besser gesagt - auf Irrwege. Wenn dieselben auch im übrigen den Geist zur Regsamkeit anspornen können, so sind sie gleichwohl den Jünglingen in einem andern Zusammenhange vorzulegen, nachdem sie die naturwissenschaftlichen Schriften des Aristoteles kennen gelernt haben und bevor sie sich die Metaphysik desselben vertiefen. Wiewohl Porphyrius Ga naar voetnoot2 in seiner Einleitung zur Dialektik diese Fragen nicht berührt hat, so drängen sich dieselben gleichsam mit Fleisz und schon gleich an der Schwelle auf. Es werden aber Trugschlüsse den wohlbegründeten und zuverlässigen Vorschriften des Aristoteles vorgezogen. Es zeugte von bedachtsamer Überzeugung, wenn sie an Stelle derselben das zur Besprechung wählten, was jener grosze Lehrer der Denkkunst über ‘die sophistischen Beweise’ Ga naar voetnoot3 mit ebenso viel Scharfsinn wie Gründlichkeit auseinander gesetzt hat. An der Hand seiner Vorschriften läszt sich alles entkräften und enträtseln. An diesen Schwierigkeiten liegt es gar oft, dasz Jünglinge
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einen Zeitverlust von vielen Jahren erleiden und die Frucht ihrer Arbeit entweder gar nicht oder nur spät einheimsen; diese Frucht müszte dann eher eine kraft- und gehaltlose als eine vollreife genannt werden.
Der Weg, den Anfänger einschlagen - so sagt jener nämlich -, soll eben sein, auf dasz sie ihn beschreiten können; er soll frei von Hindernissen sein, auf dasz sie auf demselben unterwiesen werden können. Daher habe ich den Entschlusz gefaszt, fünf Bücher über die Kunst der Dialektik zu schreiben, welche an dich gerichtet und für dich bestimmt sind. Das erste handelt über das, was einem Jünger dieser Kunst nach meinem Dafürhalten zu wissen nötig ist: über den Namen, die Bedeutung, den Erfinder, die Schriftsteller dieser Kunst, über ihre Anwendung und über einiges andere, was gleichsam als einleitend erachtet werden kann und wodurch der Geist ergötzt und gleichsam wie mit Honig erquickt wird, damit er nicht sofort den mit herbem und bitterem Trank gefüllten Becher der Dialektik koste. In den andern vier Büchern kommt die Kunst selbst in einer ihrem Wesen entsprechenden Anordnung zur Behandlung. Da nämlich unser Geist bei seinem Erkennen gleichsam drei Thätigkeiten vollzieht, so wird jeder dieser drei Thätigkeiten ein besonderes Buch gewidmet. Im ersten Buche soll nämlich von dem bloszen Erkennen der Dinge und von den Wörtern, durch welche jene bezeichnet werden, gehandelt werden; im zweiten von der Verbindung derselben und von dem sprachlichen Ausdruck für diese Verbindungen. Ga naar voetnoot1 Das dritte
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Buch wird angeben, auf welche Weise Urteile und richtige Schlüsse gebildet werden. Da wir und nun aber bei den Darlegungen häufig täuschen lassen und in dieser Täuschung Unrichtiges als richtig annehmen, so werde ich im fünften Buche von den Trugschlüssen sprechen und über die Mittel, die Wahrheit zu erkennen und Wahres von Irrtümlichem zu unterscheiden, so weit eben meine Kraft reicht. Lebe in Gesundheit.
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Kap. 90. Rudolf Agricola an Jakob Barbirianus. Ga naar voetnoot1
Gar viele, die da redselig sind und groszes Geschrei machen, nehmen die sogenannten Künste für sich in Anspruch und verbringen ihre Zeit mit den verworrenen und dunklen Redereien oder, besser gesagt, mit den rätselhaften Aussprüchen öffentlicher Redestreitigkeiten. Diese Rätsel haben in vielen Jahren noch keinen Ödipus Ga naar voetnoot2 gefunden, der sie zu lösen imstande gewesen, und sie werden auch niemals einen solchen finden. Mit diesen Rätselreden belästigen sie die Ohren der bedauernswerten Jünglinge. Und Ähnliches prägen und trichtern sie ihnen dann ein. Bei den meisten ertöten sie damit Keime, die eine herrliche Geistesentfaltung versprechen: sie zerstören die Frucht, welche in diesen Jahren des zarten Alters gleichsam noch in der Knopfe schlummert. Allen diesen Künsten wird man gleichwohl hohes Lob spenden, wenn sie in richtiger Weise und in angemessener Reihenfolge betrieben werden.
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Kap.91. Derselbe an Alexander Hegius. Ga naar voetnoot1
Du kennst meinen Geschmack und weiszt, dasz ich der barbarischen Sprechweise nicht nachzugehen vermag, diesem Entsetzen derer, die sich jetzt mit allem und jedem beschäftigen. Du kennst dagegen auch den Geschmack jener und weiszt, dasz sie schreien, toben und es als Schimpf ansehen, wenn jemand es wagen sollte, ihre Beschlüsse umzustoszen und die Knaben dahin zu belehren, dasz sie Überflüssiges und Verkehrtes gelernt haben, was sie in ihren alten Jahren wieder verlernen müssen.
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Kap. 92. Rudolf Agricola im dritten Buche seines Werkes: ‘Dialektische Erfindungskunst. Ga naar voetnoot2
Wenn man den Philosophen unserer Zeit Ausdrücke wie ‘quaeritur’ (es fragt sich; die Untersuchung geht dahin, dasz), ‘arguitur primo et secundo’ (es wird behauptet erstens und zweitens), ‘notandum quarto aut quinto’ (es ist zu bemerken an vierter oder fünfter Stelle), ‘consequentia tenet’ (die Folgerichtigkeit hält daran fest, dasz . . . ) und andere formelhafte Wendungen ähnlicher Art nehmen würde, so würden sie sich ganz und gar verlassen und beraubt fühlen und sie würden, wie man sich überzeugen könnte, nichts zu sagen wissen.
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Kap. 93. Aus dem Buche ‘Ekklesiasticus.’
‘Wer verfängliche Reden führt, ist verhaszt; er wird allenthalben zu kurz kommen.’ Ga naar voetnoot3
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‘Das heiszt verständig sein, nicht an gehaltlosen Untersuchungen in unnütz eitler Weise Scharfsinn zeigen wollen.’ - ‘Auch wenn noch so viel der Lebenszeit übrig wäre, so wäre es doch sparsam einzuteilen, um für das Notwendige auszureichen; nun aber, welcher Wahnsinn ist es, Unnötiges zu lernen bei dieser Armut der Zeit!’ - ‘Warum quälst du dich und magerst dich ab mit einer Aufgabe, die zu verachten gescheiter ist als sie zu lösen?’
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Kap. 95. Aus der Erklärung des Hieronymus zu dem Briefe des Paulus an Titus.
Die Dialektiker, deren König Aristoteles ist, pflegen die Netze ihrer Beweisführungen auszuspannen und die ungebundene Freiheit der Redekunst in das Dorngehege der Schluszformen einzuschlieszen. Diejenigen nun, welche Tag und Nacht damit zubringen, dasz sie entweder Fragen stellen oder Fragen beantworten, oder einen Vordersatz aufstellen oder entgegennehmen, oder einem Vordersatz den Untersatz hinzufügen, denselben durch Gründe bekräftigen und die Schluszfolgerungen ziehen, nennen andere streitfüchtig, weil dieselben nicht nach den Regeln der Beweisführung, sondern in unmutiger Erregung, wie es ihnen eben beliebt, ihre Meinung kundgeben. Wenn nun solche so verfahren, deren besondere Kunst eben der Redestreit ist, was soll dann ein Christ anders thun, als dasz er überhaupt jedweden Redestreit meidet? -
Was nützt es nämlich, mit schäumenden Lippen und gleich dem Bellen der Hunde zu schwatzen, wenn eine einfache und maszvoll gehaltene Antwort dich zu beruhigen vermag, wofern sie der Wahrheit entspricht; oder wenn eine solche Antwort, wofern sie falsch ist, von dir ohne Mühe und in friedlicher Weise berichtet werden kann.
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Kap. 96. Aus dem zweiten Buche des Augustinus ‘Über die christliche Lehre’. Ga naar voetnoot1
Die Kunst, Gründe und Gegengründe zu erwägen und auseinanderzusetzen, hat für alle Art von Fragen, welche bei den heiligen Schriften zu ergründen sind, hohe Bedeutung. Gleichwohl sollst du dich vor der Lust an Wortgezänk hüten; ebenso sollst du es vermeiden, dich der Täuschung deines Gegners in knabenhafter Weise zu rühmen. Es giebt nämlich viele falsche Schlüsse, Trugschlüsse genannt, welche den richtigen Schlüssen so ähnlich sind, dasz sie nicht allein Menschen langsamen Geistes täuschen, sondern selbst solche von hoher Begabung, wofern dieselben sich weniger achtsam erwiesen haben.
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Kap. 97. Aus dem Eingang zu der Dichtung ‘Über die Dreieinigkeit’ von Prudentius. Ga naar voetnoot2
Was stellt nicht an des Menschengeistes Lustgefühl!
Nach allem Übel lüstert's ihn.
Des Allvermögers göttlich Recht bestreiten sie
Mit ränkevollem Truggespinst.
Die Wahrheit wird in seinem Winkelzug zerstückt,
Und jeder ist der gröszte Schelm.
Bald lösen, bald verwirren sie den Meinungsstreit
Durch wandelbarer Schlüsse Trug.
Doch weh! der Ränkeschmiede trügerischer List!
Und weh! der Schlauheit Wechselbalg!
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Kap. 98. Aus der Schrift des Raphael Volaterranus gegen die dialektischen Bücher. Ga naar voetnoot1
Der Eleat Zeno Ga naar voetnoot2 hat zuerst diesen Teil der Philosophie zum bloszen Wortstreit herabgewürdigt, um nicht zu sagen: er hat ihn entweiht, da offenbar nach dem Auspruch des Epikur Ga naar voetnoot3 die Dinge der Natur der Dialektik nicht bedürfen und viel weniger noch die Gottesgelehrtheit, wie Hieronymus sagt. Alles dieses sind Erdichtungen des Ehrgeizes, auf dasz die Meinung aufkommen sollte, die Wissenschaft sei um so schwieriger zu erfassen. Es ist genugsam bekannt, dasz Aristoteles selbst sich vor Alexander gerühmt habe, niemand habe seine ‘Physik’ Ga naar voetnoot4 zur Genüge verstanden. Die ‘Neueren’ aber haben weit ehrgeiziger dieselbe später ihrer verbergenden Hüllen entkleidet und ihrer
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rätselhaften Andeutungen entledigt, so dasz bei der Kunst des Raimund Ga naar voetnoot1 eine Syhinx vonnöten wäre. Dieser, ein Franzose von hoher Gelehrsamkeit, welcher zur Zeit des Papstes Johann XXIII Ga naar voetnoot2 lebte, hinterliesz auch andere dunkle Schriften, von denen es heiszt, dasz sie in den Geheimfächern der Pariser aufbewahrt würden. Aber diese Krankheit hat auch bei uns die Geistlichkeit bereits so angesteckt, dasz sie auf ihren Zusammenkünften und bei ihren wissenschaftlichen Gesprächen gerade diesen Raimund am meisten im Munde führen. Einer, der stimmkräftiger und anmaszender ist als die übrigen, verbreitet dann den Schein besonders reichen Wissens um sich, wenn er aus dem Wuste des zur Nachweisung und Erinnerung Niedergeschriebenen Namen von auszerordentlichem Klange hervorzieht, ohne dabei von den andern verstanden zu werden. Und ist nicht diese Kunst zu tadeln, welche den Geist durch vernünftige Vorschriften schärfen, welche denselben aber auch in demselben Gerade verwirren kann, wenn sie ihn lange Zeit sich mehr mit Worten als mit Sachen, mehr mit dem Siege im Redestreite als mit der Wahrheit sich beschäftigen läszt. Dieser Fehler verstöszt, wie Cicero sagt, am meisten gegen die Klugheit. Bei der Kürze unserer Zeit hienieden soll man nur das Nützliche und das für das Leben Brauchbare lernen.
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Kap. 99. Aus des Erasmus Erklärung zum ersten Psalm Davids. Ga naar voetnoot3
Und nun verwenden wir ein gutes Stück des Lebens auf die sophistischen Deutungen zu den Werken des Aristoteles, ja sogar zu unsern eignen ‘Possen’, Ga naar voetnoot4 so dasz selbst hervorragenden
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Theologen kaum Zeit bleibt, aus den Quellen zu schöpfen. Wenn eine Belegstelle nachzuweisen ist, so greift man zu den Richtern und zu den Canones. Ohne die Kenntnis dreier Sprachen kann die hl. Schrift nicht verstanden werden, wohl aber kann sie ohne die Physik und die Metaphysik des Aristoteles verstanden werden. Das, was not thut, unterlassen wir; nur auf das, was auch Schaden bringen kann, sind wir bedacht. Wer in Wahrheit ein Gottesgelehrter sein will, musz mit den Quellen vertraut sein.
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Kap. 100. Aus dem ‘Abrisz’ des Erasmus. Ga naar voetnoot1
Ein weniger guter Sophist zu sein ist besser als weniger bewandert zu sein in den Evangelien und den Paulinischen Briefen. Einige Lehrmeinungen des Aristoteles nicht wissen, ist besser, als die Gebote des Herrn nicht wissen. Schlieszlich möchte ich lieber mit Hieronymus ein frommer Gottesgelehrter sein als mit Scotus Ga naar voetnoot2 ein ‘unbesiegter’.
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Kap. 101 Aus der ‘Ermunterung’ des Erasmus. Ga naar voetnoot3
Der ist mir in Wahrheit ein Gottesgelehrter, welcher nicht mit kunstreichen und schwungvollen Schlüssen, sondern durch die eigne Gemütsstimmung, durch Mienen und Blick und durch sein Leben selbst lehrt, dasz die Reichtümer zu verachten sind; dasz der Schrift nicht auf die trügerischen Versprechungen dieser Welt vertrauen dürfe; dasz man vielmehr alles vom Himmel
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abhängig sein lassen müsse; dasz Unrecht nicht vergolten werden dürfe; dasz man beten müsse für die, so einen verfluchen; dasz man sich um diejenigen wohl verdient machen müsse, welche sich um uns selbst schlimmes Verdienst erwerben; dasz alle Guten wie Glieder ein und desselben Körpers zu lieben und gleichmäszig zu unterstützen seien; dasz die Schlechten ertragen werden müssen, wenn sie nicht gebessert werden können; dasz diejenigen, welche ihrer Güter beraubt werden, welche von ihrem Besitze vertrieben werden, welche in Trauer versunken sind, glücklich und nicht zu beklagen seien; dasz der Tod auch von den Guten gewünscht werden dürfe, da er ja nichts anderes sei als der Übergang zur Unsterblichkeit. Und ich sage nun dieses: Wenn einer unter der Eingebung des Geistes Christi solches verkündigt und einschärft, wenn einer hierzu ermahnt, antreibt, ermuntert, der ist in Wahrheit ein Gottesgelehrter, auch wenn es ein Ackersmann oder ein Weber wäre. Und wenn einer solches durch seine eignen Sitten bestätigt, der ist dazu auch ein groszer Lehrer.
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Kap. 102. Aus einem Briefe des Erasmus an Martinus Dorpius. Ga naar voetnoot1
Diese Art von Menschen hat nun, wie es offenkundig ist, einige in ihrer Mitte, die in Bezug auf Geist und Urteilskraft so unglücklich begabt sind, dasz sie zu keinerlei Wissenschaft geschweige denn zur theologischen sich geeignet erweisen. Wenn sie dann einige Regeln des Alexander Gallus Ga naar voetnoot2 gelernt und diesen ein Stückchen alberner Sophistik hinzugefügt haben, wenn sie darauf zehn ‘Lehrsätze’ des Aristoteles, die sie nicht verstehen, dem Gedächtnisse eingeprägt haben, wenn sie weiterhin eben soviele ‘Lehrmeinungen’ des Scotus Ga naar voetnoot3 oder des Occam Ga naar voetnoot4
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auswendig gelernt haben - was dann noch fehlt, werden sie dem Katholikon oder dem Mammotrectus und ähnlichen Wörterbüchern, z. B. der Cornucopia entnehmen Ga naar voetnoot1 - so schwillt ihnen der Kamm wunders wie hoch. Nichts ist anmaszender nämlich als Unwissenheit. Sie sind es, welche den hl. Hieronymus als Sprachkundigen verachten, weil sie ihn nicht verstehen. Sie sind es, welche über Kenntnisse im Griechischen, im Hebräischen und gar im Lateinischen lachen. Wiewohl sie jedwede Sau an Dummheit übertreffen, wiewohl sie nicht die allergewöhnlichste Begabung zeigen so glauben sie doch die Weisheit gepachtet zu haben. Sie beurteilen, verurteilen und verwerfen die Meinungen aller andern; nichts bringt sie ins Schwanken oder ins Stocken; nichts ist ihrer Erkenntnis entzogen. Und gleichwohl erinnern jene an das eine oder andere Trauerspiel! Was ist nämlich unverschämter oder jäher als Unverstand? Es verschwören sich diese mit groszem Eifer gegen die schönen Wissenschaften. Sie haben den Ehrgeiz, unter den Gottesgelehrten eine Rolle zu spielen, und sie fürchten, wenn die schönen Wissenschaften wieder zur Blüte kämen und wenn die Menschheit zur richtigen Einsicht gelangt, würden sie, die bis dahin alle wohl zu wissen schienen, als Nichtwisser erkannt werden. Sie erheben solches Geschrei; sie erregen jene Unruhe; sie haben die Verschwörung angezettelt gegen diejenigen Männer, welche sich der Pflege der schönen Wissenschaften gewidmet haben. - Was haben Christus und Aristoteles mit einander gemein, oder die Verfänglichkeiten der Sophisten mit den Geheimnissen der ewigen Weisheit? Wozu ein solches Labyrinth von Streitfragen und Untersuchungen? Wieviel müszige giebt es unter ihnen! Wie viele werden verderblich dadurch, dasz sie Wortwechsel und Zwistigkeiten erzeugen!
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Kap. 103. Aus eben diesem wunderschönen Briefe des Erasmus, den du von Anfang bis zu Ende sorgfältig durchlesen mögest.
Es giebt eine alte Vorschrift der höchsten geistlichen Obrigkeit über die Berufung von Lehrern, welche öffentliche Vorlesungen über etwelche Sprachen halten sollen. Bezüglich des Erlernens der Sophistik und der aristotelischen Philosophie giebt es bestimmte Vorschriften nicht, abgesehen davon, dasz es in den Dekreten in Zweifel gezogen wird, ob es Recht sei oder nicht, jenes zu erlernen. Und das Erlernen dieser Dinge wird von vielen und selbst von bedeutenden Gewährsmännern miszbilligt. -
Aber ich möchte nicht, dasz in dieser Beratung fälschlich sogenannte Gottesgelehrte Sitz und Stimme hätten, welche einzig und allein das für wertvoll erachten, was sie selber gelernt haben. Haben aber solche etwas gelernt, was nicht läppisches und verworrenes Zeug ist? Wenn diese die bestimmenden Herren würden, so würde es dahin kommen, dasz alle Welt genötigt werden würde, die in die besten Schriften des Altertums eingepfropften Dummheiten und Possen jener Leute als ‘Götteraussprüche’ anzusehen. Dieselben tragen so gar keine Spur höherer Bildung an sich, so dasz ich fürwahr lieber ein mittelmäsziger Handwerker sein wollte als der beste unter Leuten dieser Art, wofern sich sie nicht etwas, das von höherer Bildung zeugt, zu eigen machen. Sie wollen es aber nicht, dasz irgend eine Wissenschaft nach der alten Weise wieder hergestellt werde, auf dasz nicht der Schein erweckt werde, als hätten sie etwas nicht gewuszt. Sie halten uns Entscheidungen von Synoden entgegen, welche sie sich nach ihrem Sinne zurecht gelegt haben. Auf Kosten der Wahrheit lassen sie die grosze Gefahr, in welcher der christliche Glaube schwebt, noch gröszer erscheinen. Sie reden von der Bedrängnis der Kirche, welcher sie selbst eine Stütze sein sollen, und verbreiten andere haltlose Ansichten bei der ungebildeten und abergläubischen Menge, in deren Augen sie, da sie nun einmal für Gottesgelehrte gehalten werden, keinerlei Schädigung ihres Ansehens erleiden wollen. Sie hegen die Befürchtung, es möchte, wenn sie die hl. Schrift anführen - wie dies häufig geschieht -, ihnen die in dem Wortlaut
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des Griechischen oder des Hebräischen enthaltene Wahrheit vorgehalten werden und es möchte damit offenkundig werden, dasz das, was sie als einen göttlichen Ausspruch angeführt haben, nur eine leere Einbildung ihrerseits gewesen. Der heil. Augustinus, welcher ein so hervorragender Mensch und dazu ein Bischof war, liesz es sich nicht verdrieszen, von einem einjährigen Knäblein zu lernen. Leute von jenem Schlage aber wollen lieber alles kunterbunt durcheinander werfen als zugeben, dasz sie irgend etwas nicht zu wissen scheinen, was zu einer abgeschlossenen Bildung gehört.
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Kap. 104. Aus dem Buche des Johannes Franziscus Picus über das Studium der menschlichen und der göttlichen Weisheit. Ga naar voetnoot1
Ich möchte alle diejenigen Theologen nennen, welche sich mit der hl. Schrift beschäftigen, um Gott zu erkennen, zu ehren und zu lieben, um seine Gebote zu befolgen und um andern hilfreich zur Seite zu stehen.
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Kap. 105. Aus dem Briefe des hl. Hieronymus an den Mönch Rusticus.
Niemals lege dies Buch aus der Hand; niemals komme es dir aus den Augen. Der Psalter soll wörtlich auswendig gelernt werden. Ga naar voetnoot2 - Sei ein Liebhaber der Erkenntnis der Schriften, dann wirst du kein Liebhaber der Laster des Fleisches sein.
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Kap. 106. Rudolf Agricola an Barbirianus. Ga naar voetnoot3
Auf diesem Wege soll man zur Erkenntnis der hl. Schrift hinanschreiten, und nach den Vorschriften der hl. Schrift soll
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sich uns die Ordnung des Lebens gestalten. Der hl. Schrift sollen wir als der wirksamsten Führerin zum Heile in Sachen unseres Heiles Glauben und Vertrauen entgegenbringen. Alles übrige, was uns über anderes überliefert wird, trägt mehr oder weniger Spuren des Irrtums an sich. Manchen konnte es nicht zu teil werden, ihr Leben richtig zu gestalten oder doch so, dasz es in keinerlei Weise vom richtigen Wege abwich. Welches Ziel und Ende ihrem Leben gesetzt sei, muszten sie nämlich entweder nicht oder sie vermuteten es nur, indem sie den Nebel, der vor ihren Augen lag, zu durchdringen suchten, und gröszer war dann bei ihnen die Beharrlichkeit, mit welcher sie diese Vermutungen aussprachen, als diejenige, mit welcher sie ihren Vermutungen Glauben schenkten. Die hl. Schrift ist nun über jeden Irrtum ebenso hoch erhaben wie Gott selbst, der sie hat aufzeichnen lassen. Lediglich die hl. Schriften vermögen uns einen sicheren, zuverlässigen, richtigen Weg zu führen; sie verscheuden jeglichen Nebel und lassen es nicht zu, dasz einer, welcher ihrer Weisung folgt, getäuscht wird, zu Grunde geht, oder jemals auf Abwege gerät.
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Kap. 107. Johannes Picus an seinen Neffen Johanne Franziscus. Ga naar voetnoot1
Du kannst Gott keinen gröszeren Gefallen anthun und keine gröszere Freude bereiten, als wenn du nicht ablässest, Tag und Nacht dich mit der hl. Schrift zu beschäftigen. Es ist in derselben eine gewisse göttliche Kraft verborgen, die sich lebendig und wirksam erweist, die den Sinn des Lesers mit wunderbarer Gewalt zur Liebe Gottes umgestaltet, sofern der Leser mit reinem und demütigem Herzen diese Lesung vorgenommen hat.
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Kap. 108. Ein Epigramm des Murmellius.
Jünglinge, lernet, sofern es vergönnt euch, verschiedene Sprachen;
Unverdrossen durchforscht eifrigst die Bücher der Schrift.
Kleinigkeits-Wissen laszt fahren und zungenfertigen Wortstreit;
Gottes Geheimnisse faszt nie ein sophistischer Sinn.
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Kap. 109. Aus den Erklärungen des Philipp Beroald zu den Tuskulanen. Ga naar voetnoot1
Es ist darauf hinzuweisen, dasz derjenige, welcher einen Ungelehrten zu den geistlichen Weihen zuläszt, Gott gewissermaszen ein blindes Opfertier darbringt. Nichts ist schmählicher als ein solcher Fehler, namentlich bei Geistlichen und bei solchen, die da die Gottesgelehrsamkeit hüten und pflegen sollen. Wenn Unwissenheit bei Laien unerträglich erscheint, sagt Leo, um wie viel weniger darf sie dann bei solchen, die den Laien als Geistliche vorgesetzt sind, entschuldigt oder verziehen werden! Die Priester unserer Tage singen jetzt statt der Psalmen Davids Liebeslieder; statt der Blätter des Evangeliums schlagen sie mit groszem Eifer Spielkarten um; statt in der Lehre der Apostel sind sie im Würfelspiel bewandert. Wenn man sie lateinisch sprechen hört, so sollte man glauben, sie ‘sprächen’ nicht lateinisch, sondern sie ‘rülpsten’ lateinisch. Ga naar voetnoot2 Sind die Unseligen doch kaum imstande, drei Wörter mit einander zu verbinden. Ihre Lippen flieszen über von Barbarismen und Solöcismen. Ga naar voetnoot3 Es berührt mich schmerzlich, wenn ich anhören musz, wie einige die lateinischen Wörter so verkehrt aussprechen, dasz man annehmen sollte, sie sprächen unter Knarren und Dröhnen barbarische Wörter.
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Kap. 110. Aus den Erklärungen zum ‘goldenen Esel’. Ga naar voetnoot1
Das Wort ‘videris’ wird mit dem Tone auf der ersten Silbe ausgesprochen, so dasz man ‘vidĕris’ Ga naar voetnoot2 statt ‘videbis’ setzt. Diese Anwendung ist feinen Kennern der Sprache sehr geläufig. So soll denn auch im Evangelium gelesen werden: ‘Quid ad nos? tu videris!’ Ga naar voetnoot3 Mangelhaft unterrichtete Geistliche, welche von der Reinheit der lateinischen Sprache keine Ahnung haben, deren Lippen von Solöcismen und Barbarismen triefen, sprechen dieses Wort fälschlicher Weise mit langer Mittelsilbe (vidēris) aus und zwar öffentlich in der Kirche. Wenn ich nun das widerwärtige und barbarische Stottern derselben anhören musz, pflege ich bei mir selbst zu sagen: Tu vidēris scilicet bestia et insensatus. (Du erweckst freilich den Anschein eines vernunftlosen Tieres.) Aber - so lautet die Mahnung in den kanonischen Dekreten Ga naar voetnoot4 und so fordert es die
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Vorschrift des Augustinus - wir sollen einen Geistlichen lieber mehr als beredt sprechen hören; wir sollen Geistliche nicht verlachen, wenn wir hören, dasz sie bei ihren Anrufungen Gottes Barbarismen oder Solöcismen unterschlüpfen lassen, oder dasz sie die Worte, die sie beten, nicht verstehen und durch falsche Verknüpfungen derselben den Wortsinn zerstören.
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Kap. 111. Aus der Apologie des Erasmus. Ga naar voetnoot1
Durch Solöcismen wird Gott nicht beleidigt; aber er wird dadurch auch nicht ergötzt. Er haszt Beredsamkeit, welche hochfahrig sich brüstet; aber noch weit mehr haszt er denjenigen, der unberedt ist und sich gleichwohl anmaszend und hochfahrend gebärdet.
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Kap. 112. Gegen die ungelehrten Geistlichen.
Wenn die im Nachstehenden Gekennzeichneten nicht den wissenschaftlich ungebildeten Menschen beizuzählen sind, so weisz ich in der That nicht, wer denselben beigezählt werden soll. Der erste unter ihnen hat in einem an mich gerichteten Brieflein, das nicht länger als drei Zeilen war, sechs auffallende Fehler gemacht, wenn ich geringfügige Schnitzer übersehen will; dasz er nämlich ‘recommendatio’ Ga naar voetnoot2 statt ‘commendatio’ (Empfehlung) gebraucht, ist ein Fehler, den auch viele andere machen. Dasz er aber ‘conquerasse’ setzt statt ‘conquestum esse’, ist auffallend. Ich bin neugierig, an welchen Vorlagen er die Abwandlung ‘conquero, conqueras, conquerare’ gelernt hat. Ga naar voetnoot3 Wenn ein Schüler der unstersten Abteilung im Gymnasium diese Abwandlungsweise angewandt hätte, so würde
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er sicherlich seine Rutenstreiche vom Lehrer erhalten haben. Weiterhin hat er ‘abstraxissent’ statt ‘abstraxerint’ gesetzt unter unstatthafter Verwechslung der Zeitformen, deren regelrechte Unterscheidung er niemals gelernt zu haben scheint. Ferner schrieb er ’cedula’ ohne s im Anlaut, während es doch von wohl Unterrichten ‘scedula’ geschrieben wird, oder nach der Meinung anderer ‘scheda’ mit ch nach s; von diesem Worte wird dann vermöge der Verkleinerungssilbe ‘schedula’ oder ‘schidula’ hergeleitet. Ga naar voetnoot1 Auszerdem hat er ‘talis qualis’ geschrieben - nach der Weise der Gesetzeskrämer - statt qualiscunque. Schlieszlich hat er hiis mit doppeltem i statt his geschrieben. Doch diesen Geistlichen will ich nicht einmal mit Namen anführen. Der zweite unter jenen Geistlichen hat in Gegenwart einiger wohl unterrichteten Männer diese Worte gesprochen: ‘Unus stuferus habebit magister Gerardus.’ Ga naar voetnoot2 Priscian hätte ihm dafür die Rute gegeben, und heute kann derselbe für würdig erachtet werden, dasz ihm die Obhut kirchlicher Dinge anvertraut werde! Auch der Dritte hat seine Unwissenheit nicht weniger offenkundig werden lassen. Bei einer Zusammenkunst mit vielen andern, die sämtlich lateinisch mit einander sprechen, verhielt er allein sich schweigend oder er sprach deutsch. Schlieszlich liesz er sich unter der Macht des Weines bestimmen, in unserer Gegenwart davon Zeugnis abzulegen, dasz auch er ehedem das Gymnasium besucht habe, und er sagte: ‘Quis est se ipsum?’ statt ‘quis est sui ipsius?’ oder ‘quis est sui juris?’ (Wer ist sein eigener Herr?) Aber der Tag würde zu Ende gehen, ehe ich noch den kleinsten Teil der Solöcismen und Barbarismen, welche die Geistlichen gewöhnlich im Munde führen, besprochen hätte. Deshalb wollen wir auf Philipp Beroald zurückkommen.
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Kap. 113. Aus den Erklärungen des Philipp Beroald zum ‘goldenen Esel.’ Ga naar voetnoot1
‘Videris’ ist mit dem Ton auf der ersten Silbe und mit verkürzter Mittelsilbe auszusprechen als abgeleitet von ‘vidĕro’. ‘Vidĕris’ besagt in der Form des Konjunktivs etwa ebenso viel als ‘videbis’. So setzt Terenz: ‘invenerit’ statt ‘inveniet’; er gebraucht den Konjunktiv statt des Indikativs, und dies ist, wie Donat sagt, eine schöne Redeweise. So heiszt es auch im Evangelium: ‘Quid ad nos? ipse videris!’ Ga naar voetnoot2 Mangelhaft unterrichtete Geistliche sprechen dies falsch aus, indem sie die Mittelsilbe lang aussprechen und damit einen abgeschmackten und läppischen Sinn hineinbringen. Daher sollen sich die geistlichen Oberen und Vorsteher hüten, wissenschaftlich Ungeschulte und Ungelehrte in die gottesdienstlichen Gebräuche einzuweihen. Denn, wie Hieronymus richtig sagt, ein blindes Opfertier bringt dem Herrn, wer einen Ungebildeten zu den Weihen zuläszt.
Es bot sich hier die Gelegenheit dar, gegen Geistliche von mangelhafter Zucht und Bildung loszuziehen und vorzugehen, die von den Anfängen wissenschaftlicher Bildung kaum gekostet haben; deren Lippen triefen von abscheulichen Solöcismen und Barbarismen; die bei der Feier der gottesdienstlichen Geheimnisse mit Barbarismen um sich werfen und die hochheiligen Worte so verworren und so verderbt aussprechen, dasz sie viele zum Lachen bringen und bei vielen Unmut und Verdrusz erzeugen. Aber die Schüler sollen, wie Augustinus sagt, stetig dahin ermahnt werden, dasz sie die Diener der Kirche weder verachten noch verlachen, wenn sie es anhören, dasz dieselben bei ihren Anrufungen Gottes sich Solöcismen zu schulden kommen lassen, oder dasz sie die Worte, welche sie sprechen, nicht verstehen und durch falsche Verknüpfung derselben den Wortsinn zerstören. Denn sie sollen lieber wahrheitsvolle Worte als beredte hören, gleichwie man kluge Freunde solchen, die schön von
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Gestalt sind, vorzieht. Sie sollen es wissen, dasz man auf den Wortsinn mehr Gewicht zu legen hat als auf die Wortform, ebenso wie man die Seele für wertvoller erachtet als den Leib. Wir wollen also der Mahnung des Augustinus Folge geben und von Verunglimpfung und Verhöhnung der Geistlichen Abstand nehmen. Man würde ihre Schwäche ertragen müssen, wenn sie lediglich Verstösze gegen die Richtigkeit der Sprache sich zu schulden kommen lieszen. Aber tagtäglich kann man solche beobachten, die in eigener Verschuldung mit verderbten Sitten behaftet sind, die sich mit Gebrechen aller Art befleckt haben, die an Kopf und Herz nicht weniger Fehler an sich tragen als an Mund und Zunge. Statt des Psalters halten solche Priester Spielkarten und Würfel in ihren Händen; statt des Namens Gottes führen sie Verwünschungen im Munde; statt mit dem Schilde des Glaubens und mit dem Panzer der Gerechtigkeit rüsten sie sich mit kriegerischem Harnisch und Fechterschild; sie lieben Zank, Aufruhr, Krieg; Gottesfurcht ist ihnen fremd; nichts Geistliches tragen sie an sich als die geistliche Gewandung, die ihnen der Deckmantel für schändliche Vergehen sein soll. In den Gemächern mancher Geistlichen - ich spreche von verderbten - findet man weder kanonische Schriften, noch die Evangelien, noch überhaupt Bücher irgend einer Art, - wozu sollten Bücher solchen, die sie nicht verstehen, von nöten sein! - sonders Speere, Schwerter, Wurfgeschosse, Lanzen. Ga naar voetnoot1
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Kap. 114. Aus den kanonischen Dekreten.
Diejenigen, welche zu den Weihen zugelassen zu werden begehren, sollen drei Tage hindurch geprüft werden; darauf sollen sie, wofern sie für geeignet befunden werden, am Sonntage dem Bischof vorgestellt werden. - Es soll es niemand unternehmen, solche, die wissenschaftlich ungebildet sind oder die irgendwie körperliche Fehler und Gebrechen an sich tragen,
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in den geistlichen Stand aufzunehmen. Denn einer, welcher wissenschaftlicher Kenntnisse bar ist, kann nicht für den heiligen Dienst geeignet sein, und die gesetzmäszigen Vorschriften verbieten es, körperlich Fehlerhaftes Gott dem Herrn zum Opfer zu bringen. - Für solche, die sich dem Dienste des Herrn weihen, genügt nicht guter Umgang und Ehrbarkeit der Sitten, wenn nicht gelehrte Bildung sich zugesellt.
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Kap. 115. Mahnung an den Leser.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich den verehrlichen Leser daran erinnern, dasz nach der Meinung des Hieronymus die Lesung des Terenz und des Virgil unerläszlich sei, auf dasz man an der Hand derselben die lateinische Sprache nach ihrer grammatischen Richtigkeit wie nach der dem Lateinischen eigentümlichen Schönheit des Ausdruckes erlerne. Hieronymus hat dies in dem ersten Buche der Verteidigung gegen Rufinus Ga naar voetnoot1 zur Darstellung gebracht. ‘Meine Meinung, sagt er, geht dahin, dasz du, o Knabe, die Erklärungen des Asper Ga naar voetnoot2 zu Virgil und zu Sallust lesen mögest, die des Vulcatius Ga naar voetnoot3 zu den Reden des Cicero, die des Victorinus Ga naar voetnoot4 zu den Gesprächen desselben, die meines Lehrers Donatus Ga naar voetnoot5 zu den Lustspielen des Terenz und zu Virgil, die Erklärungsschriften anderer zu andern Dichtern, und zwar zu Plautus, Lucretius, Horaz, Persius und Lucanus.’ Soweit Hieronymus. Hieraus erhellt offenkundig, dasz nach seiner Ansicht die Knaben nicht nur die Dichtwerke selbst, sondern auch die von Sprachkennern herausgegebenen Erklärungen zu denselben lesen sollen. In dem Briefe an Furia über die Wahrung des Witwenstandes hat er sich des
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Zeugnisses des Lustspieldichters bedient, um zur Enthaltsamkeit zu ermahnen mit diesen Worten: ‘Hat doch schon der Lustspieldichter, dessen Aufgabe es ist, menschliche Sitte und Art zu erkennen und zur Darstellung zu bringen, gesagt:
Wenn Ceres fehlt und Bacchus,
Bläst Venus Trübsal.’ Ga naar voetnoot1
Es mögen also gewisse Theologisten von dem Verbote Abstand nehmen, dasz die Knaben auf dem Gymnasium Terenz und Virgil lesen; sie mögen sich nicht bemühen, uns die Worte in den Mund zu legen, sie hätten vielleicht die Worte des Augustinus nicht gründlich erfaszt und verstanden. Es ist nämlich nicht unsere Weise und auch nicht unsere Absicht, in Jupiter gleichsam einen Gott den Knaben als Beispiel eines Ehebrechers vorzuführen. Die Verblendung eines Heiden wird von uns vielmehr als verwerflich und verabscheuungswert hingestellt; die Sitten der Menschen werden gleichsam in einem Spiegelbilde vorgeführt; die Personen, welche sprechend auftreten, und die Folgen ihres Handelns lassen wir sorgfältig betrachten und dem Werte nach abschätzen; und indem wir mit den kräftigsten Ausdrücken des Abscheus die Laster an den Pranger stellen, weisen wir die Zöglinge mit Eifer und Bedacht auf den Glanz der Tugend hin. Hierbei folgen wir dem Rat hochbedeutender Männer; solche sind: Hieronymus, Quintilianus, Papst Pius II., Mapheus Vegius, Angelus Politianus, Baptista Guarino, Erasmus und andere.
Gleichwohl wollen wir diejenigen nicht verurteilen, welche den Terenz mit den Knaben nicht behandeln, in der Befürchtung, es möchte damit den Anschein gewinnen, als streuten sie die Saat des Lasters in die Herzen der Unerfahrenen oder als führten sie durch ihren Rat dieselben auf die Wege des Lasters; sie lesen dann andere Schriftsteller an Stelle des Terenz. Aber solch strenge Sittenrichter, welche durch Herabsetzung anderer sich selbst erhöhen wollen, können wir kaum mit Gleichmut ertragen. Wir lesen mit den Knaben Terenz, auf dasz sie an der Hand eines vorzüglichen lateinischen Schriftstellers die Reinheit der lateinischen Sprache kennen lernen. Und nicht sind es allein Terenz und Virgil, die wir behandeln, -
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wie dies gewisse Klässer uns zur Schuld geben, - sondern es kommen auch zur Behandlung Ambrosius, Hieronymus, Cyprian, Augustinus, Lactantius, Boëthius, Prudentius, Juvencus, Sedulius, Prosper, Leo, Arator, Franziscus Picus, Baptist von Mantua, Erasmus und die übrigen Leuchten unseres Glaubens. In kurzem hoffen wir auch mit Gottes Hilfe den ganzen Psalter unsern Schülern mit Sorgfalt und Bedacht zu erklären. Ob aber Terenz an anderm Orte vor den Knaben eingehender zu behandeln ist oder nicht, das werde ich in einem dieser Frage eigens gewidmeten Büchlein - so Gott mir das Leben läszt - unter Berücksichtigung der Gründe für und wider erwägen und auseinandersetzen.
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Kap. 116. Aus den kanonischen Dekreten.
Die Geistlichen haben sich dahin zu bemühen, dasz sie Unwissenheit gleich wie eine Pest von sich fernhalten. - Unwissenheit, die Mutter aller Irrtümer, soll vornehmlich bei den Priestern Gottes vermieden werden, die da im Volke Gottes das Lehramt übernommen haben. Die Geistlichen sind anzuhalten, die hl. Schrift zu lesen, da ja der Apostel Paulus im Briefe an Timotheus sagt: ‘Halte aus im Vorlesen, Ermahnen und Lehren und verharre immer dabei.’ Ga naar voetnoot1 Es sollen also die Priester die Schrift und die Canones kennen; ihre ganze Thätigkeit besteht in Predigen und Lehren; sie sollen alle sowohl durch die Kenntnis des Glaubens wie durch die Unterweisung im Handeln nach dem Glauben stärken und festigen. - Wenn Unwissenheit bei Laien unerträglich zu sein scheint, um wie viel weniger ist dann Unwissenheit bei solchen, die andern vorgesetzt sind, zu entschuldigen oder zu verzeihen. - Kein Geistlicher darf in Unkenntnis der kanonischen Bestimmungen leben, noch darf er irgend etwas thun, was den Anordnungen der Väter zuwiderlaufen könnte. - Diejenigen, welche das, was sich auf Gott bezieht, kennen, werden auch von Gott gekannt werden; diejenigen, welche das, was sich auf Gott bezieht, nicht kennen, werden auch von Gott nicht gekannt werden. Paulus bezeugt
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dies mit den Worten: ‘Wer nicht kennt, wird nicht gekannt werden.’ - Ein blindes Opfertier bringt dar, wer einen Ungelehrten an Stelle eines Gelehrten zu den Weihen zuläszt und einen zum Lehrer macht, der kaum Schüler sein könnte. - Wenn Priester oder Bischöfe aus Unkenntnis der Grammatik einen Fehler machen, so dürfen sie deswegen gleichwohl nicht von Schülern verächtlich angesehen werden, da man sich vor sittlichen Fehlern mehr als vor sprachlichen zu hüten hat.
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Kap. 117. Aus dem ersten Buche der Bekenntnisse des Augustinus.
Sieh an, Herr Gott, und sieh es an in Geduld, wie die Söhne der Menschen die Vorschriften, welche sie von denen, die da zuerst sprachen, über Buchstaben und Silben erhalten haben, sorgfältig beobachten und wie sie die ewig währenden Vorschriften, die sie von dir ihres Heiles wegen empfangen haben, miszachten. Wenn einer, der an jenen alten Lautvorschriften festhält oder dieselben lehrt, gegen die Forderung der Grammatik das Wort ‘homo’ ohne h im Anlaut der ersten Silbe gesprochen hat, so wird er damit den Menschen mehr miszfallen, als wenn er im Widerspruch mit deinen Geboten die Menschen haszte, während er doch selbst ein Mensch ist.
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Kap. 118. Aus einem Briefe des Augustinus an Licentius.
Wenn Dein Vers an unregelmäsziger Bewegung litte, wenn er den Gesetzen der Verskunst nicht entspräche, wenn er durch ungleiche Silbenmessung die Ohren der Hörer verletzte, so würdest Du Dich dessen schämen, und Du würdest nicht ablassen und nicht aufhören, bis Du ihn geordnet, verbessert, geregelt hättest, bis Du die Unebenheiten Deines Verses ausgeglichen hättest; mit dem gröszten Eifer und unter Nichtachtung aller Mühe würdest Du die Gesetze der Verskunst erlernen und dieselben zur Verwendung bringen. Wenn Du durch eigne Unordnung verdorben bist, wenn Du die Gebote Gottes nicht beobachtest, wenn Du in Deiner Lebensführung weder den frommen Wünschen der Deinigen noch den Weisungen des
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Erziehers gerecht wirst, so glaubst Du dies abschütteln und unbeachtet lassen zu dürfen, gleich als wäre es etwas Geringfügigeres, dasz Du durch ungeregelte Sitten Gott beleidigst als dasz Du durch regellose Sprache den Forderungen der Grammatik zuwider handelst.
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Kap. 119. An die, welche sich höherer Kunst und feiner Sitte beflissen zeigen.
Zöglinge, lieblich und hold, fürs erste erstrebet die Tugend;
Ehrfurcht vor Gottes Gebot schwelle vorab euch die Brust.
Bald dann die Pflege der Sprache erlernet und ehrbares Wissen;
Leset, belehrt und geschult, heilige Bücher der Schrift.
Lehrer, die sich an barbarischem Wissen gesättigt, verachtet,
Brennend Verlangen beherrscht sie nach gelblich blinkendem Golde,
Oder auch maszlose Gier geizet nach eitelem Ruhm.
Lehrer von solcher Geartung behalten in schnöder Gewinnsucht
Schüler, gelehrig an Geist, lang auf dem unstersten Platz;
Dehnt sich die Lernzeit aus, so mehrt sich dem Lehrer das Lehrgeld;
Wenig nur weisz er, und doch lehrt er darüber so viel.
‘Nichts kömmt der Zeit an Kostbarkeit gleich’, so lehrt Theophrast Ga naar voetnoot2 uns;
Keinen der Tage verbring tändelnd, in fruchtloser Ruh!
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Sättigt euch an der Frucht, wie lateinische Rede sie einschlieszt;
Auserlesenes Mahl liegt in der Schale von Gold;
Unter der Hülle des Wortes verborgen bleibt es dem Auge;
Geistige Arbeit indes dringt bis zum innersten Kern.
Meidet die Künste der Lüge wie Schlangen und bissige Hunde;
Meidet auch jegliches Thun, dem es an Offenheit fehlt.
Vorteil laszt fahren und nichtige Sorgen und stolzes Gebaren;
Forscht nach der Quelle, woher strömet den Frommen das Heil.
Lernet im Leben verstehen, was nach dem Leben bevorsteht;
Lernt für euch selbst und erschlieszt bald dann auch andern den Weg.
Glücklich, wer rechtlich gelebt! Doch glücklicher preisen wir den Mann,
Der durch rechtliches Thun andre zur Rechtlichkeit führt.
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voetnoot1
- Die vollständige Buchaufschrift lautet: ‘Scoparius (Auskehrer, Besen) von Johannes Murmellius, gerichtet gegen die Vorkämpfer der Unbildung und die Verächter der humanistischen Studien, geschöpft aus verschiedenen Schriften berühmter Männer.’ Das Werk wurde übersetzt nach der Ausgabe: Scoparius Joannis Murmellii in barbariei propugnatores et osores humanitatis ex diversis illustrium virorum scriptis ad juvanda politioris literaturae studia comparatus opus novum poëticae cultoribus perjucundum. Coloniae, Quentell, 1518. (Königliche Paulinische Bibliothek zu Münster.)
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voetnoot2
- Plautus: Stichus II. Akt. 3. Auftritt.
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voetnoot3
- Johann Alexander von Meppen, hervorgegangen aus der Schule zu Deventer, wirkte als Lehrer in Zwoll, später bis zu seinem Tode als Rektor in Osnabrück; mit Murmellius seit der gemeinsamen Studienzeit an der Hochschule zu Köln eng befreundet.
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voetnoot4
- Hermann Stüve aus Vechta, Schüler des Murmellius, später Lehrer in Zwoll.
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voetnoot5
- Heraklit (aus Ephesus?), lebte um 500-440 v. Chr.; er ward der dunkle (Skoteinos) genannt. Seine Hauptschrift (περì φύσεως, später auch ‘Musen’ genannt) bietet eine solche Fülle schwerwiegender Gedanken, dasz Sokrates sagte, zum Lesen derselben gehöre ein tüchtiger Schwimmer.
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voetnoot1
- Gerhard Listrius aus Rheine, Rektor an der Schule zu Zwoll.
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voetnoot1
- Über Sulpitius vergl. oben Handbuch c. 22.
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voetnoot2
- Über Alexander vergl. oben Handbuch c. 16.
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voetnoot1
- Die Grammatik des Alexander war in Verse eingekleidet; vergl. oben Handbuch c. 16.
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voetnoot1
- ‘Gräcismus’ ist der Name eines grammatischen Werkes, welches Eberhard (Evrard), geb. zu Bethune in der Grafschaft Artois, im Jahre 1124 in Form eines Gedichtes (Hexameter vermischt mit Pentametern) herausgegeben hat. Der Name ‘Gräcismus’ entspricht genau genommen nur dem 10. Kapitel, welches eine Reihe von Erklärungen griechischer Wörter enthält. Das Werk will die Wörter nach ihrem begrifflichen Inhalte und nach ihren Begriffsunterscheidungen behandeln. Wie heute der ‘Graecismus’ vorliegt, entspricht er seinem Inhalte nach nicht dem in der Vorrede gekennzeichneten Plane.
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voetnoot2
- Auf die ‘modi significandi’ d. h. auf die mit allen Spitzfindigkeiten der Dialektik begründeten Erklärungen und Unterscheidungen der Redeteile und der Wortformen wurde beim grammatischen Studium das Hauptgewicht gelegt. ‘Die Grammatik war eine rein spekulative Wissenschaft geworden, die nicht mehr das thatsächlich Gegebene ins Auge faszte, sondern die Gründe nach den philosophischen Principien erörterte. Mit dem dreizehnten oder vierzehnten Jahre muszten die Schüler in die Spitzfindigkeiten dialektischer Behandlung sich fügen, die ihnen nun auch mit unbarmherziger Strenge eingebleut wurden, aber freilich die entsprechende Vorbildung für die dialektische Behandlung aller Wissenschaften auf den Universitäten gewährten.’ Kämmel: Geschichte des deutschen Schulwesens im Übergange vom Mittelalter zur Neuzeit. 168 f.
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voetnoot1
- Marcus Terentius Varro aus Reate (116-27 v. Chr.). Bibliothekar des C. Julius Cäsar, ein sehr fruchtbarer Schriftsteller; gegen 60 Werke sind von ihm nachzuweisen; sein Hauptwerk ‘De lingua latina’ in 25 Büchern; Buch 5-10 erhalten.
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voetnoot2
- Cajus Julius Cäsar (100-44 v. Chr.) hat neben seinen ‘Denkwürdigkeiten’ auch grammatische Studien verfaszt: de analogia libri II: 2 Bücher Analogieen.
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voetnoot4
- Quintus Remmius Palämon aus Vicenza, berühmter Grammatiker zur Zeit der Kaiser Tiberius (14-37) und Claudius (41-54). Seine ‘ars grammatica’ bezeichnen konnte. Juvenal. Sat. VI, 452; VII, 215.
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voetnoot5
- Unter dem Namen eines römischen Grammatikers Asper haben sich ‘zwei sehr verschiedene, aber gleich wertlose’ Schriften erhalten.
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voetnoot6
- Markus Valerius Probus wird von Sueton (75-100 n. Chr.) unter den angesehensten Grammatikern aufgezählt. Unter dem Namen des Probus hat sich eine ‘ars’ erhalten.
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voetnoot7
- Flavius Sosipater Charisius (magister urbis Romae) schrieb für seinen Sohn: ‘institutiones grammaticae’ in 5 Büchern, von denen das letzte bis auf ein Kapitel verloren gegangen ist.
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voetnoot8
- Phokas wirkte als Lehrer der Grammatik zu Rom (grammaticus urbis Romae), V. Jahrhundert 2. Hälfte. Seine Werke: ‘ars de nomine et verbo’; vita Virgilii (in Hexametern).
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voetnoot10
- Servius Honoratus (IV. Jahrhundert 2. Hälfte), berühmt durch seine Erklärungen zu Virgil, in welchen er eine Fülle von Stoff aus Geschichte, Geographie und Religions-Altertümern zusammengestellt hat.
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voetnoot11
- Priscian lehrte die Grammatik zu Konstantinopel zur Zeit des Kaisers Anastasius (491-518); seine 18 Bücher institutionum grammaticarum bieten ‘das vollständigste und vollendetste Lehrgebäude der lateinischen Sprache’ dar; hochangesehen in der Schulen des Mittelalters.
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voetnoot1
- Aldus Pius Manutius (Aldo Pio Manuzio) 1449-1515, aus Bassano (daher Bassianus); Humanist; gelehrter Kenner der griechischen Litteratur, insbesondere der Platonischen Philosophie; als Buchdrucker vornehmlich auf die Verbreitung griechischer Druckwerke bedacht; seine Ausgaben erlangten Weltruf; er verfaszte auch grammatische Schriften: Institutiones grammaticae Graecae; Institutiones Graeco-latinae.
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voetnoot2
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Quintilian de instit. orat. I, 1, 9.
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voetnoot3
- Über Leonidas s. Handbuch, Kap. 15.
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voetnoot1
- Mit ‘Dämon’ bezeichneten die Griechen die Abhängigkeit des Menschen von dem Schicksal, das ihn beherrscht: ‘Dämon ist der stärkste Ausdruck, mit welchem der Grieche des Menschen Schicksal als unentgehbar, als bannend bezeichnet.’ Bei Sophokles bricht Ödipus (Oedipus rex 17) in die Worte aus:
‘Weh! Weh mir! Wohin trägt irrend der Fusz
In die Weite der Welt mich, hinaus in die Nacht?
Wo flieget der Laut von der Lippe mir hin?
Wo stürmst du hinein mich, o Dämon?’
Je nach der Art des Geschickes, das dem Menschen zu teil ward, unterschieden die Griechen einen guten und bösen Dämon (Agathodämon und Kakodämon). So heiszt es bei Theognis (s. Handbüchlein Kap. 21 Anmerkung):
‘Vielen ward nichtsnutziger Geist, doch ein trefflicher Dämon,
Welchen, was böse erschien, immer zum Guten gerät.
Andere mit gutem Rate und mit nichtsnutzigem Dämon
Mühn sich schwer, und es folgt nie das Gelingen dem Thun.’
- Das Wort Dämon ist lautlich und begrifflich auf eine Wortwurzel zurückzuführen, welche die Bedeutung: ‘Wissen’ hat. - Vergl. Lehrs: Populäre Aufsätze aus dem Altertum, vorzugsweise zur Ethik und Religion der Griechen, S. 166-174.
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voetnoot1
- Über Wimpheling s. Handbuch Kap. 22. - Der mitgeteilte Abschnitt ist dem ‘Wegweiser’ - c. 17, 2. Hälfte - entnommen.
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voetnoot2
- Das griech. canon (d. i. regula) bezeichnet: Verordnung, Vorschrift. - Nach dem gegebenen Zusammenhange bezeichnet ‘canones’ die Gesamtheit der kirchlichen Disciplinarsätze, Entscheidungen und Verordnungen gegenüber dem weltlichen Gesetze (leges).
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voetnoot1
- Bei dem Lehrbuch des Alexander Gallus (s. Handbuch Kap. 16) wurden vier Teile unterschieden: I. Formenlehre, Lehre von der Bildung und der Bedeutung der Wörter; II. Syntax; III. Metrik, Prosodie, modulatio vocis und clausulae und die pausationes d. h. Interpunktion: IV. de accentuatione cum novis quibusdam sententiarum additionibus.
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voetnoot2
- ‘Kollekte’ heiszt das kirchliche Bittgebet, welches in der hl. Messe unmittelbar der Epistel folgt. - Wimphelings Darstellung beruht auf Ansichten, welche auch die Bewegung unserer Tage, die sich eine Umgestaltung des höheren Schulwesens zum Ziele setzt, sich zu eigen gemacht hat. Die einseitige Betonung des grammatischen Unterrichts in den alten Sprachen wird auch heute als eine Schädigung und eine Gefahr für die Ausbildung des Jünglings nach der Richtung hin betrachtet, ‘für welche ihn Neigung und Beruf im Leben bestimmen sollen’. Vergl. E. v. Richthofen: Zur Gymnasial-Reform in Preuszen p. 13 ff.
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voetnoot3
- Für den Herausgeber nach den ihm zugebote stehenden Hilfsmitteln nicht nachweisbar.
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voetnoot4
- Antonius Mancinellus s. Handbuch Kap. 22.
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voetnoot1
- Boccordo v. Brescia s. Handbuch Kap. 22.
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voetnoot2
- Dionysius Nestor, Franziskanermönch aus Novara in Italien, lebte um 1400. Von seinen Werken sind bekannt: Dictionarium; de octo partibus orationis; de compositione eleganti et notandis quibusdam; opus grammaticae.
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voetnoot3
- Die Beziehung ist unklar. In der dem Herausgeber vorliegenden Sammlung Äsopischer Fabeln (183 Nr.) ist eine Fabel ‘die Krähe’ nicht enthalten. Auch die daselbst aufgenommenen Fabeln: ‘Die Schwalbe und die Krähe’ Nr. 76, ‘die Krähe und der Rabe’ Nr. 98, ‘die Krähe und der Hund’ Nr. 99 geben keinen Anhaltspunkt zur Deutung obiger Bemerkung.
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voetnoot1
- Aulus Persius Flaccus (34-62 n. Chr.) wendet sich in seinen sechs Satiren gegen die Verderbtheit seiner Zeit. Die Waffen für die Bekämpfung derselben entnimmt er den Lehrmeinungen der stoischen Philosophie. Das Verständnis seiner Dichtungen wird erschwert durch die vielfach in abgerissenen Sätzen sich bewegende Darstellung und durch die Vorliebe für ungewöhnliche Wörter. Obige Stelle findet sich Satir. IV, 52.
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voetnoot3
- Angelo Poliziano (1454-1494) berühmter Dichter am Hofe des Lorenzo von Medici, öffentlicher Lehrer des Lateinischen und Griechischen zu Florenz.
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voetnoot1
- Die angeführten Wörter bedeuten der Reihe nach: ‘Bild (Götzenbild), Mammon, untadelig, Jakob.’
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voetnoot2
- Über Diogenes von Babylon s. ebendaselbst.
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voetnoot4
- Quintilian, de insti. orat. I, 1, 4.
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voetnoot1
- Quintilian spricht in diesem Zusammenhange von dem Sprechen-lernen der Kinder.
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voetnoot2
- Maffeo Vegio (1406-1458), geb. zu Lodi, daher auch Laudensis genannt; öffentlicher Lehrer der Dichtkunst und der Rechtswissenschaft zu Pavia; später Augustinermönch, gest. zu Rom. Von den vielen Schriften des Maffeo Vegio ist die bedeutendste die Erziehungslehre; de educatione liberorum et eorum claris moribus libri VI. ‘Für eine vernunftgemäsze Erziehung stellt er uns die Weisen des Altertums in Wort und That vor Augen und beleuchtet an ihrem Beispiel die Kunst, weise zu leben und das Zusammensein mit der Mitwelt zu veredeln und zu verschönern; für den religiös-sittlichen Fortschritt des Menschen, für eine christliche Erziehung, entnimmt er seine Grundsätze der Offenbarungswahrheit, der hl. Schrift, den Werken der heiligen Väter und dem lebendigen Beispiel der Heiligen. So ist Vegius' Werk zugleich eine kostbare Ausbeute des heidnischen und christlichen Altertums für die pädagogische Wissenschaft.’ Vergl. Kopp: Mapheus Vegius' Erziehungslehre Seite 20. - Das oben Angeführte ist dem II. Buche Kap. 5 entnommen.
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voetnoot3
- Im Vorhergehenden ist bei Vegius die Rede von der Auswahl des Studienortes (lib. II, 3) und der Hofmeister (lib. II, 4).
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voetnoot1
- Masseo Vegio, Erziehungslehre II, c. 18. (1. Abschnitt.)
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voetnoot2
- Die Sarmaten bewohnten im wesentlichen das heutige europäische Ruszland - Die tabula Peutingeriana (eine von einem Mönch zu Colmar im Jahre 1265 angefertigte Nachbildung einer um etwa 280 n. Chr. entstandenen Landkarte) zeigt die Wohnsitze der Sarmaten öftlich von den Karpathen.
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voetnoot1
- Maffeo Vegio tritt im weiteren Verlauf des Kapitals 18 für eine besonnene Auswahl von lateinischen Rednern und Dichtern ein.
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voetnoot2
- Maffeo Vegio, Erziehungslehre II, c. 18 und c. 19.
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voetnoot3
- Die beiden Briefe des Hieronymus an ‘Läta’ und ‘Gaudentius’ sind als ‘Erziehungsbriefe’ hochbedeutsam. Die von Murmellius mitgeteilte Stelle ist dem Briefe an Läta Kap. 2 entnommen.
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voetnoot4
- d. h. Marcella, die Tochter der Läta und des Toxotius. Nach der Geburt ihrer Tochter hatte sich Läta an den h. Hieronymus gewandt mit der Bitte um eine Anleitung für die Erziehung derselben. In dem gen. Briefe willfahrt Hieronymus dieser Bitte.
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voetnoot5
- Cornelia, die Tochter des Scipio Afrikanus Major, die Mutter des Tiberius und des Cajus Sempronius Gracchus, wird im Altertum wegen ihrer unablässigen Sorge um die Ausbildung ihrer Söhne als ein Muster für die römischen Frauen dargestellt.
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voetnoot6
- Quintus Hortensius Hortulus (114-50 v. Chr.) einer der berühmtesten Redner der Römer, der glänzendste Vertreter derjenigen Stilgattung der Rede, die man die ‘asiatische’ hiesz. Vergl. Handbuch Kap. 17 Anmerkung.
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voetnoot2
- Juvenal, Satir. XIV. 70-85, - Über Juvenal s. Handbuch Kap. 2 Anmerkung.
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voetnoot3
- d. h. die Kreuze auf der Richtstätte mit den Leibern der Mörder und Sklaven.
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voetnoot2
- Augustinus, de civitate Dei lib. I. c. 3.
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voetnoot3
- Horaz, epist. I, 2, 69-70. - Übersetzung von Vosz.
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voetnoot4
- Peter Paul Vergerius (Vergerio), italienischer Humanist. Kaiser Sigismund, welcher ihn bei Gelegenheit des Konzils von Kostnitz (1414-1417) kennen lernte, veranlaszte ihn zur Herausgabe einer lateinischen Übersetzung von Arrians Geschichte Alexanders des Groszen.
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voetnoot1
- Diese Sammlung erschien unter der Aufschrift: ‘Epistolarum moralium liber’ wahrscheinlich im Jahre 1513. Zehn ‘moralische Episteln’ sind in diese Sammlung aufgenommen.
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voetnoot1
- Diese Schrift: ‘Tabulae in artis componendorum versuum rudimenta’ (auch: ‘Tabulae de ratione faciendorum versuum’) erschien im Jahre 1515. Es hat dieselbe eine sehr grosze Verbreitung gefunden, wie dies die bis zum Jahre 1658 erschienenen 63 Ausgaben bekunden.
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voetnoot1
- ‘Facetus’ ist der Name einer in den Schulen des Mittelalters vielfach verwandten Sittenlehre in gereimten Distichen. Der Verfasser derselben ist Johannes von Garlandia, s. unten Kap. 53.
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voetnoot2
- Alanus (Alain von Lille). Als Geburtsjahr wird 1114? angenommen; gestorben ist er um das Jahr 1202. Seine Bedeutung als philosophischer Denker und Schriftsteller brachte ihm den Namen ‘doctor universalis’ ein. Seine Sprichwörter (proverbia oder parabolae) wurden in den Schulen des Mittelalters eifrig gelesen. In dem Lehrgedicht ‘Anticlaudianus’ schildert er, ‘wie die Natur, nachdem Gott eine völlig reine Seele geschaffen, im Verein mit allen Tugenden einen vollkommenen Menschen gestaltet.’ Die Theologie, die sieben freien Künste werden als Personen eingeführt; die Klugheit unternimmt eine Fahrt durch das Weltall; in diesem Rahmen bietet sich dann ein Aufbau des gesamten Wissens jener Zeit dar.
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voetnoot3
- Das Gedicht bewegt sich in sapphischen Strophen; jede besteht aus drei kleineren sapphischen Versen ( _ ⌣ _ _ | _ ⌣ ⌣ | _ ⌣ _ ⌣ ) und aus einem adonischen Verse ( _ ⌣ ⌣ _ ⌣ ).
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voetnoot1
- Über die Reise des Plato s. ‘Handbuch’ Kap. 17.
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voetnoot2
- Nach Plinius, Briefe II, 3, 8. - Vergl. Handbuch Kap. 17 Anmerkung.
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voetnoot3
- Peitho ( Πειθώ) - Suadela: Die Göttin der Überredung, die Gefährtin der Musen.
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voetnoot1
- Rudolf Agricola (Huesman), 1443-1485, Schüler der Hieronymianer zu Zwoll (unter Thomas van Kempen), deutscher Humanist der älteren Richtung, welcher in Italien wie in Deutschland gleichen Ruhm gewann. Wiewohl selbst nicht als Lehrer thätig, hat er gleichwohl grosze Bedeutung für das wissenschaftliche Leben seiner Zeit gewonnen. In seinem Werke: ‘libri de inventione dialectica’ erläutert er die allgemeinen Gesetze und Formen des Tenkens, welche auch für wissenschaftliches Arbeiten bestimmend sind, und die Kunst, jede Frage nach allen Beziehungen hin zu ergründen. Kennzeichnend für seine Art und seine Bestrebungen sind namentlich die Briefe des Agricola.
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voetnoot1
- Desiderius Erasmus von Rotterdam (1467-1536), der gefeiertste unter den Humanisten Deutschlands. Zu dem 12 jährigen Erasmus hatte einst Rudolf Agricola das ahnungsvolle Wort gesprochen: ‘Du wirst ein groszer Mann werden.’ In der Folge verbreitete sich des Erasmus Ruf und Ruhm ‘von Polen bis nach Spanien, von England bis nach Ungarn.’ Bei einem der Zeitgenossen (Joachim Cameratius 1500-1574) findet sich in Bezug auf ihn diese Darstellung: ‘Man klascht ihm Beifall, wie einem gelehrten künstlerischen Schauspieler auf den Brettern der Studien. Alles bewundert, verherrlicht und preist ihn, was nicht für einen Fremdling im Reiche der Musen gehalten werden will. Wenn einer einen Brief von Erasmus herauslocken kann, so ist sein Ruhm ungeheuer und er feiert den herrlichsten Triumph. Wenn aber einer gar mit ihm spricht und umgeht, so ist er selig auf Erden.’ - Erasmus' ‘Sprichwörter’ (‘Adagia’ - ‘Adagiorum opus’) erschienen im Jahre 1500. Diese erste Ausgabe bot eine blosze Zusammenstellung von mehreren Hundert Sprichwörtern, - ein trockenes, dürftiges Machwerk, wie Erasmus selber darüber urteilt (opus jejunum atque inops). Die Sammlung wurde in den weiteren Ausgaben vervollständigt und mit Erklärungen ausgestattet, so dasz zuletzt mehr denn 4000 Sprichwörter dargeboten wurden. Es sind indes nicht lediglich ‘Sprichwörter’ in der hergebrachten Bedeutung dieses Wortes; es sind nach Erasmus ‘berühmte Worte, deren Inhalt bekannt und deren Ausdruck seltsam und neu ist; ’ es ist ‘die Weisheit der Alten, welche Erasmus aus den griechischen und lateinischen Schriftstellern zusammengetragen hat.’ Die Ausgabe aus dem Jahre 1608 enthielt über 10000 Verse aus griechischen Dichtern als Belegstellen. Die Erklärungen umfassen Wort- und Sacherklärungen, Ähnlichkeiten und Vergleiche, Erzählungen aus der Geschichte und dem Leben des Tages. - Andere von den wichtigeren Schriften des Erasmus werden in den Anmerkungen zu den folgenden Kapiteln erördert werden.
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voetnoot2
- Bei Murmellius: ‘senatus Hentuerpilensis.’
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voetnoot1
- Agricola war (1482) von Barbirianus aufgefordert worden, die Leitung der Schule zu Antwerpen zu übernehmen. In dem Antwortschreiben des Agricola ist die von Erasmus angeführte Stelle enthalten. Dieser Briefe des Agricola ist kennzeichnend für seine Ansicht von der Schule und dem Amte des Lehrers. ‘Eine Schule gleicht einem Gefängnis, wo es Schläge, Thränen und Geheul giebt ohne Ende. Hat irgend etwas einen seinem Wesen widersprechenden Namen, so ist dies die Schule. Die Griechen haben sie ‘schola’ d. i. ‘Musze’ genannt. Die Lateiner nennen sie ‘ludus literarius’ (vergl. Handbuch Kap. 16). Und doch ist nichts der Musze fremder als gerade sie: nichts ist strenger und allem Spiel widerstrebender als gerade sie. Mit mehr Recht hat Aristophanes ihr den Namen φροντιστήριον (curarum sedes): ‘Sorgenort’ gegeben. Ich soll eine Schule leiten? Wo bliebe mir Zeit zum Studieren, wo Ruhe zum Erfinden und Ausarbeiten? Wo eine oder zwei Stunden zum Erklären eines Schriftstellers? Die Knaben nähmen ja meine Zeit gröszenteils in Beschlag und brächten zudem meine Langmut so in Aufruhr, dasz ich der Musze nicht zum Studieren, sondern zum Verschnaufen und um wieder stille zu werden bedürfte.’ - Die Anführung bei Erasmus stimmt mit dem ursprünglichen Wortlaut des Briefes nich in allem überein. - Im Anschlusz an die von Erasmus mitgeteilte Stelle giebt Agricola den an die Stadtväter von Antwerpen gerichteten Ratschlag: ‘Sie mögen einen Mann nach Art des achilleischen Phönix annehmen, der lehren, sprechen und handeln kann; finden sie einen solchen, so sollen sie ihn um jeden Preis an sich ziehen.’ - Dem Achilles war von seinem Vater Peleus beim Zuge gegen Troja ‘Phönix’ als Begleiter und Berater mitgegeben worden. Phönix sollte ihn durch Wort und Beispiel lehren:
‘Beides, beredt in Worten zu sein und rüstig in Thaten.’
Vergl. Homers Ilias IX, 443. - Dieser Brief des Agricola an Barbirianus ist in der Folge als ‘epistola de formandis studiis’ besonders herausgegeben worden, so von Melanchthon. Später erscheint er mit Zusätzen von der Hand anderer unter der Aufschrift: ‘libellus de formando studio vere aureus dignus qui studiorum omnium manibus teratur.’
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voetnoot1
- Die Schrift des Erasmus: ‘de ratione studii et instituendi pueros commentarii’ aus dem Jahre 1512 bietet nicht sowohl eine von allgemeinen Grundsätzen ausgehende und in regelrechtem Aufbau auch die Einzelheiten berücksichtigende Darlegung des Unterrichts nach Ziel und Weise; sie enthält vielmehr eine Zusammenstellung einzelner Vorschriften über die Vorbildung des Lehrers und die Handhabung des Unterrichtes; die vorgetragenen Ansichten sind zum Teil auch für unsere Zeit nicht ohne Bedeutung.
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voetnoot2
- d. h. die grammatische Lehrbücher geschrieben haben.
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voetnoot1
- Theodorus Gaza (Gazes), geb. 1398, floh 1430 vor den Türken aus seiner Vaterstadt Thessalonike nach Italien; hier wirkte er namentlich zu Siena und zu Ferrara mit groszem Erfolge als Lehrer der griechischen Sprache; gest. 1478. - Erasmus hat die griechische Grammatik des Theodor Gaza in neuer - lateinischer - Bearbeitung herausgegeben (1516).
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voetnoot2
- Konstantin Lakkaris, geb. zu Konstantinopel, einer der griechischen Gelehrten, welche infolge der Eroberung des byzantinischen Reiches eine Zuflucht in Italien suchten.
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voetnoot3
- Diomedes, römischer Grammatiker, um 300? n. Chr.; seine ‘ars grammatica’ in drei Büchern ist einem sonst nicht bekannten ‘Athanasius’ gewidmet. In welchem Ansehen diese Grammatik auch noch zur Zeit des Humanismus stand, erhellt daraus, das Hermann Busch im Jahre 1523 eine neue Ausgabe veranstaltete, desgleichen Johannes Cäsarius im Jahre 1525.
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voetnoot5
- Lucian von Samosata (in Syrien), geb. um 120 n. Chr. gest. 190?, der ‘Voltaire’ seiner Zeit, welcher in vielerlei Schriften bei durchdringender Kenntnis der Verhältnisse seiner Zeit die Vorurteile und Thorheiten seiner Mitmenschen mit ätzendem Spott und geistreichem Witz geiszelte und ihre Laster in rücksichtslosem Freimute mit der ganzen Kraft packender Anschaulichkeit in ihrer abstoszenden Blösze an den Pranger stellte. Es beherrschte ihn das ehrliche Streben, eine Umkehr zur Sittlichkeit und zur Weisheit anzubahnen. Die religiösen Anschauungen seiner Zeit, die des absterbenden Heidentums wie die des mächtig erblühenden Christentums, sind ihm beliebte Zielpunkte seines Spottes. Den beiderseitigen Lehrmeinungen erweist er sich in gleicher Weise abgeneigt. Der ‘gesunde Verstand’ soll ihm das Gesetz der Sittlichkeit finden, ohne dasz derselbe durch eine von auszen kommende Lehre geleitet oder durch ‘innere und ernste Betrachtung’ geklärt werde. - Ein Buch für die Jugend, - auch für die herangereifte, - sind die Schriften Lucians nimmermehr. Die Ansicht des Erasmus von der Verwendbarkeit dieser Schriften in der Schule findet auch heute noch ihre Vertreter, so Köchly, welcher den Vorschlag macht, der Privatlektüre die lucianischen Schriften zu überlassen.
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voetnoot1
- Demosthenes (384-322 v. Chr.) der gröszte Redner und einer der edelsten Menschen des Altertums. Seine ‘Reden’ sind sprachlich Meisterwerke; sie geben Zeugnis von dem Formenreichtum und der Formvollendung der griechischen Sprache und von der Biegsamkeit, mit welcher dieselbe jedweden Gedanken mit Klarheit und Schärfe in das darstellende Wort einzukleiden vermag. Sie sind stilistisch Meisterwerke; sie sind ein für alle Zeiten unnachahmliches Muster des in der Rede wirksamen Kunstgesetzes, das sie zu einem guten Teil selber geschaffen. Sie sind inhaltlich Meisterwerke; insofern sie das Spiegelbild der Gedanken- und Gefühlswelt eines Mannes sind, welcher, selbst ein sittlich ernster und reiner Charakter, alle seine Kraft einsetzte für die Sittenzucht seiner Mitbürger und für die Freiheit des Vaterlandes. Die Reden des Demosthenes sind bis auf den heutigen Tage Gegenstand des Gymnasialunterrichtes.
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voetnoot2
- Herodot' von Halikarnasz, geb. 484, gest. nach 444 n. Chr. schildert in seinen 9 Büchern Geschichte den Kampf der Griechen und der Perser und den Gegensatz zwischen europäischer und morgenländischer Weltanschauung. In zahlreichen Einschaltungen und Abschweifungen zieht er auch die andern Kulturländer der Zeit in den Bereich seiner Darstellung hinein. Sein Werk, welches ein richtiges Volksbuch werden sollte, weist, dieser Geartung entsprechend, viel Wunderbares und Fabelhaftes auf. Über die Verwendbarkeit Herodots für Unterrichtszwecke giebt die heutige Gymnasialpädagogik dieses Urteil ab: ‘Herodots Geschichtsbücher ganz zu lesen, ist unmöglich; sie zu übergehen, wäre ein Unrecht an der Jugend. Wo es sich darum handelt, vor dem Auge der Jugend ein erhebendes Gemälde von der geistigen Grösze Griechenlands aufzurollen, da dürfen die Kämpfe mit den Persern nicht fehlen. Und selbst der jonische Dialekt und die naive Objektivität der Darstellung ist für die Kenntnis der griechischen Litteratur zu bedeutsam, als dasz nicht auch diese Rücksicht dringend die Aufnahme Herodots in die Schullektüre anriete. Diese wird sich aber, so anziehend auch das Übrige sein mag, auf die Perserkriege als den wichtigsten Teil und das Ziel seines Geschichtswerkes beschränken müssen.’
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voetnoot3
- Aristophanes (444?-388? v. Chr.), der ‘Grazienschlingel’ des Altertums; von seinen 54 Lustspielen sind 11 auf uns gekommen. Aristophanes ist berühmt durch die unerschöpfliche Fülle von Witz, Spott und Hohn, womit er in lebenswahren Gestalten die Fehler und Laster seiner Mitmenschen wie die verwerflichen und verderblichen Bestrebungen der Parteien in Athen an den Pranger stellt; er ist berüchtigt durch die rücksichtslose Derbheit, womit er Unterhaltungen und Begebenheiten, die wir als unsittlich bezeichnen müssen, für die Zwecke seiner Darstellung verwendet. Das Altertum wuszte ihn nicht hoch genug zu preisen, wie dies schon aus einem (dem Plato zugesprochenen) Epigramm hervorgebt:
‘Als die Chariten einst einen ewigen Tempel sich suchten, Wählten, Aristophanes, sie deine Seele dazu.’
Allein trotz der lyrischen Stellen von unnachahmlicher Schönheit, trotz der packenden Gewalt des Scherzes, der auch ein verdüstertes Gemüt aufzuhellen vermag, trotz der Meisterschaft der Sprache, die bei aller Kühnheit ihrer Wortschöpfungen immer schön bleibt, sind die Lustspiele des Aristophanes keine Dichtungen für die Hand der Schuljugend.
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voetnoot1
- Ilias und Odyssee, die Dichtungen Homers, ‘welcher im Epos so einzig dasteht, dasz ihm kein andrer Dichter den Vorzug streitig macht.’ bilden heute die Lernstücke der griechischen Lektüre auf dem Gymnasium.
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voetnoot2
- Euripides, geb. 485 (480), gest. 405 v. Chr. der dritte der groszen Tragödiendichter Athens, einer der erfindungsreichsten Dichter aller Zeiten. ‘In allem sucht er das menschlich Ansprechende hervorzuheben. Die Unschuld der männlichen Jugend im Tempeldienst, oder ihre frische, spröde Mannhaftigkeit in Jagd und Weidwerk, die Hinneigung der Frauen zu allem Hohen und Edlen hat er mit unvergänglichen Zügen gezeichnet.’ Dramen des Euripides werden auch zu unserer Zeit auf den Gymnasien gelesen.
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voetnoot3
- Menander (342-290 v. Chr.), einer der Hauptvertreter der sogenannten ‘jüngeren’ Komödie. Seine für uns verloren gegangenen Werke hatten groszen Einflusz auf die dramatische Dichtung bei den Römern. Manche seiner Stücke sind von römischen Dichtern umgearbeitet worden.
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voetnoot4
- Über Terentius und seine Verwendbarkeit in der Schule vergl. Handbuch Kap. 5 und 16.
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voetnoot1
- Publius Virgilius Maro, geb. 70 v. Chr. zu Andes bei Mantua, gest. 19 v. Chr., der berühmteste epische Dichter der Römer. Seine ‘Hirtengedichte’ (Bucolica) lehnen sich an das Vorbild der Idyllen des griechischen Dichters Theokrit aus Syrakus (um 280 v. Chr.). ‘Am gröszten ist Virgil da, wo er sein römisches Naturell möglichst ungehemmt von fremden Anschauungen walten läszt, d. h. als Dialektiker in seinem Gedichte von ‘Landbau’ (Georgic. libr. IV). Der Stoff entsprach Virgils eigenen Neigungen und Anschauungen vollständig, uns so bot er seinem Volke, bei welchem der Ackerbau allezeit in hohen Ehren gestanden hat, ein Werk, welches den mit sichtlicher Liebe und Wärme behandelten Stoff in vollendeten Versen und in einer kraftvollen, mustergültigen Sprache darlegte, wie es die Römer bis dahin noch nicht gekannt hatten.’ An Bedeutung steht seine epische Dichtung ‘Äneis’ (12 Bücher) zurück. Virgils Dichterkraft war diesem groszartigen Vorwurf nicht gewachsen, zumal seine besondere Begabung ihn nicht auf die epische Dichtung hinwies. Bei den Römern wurde die Äneis nicht zum mindesten des vaterländischen Gehaltes wegen hoch geschätzt. - Die Dichtungen des Virgil, vornehmlich die Äneis, haben ihren Platz in der Schule behauptet.
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voetnoot2
- Quintus Horatius Flaccus, geb. 65 zu Venusia in Apulien, gest. 8 v. Chr. zu Rom. Als Odendichter (4 Bücher Oden, 1 Buch Epoden) ist er ein Nachahmer der Griechen, namentlich des Aläus und der Sappho. Gröszer ist er in seinen Satiren (2 B.) und Episteln (2 B.) ‘Die Satire ist die einzige ganz selbständige römische Dichtart, und Horaz hat sie als Meister gehandhabt, weniger mit dem scharfen Messer des Zornes in die gesellschaftlichen Schäden einschneidend als vielmehr dieselben mit den hundert Nadelspitzen der Ironie prickelnd; stets gehalten, maszvoll lächelnd, aber bei aller Artigkeit und Gutmütigkeit dennoch die Leidenschaften und Lächerlichkeiten der Menschen mit unvergänglicher Wahrheit zeichnend.’ Die Oden des Horaz werden heute wie ehedem auf den höheren Schulen (Prima) gelesen; manche werden dabei übergangen, entweder weil sie das Schicklichkeitsgefühl oder den Schönheitssinn verletzen oder auch ihrer Mittelmäszigigkeit wegen. Auch Satiren und Briefe bleiben nicht ausgeschlossen, eben weil sich in ihnen der Dichter am selbständigsten zeigt.
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voetnoot3
- Marcus Tullius Cicero (106-43 v. Chr.); seine Reden und seine philosophischen Schriften, in welchen die lateinische Sprache den Ausdruck ihrer höchsten Vollendung erreicht hat und welche in der Weise ihrer Darstellung bestimmend geworden sind für die Ausbildung der Prosa bei den Römern, gelten noch immer als Schulschriften (Sekunda und Prima).
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voetnoot4
- Von Cäsars (s. oben Kap. 1) Schriften werden heute vornehmlich die ‘Denkwürdigkeiten über den gallischen Krieg’ auf den höheren Schulen gelesen.
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voetnoot1
- Über das Leben und die Werke des Sallust s. Handbuch Kap. 22. - ‘Bei Sallust war die Geschichtsschreibung eine Frage sittlicher Erhebung, wodurch er sein besseres Selbst sich und dem Vaterlande zu retten strebte. Drum wählte er Gegenstände, woselbst die sittliche Beurteilung recht eigentlich die Seele der ganzen Darstellung bilden muszte. - Sein strenges Urteil über den sittlichen Verfall des römischen Staates sollte ihn selbst in seinem eigenen Bewusztsein und in den Augen der Bürgerschaft rechtfertigen. Der Irrtum der Jugend sollte nicht das sittliche Bewusztsein des Mannes irre leiten, und ein Denkmal seiner Geistesrichtung sollte ihn der Nachwelt darstellen.’ Vergl. Gerlach: Die Geschichtschreiber der Römer von den ältesten Zeiten bis auf Orosius, S. 104. - Über die Verwendung in der Schule s. Handbuch Kap. 22.
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voetnoot2
- Bei Murmellius lautet die Überschrift: Ex similibus ejusdem (sc. Erasmi). Im Jahre 1514 veröffentlichte Erasmus sein Werk: ‘Parabolarum sive Similium liber.’ Dasselbe ist eine Sammlung von Sinnsprüchen und Sittenlehren aus den Schriften der Alten, vornehmlich aus den Werken von Aristoteles, Lucian, Plutarch, Theophrast, Xenophon, Plinius, Seneca.
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voetnoot1
- Marcus Antonius Sabellicus (M. A. Coccius) 1436-1506, Humanist, Bibliothekar der St. Marcusbibliothek zu Venedig. Sein Hauptwerk ist eine ‘Geschichte Venedigs’ (Rerum Venetarum historiae).
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voetnoot1
- Über Livius s. Handbuch Kap. 17 Anmerkung.
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voetnoot2
- Firmianus Lactantius lebte zur Zeit des Kaisers Diokletian (reg. 284-305, gest. 313) als Lehrer der Beredsamkeit zu Nikomedien in Bithynien. Vor dem Jahre 303 ist er Christ geworden. Viele seiner in ungebundener Rede verfaszten Schriften sind verloren gegangen. Aus seiner christilichen Zeit stammen unter anderm: ‘de opificio Dei’, eine Art von Anthropologie, welche den Menschen ‘als Werk Gottes’ zu schildern unternimmt; Divinarum institutionum libri VII: ein Lehrgebäude der Weltweisheit im Geiste des Christentums. Es werden ihm auch Hymnen zugeschrieben; die Urheberschaft derselben ist jedoch zweifelhaft. Die Wahrscheinlichkeit spricht dagegen dafür, dasz er der Verfasser des Lehrgedichtes: ‘de ave Phoenice’, ‘der Vogel Phönix’ (85 Distichen) ist.
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voetnoot2
- Über Alexander Gallus vergl. Handbuch Kap. 16.
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voetnoot3
- Petrus Juliani aus Lissabon, daher ‘Hispanus’ genannt, berühmt als Arzt, Naturforscher und Philosoph; bestieg als Johann XXI. den päpstlichen Stuhl (8. September 1276 bis 20. Mai 1277.) Von seinen Schriften war namentlich das Handbuch der Dialektik: ‘Summulae logicales’ vieil in Gebrauch.
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voetnoot4
- Über den Ruf, in welchem bei den Alten Böotien und die Böotier standen, s. Handbuch Kap. 6.
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voetnoot5
- Brief an Läta c. 10 - Vergl. oben Kap. 15.
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voetnoot6
- Mit ‘Serer’ bezeichneten die Alten vielleicht die Chinesen, jedenfalls ein den Chinesen benachbartes Volk, durch welches ihnen im Handel der ‘serische’ Stoff, d. i. Seide, übermittelt wurde. Dat Tragen ‘serischer’ Gewänder galt als Verschwendung. Noch zu Kaiser Aurelians (270-275) Zeiten wurde Seide thatsächlich mit Gold abgewogen. Vergl. Otto von Schorn: Die Textilkunst S. 13. Es kam dazu, dasz aus ‘serischem’ Stoff Gewänder angefertigt wurden, ‘die nichts verhüllen sollten, und bei denen nicht nur der Körper, sondern selbst die Schamhaftigkeit durchaus keine Hilfe fand.’ Vergl. Seneca: Briefe an Lucilius 90, 21.
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voetnoot1
- Ecclesiastes: ‘Der Prediger’ genannt.
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voetnoot2
- Hieronymus pflegte bei seiner Bibelübersetzung den einzelnen Schriften besondere Vorreden vorauszuschicken. Die Übersetzung der Salomonischen Schriften ist im Jahre 393 erfolgt.
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voetnoot1
- Die Erklärungen zu den Briefen des hl. Paulus (commentarii in epistolas Pauli) sind von der heutigen Forschung als unecht nachgewiesen; sie lassen pelagianische Lehrmeinungen erkennen.
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voetnoot2
- Eusebius von Cäsarea (265-340) einer der bedeutendsten und fruchtbarsten Kirchenschriftsteller: In seiner - griechisch geschriebenen - ‘Evangelischen Vorbereitung in XV Büchern’ erbringt er den Nachweis, wie unendlich erhaben das Christentum und selbst das Judentum gegenüber den Religionen und den philosophischen Lehren des Heidentums dasteht.
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voetnoot3
- Buch II Kap. 18. - Vergl. oben Kap. 12.
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voetnoot1
- Über Picus von Mirandula s. Handbuch Kap. 3. - Johannes Franziscus Picus (Giovanni Franzesco Pico), gest. 1533, der Sohn seines Bruders Galeotto Pico.
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voetnoot1
- Erasmus gab 1516 das griechische Neue Testament heraus: Novum Instrumentum (in späteren Auflagen: Testamentum) omne diligenter recognitum et emendatum. Im Anhange war eine lateinische Übersetzung beigegeben und eine Reihe von Anmerkungen, welche mit den weiteren Auflagen an Zahl und Umfang zunahmen. Zwei besondere Schriftchen waren gleichsam als Vorrede oder Einleitung vorangeschickt: ‘Paraclesis sive Exhortatio ad christianae philosophiae studium’ (Ermunterung zum Studium der christlichen Weltweisheit) und: ‘Ratio sive compendium verae theologiae’ (Abrisz der wahren Gottesgelehrtheit).
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voetnoot2
- Über Aristoteles s. Handbuch Kap. 1.
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voetnoot3
- Averroës (Abul Ibn Roschd) 1126-1198, ein spanisch arabischer Gelehrter, vornehmlich berühmt durch seine Erläuterungen zu den Schriften des Aristoteles. Er hat im Verein mit andern (Ibn Tofeil, Maimonides) ‘die aristotetisch-neuplatonische Philosophie in die Form gebracht, in welcher dieselbe nachher zu den christlichen Scholastikern Frankreichs und Italiens überging, um besonders in letzterem Lande bis in das XVI. Jahrhundert hinein Geltung zu behalten.’ Vergl. Müller, Geschichte des Islam im Morgen- und Abendland II, 651.
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voetnoot1
- Simonides von Keos (559-469 v. Chr.), lyrischer Dichter, gepriesen wegen seiner Elegieen und Dithyramben.
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voetnoot2
- Pindar aus Boötien (521-441 v. Chr.) dichtete Oden und Hymnen für Verherrlichung der Sieger in den nationalen Festspielen der Griechen. Quintilian nennt ihn den ‘König der lyrischen Dichter’ (princeps lyricorum), ‘wegen der feierlichen Pracht seines Geistes, wegen der sinnreichen Sprüche, wegen der groszartigen Bilder seiner Rede, wegen der herrlichen Fülle von Gedanken und Worten.’
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voetnoot3
- Alcäus aus Mitylene (612-590 v. Chr.), lyrischer Dichter.
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voetnoot1
- Flaccus, d. i. Horaz, s. oben Kap. 28.
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voetnoot2
- Cajus Valerius Catullus (87-54 v. Chr.) verfaszte kleinere Gelegenheitsgedichte, Epigramme; es haben sich 115 derselben erhalten. Seine Dichtungen gehören zu dem Formvollendetsten, was die römische Dichtkunst geschaffen hat. Vom sittlichen Standpunkte aus müssen gegen dieselben schwere Bedenken erhoben werden.
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voetnoot3
- Von einem ‘Septimius Serenus’ ist eine Dichtung ‘opuscula ruralia’ auf uns gekommen. Es wird ihm nachgerühmt, dasz er die metrischen Formen der Griechen mit ‘Anmut und Geschick’ nachgeahmt habe. - Ein ‘Quintus Serenus Sammonicus’ hat ein Lehrgedicht (de medicina) in 1115 Hexametern verfaszt.
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voetnoot4
- d. i. ein zitherartiges Saitenspiel.
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voetnoot1
- Sappho aus Mitylene, lyrische Dichterin, lebt um 600 v. Chr.
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voetnoot2
- Philo (24? v. Chr. - 54? nach Chr.) ein alexandrinischer Schriftgelehrter jüdischer Herkunft. Einige seiner an die Glaubensgenossen sich wendenden Schriften haben die Erklärung des mosaischen Gesetzes, vornehmlich der Bücher Genesis und Exodus, zum Inhalt.
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voetnoot3
- Flavius Josephus (geb. 37, gest. 93? nach Chr.) verfaszte in griechischer Sprache wichtige Werke über die Geschichte und die Altertümer seiner Stammesgenossen, der Juden, ‘oft genug die Wahrheit selbstsüchtig fälschend.’
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voetnoot4
- Origenes (Adamantius) 185-254, ‘der gelehrteste Mann seines Jahrhunderts,’ Lehrer an der Katechetenschule zu Alexandria. Er hat unter anderm zu den hl. Schriften ‘Scholien’ (kurze Erklärungen einzelner Wörter und Stellen), ‘Kommentare’ (zusammenhängende Erklärungen einzelner Schriften), ‘Homilieen’ (erbauliche Belehrungen) verfaszt. Vieles davon ist verloren gegangen.
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voetnoot6
- Eusebius von Cäsarea wird seiner geschichtlichen Werke wegen der christliche Herodot genannt. Sein Hauptwerk: ‘Vielfältige Geschichte’ gliedert sich in zwei Teile: ‘Chronographie’ und ‘Synchronistischer Canon.’ Ersteres ist nur durch eine armenische Übersetzung gekannt gworden. Letzteres - von Eusebius bis zum Jahre 326 fortgeführt - ist von Hieronymus ins Lateinische übertragen und bis zum Jahre 378 ergänzt worden.
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voetnoot7
- Es sind die nach Alcäus und Sappho (s. oben Kap. 43 und 44) genannten Verse vierzeilige Strophen.
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voetnoot1
- Arator entstammte einem vornehmen Geschlechte Liguriens. Unter Athalarich (Enkel Theodorichs des Grossen) war er comes domesticorum d.h. Befehlshaber der königlichen Garde. Er trat später in den geistlichen Stand ein, gest. 556. Sein dem Papste Vigilius († 555) gewidmetes Gedicht: historia apostolica (de actibus apostolorum) libr. II (‘Über die Thaten der Apostel’) hat er zu Rom in der Kirche Petri ad vincula öffentlich vorgelesen. Der Vortrag dauerte vier Tage: ‘so häufige Wiederholungen erforderte der laute Beifall der Zuhörer.’
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voetnoot2
- Über Baptist von Mantua j. Handbuch Kap. 13. In dem ‘Apologetikon’ - ‘Verteidigungsschrift’ - tritt er mit Wärme und Schärfe denjenigen entgegen, welche ihm seine Beschäftigung mit den Dichtwerken der Alten zum Vorwurf machten.
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voetnoot1
- Es sind dies Anfänge von Kirchenliedern: ‘Schon ist des Tages Licht erwacht’ (Ambrosius); ‘Der du erschufft der Sterne Pracht’ (Adventslied); ‘Des Tages Herold ruft, der Hahn’ (Prudentius); ‘Des holden Tages Schein erglimmt’ (Osterlied); ‘Des goldenen Lichtes Strahl erwacht’; ‘Des Himmels Zier von Ewigkeit.’ Bei Murmellius sind noch acht andere Liederanfänge angeführt.
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voetnoot2
- Über Johannes Franziscus Picus s. oben Kap. 39. - Kaiser Maximilian I. (1493-1519).
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voetnoot1
- Die ‘Poetik’ des Aristoteles ist uns erhalten; es ist dies eine Schrift, ‘an deren Deutung im einzelnen wie an der Erklärung ihres Ursprunges und ihrer Beschaffenheit im ganzen sich seit einem Jahrhundert der Scharfsinn der gelehrtesten Philologen und der tiefsten Denker versucht hat.’ Adolf Stahr: Aristoteles' Poetik. Übersetzt und erklärt. S. 3 f.
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voetnoot2
- Gregor von Nazianz (s. Handbuch Kap. 17) hat Gedichte verfaszt, die als Streitschriften gegen verschiedene Irrlehrer aufzufassen sind, besonders gegen die Apollinaristen, die auch durch Dichtungen ihre Lehrmeinungen unter dem Volke zu verbreiten suchten. Gregors Gedichte sollen dann auch die heidnischen, sittlich gefährlichen Dichtungen ersetzen. ‘Seine Dichtung ist vielfach nichts anders als in Verse eingekleidete Prosa, matt und weitschweifig.’ Auch ein Drama ‘Der leidende Christus’ wird ihm zugeschrieben. Es ist dasselbe fast ganz aus Stellen der Tragödien Medea, Rhesus, Bacchen, Hippolyt, Troerinnen und Orestes des Euripides und der Cassandra des Lykophron zusammengesetzt. Vielleicht gehört es dem Apollinaris (s. unten) an.
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voetnoot3
- Cölius Sedulius, geb. wahrscheinlich gegen Ende des IV. Jahrhunderts auf der Insel Irland, Ort und Zeit des Todes unbekannt. Sein groszes Dichtwerk ‘Mirabilium divinorum libri V’ (Gottes Wunderthaten) - auch ‘carmen Paschale hoc est: de Christi Jesu miraculis’ genannt - bringt alle wunderbaren Begebenheiten des Alten und Neuen Testamentes zur Darstellung: ‘es erreicht an Anmut und Zierlichkeit der Form und der Sprache die altklassischen Muster.’
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voetnoot4
- Drei christliche Dichter sind unter dem Namen ‘Paulinus’ bekannt. Paulinus, Bischof von Aquileja † 2. Januar 804; es werden ihm 4 Kirchenlieder zugeschrieben, darunter das Weihnachtslied: ‘Anbetung in der Höhe und Preis dem Ewigen.’ - Paulinus aus Burdigala (geb. zu Pella 382) verfaszte eine Schilderung des eigenen Lebens in Form eines Dankgebetes von 616 Hexametern ‘Eucharisticon de vita sua’ (im Jahre 465). - Paulinus von Perigueux (Petricordiensis oder Petrocorius), Verfasser eines epischen Gedichtes über das Leben des heil. Martin von Tours.
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voetnoot1
- Für den Herausgeber nach den ihm zu Gebote stehenden Hilfsmitteln nicht nachweisbar.
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voetnoot2
- Nonnos aus Panopolis gehört dem IV. Jahrhundert an.
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voetnoot3
- Amphilochius, Bischof von Iconium, gest. nach dem Jahre 392. Von ihm hat sich ein Gedicht an Seleukus ‘Über die heiligen Bücher’ erhalten.
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voetnoot4
- Apollinaris der Jüngere, Bischof von Loadicea, Stifter der Sekte der Apollinaristen, gest. nach dem Jahre 380 (s. Handbuch Kap. 17). Nach Sozomenus (s. unten) historia ecclesiastica V, 18 hat Apollinaris die Geschichte der Israeliten bis auf Saul in ‘homerischen’ Versen besungen. - Sozomenus legt Apollinaris dem Jüngeren eine griechische Übersetzung der Psalmen in Hexametern bei. Die Urheberschaft ist indes zweifelhaft.
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voetnoot5
- Kaiser Julian (361-363) suchte das die Herrschaft erringende Christentum zu verdrängen durch Wiederbelebung des durch neuplatonische Lehrmeinungen veredelten Heidentums. In diesem Kampfe gegen das Christentum erliesz er unter anderm den Befehl, dasz hinfort Christen nicht mehr die Stelle von Rhetoren und Grammatikern bekleiden dürften. Er wollte damit die Christen von der wissenschaftlichen Bildung der Zeit ausschlieszen oder dieselben zwingen, von heidnischen Lehrern sich unterweisen zu lassen. Dieses Bestreben Julians wird durch die im Obigen gebrachte Bemerkung, die Dichtung des Apollinaris habe den Ärger Julians hervorgerufen, gekennzeichnet.
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voetnoot1
- Sozomenus (Salamanes Hermias) lebte im V. Jahrhundert als Scholasticus zu Konstantinopel; er schrieb eine Kirchengeschichte in 9 Büchern (vom Jahre 323-439); die Einleitung von der Himmelfahrt Christi bis zum Untergange des Licinius (323) ist verloren gegangen.
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voetnoot2
- Wenn Picus dem Apollinaris dem Jüngeren Hymnen und Lustspiele zuschreibt, so verwechselt er ihn mit seinem Vater Apollinaris dem Älteren. Dieser, ein Grammatiker aus Alexandria, später Bischof von Loadicea, hat biblische Lustspiele nach dem Muster des Menander und Hymnen nach der Weise Pindars gedichtet; dieselben sind nicht auf uns gekommen. Über Menander und Pindar s. oben Kap. 28 und Kap. 43.
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voetnoot3
- Bestimmtere Angaben über diesen Dichter hat der Herausgeber nicht ausfindig machen können.
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voetnoot4
- Vielleicht soll darunter der hl. Ambrosius von Alexandria, gest. um 250, verstanden werden.
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voetnoot5
- Sophronius, Patriarch von Jerusalem, gest. 638. ‘Bei vielseitigem Inhalte sind seine Lieder reich an schönen Bildern: sie bekunden tiefe Empfindung, Frömmigkeit und Zartsinn.’
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voetnoot6
- Johannes Damascenus (676-754), der letzte in der Reihe der groszen Dogmatiker in der morgenländischen Kirche. Er ward der Goldströmende (Chrysorrhoas) genannt, wegen seiner Beredsamkeit oder wegen ‘der in seiner Lehre wie in seinem Leben aufblühenden goldglänzenden Geistesgnade’. Er gehört zu den bedeutendsten Hymnendichtern der griechischen Kirche.
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voetnoot8
- Ob Ignatius, Patriarch von Konstantinopel (geb. 790? gest. 877)?
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voetnoot9
- Methodius, Bischof von Olymp (auch Patara) in Lycien, später Bischof von Tyrus, Gegner des Origenes, stirbt als Märtyrer zu Chalkis auf Euböä entweder 303 (Diokletianische Verfolgung) oder 311 (Maximianische Verfolgung). Von ihm stammt: ‘Symposium decem virginum sive dialogus de virginitate.’ Diesem Werke ist angefügt: ‘Psalm der lampentragenden Jungfrauen’. Fortlage: ‘Hier findet sich die erste jubelvolle, gleichsam jungfräuliche Begeisterung, mit der die Welt das Christentum empfing, ein überschwellendes Entgegenjauchzen, ein Vergessen seiner selbst und der ganzen Welt über dem genaheten Geheimnis.’
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voetnoot10
- Porphyrius (ursprünglich Malchus) der Tyrier, geb. 233 zu Tyrus (oder zu Batanea) lehrte als Anhänger der neuplatonischen Richtung zu Rom bis zum Jahre 304. Er schrieb unter anderm ein 15 Bücher umfassendes Werk ‘Gegen die Christen’. Dasselbe sollte späterhin auf Befehl des oströmischen Kaisers Theodosius II. (408-450) vernichtet werden; so haben sich nur einzelne Sätze in den Schriften der Kirchenväter erhalten. Auch die Gegenschriften des Methodius und des Eusebius sind verloren gegangen.
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voetnoot1
- Cajus Vettius Juvencus Aquilius lebte zur Zeit Konstantins als Presbyter in Spanien; er verfaszte eine Bearbeitung der neutestamentlichen Geschichte nach dem Evangelium des Matthäus in epischem Versmasz.
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voetnoot4
- Aurelius Prudentius Clemens (348-410?), berühmt als Dichter von Hymnen und Lehrgedichten. Eine seine gröszeren Dichtungen hat den Namen: ‘Apotheosis.’ In diesem in Hexametern verfaszten Lehrgedicht verteidigt Prudentius die kirchliche Lehre von der Dreieinigkeit und insonderheit die Lehre von Christi Person und Würde gegen die Anfechtungen der Irrlehrer, namentlich gegen die Sabellianer und die Patripassianer, gegen die Ebioniten und die Manichäer. Über die Hymnendichtung des Prudentius vergl. Herder, Sämtliche Werke zur schönen Litteratur und Kunst XII, 192, 221. Den Dichtungen des Prudentius wird nachgerühmt: ‘Bilderreiche, lebendige Darstellung, anspruchslose Einfalt und Klarheit, mächtiger Schwung der Empfindung und der Einbildungskraft, Kühnheit und Kraft der Gedanken und des Ausdrucks.’
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voetnoot7
- Hilarius, Bischof von Poitiers, daher: Pictaviensis (auch der ‘Bekenner’ genannt), geb. um 310, Bischof seit 352, gest. 366. ‘Durch Thaten, Leiden und Schriften wurde er der Athanasius des Abendlandes’. Er ist der erste bedeutende Hymnendichter des Abendlandes.
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voetnoot8
- Über Ambrosius s. Handbuch Kap. 21. - Er ist der Begründer des abendländischen Kirchenliedes. Von den vielen Hymnen, die man ihm zuweisen möchte, sind wenigstens zwölf echt. Augustinus schildert den Eindruck der Gesänge des hl. Ambrosius: ‘Wie habe ich geweint unter deinen Hymnen und Gesängen, heftig bewegt von den Stimmen, die in deiner Kirche lieblich erschallten. Die Laute ergossen sich in mein Ohr, die Wahrheit träufelte in mein Herz und es entbrannte das Feuer der Andacht; die Thränen rannen mir und mir ward so wohl in ihnen.’ Bekenntnisse IX, 4.
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voetnoot1
- Anicius Manilius Severinus Boëthius, ein wegen seiner Gelehrsamkeit und seiner edlen Gesinnung hochberühmter Redner und Philosoph; geb. 478; gegen Ende der Regierung des Ostgotenkönigs Theodorich des Groszen ward er in den Kerker geworfen; 524 (525) wurde er hingerichtet. Im Kerker verfaszte er die Schrift, die am meisten dazu beigetragen hat, seinen Namen bekannt zu machen: ‘Tröstung der Philosophie’ (libri V Philosophiae consolationis oder de consolatione Philosophiae).
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voetnoot2
- Damascus, Papst, geb. 306, Papst seit 366; gest. 384. Von ihm haben sich 40 kleinere Gedichte erhalten, meist Grabinschriften auf Märtyrer, Weiheinschriften für Kirchen und Taufkapellen, auch Kirchenlieder wie: ‘Deus sacrati nominis’; ‘Martyris ecce dies Agathae’.
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voetnoot3
- Licentius, Sohn des Romanianus, Schüler des hl. Augustin, richtete von Rom aus, wo er seiner rhetorischen Studien wegen verblieb, ein Gedicht von 154 Hexametern an Augustinus, ‘gespickt mit Phrasen alten und neuen Gepräges von wirrem Gedankengang mit sehr unklassischem Versbau’.
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voetnoot4
- Beda ‘der Ehrwürdige’, der Lehrer Englands, welcher alles Wissen seiner Zeit umfaszte, verarbeitete und lehrte, geb. 672, gest. 735 im Kloster zu Jarrow in Northumberland. Von ihm sind elf Hymnen auf uns gekommen; sie bekunden dichterische Begabung, Wärme der Empfindung, sprachliche Gewandtheit. Seine angelsächsischen Dichtungen sind verloren gegangen.
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voetnoot5
- Hrabanus Maurus, Abt des Klosters zu Fulda, Erzbischof von Mainz, geb. 776, gest. 856, dichtete Epigramme, Hymnen (28?), drei gröszere Dichtungen, als deren bedeutendste das ‘Lob des hl. Kreuzes’ (de laudibus sanctae crucis) angesehen wurde. Über seine Bedeutung als Dichter s. des Herausgebers: Hrabanus Maurus, 5. Band der vorliegenden Sammlung, Seite 33-37.
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voetnoot6
- Hildebert von Lavardin, Bischof von le Mans, später Erzbischof zu Tours; geb. 1056 zu Lavardin (bei Montoire, Departement Loir et Cher, in der altfranzösischen Landschaft ‘Maine’, dem Verbreitungsgebiete der keltischen Völkerschaft der Cenomanen, daher auch ‘Cenomanensis’ genannt), gest. 1134; er wurde als Dichter und als fruchtbarer kirchlicher Schriftsteller hoch gefeiert.
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voetnoot1
- Canon (griechisch) hat ursprünglich den Sinn von ‘Glaubensregel’ (regula fidei); später - seit dem Konzil von Nicäa 335 - bedeutet Canon (nun auch in der Mehrzahlform canones vorkommend) ‘Satzung der kirchlichen Disciplin’ ‘constitutio ecclesiastica “canonis” nomine censetur’); seit dem Konzil von Trient 1545-1563 bezeichnet man mit ‘canones’ kurze Lehrsätze dogmatischen Inhaltes; an die Stelle von ‘Canon’ in dem bisherigen Sinne tritt dann ‘decretum’.
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voetnoot2
- Die Bewohner der Stadt Anticyra, welche auf einer zu der mittelgriechischen Landschaft Phocis gehörigen Insel lag, verstanden es, aus der in der Umgegend wachsenden Nieswurz ein wirksames Heilmittel zu bereiten; so erhielt Anticyra den Ruf eines bewährten Heilortes. Die angeführte Stelle lehnt sich an Horat. Ars poetica v. 300 an: ‘Ein Kopf unheilbar in drei Anticyras.’ Vergl. Horaz, Satiren II. 3, 82 f.
’Geizigen reichet man weit die beträchtlichste Gabe von Nieswurz. Wenn sie vielleicht die Vernunft nicht ganz nach Anticyra weiset.’
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voetnoot1
- Das in dem Wortlaut: ‘Juris amatores non tam canonici quam patinarii’ gelegene Wortspiel ist unübersetzbar. ‘Jus’ ist in der ersten Anwendung im Sinne von ‘Recht’ zu verstehen, bei der zweiten Bezugnahme im Sinne von ‘Brühe, Suppe’.
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voetnoot2
- d. i. etwa unser: ‘Tafelfreundschaft’.
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voetnoot1
- d. h.: ‘Siedet der Topf, so ist die Freundschaft oben auf.’
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voetnoot2
- Wörtlich: ‘Du schmückst einen Topf aus.’
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voetnoot3
- Wörtlich: ‘Mit den Töpfen grosz thun.’
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voetnoot4
- Wörtlich: ‘Der Topf liest sich selbst die Küchenkräuter zusammen’, d. h. der Topf hilft sich selber.
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voetnoot6
- ‘Mors in olla, vir dei.’ Könige IV, 4, 40.
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voetnoot7
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Vae civitati sanguinum, ollae, cujus rubigo in ea est et rubigo ejus non exivit de ea. Ezechiel c. XXIV, 6.
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voetnoot1
- Bald nach dem Tode des Gotenkönigs Theodorich des Groszen († 30. August 526) kam die Legende auf, ein frommer Einsiedler habe die Seele des arianischen Theodorich ‘zur Strafe seiner Verfolgungen gegen die Rechtgläubigen in einem Feuerpfuhl unter den liparischen Inseln leiden sehen und jammern hören.’ - von Papst Gregor I. (590-604) sind 4 Bücher ‘Dialoge’ auf uns gekommen (libri IV dialogorum de vita et miraculis patrum Italicorum et de aeternitate animarum).
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voetnoot2
- Horaz, Episteln I, 11, 28-29.
Im Schiff und im Wagen Jagen dem glücklichen Leben wir nach.’ Das lateinische ‘navibus atque quadrigis’ hat den Sinn: ‘mit allen Mitteln und aus allen Kräften.’
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voetnoot3
- ‘Nicht mehr das Meer wird durchschneiden ein Schiff, das vor Jahren erbaut ist.’
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voetnoot4
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Quintilian. de institut. orator. I. 4, 3.
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voetnoot5
- ‘virgula censoria’ oder auch ‘obelus’ hiesz der Strich bei einem Worte zum Zeichen der Unechtheit desselben.
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voetnoot6
- Die alten Grammatiker hatten für jede Stilgattung der schriftlichen Darstellung einen ‘Canon’ mustergiltiger Schriftsteller zusammengestellt, je sieben zu einer sogenannten ‘Plejas’ für jede Gattung. Dieselben gelten als die Schriftsteller erster ‘Klasse’ für ihre Gattung (daher unser ‘Klassiker’).
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voetnoot1
- Die Stampfmühle wurde bei den Alten durch Pferde bez. Esel in Betrieb gesetzt; zur Strafe wurden auch Sklaven bei dieser Arbeit verwandt. Die obige Bemerkung soll also den Sinn haben: Überträgt man die Bezeichnung ‘literatus’ auf den Lehrer der Anfangsschule, so entwürdigt man den literatus zur Sklavenarbeit.
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voetnoot2
- Die Römer unterschieden: a) Grammatistae (literatores) d. i. Lehrer zum Unterricht in Lesen, Schreiben, Rechnen; b) grammatici (literati): Lehrer für Grammatik (im engern Sinne), Rhetorik, Litteratur; c) professores: Lehrer für den höheren Unterricht (professores artium, philosophiae, sapientiae . . .) Bei den Griechen unterschied man je nach Lehrfach und Lehrweise 5 Arten von Lehrern: a) Grammatistes (Elementarlehrer für Lesen, Schreiben, Rechnen); b) didascalus (Sprachlehrer im Gegensatze zum Turnlehrer); c) grammaticus (Sprachlehrer, welcher die wissenschaftlichen Sprachstudien vorbereitet; er wird auch philologus oder criticus genannt): d) exegetes (Erklärer: Litteratur); e) sophistes (Lehrer der Weisheit).
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voetnoot3
- Johannes Suave sandte im Jahre 1514 seinen Bruderssohn (Peter Suavenius) nach Alkmaar, damit derselbe dort den Unterricht des Murmellius geniesze; dem Empfehlungsschreiben, welches der neue Zögling abzugeben hatte, ist die obige Anführung entnommen.
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voetnoot1
- Über Pythagoras s. Handbuch Kap. 17.
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voetnoot2
- Sokrates aus Athen (469-399), der ‘Weiseste’ unter den Griechen, der Lehrer Platos.
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voetnoot5
- Über Isokrates s. Handbuch Kap. 22.
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voetnoot6
- Theophrast von Lesbos (368-285 v. Chr.), Leiter der peripatetischen Schule nach dem Tode (322) des Aristoteles.
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voetnoot7
- Aristarch aus Samothrake, lebte zu Anfang des II. Jahrhunderts v. Chr. als Grammatiker zu Alexandria; berühmt und verdienstvoll durch seine Forschungen zu den homerischen Dichtungen. - Ein anderer ‘Aristarch’ stammt aus Samos, Astronom, lebte um die Mitte des III. Jahrhunderts v. Chr.; seine Schrift ‘über Grösze und Entfernung der Sonne und des Mondes’ hat sich erhalten. - In dem Sinne der obigen Anführung ist an den ersteren zu denken.
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voetnoot8
- Karneades (214-129 v. Chr.) ein Philosoph der akademischen Schule.
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voetnoot10
- Archimedes (287-212 v. Chr.), der berühmteste Mathematiker und Naturforscher des Altertums.
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voetnoot2
- Peter Suavenius, später Lehrer der griechischen Litteratur an der Hochschule zu Leipzig.
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voetnoot1
- Isidor, Bischof von Sevilla, † 636. Sein Hauptwerk erschien unter dem Titel: ‘Zwanzig Bücher Etymologieen oder Ursprünge’ (XX libri etymologiarum sive originum). Dasselbe verbreitet sich über ‘Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Medizin, Rechtwissenschaft, Zeitrechnung (im V. Buche folgt eine kurze Weltchronik bis auf Kaiser Heraklius geb. 575; Regierungsantritt 610; gest. 10. Februar 641), Metrik, Bibelkunde (mit Ostercyklen), das Reich Gottes im Himmel und die Hierarchie auf Erden, die Kirchen und die (68) Sekten, alle Sprachen und alle Völker mit ihren Verfassungen und Ämtern, Anthropologie, Zoologie, Physik, Erdkunde, Beschreibung der Städte, Straszen und Gebäude, Mineralogie, Botanik, Kriegswesen, Waffenkunde, Spiele, Schiffskunde, Architektur, Kleidung, Schmuck, Geräte, Speisen und Getränke.’
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voetnoot2
- Die ‘epistolae obscurorum virorum’ (zusammen 118) erschienen in 2 Abteilungen in den Jahren 1515 und 1517. Die heutzutage gebräuchliche Übersetzung: ‘Briefe der Dunkelmänner’ schlieszt sich nicht eng genug an den Sinn des Lateinischen an. Der Humanist Reuchlin (1455-1522) hatte in einem gelehrten Streite eine Sammlung von Briefen unter der Aufschrift: ‘epistolae illustrium virorum’ (Briefe berühmter Männer an ihn d. i. Reuchlin) herausgegeben. Eine Art Gegenstück hierzu bildet die Sammlung ‘epistolae obscurorum virorum’ d. h. Briefe ‘unbekannter’ Männer. - Nach dem heutigen Stande der Forschung wird Crotus Rubianus (1480-1540), Lehrer zu Fulda, Erfurt, Königsberg und Halle, als Verfasser der Mehrheit dieser Briefe angesehen. Diese Briefe sollten nach Inhalt und Form eine Verspottung von Verhältnissen und Personen jener Zeit sein. Sie sind in einer Sprache geschrieben, welche ‘Küchenlatein’ genannt zu werden verdient. Murmellius läszt sich in seiner Verurteilung derselben in erster Linie durch ihre barbarische Sprache bestimmen. Streng kirchlich gesinnte Männer verurteilten sie ihres Inhaltes wegen.
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voetnoot3
- Papias, ein Lombarde, gab als Frucht eines zehnjährigen Studiums im Jahre 1063 ein Lehrbuch heraus: ‘elementarium doctrinae rudimentum’ eine Art von Real-Encyklopädie. Ein Wörterbuch von ihm hiesz: Vocabularius.
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voetnoot4
- Evrard von Béthune s. oben Kap. 1. - Neben dem ‘Graecismus’ veröffentlichte er noch andere Schulschriften: Modus latinitatis’; ‘Labyrinthus’.
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voetnoot5
- Hugutio (Hugo von Pisa), Bischof von Ferrara bis 1210, verfaszte in Anlehnung an das Werk von Papias ‘einen nach Stammwörtern geordneten liber derivationum, voll der kühnsten und abenteuerlichsten Worterklärungen.’
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voetnoot1
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Catholicon, verfaszt von Johannes de Janua oder Januensis d. i. Johannes Balbi aus Genua im Jahre 1286. Johannes Balbi verwertet für seine sachlichen Erörterungen das Werk des Papias und für seine etymologischen Deutungen das Werk des Hugutio. Die eigentümliche Namengebung ‘Catholicon’ (Genitiv: ‘Catholiconis’ oder Catholicontis!) begründet er in der Vorrede durch den Hinweis darauf, dasz sein Werk ein allgemeines und ein allseitiges sei, da es Bedeutung habe für jedwedes Wissen (quod sit communis et universalis, valet quidem ad omnes sere scientias).
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voetnoot2
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Mammaetractus (Mammotrectus). - Der Franziskaner Giovanni Marchesini aus Reggio gab zu Anfang des XIV. Jahrhunderts eine Sammlung von grammatischen, orthographischen und exegetischen Glossen heraus zum leichtern Verständnisse der hl. Schrift. Diese Sammlung wird als ‘Mammaetractus’ bezeichnet. Diese Bezeichnung lehnt sich an eine Stelle in der Vorrede an: ‘Qui morem geret talis decursus paedagogi qui gressus dirigit parvulorum, mammotrectus poterit appellari.’ Dieses mammotrectus wird auf ein lombardisches Wort ‘mammo’ ‘der Säugling’ zurückgeführt. - Eine andere Ansicht geht dahin, dasz einem Schulmeister Mamotrectus zu Erfurt aus der Zeit Kaiser Ludwigs des Bayern (1313-1348) diese Schrift zuzuschreiben sei.
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voetnoot3
- Haimo, Bischof von Halberstadt (840-853), schrieb Kommentare zu verschiedenen Büchern der hl. Schrift. Walafried Strabo von Reichenau (807-849) führt dieselben als Quelle in seiner Glossa ordinaris an.
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voetnoot4
- Der Breviloquus (auch ‘Vocabularius breviloquus’), ein Jugendwerk von Johannes Reuchlin (s. oben). Die erste Ausgabe erschien 1475 oder 1476, die 25. Auflage im Jahre 1504. Das Urteil des Murmellius ist in etwa zu berichtigen. Der Vocabularius breviloquus stützt sich zum Teil freilich auf Papias. In der Auswahl der Belegstellen aus den besten Schriftstellern heidnischer und christlicher Zeit verfährt er durchaus ursprünglich; auch die Einteilung des Stoffes ist eine von der bisherigen Weise abweichende. Diese allseitige Bekanntschaft mit den Werken der klassichen Litteratur ist neu; neu ist gleichfalls die gefällige und geschmackvolle Sprache. Reuchlins breviloquus ‘wurzelt noch in der alten Zeit, aber er ist bereits ausgerüstet mit vielen Waffen der neuen Zeit.’
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voetnoot5
- Die ‘Gemma gemmarum’ ist der Name eines lateinischen Wörterbuches mit deutschen Erklärungen, welches seit dem Jahre 1484 nachweisbar ist; es entnimmt seinen Stoff dem ‘Catholicon’; es hat auch den vocabularius breviloquus des Johannes Reuchlin benutzt.
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voetnoot6
- Ein Vocabularius rerum erschien im Jahre 1478 zu Augsbur
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voetnoot1
- Johann von Garlandia, wirkte von 1229-1232 als Lehrer zu Toulouse, später zu Paris; er verfaszte ein ‘compendium grammaticae’ in Hexametern, desgleichen ein distigium (Worterklärungen) ebenfalls in Hexameters: beide Bücher erfreuten sich in den Schulen des Mittelalters groszen Ansehens.
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voetnoot2
- Nicolaus Lyranus, geb. zu Lyre in der Normandie (daher: Lyranus); Mitglied des Franziskanerordens; lehrte an der Schule des Franziskanerklosters zu Paris: † 1340 (als Ordensprovinzial in Burgund); sein bekanntestes Werk: ‘Postillae perpetuae in universa biblia’ ist unter anderm bei der unter Mitwirkung von Sebastian Brant 1496 herausgegebenen groszen Baseler Bibelkonkordanz (concordantiae partium sive dictionum indeclinabilium totius Bibliae) benutzt worden.
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voetnoot3
- Accursius, geb. zu Bagnolo bei Florenz um das Jahr 1182, Lehrer der Rechte, Beisitzer des Podesta von Bologna, gest. 1260 zu Bologna. Er erklärt seinen Namen durch Hinweis auf seine Thätigkeit als Deuter und Erklärer des bürgerlichen Rechts. ‘Nomen meum scilicet Accursium, quod est honestum nomen, dictum quia occurrit et succurrit contra tenebras juris civilis.’ Seine mit eignen Bemerkungen reichlich ausgestattete Sammlung von Glossen (Erklärungen) wurde ‘Glossa ordinaria’ oder auch einfach ‘Glossa’ genannt. Seine Söhne Franz, Cervottus, Wilhelm und Cursinus Accursius haben sich gleichfalls den Ruf bedeutender Rechtsgelehrter erworben.
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voetnoot4
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Aurea legenda von Jakob von Boragine, geb. zu Baraggio (heute Barazze) zwischen Genua und Savona um 1225, Mitglied des Dominikanerordens, seit 1292 Erzbischof, gest. zwischen 1296 und 1299. Er hatseine Legendensammlung ‘legenda Sanctorum’ genannt. In der Druckausgabe von 1490 wird sie ‘aurea legenda’ genannt; diese Bezeichnung ist weder handschriftlich noch in älteren Drucken nachweisbar. Er schrieb auch eine Chronik von Genua, welche bis zum Jahre 1296 reicht.
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voetnoot5
- Aus den dem Herausgeber zu Gebote stehenden Hilfsmitteln nicht nachweisbar.
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voetnoot6
- Die Glossa notabilis erschien 1488 zu Köln; sie ist ein ‘mit den gröszten Abgeschmacktheiten und Lächerlichkeiten in Ableitung und Wortbildung angefüllter Kommentar zu dem Doctrinale des Alexander Gallus.’
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voetnoot1
- Lorenzo Valla (1407-1457), berühmter italienischer Humanist. In seinem Hauptwerke (libri VI elegantiarum sermonis latini) sammelte er ‘den in den letzten Jahrzehnten aus der eignen Quelle der Alten entnommenen Sprachschatz’, um Musterbeispiele für die Fortbildung der lateinischen Sprache zu bieten. Es war ‘eine Grammatik höherer Art, die nicht den ganz Uneingeweihten die Grundbegriffe der Sprache, sondern dem Kundigen die Feinheiten des Ausdruckes darlegen soll, eine Sammlung von Redesarten, Satzfügungen, stilistischen Regeln unter Mitteilung zahlloser Beispiele aus den klassischen Schriftstellern. Diese ungeheure Materialienmasse, die bei dem Mangel ähnlicher grammatisch-lexikalischer Hilfsmittel nicht durch eine bequem erborgte Lexikonweisheit, sondern durch eine mühsam erworbene Kenntnis aus erster Hand zusammengebracht war, ferner der feine Sprachsinn, die Ahnung des Kunstmäszigen und Harmonischen im Sprachgefüge machen noch heute den Wert des Werkes aus und machten es Jahrzehnte, ja vielleicht Jahrhunderte hindurch zu einer unerschöpflichen Fundgrube für die Gelehrten.’ Vallas Hauptwerk hat in den Jahren 1471 bis 1536 nicht weniger als 59 Auflagen erlebt. Valla wendet sich in seinen Darlegungen mit Schärfe, Spott und Bitterkeit gegen die Theologen, ‘welche sich in Verkennung der klassischen Schriftsteller gefallen.’ Der, welcher ‘die Eleganz der Sprache’ nicht kennt, ist ihm ein Wahnsinniger. In der Bekämpfung der Gleichgültigen und der Gegner kennt er keine Rücksicht, keine Schonung.
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voetnoot5
- Über die aufgeführten grammatischen Werke s. oben Kap. 54.
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voetnoot1
- Über die Schrift ‘Apologeticon’ s. oben Kap. 47.
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voetnoot2
- Über Äsop s. Handbuch Kap. 5. - Äsops Fabeln waren ein im Mittelalter, namentlich für den Anfangsunterricht, vielgebrauchtes Schulbuch.
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voetnoot3
- Solon, der berühmte Gesetzgeber der Athener (639-559 v. Chr.).
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voetnoot4
- Chrysippus aus Soloi (282-209 v. Chr.), ein Philosoph der stoischen Schule, wegen seiner Verstandesschärfe ‘das Messer der gordischen Knoten’ genannt.
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voetnoot5
- Hilarius, Bischof von Poitiers (320-366); berühmter Kirchenschriftsteller; von Pius IX. (1852) der Zahl der Kirchenlehrer beigesellt.
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voetnoot1
- Über Varro uns sein grammatikalisches Werk s. oben Kap. 1.
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voetnoot2
- Nonius Marcellus, der Geburt nach ein Numidier aus Thurbulo (südlich von Karthago), schrieb: ‘de proprietate sermonis’ und ‘compendiosa doctrina per litteras ad filium.’ Ein groszer Teil der früheren Litteratur ist in seinen Anführungen nach bestimmten Gesichtspunkten übersichtlich geordnet. Die Sprachkenntnisse des Nonius Marcellus sind nicht eben bedeutend gewesen. Seine Schriften stützten sich auf das Werk von Aulus Gellius: ‘Noctes atticae’ (s. Handbuch Kap. 5). Die Thatsache, dasz Nonius Marcellus das Werk des Gellius ausschreibt, ohne diese seine Quelle zu nennen, legt den Schlusz nahe, dasz er geraume Zeit nach Gellius (gest. um 175 nach Chr.) gelebt haben musz.
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voetnoot3
- Sextus Festus Pompejus, ein Grammatiker des III. oder IV. Jahrhunderts. - Verrius Flaccus, ein berühmter Sprachkenner, dem Kaiser Augustus den Unterricht seiner Enkelkinder anvertraute (gest. unter Kaiser Tiberius 14-37 n. Chr.), schrieb ein lexikalisches Werk: ‘de verborum significatu.’ Von diesem Werke des Verrius Flaccus machte Festus Pompejus einen Auszug, von welchem sich nur der zweite Teil - vom Buchstaben M ab - erhalten hat. Von dem vollständigen Werke des Festus Pompejus hat Paulus Diaconus (gest. um 795) einen Karl dem Groszen gewidmeten Auszug gemacht. Dieser hat sich in zahlreichen Handschriften erhalten: während des Mittelalters wurde gerade dieser Auszug des Paulus Diaconus vornehmlich benutzt; durch ihn wurde das Werk des Festus Pompejus fast verdrängt. Das für das Sprachgeschichtliche Wichtige hat Paulus Diaconus leider aus seiner Vorlage gestrichen, desgleichen die zahlreichen Belegstellen.
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voetnoot4
- Über Aulus Gellius s. Handbuch Kap. 5.
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voetnoot5
- Macrobius (Ende des IV., Anfang des V. Jahrhunderts) schrieb: Kommentare zu Ciceros Traum des Scipio; 7 Bücher ‘Saturnalien’ (dieselben verbreiteten sich über Litteratur und Kultuswesen in Anlehnung an das Werk von Aulus Gellius ‘Attische Nächte’ (s. Handbuch Kap. 5) und an die Kommentare des Servius zu Virgil (s. oben Kap. 1).
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voetnoot6
- Flavius Caper, ein Grammatiker zur Zeit des Kaisers Trajan (98-117 n. Chr.); zwei Schriften: ‘de orthographia’ und ‘de verbis dubiis’ werden ihm zugeschrieben.
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voetnoot2
- Johannes Torellius - Giovanni Tortelle - (1400-1466), päpstlicher Kämmerer und Geheimschreiber am Hofe Nicolaus' V. (1447 bis 1455); er unterstützte den Papst in der Sammlung und Anlage seiner Bibliothek; sein Hauptwerk: ‘de orthographia dictionum a Graecis tractarum’ bietet eine Zusammenstellung der dem Griechischen entlehnten Wörter des Lateinischen nebst sprachlicher und sachlicher Erklärung derselben.
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voetnoot3
- Für den Herausgeber nicht nachweisbar.
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voetnoot4
- Ein Grammatiker ‘Chalcidius’ wird aus dem VI. Jahrhundert nach Chr. erwähnt. Derselbe hat Platos Timäus übersetzt und erklärt.
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voetnoot5
- Über Laurentius Valla s. oben Kap. 55.
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voetnoot6
- Über Nicolaus Perottus s. Handbuch Kap. 22.
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voetnoot7
- Über Hermolaus Barbarus s. Handbuch Kap. 24.
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voetnoot8
- Georg Merula - Giorgio Merlani aus Alessandria (1424-1494) - unterstützte den zu Venedig wirkenden Buchdrucker Nicolaus Jenson bei der Herausgabe lateinischer Schriftsteller.
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voetnoot9
- Philipp Beroaldus (1453-1505), wirkte zu Bologna als Arzt, Philosoph, Redner. Über seine Schriftstellerausgaben s. unten Kap. 62.
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voetnoot10
- Georg Valla aus Piacenza (Giorgio della Valle, 1440-1499), wirkte als Arzt und als Lehrer des Lateinischen und des Griechischen um die Mitte des XV. Jahrhunderts zu Venedig.
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voetnoot11
- Budäus (Guillaume Budé, 1467-1540) königlicher Bibliothekar zu Paris, zu seiner Zeit ‘der gröszte Hellenist’ Frankreichs. Die angeführten Werke heiszen: ‘Annotationes in XXIV libros Pandectarum.’ (Paris 1508.) - ‘Pandekten’ oder ‘Digesten’: eine das ganze geltende Recht umschlieszende Sammlung römischer Rechtsbestimmungen [durch Kaiser Justinian I. (527-565) veranlaszt]; ein Teil des corpus juris. - ‘De asse et partibus ejus’ (1514) - ‘As’: Bezeichnung für eine altrömische Kupfermünze. - Seine ‘commentarii linguae graecae’ sind 1529 (nach dem Tode des Murmellius) erschienen; sie haben dem Studium des Griechischen in Frankreich die Anregung gegeben.
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voetnoot1
- Des Erasmus Ausgabe des Neuen Testaments erschien 1516 zu Basel: ‘Novum Intrumentum omne, diligenter ab Erasmo Roterodamo recognitum et emendatum.’ Bei den folgenden Ausgaben ist ‘Instrumentum’ in ‘Testamentum’ abgeändert worden. - Die Erklärungen (Scholien) zu Hieronymus sind in den Jahren 1516 bis 1518 in 9 Bänden erschienen. Murmellius († 1517) hat die Vollendung dieses Werkes nicht erlebt.
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voetnoot2
- Petrus Crinitus - Pietro Crinito - (1465-1505), florentinischer Humanist, Schüler des Politianus.
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voetnoot3
- Über Dionysius Nestor s. oben Kap. 5.
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voetnoot4
- Grapaldus, d. i. Franziscus Marius aus Parma, von Papst Julius II. (1504-1513) zum Dichter gekrönt; sein Hauptwerk: ‘Über die Teile des Hauses’.
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voetnoot5
- Ambrosius, genannt Calepinus (Calepino) nach seinem Geburtsorte Calepio am Olgio (1435-1511), gelehrter Augustinermönch; sein Hauptwerk (Wörterbuch) erschien unter der Aufschrift ‘Dictionum interpretamenta’ 1502.
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voetnoot6
- Die ‘Pappa’ des Murmellius kommt weiter unten - ihren Hauptstücken nach - zum Abdruck.
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voetnoot7
- Über Pylades von Brixen s. Handbuch Kap. 22.
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voetnoot1
- Über Mancinellus s. Handbuch Kap. 22.
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voetnoot2
- Die erste Ausgabe dieser Schrift des Murmellius hat die Aufschrift: ‘Opus de compositione verborum’, erschienen um das Jahr 1502; die zweite verbesserte Auflage erschien 1504 unter dem Titel: ‘Opuscula duo, unum de verborum compositis, alterum de verbis communibus ac deponentialibus.’
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voetnoot3
- Hieronymus Aleander (1480-1542), geb. zu Motta bei Treviso; schon in früher Jugend seiner Kenntnisse in den alten Sprachen wegen berühmt; Lehrer zu Venedig; seit 1508 Lehrer der klassischen Sprachen zu Paris; sein Wörterbuch (‘Vocabularium graeco-latinum’) erschien zu Paris 1512; unter Papst Leo X. war Aleander päpstlicher Nuntius in Deutschland; gest. zu Rom.
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voetnoot4
- Julius Pollux (Polydeukes), griechischer Grammatiker und Sophist, Lehrer des Kaisers Commodus (Marcus Lucius Älius Aurelius Commodus Antoninus 180-192 n. Chr.); sein Wörterbuch: ‘Onomastikon’ umfaszte 10 Bücher.
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voetnoot5
- Suidas, gelehrter Byzantiner, X. Jahrhundert; sein riesenhaftes Wörterbuch umfaszte ‘neben Worterklärungen und Auszügen aus den älteren Grammatikern und Lexikographen auch viele geschichtliche Angaben, namentlich Nachrichten über die berühmtesten Schriftsteller und Auszüge aus den Werken derselben.’
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voetnoot6
- Die Zeit des Rhetors Eudemos ist unbestimmbar; sein Wörterbuch hat die Aufschrift: ‘Συναγωγὴ λέξεων χρησίμων’ - ‘Sammlung brauchbarer Wörter.’
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voetnoot1
- Helliadus aus Alexandria wirkte als Grammatiker zur Zeit des oströmischen Kaisers Theodosius' des Jüngeren (408-450); sein Wörterbuch hat den Namen: ‘Λέξεως παντοίας χρ͂ησις.’
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voetnoot2
- Eugenius aus Augustopolis in Phrygien wirkte unter Kaiser Anastasius I. (491-518) als Lehrer an der Hofschule zu Konstantinopel; seine Schriften behandeln: ‘Die Verskunst der tragischen Dichter’; ‘die Aussprache einzelner Wörter und Wortklassen’. Sein alphabetisch geordnetes Wörterbuch ist von Eudemos (s. oben) und durch diesen von Suidas (s. oben) genutzt worden.
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voetnoot3
- Der Sophist Zosimos von Gaza, Schüler des Procopius, wurde unter Kaiser Zeno 9474-491) zugleich mit andern Gelehrten des Glaubens wegen hingerichtet. Das Wörterbuch des Zosimus ist späterhin von Photius benutzt worden.
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voetnoot4
- Cäcilius aus Kallakte auf Sicilien, ‘einer der ersten Rhetoren des nacharistotelischen Altertums,’ wirkte als Lehrer der Beredsamkeit zu Rom. Sein Wörterbuch ‘Έxλογὴ λέξεων’
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voetnoot5
- Es ist darunter Longinus Cassius - Dionysius Cassius Longinus - zu verstehen; geb. zu Athen um das Jahr 213 n. Chr.; Lehrer der Philosophie und der Rhetorik; ‘der erste Grammatiker und Ästhetiker der Zeit, glänzender Stilist und überaus fruchtbarer Schriftsteller und Kritiker von nahezu kanonischem Ansehen,’ später Ratgeber der Kaiserin Zenobia von Palmyra, wird auf Befehl Aurelians (270-275) als Gegner der Römer hingerichtet (273). Von seinen Schriftwerken haben sich nur Bruchstücke erhalten.
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voetnoot6
- Lupercus von Berytus (2. Hälfte des III. Jahrhunderts nach Chr.) schrieb neben seinem Wörterbuch: ‘'Άττιxαί λέξεις’ - ‘attischer Sprachschatz’ - auch eine Grammatik, welcher auch Untersuchungen über ‘Accentuation’ und ‘Interaspiration’ beigegeben waren.
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voetnoot7
- Pamphilius aus Alexandria wirkte zur Zeit des römischen Kaisers Tiberius (14037 n. Chr.); von seinen Werken sind nur Bruchstücke auf uns gekommen; seinem Hauptwerke hatte er den Namen: ‘λειμών’ (‘pratum’ Wiese) gegeben.
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voetnoot1
- Vitruv widmete sein Werk ‘de architectura libri X’ dem Kaiser Augustus (30 v. - 14 n. Chr).
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voetnoot2
- Flavius Vegetius Renatus schrieb: ‘Epitoma rei militaris’ in vier Büchern, dem Kaiser Theodosius I. (379-395) gewidmet.
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voetnoot3
- Julius Modestus, I. Jahrhundert n. Chr., Grammatiker, Freigelassener des Cajus Julius Hyginus, des Vorstehers der Bücherei im Palaste des römischen Kaisers Augustus. Modestus schrieb Erklärungen zu den Dichtungen des Horatius und verfaszte grammatische Schriften. Bei Martial X 21, 1 heiszt es:
‘Du schreibst, was kaum Modestus selber verstände.’ - Angeblich von einem Modestus ist aus Vegetius ausgeschrieben: ‘Libellus de vocabulis rei militaris ad Tacitum Augustum.’ Über das XV. Jahrhundert reicht keine der vorhandenen Abschriften hinaus. Als Verfasser dieser Schrift gilt der italienische Humanist Julius Pomponius Lätus († 1498) oder einer der Schüler desselben. - Die Vermutung liegt nahe, dasz Murmellius auf diese Schrift habe hinweisen wollen.
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voetnoot4
- Cajus Julius Solinus, Grammatiker aus der ersten Hälfte des III. Jahrhunderts n. Chr.; sein Hauptwerk: ‘Collectanea rerum memorabilium’ ist im wesentlichen ein Auszug aus dem geographischen Abschnitt von Plinius' ‘historia naturalis’; in einer Bearbeitung aus dem VI. Jahrhundert hat das Werk die Aufschrift: ‘Polyhistor’.
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voetnoot5
- Bartolomeo Sacchi (1421-1480), nach seinem Geburtsorte Piadena bei Cremona nannte er sich ‘Platina’, ein Schüler Victorins von Feltre; von Sixtus IV. (1471-1481) zum Bibliothekar der Vaticana ernannt; seine Sammlung von Urkunden über die weltlichen Rechte des Papstes ist der Vaticana einverleibt worden; seine Geschichte der Päpste (‘vitae summorum Pontificum ad Sixtum IV.’) reicht bis zum Jahre 1481; er verfaszte auch philosophische Abhandlungen.
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voetnoot6
- Raphael Volaterranus, d. i. Rafaele Maffei, geb. 1451 zu Volterra in Etrurien; gest. 1505; seine ‘Commentarii urbani’ bieten eine Sammlung alles Wissenswürdigen.
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voetnoot1
- Über Baptist von Mantua s. Handbuch Kap. 13.
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voetnoot2
- Nach Plinius a. a. O. ward die Schale des Äsopus auf 600 000 Sesterzien geschätzt, d. h. dem Münzwerte nach auf 130 512 Mark.
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voetnoot1
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Sueton. Vita Vitellii c. 13. - Die Anführung bei Murmellius ist nicht genau der Vorlage bei Sueton entsprechend. Der Preis für die Schale ist bei Plinius lib. XXXV. cap. XVII. zu ermitteln: 1 Million Sesterzien, d. ist 217 521 Mark.
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voetnoot2
- Kaiser Aulus Vitellius regierte und starb im Jahre 69 n. Chr.
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voetnoot3
- Das ‘Karpathische’ Meer ist ein Teil des ägäischen Meeres, benannt nach der zwischen Kreta und Rhodus gelegenen Insel Karpathus.
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voetnoot1
- richtiger ‘δαxτυλιοθήxη’; bei Martial wie bei Plinius lautet das lateinische Wort ‘dactyliotheca’.
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voetnoot2
- Das griechische ‘θήxη’ bezeichnet das Behältnis für das Schwert: Scheide; für das Geld: Beutel; für den Leichnam: Sarg, Grab; u. s. w.
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voetnoot3
- Diese Stelle findet sich lib. XI, 59.
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voetnoot4
- Der Sinn ist: Charinus ist nicht Eigentümer der Ringe, er hat sie geliehen. - Über die Sache selbst vergl. Juvenal, Satiren XIII, 128/139:
‘Welche die eigene Schrift und der Stein, der Sardoniche schönster, Anklagt, den man bewahrt im elfenbeinernen Kästchen.’ - Sardonyx: Name eines Edelsteins. - Über das Prunken mit geliebenen Ringen s. Juvenal, Satiren VII, 143-144: ‘Paulus darum trat auf mit geborgtem Sardonix, Und trat teurer darum, als Basilus, auf und als Gallus.’
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voetnoot5
- Das Fest der Saturnalien fiel auf den 19. Dezember; die beiden vorhergehenden Tage und die drei nachfolgenden wurden in die Festfeier hineingezogen. Es waren Tage allgemeiner, ausgelassener Freude; alle Geschäfte ruhten; die Sklaven, nach Art der Herren mit Toga und Hut, dem Abzeichen der Freiheit, bekleidet, enthielten sich jeglicher Arbeit und lieszen sich beim Mahle von ihren Herren bedienen. An diesen Tagen teilten die Römer allerlei Kleinigkeiten als Geschenke einander aus. Solche ‘Saturnaliengeschenke’ hieszen in Rom: ‘Apophorēta.’ Im XIV. Buche seiner Epigramme zielt Martial mit jedem Epigramme auf ein solches Geschenk hin; dieses Buch heiszt daher auch ‘Saturnaliengeschenke’.
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voetnoot1
- Die angefürhte Stelle findet sich Martial lib. XIV, 59.
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voetnoot2
- ‘dactyliotheca’ wird in übertragenem Sinne auch zur Bezeichnung des Inhaltes eines solchen Schmuckkästchens verwandt.
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voetnoot3
- Cajus Julius Cäsar belegte im Jahre 49 v. Chr. den im Tempel des Saturn zu Rom untergebrachten Staatsschatz mit Beschlag, um Geldmittel zur Fortführung des Krieges gegen Pompejus und seinen Anhang zu gewinnen. Cäsar bekleidete das Konsulat zum ersten Male im Jahre 59 v. Chr. - Orosius giebt in seinem Werke: ‘Historiarum libri VII adversus paganos’ die Menge des aus dem Staatsschatz durch Cäsar entnommenen Geldes auf 4135 Pfund Gold und auf 9000 Pfund Silber an. - Wird das römische Pfund Gold fein auf den 15 ½ sachen Wert des Silbers angesetzt - vergl. Hultsch: Griechische und römische Metrologie, Seite 239 - so haben 3000 Pfund Gold einen Münzwert von 2,741 700 Mark. - Neuere Forscher berechnen die Gelder, welche Cäsar dem Staatsschatze entnahm, auf 69 Millionen Mark. Vergl. Hertzberg: Geschichte von Hellas und Rom II, 607.
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voetnoot1
- Sueton: Leben des Cajus Julius Cäsar.
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voetnoot2
- Dem Wortlaut bei Murmellius: ‘et nuẽro põdo CCC’ ist vorzuziehen die Fassung bei Plinius (XXXIII, 3): ‘et in numerato pondo CCC.’ - Budäus (‘de arte et partibus ejus’) - s. oben Kap. 56 - will die Stelle bei Plinius dahin abgeändert wissen: ‘Laterum aureorum quindecim (milia) argenteorum triginta quinque milia et in numerato sestertium quadringenties.’ (15000 Goldbarren, 35000 Silberbarren und an gemünztem Gelde 40 Millionene Sesterzien.)
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voetnoot1
- Origenes (Adamantius) 185-253, ‘der gelehrteste Mann seines Jahrhunderts’, Lehrer an der Katechetenschule zu Alexandria.
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voetnoot2
- Basilius der Grosze, berühmter Kirchenlehrer, geb. 330, Erzbischof von Cäsarea (370-379).
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voetnoot3
- Über Gregor von Nazianz s. Handbuch Kap. 17.
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voetnoot4
- Athanasius der Grosze, geb. 296 zu Alexandrien, seit 328 Bischof von Alexandria, gest. 2. Mai 373; einer der gröszten Kirchenlehrer; ‘Vater der wahren christlichen Lehre’ im Kampfe der Kirche gegen den Arianismus.
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voetnoot5
- Der hl. Cyrillus, Patriarch von Alexandrien (412-444); seine Werke: dogmatisch-polemische, exegetische Schriften und Homilieen bekunden seinen Ruf als eines der eifrigsten griechischen Kirchenschriftsteller; von Papst Leo XIII. ist er als ‘doctor ecclesiae’ der Zahl der Kirchenlehrer beigesellt worden.
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voetnoot6
- Johannes Chrysostomus (347-407), Patriarch von Konstantinopel; seiner glänzenden Beredsamkeit wegen ward er ‘Goldmund’ (Chrysostomus) genannt; unter anderem verfaszte er Erklärungen zu einzelnen Teilen der hl. Schrift und ‘viele hundert’ Homilieen über einzelne Abschnitte aus dem Neuen Testamente.
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voetnoot7
- Über Hieronymus, Ambrosius, Hilarius, Augustinus s. Handbuch Kap. 1 und Kap. 21, Scoparius Kap. 55, Handbuch Kap. 3.
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voetnoot8
- Papst Gregor (I) der Grosze (590-604), schrieb eine Erklärung zum Buche Hiob (Expositio in Job sive moralium libri XXXV); dieselbe ward in der Folge mustergültig für Erklärungsschriften zur Bibel; verfaszt 40 Homilieen über die Evangelien und 22 über den Propheten Ezechiel.
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voetnoot9
- Magnus Aurelius Cassiodorus Senator, geb. 477, gest. 570; hervorragender Staatsman im Reiche des Ostgotenkönigs Theodorich und seiner Nachfolger; trat im Jahre 540 in das von ihm auf seinem väterlichen Erbgute gegründete Benediktiner-Kloster Vivarium ein; er stand demselben in der Folge als Abt vor. Von Erklärungsschriften verfaszte er: ‘Expositio in omnes Psalmos.’ Seine Erklärungen zu den Briefen, der Apostelgeschichte und der Apokalypse (Complexiones in Epistolas et Acta Apostolorum et Apocalypsim) waren im Mittelalter unbekannt; dieselben sind von Maffei 1702 (Verona) veröffentlicht worden.
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voetnoot10
- Thomas, Sohn des Grafen Landolf von Aquino (in Unteritalien), geb. 1227; trat 1243 in den Dominikanerorden ein; seit 1248 lehrte er an der Schule zu Köln; von 1252 ab hielt er Vorlesungen an der Hochschule zu Paris, 1261 wurde er von Urban IV. (1261-1264) nach Italien berufen, woselbst er in Rom, Bologna, Pisa lehrte und für die Erweckung des christlichen Lebens wirkte; auf dem Wege zu dem Konzil zu Lyon ist er im Cistercienser Kloster Fossa nuova bei Terracina am 7. März 1274 gestorben; seine Heiligsprechung erfolgte am 18. Juli 1323. Sein nicht vollendetes Hauptwerk: ‘Summa theologiae’, welches als eine der gröszten Geistesschöpfungen gepriesen zu werden verdient, gab auf Jahrhunderte hinaus der christlichen Philosophie und Theologie den Inhalt und die Form. Auch seine Erklärungen zur hl. Schrift (Expositio continua sive catena aurea in quattuor Evangelia) werden ehedem wie heute sehr gerühmt.
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voetnoot1
- Über Picus von Mirandula s. Handbuch Kap. 3.
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voetnoot2
- Jakob Faber Stapulensis, d. i. Jaques Fabre (Lefèvre) d'Estaples, geb. zu Estaples in der Picardie um 1450, Lehrer an der Sorbonne zu Paris, später Groszvikar beim Bischof von Meaux, gest. 1536 zu Nèrac an der Baise. Von seinen Erklärungsschriften kann dem Murmellius nur die 1512 erschienene Erklärung zu den Briefen des hl. Paulus (S. Pauli Epistolae cum commentariis) bekannt gewesen sein. Fabers Erklärungen zu den Evangelien (Commentarii initiatorii in quattuor Evangelia) sind 1522 erschienen. Im Jahre 1523 gab Faber eine von Anmerkungen begleitete französische Übersetzung des Neuen Testamentes heraus. - Das Konzil von Trient hat die exegetischen Schriften Fabers auf den Index gesetzt; es erachtet dieselben indes für verbesserungsfähig, wie dies der Zusatz: ‘donec corrigantur’ erkennen läszt.
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voetnoot4
- Über Pythagoras s. Handbuch Kap. 17.
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voetnoot5
- Der eklektische Philosoph Hierokles lebte um das Jahr 450 v. Chr. zu Alexandria; es wird ihm eine Erklärungsschrift zu den goldenen Sprüchen des Pythagoras zugeschrieben.
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voetnoot6
- Giovanni Aurispa (1370-1459), italienischer Humanist, berühmt durch seine Kenntnis der griechischen Sprache; mit groszen Anstrengungen sammelte er 238 Handschriften klassischer Werke; trotz seines Ruhmes lebte er in hohem Alter in groszer Armut; seinen Sammlungen hat er sein ganzes Vermögen zum Opfer gebracht.
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voetnoot2
- Marsilio Ficinio (1433-1499), der Freund und Lehrer des Lorenzo von Medici, das Haupt der Platonischen Akademie, welche Cosimo von Medici auf Betreiben des Griechen Georg Gemisthus (1355-1450), der wegen seiner begeisterten Vorliebe für Plato auch ‘Plethon’ genannt wurde, gestiftet hatte. Über sein Verhältnis zu Cosimo von Medici spricht sich Ficino dahin aus: ‘Andere Menschen kennen kaum ihren Vater; ich besasz und besitze zwei Väter: meinen leiblichen, dem ich meine Geburt, und Cosimo von Medici, dem ich meine Wiedergeburt verdanke; jener wollte mich dem Galenus bestimmen, dieser weihte mich dem göttlichen Plato.’ Sein Hauptwerk über Plato ist die ‘Platonische Theologie’ (Theologia platonica seu de immortalitate animorum ac aeterna felicitate libri XVIII); auch seine Schrift ‘Über die Erlangung des himmlischen Lebens’ (de vita coelitus comparanda) läszt platonische Anschauungen und Lehrmeinungen erkennen. Sämtliche Werke Platos und Plotins (s. unten) hat er ins Lateinische übersetzt und mit Erläuterungen versehen. Auszerdem hat er einzelne Werke der Philosophen Porphyrius, Jamblichus, Proklus, Dionysius Areopagita, Hermes Trismegistus, Alkinous, Xenokrates, Speusippus ins Lateinische übertragen. Vergl. Erdmann: Grundrisz der Geschichte der Philosophie I § 237, 1 Seite 494 s. Villari: Geschichte Girolamo Savonarolas und seiner Zeit I 47 ff.
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voetnoot3
- Plotinus 205-270 n. Chr., lehrte vom Jahre 245 ab in Rom, Begründer des römischen Neuplatonismus. - Die (lateinische) Übersetzung des Ficino erschien 1492: die erste griechische Ausgabe wurde von P. Perua besorgt (Basel 1580).
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voetnoot4
- Jamblichus aus Chalkis in Cölesyrien, gest. um 330 n. Chr., Vertreter des syrischen Neuplatonismus; von seinen 10 Büchern haben sich 5 erhalten; Ficins (lateinische) Übersetzung erschien 1483 zu Venedig.
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voetnoot5
- Porphyrius von Tyrus; ursprünglich Malchus geheiszen, geb. 233 n. Chr., lehrte bis zum Jahre 304 zu Rom; Schüler und Biograph des Plotinus.
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voetnoot6
- Über Aristoteles s. Handbuch Kap. 1.
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voetnoot7
- z. B.: Ammonius, Sohn des Hermeias, lehrte um das Jahr 500 n. Chr. zu Alexandria aristotelische Philosophie; er verfaszte Erläuterungen über die Kategorieen (Categoriae) des Aristoteles; auch wird ihm eine Lebensbeschreibung des Aristoteles (Άριστοτέλους βlος xατ' Άμμόνιον - Ammonii vita Aristotelis) zugeschrieben. - Michael Psellus der Jüngere (1020-1105), Lehrer der Philosophie und Theologie zu Konstantinopel; verfaszte Erläuterungen zu den aristotelischen Schriften: ‘de interpretatione’ - ‘Von der Rede als Ausdruck der Gedanken’ - und ‘physica auscultatio’ ‘Physik’. -
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voetnoot1
- Themistius wirkte als Redner und Philosoph im IV. Jahrhundert n. Chr.; er schrieb unter anderm eine Erklärung zu des Aristoteles Schrift ‘de anima (περì ψυχ͂ης)’ - ‘Von der Seele.’
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voetnoot2
- Über Hermolaus Barbarus s. Handbuch Kap. 24.
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voetnoot3
- Alexander aus Aphrodisias (auf der Grenze von Phrygien und Karien, heute Gheira), Philosoph der peripatetischen Schule, lebte im Anfang des III. Jahrhunders n. Chr.
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voetnoot4
- Anicius Manlius Severinus Boëthius (478-525), ein wegen seiner Gelehrsamkeit und seiner edlen Gesinnung hochberühmter Redner und Philosoph. Sein Hauptwerk: ‘Tröstungen der Philosophie’ (de consolatione philosophiae) verfaszte er im Gefängnis; es verbreitet sich dasselbe, in seiner Darstellungsweise Prosa und Poesie vereinigend, ‘in edel volkstümlicher Sprache über Philosophie, Liebe, Glück, Seligkeit, das Böse und seine Strafe, die Tugend und deren Lohn, Zufall, Freiheit, Notwendigkeit, Allwissenheit Gottes.’ Seine Übersetzungen und Erklärungen von Schriften des Aristoteles (z. B. Commentarii in librum Aristotelis (περì ερμηνείας - de interpretatione - ), des Euklid, des Ptolemäus und anderer machten ihn zu einem der wichtigsten Lehrer des Mittelalters.
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voetnoot5
- Leonardo Bruni (1369-1444) aus Arezzo (daher Aretinus), bedeutend durch seine politische Wirksamkeit als päpstlicher Geheimschreiber, als Gesandter, als Staatskanzler von Florenz; ebenso bedeutend durch seine schriftstellerische Thätigkeit (Briefe, Reden; philosophische Abhandlungen, geschichtliche Darstellungen). Den gröszten Ruhm weit über sein Grab hinaus brachten ihm seine Geschichtswerke: Geschichte von Florenz (12 B.), Zeitgeschichte (2 B.), die Biographieen von Dante und von Petrarca.
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voetnoot7
- Über Johannes Franziscus Picus s. oben Kap. 39.
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voetnoot8
- Über Plautus s. Handbuch Kap. 10. - Die editio princeps ward von Georg Merula (s. oben Kap. 57) veranstaltet, Venedig 1472.
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voetnoot1
- Die Ausgabe des Plautus von Bernardus Sarracenus erschien zu Venedig 1499.
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voetnoot2
- Johannes Baptista Pius, italienischer Humanist aus Bologna; seine Plautus-Ausgabe ist 1500 zu Mailand erschienen; von ihm rührt die Einteilung der Lustspiele des Plautus in Aufzüge her.
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voetnoot3
- Gian-Francesco Boccardo von Brescia (Pylades Brixianus) veranstaltete eine Ausgabe des Plautus 1506, Brescia.
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voetnoot4
- Taddeo Ugoletti, gest. nach dem Jahre 1510.
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voetnoot6
- ‘Scholien’: ursprünglich erklärende (verbessernde) Randbemerkungen der Grammatiker zu den Schriftwerken der Alten (daher: Scholiasten); später: Erklärungsschriften.
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voetnoot9
- Johannes Calpurnius geb. zu Brixen, Zeitgenosse des Konrad Celtes (1459-1508), wirkte als Lehrer der griechischen und der lateinischen Sprache zu Venedig und zu Padua.
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voetnoot10
- Petrus Marsus, Kanonikus zu Rom, gest. 1512.
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voetnoot11
- Titus Lucretius Carus (98-55 v. Chr.) verfaszte ein Lehrgedicht (de rerum natura’ - ‘Von der Natur der Dinge’) in sechs Büchern zur Verherrlichung der Philosophie des Epikur.
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voetnoot14
- d. i. Ognibene de' Bonisoli aus Lanigo, gest. 1493.
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voetnoot15
- Ciceros ‘Rhetorica’ 2 B. sind eine unreife Jugendarbeit; da sie auch über Stoffwahl und Stoffsammlung handeln, werden sie auch ‘de inventione’ genannt. Nach den ältesten Handschriften heiszt der Verfasser der oben erwähnten Erklärungsschrift: Quintus Laurentius Fabius Victorinus Marius; in jüngeren Handschriften (aus dem XI. Jahrhundert) wird er Fabius Marius Victorinus genannt. Man hat als den Verfasser dieser Erläuterungen den Redner Cajus Marius Victorinus (Mitte des IV. Jahrhunderts) angesehen. Diese Ansicht ist der heutigen Forschung gegenüber nicht haltbar.
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voetnoot1
- Die ‘Rhetorica ad Herennium’ 4 B. enthalten eine vollständige Lehre der Beredsamkeit nach griechischen Quellen und Mustern. Das Werk ist nicht von Cicero verfaszt, es ist abgefaszt bezw. vollendet worden zur Zeit der Diktatur Sullas (82-79 v. Chr.). Nach Quintilian soll ein gewisser Cornificius der Verfasser sein.
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voetnoot2
- Über Antonius Mancinellus s. Handbuch Kap. 22.
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voetnoot3
- Jodokus Badius aus Aasche bei Brüssel, Zögling des Fraterhauses zu Gent, wirkte unter anderm als Korrektor bei dem Buchdrucker Johannes Troschel zu Lyon.
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voetnoot4
- Ciceros Schrift: ‘Topica ad Cajum Trebatium’ ist eine Erklärung zu der Schrift des Aristoteles: ‘Τα Τοπιxά’ - ‘Die Kunst zu disputieren.’
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voetnoot5
- Über Boëthius und Valla s. oben Kap. 62 und Kap. 57.
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voetnoot6
- Der durch seine Erklärungen zu Cicero, Sallust und Virgil berühmt gewordene Quintus Asconius Pedianus (3 ?-88 n. Chr.); es haben sich Erklärungen zu fünf Reden Ciceros erhalten; dieselben ‘haben hohen sachlichen Wert und sind auch trefflich geschrieben.’
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voetnoot7
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Laelius sive de amicitia, - eine in dialogischer Form abgefaszte Abhandlung über die Freundschaft.
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voetnoot8
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Cato major sive de senectute, ein Gespräch über das Greisen-alter. -
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voetnoot9
- Die Ausgabe des Murmellius: ‘Ciceronis Cato major cum commentario’ ist 1505 zu Köln im Druck erschienen.
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voetnoot10
- Der Name ‘Paradoxa’ ist daher zu erklaren, dasz in dieser philosophischen Schrift Ciceros einige (6) Sätze der stoischen Lehre, welche der gewöhnlichen Lebensanschauung der Menschen zuwiderlaufen, ihre Erklärung finden.
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voetnoot1
- ‘Somnium Scipionis’ - ‘Traum des Scipio’ bildet ursprünglich einen Teil des sechsten Buches von Ciceros Werke: ‘de republica’, ‘Über den Staat’. Dieses Werk ist nur sehr lückenhaft auf uns gekommen. Der Teil: ‘Somnium Scipionis’ hat sich uns in der Erklärungsschrift des Macrobius: ‘Commentariorum in Somnium Scipionis libri duo’ erhalten. - Macrobius Theodosius lebte um das Jahr 400 n. Chr. In den sieben Büchern ‘Saturnalien’ desselben werden in der Weise des Gespräches Fragen aus dem Gebiete der Litteratur und der altrömischen gottesdienstlichen Verfassung besprochen. Die Quellen, aus denen Macrobius schöpft, sind vornehmlich Aulus Gellius (s. oben Handbuch Kap. 5) und Servius zu Virgil (s. Scoparius Kap. 1).
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voetnoot2
- Die Schrift des Sallust ist auch unter dem Namen: ‘Bellum Catilinae’, ‘de conjuratione Catilinae’, ‘Catilina’ bekannt.
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voetnoot3
- Christoph Landinus, geb. 1424 zu Florenz, Lehrer der Söhne und Enkel des Cosimo Medici, - seit 1457 Lehrer der Poesie und der Beredsamkeit zu Florenz; Geheimschreiber der Signoria zu Florenz, gest. 1504.
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voetnoot5
- Pomponius Porphyrio, wahrscheinlich 200-250 n. Chr.; sein Kommentar zu Horaz beschäftigt sich vornehmlich mit logischen, rhetorischen und grammatischen Erklärungen; Sacherklärungen sind selten.
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voetnoot1
- Helenius Acron, Ende des II. Jahrhunderts, schrieb seinen Kommentar zu Horaz noch vor dem des Porphyrio. - Eine etwa im VII. Jahrhundert entstandene Sammlung von Erklärungen zu Horaz wurde diesem Acron beigelegt. Dieser Pseudo-Acron wurde im Mittelalter sehr viel benutzt; auf diese Sammlung scheint Murmellius (mit dem Ausdruck ‘Nachäffer’ des Porphyrio) hinzuweisen.
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voetnoot2
- Die Erklärungsschrift des Bernardinus Cyllenius: ‘Notae in Tibullum’ erschien 1475 zu Rom.
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voetnoot3
- Parrhasius aus Cosenza in Italien, lebte um 1500.
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voetnoot4
- Bartholomäus Merula aus Mantua, Protonotarius Apostolicus; seine Erläuterungen zu Ovid sind 1499 erschienen.
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voetnoot5
- Antonius Constantinus aus Fano (an der Ostküste Mittelitaliens); seine Erklärung zu den ‘Fasten’ des Ovid sind 1502 zu Venedig erschienen.
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voetnoot6
- Die Ausgabe des Oliverius Arzignanensis erschien 1508 zu Mailand.
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voetnoot7
- Bartholomäus Fontius, ein florentinischer Gelehrter, wurde von Sixtus IV. (1471-1484) als Lehrer nach Rom berufen. Der Kommentar des Bartholomäus Fontius ist 1480 zu Venedig erschienen.
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voetnoot8
- Johannes Britannicus aus Brescia, gest. 1510 zu Brescia; seine Persius-Ausgabe erschien 1486 zu Brescia.
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voetnoot9
- Die Ausgabe des Murmellius; ‘Persius cum ecphrasi et scholiis’ ist in erster Auflage 1516 zu Deventer erschienen.
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voetnoot1
- Bei Murmellius heiszt diese Schrift: ‘ludus Senecae de morte Claudii Caesaris.’ Die Schrift führte ursprünglich den Titel: ‘Divi Claudii apotheosis Annaei Senecae per saturam.’ Es ist eine Spottschrift auf Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.), ‘eine giftige politische Satire, im frischen Eindrucke von Claudius' Persönlichkeit und Regierungsweise und mit tief gewurzeltem Hasse gegen ihn geschrieben.’ Sie giebt Zeugnis von häszlicher Denkweise ihres Verfassers. Die Schrift ist das Muster einer ‘satira menippea’, bei welcher die sprachliche Darstellung sich in buntem Wechsel bald in gebundener bald in ungebundener Rede bewegt.
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voetnoot2
- Luctatius Placidus (auch ‘Grammaticus Christianus’ genannt) lebte vor Sedulius und Boëthius, s. oben Seite 200.
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voetnoot3
- Tiberius Catius Silius Italicus (25-101 n. Chr.) verfaszte ein episches Gedicht über den zweiten punischen Krieg - 17 Bücher Punica. Das Werk war während des Mittelalters verschollen; es wurde durch Politianus (s. oben Kap. 7) in einer Handschrift zu St. Gallen wieder aufgefunden.
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voetnoot10
- Mehr als 5000 Fehler hat Hermolaus Barbarus in seinen ‘Castigationes Plinianae’ - Rom 1492 - verbessert.
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voetnoot11
- Marinus Becichemius aus Scodra (heute: Scodar - Scutari - im macedonischen Illyrien) lehrte zu Brescia um das Jahr 1500.
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voetnoot1
- Johannes Maria Catanäus Novariensis, Schüler des Gaudentius Merula und des Demetrius Chalcondylas; die Erklärung erschien 1500 zu Venedig.
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voetnoot2
- Adrian von Barlandt (1487-1542), lehrte zu Löwen.
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voetnoot3
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J. Parrhasii commentarii in Claudianum. Basel.
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voetnoot4
- z. B. Thaddäus Ugoletus (Taddeo Ugoletti) Venedig 1495.
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voetnoot5
- ‘St. Cypriani De ligno salutiferae crucis.’ - Die Buchaufschrift bei Murmellius lautet: ‘Tacii Caecilii Cypriani Carthaginiensis episcopi eloquentia simul et martyrio gloriosi de ligno salutiferae crucis carmen heroicum.’ Die Dichtung umfaszt 10 Verse. Die Erklärung des Murmellius ist wahrscheinlich zu Köln im Jahre 1506 erschienen.
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voetnoot6
- Die Gesamtausgabe der Werke des Hieronymus durch Erasmus erschien in den Jahren 1516 bis 1520.
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voetnoot7
- Der Brief an Nepotianus handelt über die dem geistlichen Stande obliegenden Pflichten. Die Ausgabe des Murmellius (Köln 1505) hat die Aufschrift: ‘Divi Hieronymi presbyteri et doctoris christianae ecclesiae clarissimi ad Nepotianum sacerdotem de clericorum et sacerdotum officiis liber aureolus cum Johannis Murmellii commentariolis.’
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voetnoot8
- Die 14 Distichen umfassende Dichtung: ‘Salve festa dies, toto venerabilis aevo’:
‘Festtag, sei uns gegrüszt, von allen Völkern zu feiern.
Heut' hat die Hölle besiegt, der die Gestirne beherrscht.’
ist dem Bischof von Poitiers Venantius Honorius Clementianus Fortunatus (530-609?) -zuzuschreiben.
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voetnoot1
- Franziscus Sylvius lehrte im Anfang des XV. Jahrhunderts an dem Collège de Tournai zu Paris. Neben seinen Erläuterungen zu Ausonius (s. Handbuch Kap. 23) ist auch eine ‘ars poetica’ von ihm vorhanden.
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voetnoot2
- Martianus Mineus Felix Capella aus Madaura in Nordafrika verfaszte vor der Eroberung Nordafrikas durch die Vandalen (429 n. Chr.) eine Encyklopädie der sieben freien Künste in neun Büchern; dieselbe wurde während des Mittelalters vielfach als Schulbuch benutzt.
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voetnoot3
- Johannes Baptista Pius lebte als Humanist zu Bologna um 1400.
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voetnoot4
- Zwei Dichtungen des Prudentius (s. Seite 170) hat Murmellius herausgeben. ‘St. Romani adversus gentiles certamen ab Aurelio Prudentio carmine compositum cum commentario.’ Köln 1507. - ‘Prudentii carmen de martyrio divi Cassiani.’ Köln 1508 (zusammengedruckt mit anderen Veröffentlichungen).
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voetnoot5
- Fabius Planciades Fulgentius (480-350) wirkte als Grammatiker in Afrika; seine Schriften: ‘Mythologiarum libri III,’ ‘Virgiliana continentia’, ‘De aetatibus mundi’, ‘Expositio sermonum antiquorum’ sind reich an ‘gezierten, bombastischen, abgeschmackten Phrasen’.
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voetnoot6
- C. Sollius Apollinaris Sidonius (430-488), seit 472 Bischof von Clermont, hat Gedichte (24) und Briefe (9 Bücher) hinterlassen, ‘die uns das weiche, gutmütige und eitle Wesen ihres Verfassers sowie seine überladene verschrobene Schreibweise vergegenwärtigen.’.
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voetnoot7
- Johannes Cäsarius (1460-1551) Humanist, lehrte zu Köln.
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voetnoot8
- Ortuin Gratius (1491-1545), Lehrer an der Hochschule zu Köln.
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voetnoot1
- ‘Severini Boëthii de philosophiae consolatione libri quinque cum Johannis Murmellii commentariis.’ Deventer o. J. erschienen 1514; Köln 1516.
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voetnoot2
- Eine Sammlung von je 2 Hexameter umfassenden Sprüchen in 4 Büchern war während des Mittelalters unter dem Namen: ‘Proverbia Catonis’ oder ‘Dionysii Catonis disticha de moribus ad filium’ im Gebrauch. Der Verfasser ist nicht bekannt. Der Sprache nach stammt die Sammlung aus dem III. oder IV. Jahrhundert n. Chr. Christliche und heidnische Anschauungen gehen in derselben neben einander her.
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voetnoot3
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Angeli Politiani Silva cui titulus est Rusticus cum Johannis Murmellii Ruremundensis commentario. Münster 1510. - Der ‘Rusticus’ schildert ‘in klangvoller Sprache die Bestrebungen des Landlebens und dessen Vorzüge nach dem Vorbilde von Hesiod und Virgil.’ Über den ‘Rusticus’ und andere Dichtungen des Politianus (s. oben Kap. 7) wurden zu damaliger Zeit an den Hochschulen Vorlesungen gehalten.
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voetnoot4
- Nicolaus Beraldus aus Orleans lebte um 1500.
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voetnoot6
- Clichtoväus Neoportuensis, geb. zu Nieupoort in Flandern, lehrte an der Sorbonne zu Paris, gest. 1543 als Kanonikus zu Chartres. Er verfaszte: ‘Scholia in paraphrases Jacobi Fabri super Aristotelis philosophia naturali;’ ‘In politica Aristotelis introductio ejusdem Fabri adjecto commentario declarato per Clichtovaeum.’
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voetnoot7
- Augustinus Dathus (Agostino Dati) schrieb unter anderm eine Geschichte von Siena.
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voetnoot8
- Sebastian Murrher (Murrer, Murrho) aus Kolmar, gest. 1492 als Kanonikus zu Kolmar, Verfasser von Schulbüchern.
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voetnoot9
- Sebastian Brant (1457-1521), gest. zu Straszburg, Professor der Rechte zu Basel, lehrte indes auch die alten Sprachen und die freien Künste, seit 1500 Stadtschreiber, d. h. Kanzler von Straszburg. In seinem ‘Narrenschiff’ (1494) weisz er die Thorheiten und Laster der Menschen in der Weise scherzheften Spottes anschaulich packend zu schildern und herb und streng zu geiszeln. Auch in dieser Dichtung kennzeichnet er sich als Jünger des Humanismus.
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voetnoot4
- Virgil, Äneis VI. 347-348. - Über Virgil und die Äneide s. oben Kap. 28.
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voetnoot1
- Äneis V. 847-861:
Kaum aufschlagend den Blick, antwortete jetzt Palinurus:
‘Was, du verlangst, ich solle des Meers sanft scheinendes Antlitz,
Soll die geheuchelte Ruhe verkennen und glauben dem Unhold?
Soll den Äneas vertraun der verrätrischen Tücke des Südwinds,
Da mich so oft schon täuschte die lügende Heitre des Himmels?’
Solches erwidert' er drauf, und fester ans Steuer sich klammernd
Lässet er nimmer davon und richtet den Blick zu den Sternen.
Siehe, da schüttelt den Zweig, im Taue der Lethe getränket
Und in der Styx einschläfernde Kraft, ihm über die beiden
Schläfe der Gott und dem Sträubenden löst er die schwimmenden Augen.
Als ungeahnete Ruh' kaum erst die Gelenke gelöset,
Lehnt er sich über ihn her mit dem knackenden Teil des Verdeckes
Und mit dem Steuer zugleich, und häuptlings hinab in der Wogen
Strömungen stürzet er ihn, der umsonst oft rief nach den Freunden.
Leicht dann schwingt er sich selbst, wie ein Vogel, empor in die Lüfte.
(Übersetzung von Binder.)
Palinurus ist der Steuermann des Äneas.
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voetnoot2
- Virgil, Äneis VI. 341-346. - Die Verse sind wörtlich angeführt, während Murmellius an der bez. Stelle nur den Inhalt derselben angiebt. - Ausonien d. i. Italien.
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voetnoot1
- Vergl. Virgil, Äneis VI. 350 ff. - Das Steuerruder an den Schiffen der Alten war nicht am Hinterteil in der Kiellinie des Schiffes angebracht; auch drehte es sich nicht um Angeln oder Zapfen; es war seitlich des Hinterteils (für gewöhnlich nach der rechten Seite hin) angebracht, lose in einer Schlinge oder einer Holzöffnung. - Lukaner hieszen die Bewohner desjenigen Teiles von Süditalien, welcher der Insel Sicilien gegenüber liegt.
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voetnoot3
- Vergl. Virgil, Äneis VI. 391-393 die Worte des Charon:
‘Lebendes ist mir verwehrt im stygischen Nachen zu führen.
Mir bracht's wenige Lust, dasz den Herkules ich, als er ankam,
Hier aufnahm in dem See, den Pirithous auch und den Theseus.’
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voetnoot2
- Manius Curius Dentatus besiegte den König Pyrrhus in der Schlacht bei Beneventum 275 v. Chr. - König Pyrrhus von Epirus leitete sein Geschlecht auf Achill zurück. - Ämilius Paulus, der Sieger von Pydna (168 v. Chr.), führte den macedonischen König Perseus (reg. von 179-168, gest. 166) im Triumph auf. Auch die macedonischen Könige führten ihren Ursprung auf Achill zurück. - Das Geschlecht nannte sich die Äaciden nach dem Groszvater Achills, dem sagenhaften Könige Äacus von Ägina. - Die Römer sahen als Nachkommen des aus Troja geflüchteten Äneas in der Eroberung Griechenlands eine Genugthuung für die Zerstörung Trojas durch die Griechen.
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voetnoot2
- Akron einer der ältesten Horazerklärer, s. oben Kap. 62.
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voetnoot3
- d. i. Diogenes Laërtius, s. Handbuch Kap. 1.
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voetnoot4
- Der von Diogenes Laërtius (V, 65) erwähnte Philosoph Lykon war ein Schüler des Straton aus Lampsakus; dieser gehörte zur Schule des Theophrast († 285 v. Chr.), s. oben Kap. 53.
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voetnoot5
- Das griechische Glykon (γλύxω) galt als Kosewort. Vergl.: Aristophanes: Ekklesiazusen 985: ‘So war es unter der früheren Herrschaft, süszer Schatz’ (ω γλύxων); desgleichen ebendort V. 1046: ‘Bei Zeus, dem Retter, du hast mir einen Liebesdienst erwiesen, süszes Herz!’ (ω֨ γλυxύτατον.) Dieses γλύxω wurde vielfach in der Bedeutung ‘süszer Freund’ mit dem Nebenbegriff der Einfalt gebraucht.
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voetnoot1
- Der Grundgedanke dieser Epistel des Horaz spiegelt sich in den Schluszzeilen wieder
‘Summa: der Weis' ist minder als Jupiter nur, da er reich ist,
Eigener Herr und geehrt und schön, ja, der Könige König,
Sonderlich aber gesund, wenn nur - ihn der Schnupfen nicht plaget.’
(Binder.)
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voetnoot2
- Virgil, Idylle I, 68-70. Übersetzung von Binder. -
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voetnoot4
- Virgil a a. O. 72-73. - ēn wird sowohl in der Bedeutung von ecce (‘sieh’ ‘da ist’ u. s. w.) - auch in der Verbindung ‘en ecce’ - als auch in dem von Murmellius hervorgehobenen Sinne gebraucht.
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voetnoot2
- Über Priscian und Festus s. oben Kap. 1 und Kap. 57.
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voetnoot4
- Gleichbedeutend mit der heutigen ‘Injurienklage’.
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voetnoot6
- Livius, Römische Geschichte X, cap. 8, 10. Vergl. Livius IV, cap. 3, 10: ‘En unquam creditis hoc fando auditum esse? Meinet ihr, man habe niemals sagen hören . . . ?’
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voetnoot2
- Georgios Trapezuntius (Georg von Trapezunt aus Kreta) 1396-1486, ‘der bissigste und streitsüchtigste aller griechischen Flüchtlinge’ hat etwa 40 Jahre lang bis zu seinem Tode an verschiedenen Orten Italiens (Venedig, Padua, Florenz, Rom) die griechische Sprache gelehrt. Er war ein begeisterter Anhänger des Aristoteles. In seiner Schrift: ‘Comparatio Aristotelis et Platonis’ (Vergleich zwischen Aristoteles und Plato) verherrlicht er seinen Liebling Aristoteles in ungebührlicher Weise auf Kosten Platos.
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voetnoot1
- Über diese philosophischen Schulen s. Handbuch Kap. 1.
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voetnoot2
- Vergl. über die genannten Philosophen oben Kap. 53 und Handbuch Kap. 5 und Kap. 15.
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voetnoot3
- Im Texte steht ‘numerosius’. - Numerus bedeutet in der Rhetorik: ‘Harmonie’, und zwar Harmonie in dem Wechsel von Vokalen und Konsonanten, in der Anwendung von ein- und mehrsilbigen Wörtern und in der Zusammenstellung kürzerer und längerer Sätze. Vergl. Schleiniger, Grundzüge der Beredsamkeit S. 192.
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voetnoot1
- Aristoteles hat uns eine Schrift ‘über die Redekunst’ in drei Büchern hinterlassen.
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voetnoot2
- Über ‘Lyceum’ s. Handbuch Kap. 1. Anmerkung zu ‘Aristoteles’.
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voetnoot3
- ‘Acroamatica’ werden Lehren genannt, welche die Schüler nur durch ‘Hören’ kennen lernten, da dieselben lediglich durch mündlichen Vortrag, nicht auch durch Schriften mitgeteilt wurden. So heiszt denn auch eine der naturkundlichen Schriften des Aristoteles griechisch: ‘Physike acróasis’, lateinisch: ‘Physica auscultatio’ d. i. etwa: ‘Naturkunde zum Anhören’.
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voetnoot4
- Die ersten Lehrvorträge, welche Aristoteles während seines erstmaligen Aufenthaltes zu Athen (367-348 v. Chr.) im Lyceum daselbst hielt, hatten die ‘Redekunst’ zum Gegenstande.
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voetnoot1
- Murmellius hat die Form ‘Alabandes’. Dies ist eine nur selten vorkommende Form dieses Eigennamens; gebräuchlich sind: Alabandeni, Alabandenses, Alabandei. - Der Heros Alabandus, Sohn des Euippus und der Kallirrhoe, wurde als Erbauer der Stadt Alabanda in Karien (heute Karpusley) verehrt. - Albanda war verrufen wegen des üppigen Lebens seiner Bewohner.
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voetnoot2
- ‘Gymnasium’ ist im griechischen Sinne als Bezeichnung für den ‘gymnastischen’ Übungen zu verstehen.
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voetnoot3
- Das Forum, ‘der Markt’, der Tummelplatz des öffentlichen Lebens, ist auch der Ort, welcher für Volksversammlungen und bei Ansprachen an das Volk benutzt wird.
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voetnoot1
- Älius Lampridius ist einer der sog. ‘scriptores historiae Augustae’. Hiermit bezeichnet man eine Sammlung von Lebensbeschreibungen der Kaiser und der Gegenkaiser (de vitis diversorum principum et tyrannorum) von Hadrian abwärts. Dieselbe ist zustande gekommen in den Zeiten Diokletians und Konstantins I. - Die Urheberschaft für die einzelnen Lebensbeschreibungen ist nicht immer nachweisbar. Als sicher wird angenommen, dasz Lampridius der Verfasser der Lebensbeschreibung von Elagabal (218-222) und Alexander Severus (222-235) ist; beide Schriften werden als ‘unsäglich armselig’ bezeichnet. - Commodus Antoninus (180-102).
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voetnoot2
- Quintus Aurelius Symmachus (350-420?) heidnischer Gelehrter zu Rom.
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voetnoot3
- Über Angelus Politianus s. oben Kap. 7.
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voetnoot5
- Worterklärungen solcher Art waren in jenen Zeiten nicht selten.
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voetnoot1
- Über ‘numerosus’ und ‘numerus’ in dem Kunstausdruck der Rhetorik s. oben Seite 217, Anmerkung.
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voetnoot2
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oratio numerosa und oratio soluta im Sinne von ‘gebundene’ und ‘ungebundene’ Rede.
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voetnoot3
- Strabo, Erdbeschreibung I. c. 2, § 6.
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voetnoot4
- Vergl. Horaz, Satir. II, 6, 17:
‘Quid prius illustrem satiris Musaque pedestri?’ ‘Was wohl preis ich zuerst im ‘bescheidenen’ Ton der Satire?’ - Über Akron vergl. oben Kap. 62.
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voetnoot5
- Satiren und Episteln werden ‘sermones’ - Gespräche - genannt, weil sie in ihrer Darstellungsweise sich dem gewöhnlichen Gesprächston anpassen im Gegensatz zu dichterischen Darstellungen erhabenen, schwungvollen Ausdrucks.
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voetnoot1
- Horaz, Episteln I, 250-256. - Die Verse 251-255 fehlen in der Anführung des Murmellius. - Übersetzung von Binder.
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voetnoot2
- ‘Synkope’ bezeichnet die Verkürzung des Lautbestandes eines Wortes durch Weglassung eines Lautes oder einer Silbe in der Mitte des Wortes.
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voetnoot3
- ‘Apokope’ bezeichnet die Verkürzung des Lautbestandes eines Wortes durch Weglassung eines Lautes oder einer Silbe am Ende des Wortes.
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voetnoot4
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Aprinas: der Bewohner von Arpinum (Geburtsstadt Ciceros) unweit des Liris (heute Garigliano).
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voetnoot1
- besser ‘pinguetudo’ und ‘pinguitia’ - ‘Fettigkeit’
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voetnoot2
- Über Hermolaus Barbarus s. Handbuch Kap. 24 und oben Kap. 62.
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voetnoot3
- soll heiszen ‘Älius Spartianus’ d. i. einer der scriptores historiae Augustae, s. oben Kap. 68.
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voetnoot4
- Publius Septimius Geta, ein römischer Mitkaiser, gest. 212.
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voetnoot5
- Über Servius s. oben Kap. 1. - Vergl. Virgil, Äneide XII. 110-120:
‘Quellwasser und Feuer beschaffen Andere, den “Schurz” umgürtend und heiliges Laub um die Schläfen.’
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voetnoot7
- Propertius IV, 3, 62. Die Lesart ‘ad nova lucra’ hat heute den Vorzug. - Die Stelle lautet (mit Hinzufügung von B. 61) in der Übersetzung:
‘Das ist der Tag, der Mord ankündet den heurigen Lämmern Und zum Gewinste geschürzt eilen die “Schlächter” herbei.’
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voetnoot1
- Persius, Satiren VI, 73-74:
‘Ich soll ein Gerippe nur Bleiben und jener einher wie der Schlachtpfaff watscheln im Fettwanst?’ - An dem Opferfleisch thaten sich die Opferdiener gütlich.
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voetnoot2
-
Cicero, de officiis I, c. XXV, 88. - Zwei dem Herausgeber vorliegende Ausgaben der Offizien (von Joh. Aug. Ernesti 1776 und von Reinh. Klotz 1866) haben ‘punitur’. Die Stelle lautet in der Übersetzung: ‘Jede Ahndung und jede Zurechtweisung soll aber von Beschimpfung frei sein, und sie soll sich nicht auf den Nutzen dessen, welcher einen anderen straft oder mit Worten zurechtweist, beziehen, sondern auf den Vorteil des Staates.’ - punior (Deponens) in der Bedeutung: strafen, rächen.
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voetnoot3
- d. i. Nonius Marcellus, s. oben Kap. 57.
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voetnoot4
- Servius s. oben Kap. 1. - Die Stelle findet sich bei Virgil, Äneis XI, 660:
‘Und zum Krieg Amazonen in farbigen Rüstungen ausziehn.’ - ‘bellari’ (Deponens) Nebenform zu ‘bellare’.
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voetnoot1
-
Virgil., Georgica II, 425:
‘Drum pflanze den fetten dem Frieden geweiheten Ölbaum.’ ‘Nutriri’ )Deponens) Nebenform zu ‘nutrire’ - ‘Nutritor’ würde nach der heutigen Weile als Imperativform des Passivums erklärt werden.
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voetnoot2
- Quintilian (s. Handbuch Kap. 2) de institutione oratoria.
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voetnoot3
- Das gebräuchlichere ‘fabricari’ (Deponens) hat die Nebenform ‘fabricare’.
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voetnoot4
- Über Aulus Gellius s. Handbuch Kap. 5.
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voetnoot5
- d. i. Nonius Marcellus, s. oben Kap. 57.
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voetnoot6
- Cicero, Tuskulan. V. I, c. 44 § 107: ‘Man musz also daran festhalten, dasz wir uns um das nach dem Tode Folgende nicht zu kümmern haben, auch wenn wir sehen, dasz viele an ihren Feinden sogar im Tode noch Rache nehmen.’ Die heutigen Ausgaben schreiben ‘poeniuntur’.
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voetnoot7
- Über Philipp Beroald s. oben Kap. 57.
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voetnoot1
- Der christliche Dichter Prudentius (s. oben Kap. 50) verfaszte eine poetische Abwehr in 2 Büchern gegen den heidnischen Gelehrten Symmachus (s. oben Kap. 68), welcher in einer Rede (de pace) für die Wiedereinführung des öffentlichen Gottesdienstes nach der Weise der Heiden eingetreten war. Symmachus, Senator und Stadtpräfekt von Rom, ward geachtet wegen seines Lebenswandels und gepriesen als Redner und Schriftsteller (Briefe); er war der Führer der heidnischen Senatoren, die sich um die Wiederaufstellung der Bildsäule der Göttin Viktoria bemühten, welche Kaiser Gratian (375-383) aus dem Sitzungssaal hatte entfernen lassen. Seine an Kaiser Valentinian II. (383-392) gerichtete Denkschrift (‘Relatio’) in dieser Angelegenheit ward vom hl. Ambrosius erwidert und widerlegt.
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voetnoot2
- Über Sozomenus und sein Geschichtswerk s. oben Kap. 50.
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voetnoot3
- Flavius Valerius Constantinus geb. 273; regierte seit 307; gestorben 337.
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voetnoot4
- Maxentius, Gegenkaiser 306-312. - Am 27. Oktober 312 wurde er von Konstantin bei Saxa Rubra (9 römische Meilen nordwärts von Rom) ‘an der Milvischen Brücke’ besiegt. Auf der Flucht ertrank er im Tiber.
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voetnoot1
- Nach altrömischer Weise war das ‘vexillum’ das Feldzeichen für einen aus dem Verbande der Legion zum Zwecke einer besonderen Verwendung losgelösten Truppenteil. Bei einem Truppenteile, welcher Fuszvolk und Reiterei umfaszte, war das ‘vexillum’ das Feldzeichen der Reiter. Das ‘vexillum’ bestand aus einem Fähnlein, das an einem Querholze unter der Lanzenspitze befestigt wurde. Es wurde auch wohl an einzelne Manipeln zur besonderen Auszeichnung verliehen und dann unter der Spitze des Feldzeichens der Manipel befestigt. Vergl. Baumeister: Denkmäler des klassischen Altertums, Seite 2063-2065.
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voetnoot2
- ‘labarum’ stammt (nach Adelung, Mithridates II, 62) von einer keltischen Wortwurzel ‘lab’ mit der Bedeutung ‘erheben’; auch wird es mit dem baskischen ‘labarva’ d. i. Fahne in Beziehung gebracht. Konstantin wird während seines Aufenthaltes in Gallien dieses Wort kennen gelernt haben. - In seiner Lebensgeschichte des Kaisers Konstantin giebt Eusebius (s. oben Kap. 44) eine etwas abweichende Beschreibung des ‘Labarums’: ‘Ein langer Schaft mit Goldblech bekleidet, der ein Querholz in Gestalt eines Kreuzes hatte, trug auf seiner Spitze in einem Kranze von Gold und Edelsteinen den Namenszug Christi; an dem Querholz darunter hing die Tabella, ein Stück Purpurstoff, ebenso breit wie lang, mit reichster Stickerei verziert und in der oberen Hälfte die Brustbilder des Kaisers und seiner beiden Söhne tragend.’
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voetnoot1
- Erasmus (s. oben Kap. 27) hat die Werke des Hieronymus (9 Bände) in den Jahren 1516-1520 herausgegeben.
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voetnoot1
- Bartolus Severus (gest. 1355) und Petrus Baldus (gest. 1400) wirkten als Lehrer der Rechtswissenschaft an verschiedenen Universitäten Italiens.
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voetnoot1
- Über Laurentius Valla und das Hauptwerk desselben: ‘liber elegantiarum sermonis latini’ s. oben Kap. 55.
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voetnoot2
- Franzesco Filelfo, geb. 1398 zu Tolentino, gest. 1481 (31. Juli) zu Florenz, kennzeichnet in seinem Leben und Treiben den italienischen Humanismus nach seinen weniger anziehenden Seiten. Die Lehren, wie er sie in seinen Schriftwerken - es sind dies Gedichte, Briefe, Reden, Abhandlungen über Erziehung, Fabeln für die Jugend - niederlegte, hat er durch sein Leben nicht bewahrheitet, am allerwenigsten seinen Ausspruch: ‘Nur die Tugend giebt und nimmt den Adel und schmückt einen jeden mit verdienten Ehren.’ Er war allzeit ‘ein Selbstverherrlicher, ein Bettelpoet, ein Streithengst’. - Filelfo verfaszte unter anderm 10 Bücher Satiren, die er ‘Hekatostichen’ nannte, weil jede derselben aus 100 Verszeilen bestand (‘satirarum hecatostichon decades decem’, Mailand 1476); jedes Buch enthielt 10 Satiren. - Die erste Satire des sechsten Buches hat Jakob Wimpheling in seine ‘Jugend’ aufgenommen. Vergl. Jakob Wimphelings pädagogische Schriften, XIII. Band der vorliegenden Sammlung 258-260.
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voetnoot1
- Giorgio della Valle (1430-1499) s. oben Kap. 57.
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voetnoot2
- Domitius Ulpianus (170?-228), berühmter römischer Rechtsgelehrter, das Haupt des Regentschaftsrates und der Vormund des Kaisers Alexander Severus (222-235).
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voetnoot2
- Über Mapheus Vegius s. oben Kap. 12. - Im Texte bei Murmellius heiszt es: ‘in dialogo veritatis et Philaletha apud Mapheum Vegium.’ Es liegt bei dieser Fassung ein Versehen des Verfassers oder des Druckers vor. Die vollständige Aufschrift des Werkes lautet: ‘Philalethes seu veritas invisa exulans, dialogus ad Eustachium fratrem.’ Diese Schrift ‘ist eine Allegorie in Form eines Dialoges zwischen der Aletheia (Wahrheit) und Philalethes (Freund der Wahrheit). Aletheia erzählt ihre herben Schicksale, die sie bei den verschiedenen Ständen der menschlichen Gesellschaft erfahren, bis sie, überall verstoszen und blutig geschlagen, bei Philalethes gastliche Aufnahme und liebevolle Pflege findet.’ Vergl. Kopp: Mapheus Vegius' Erziehungslehre S. 14 f.
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voetnoot4
- Für die kirchliche Gesetzgebung ist ‘Dekret’ gleichbedeutend mit ‘päpstlicher Erlasz’; in dem kirchlichen Rechtsverfahren bezeichnet Dekret ‘richterliche Verfügung’. - ‘Dekretalien’ heiszen die päpstlichen Verordnungen, so weit dieselben in die Sammlung des Kirchenrechtes aufgenommen wurden.
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voetnoot1
- Der Kamaldulensermönch zu St. Felix, Gratian, hat (wahrscheinlich um die Mitte des XII. Jahrhunderts) zu Bologna Vorlesungen über die kirchlichen Rechtssatzungen gehalten. Aus diesen Vorträgen ist ein Lehrbuch entstanden, welches er ‘Concordia discordantium canonum’ nannte. Dieses Lehrbuch bildet unter der Bezeichnung ‘Decretum Gratiani’ den ersten Teil des Corpus juris canonici.
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voetnoot2
- Thomas Morus (1480?-1535), Kanzler des Königs Heinrich VIII. von England, zeichnete in den zwei Büchern: De optimo reipublicae statu deque nova insula Utopia - erschienen 1515 - ein Idealbild der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung.
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voetnoot3
- Über Erasmus s. oben Kap. 27. - Das Lob der Narrheit (Encomium Moriae - erschienen 1509) ist eine satirische Schrift, in welcher die Thorheiten der Jugend und des Alters, der Männer und der Frauen, der verschiedenen Stände und Berufsarten gegeiszelt werden. Als treue Anhänger der Thorheit werden auch Schulmeister aufgeführt, ‘die stolz darauf sind, den Knaben das ABC beizubringen, beim Funde eines alten Steines oder Gedichtes ein ähnliches Triumphgefühl besitzen, als hätten sie Afrika und Babylon erobert, und wie jener Sechzigjährige, der bereits zwanzig Jahre über der Grammatik gebrütet, keine gröszere Sehnsucht kennen, als die, so lange zu leben, bis sie wirklich die acht Redeteile sorgsam unterschieden hätten.’
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voetnoot4
- Sisyphus, Sohn des Äolus, König von Korinth, ward der Mythe nach in der Unterwelt wegen seines gottlosen Erdenlebens dazu verurteilt, auf die Höhe eines Berges einen gewaltigen Felsblock zu wälzen, der indes von der Höhe des Berges durch unsichtbare Gewalt wieder an den Fusz des Berges geschleudert wurde; so kam es, dasz:
‘Sisyphus holt und drängt das immer entrollende Felsstück.’ Vergl. Ovid: Verwandlungen IV. 459.
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voetnoot1
- Nach altrömischem Rechte war es dem Beklagten wie dem Kläger gestattet, die durch das Los bestimmten Richter bis zu einer bestimmten Anzahl zu verwerfen.
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voetnoot1
- Alcinous war ein Philosoph der platonischen Schule; seine Werke sind von dem italienischen Humanisten Marsilius Ficinus (1433-1499) ins Lateinische übersetzt worden.
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voetnoot1
- Aristoteles, Topik d. i. Dialektik: ‘die Kunst zu disputieren’, Buch IX: Von den sophistischen Beweisen, Kap. 1.
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voetnoot2
- Ein römischer Tragödiendichter Faustus lebte um das Jahr 100 n. Chr.
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voetnoot4
- In dem Zeus geheiligten Eichenhaine zu Dodona in Epirus waren cherne Becken aufgehängt; aus dem Schalle der vom Winde bewegten Becken fanden die Priester des Zeus ihre Orakelsprüche.
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voetnoot1
- Stentor war einer der Griechen, die vor Troja zogen; seine Stimme war so gewaltig, dasz sie die Stimmen von fünfzig seiner Genossen übertönte.
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voetnoot3
- Thomas Wolf, Kanonikus in Straszburg und Propst zu Kolmar, um 1500. ‘Sein Haus war der Sammelplatz klassisch gebildeter Männer, ein Symposion von Weisen, er selbst der Wirt von Philosophen.’ (Pico von Mirandula.) Vergl. Hagen, Deutschlands litterarische und religiöse Verhältnisse im Reformationszeitalter I, 201.
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voetnoot1
- Mit ‘Organon’ bezeichnet man eine Zusammenstellung von mehreren Schriften des Aritstoteles über einzelne Teile der Dialektik (Logik). Diese Benennung stammt nicht von Aristoteles her; sie ist auf die Ausleger des Aristoteles zurückzuführen, die mit ‘Organon’ d. i. ‘Werkzeug’ es zum Ausdruck bringen wollten, dasz die Logik in ihren verschiedenen Teilen das Werkzeug sei, ‘dessen sich die Philosophie zur Erkenntnis der Wahrheit bedient.’ - Über Aristoteles s. Handbuch Kap. 1.
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voetnoot3
- Über diese Schrift des Aristoteles s. oben Kap. 84.
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voetnoot1
- Diese Unterscheidung und Anordnung des Stoffes lehnt sich an die Darstellung bei Aristoteles an. Organon I cap. 2: ‘Alles, was ausgesprochen wird, wird entweder in einer gewissen Verbindung ausgesprochen oder ohne Verbindung. Das erstere findet statt, wenn ich sage: Ein Mensch läuft, ein Mensch singt; unverbunden dagegen ist die Aussage, wenn ich nur sage: Mensch, Stier, läuft, singt.’ Das zweite Buch des Franziscus Picus wird demgemäsz nach dem Vorgange des ersten Teiles des aristotelischen ‘Organon’ von den ‘Kategorieen’ handeln. Vergl. bei Aristoteles I c. 4. ‘Das, was nicht in irgend einer Verbindung ausgesagt wird, bezeichnet immer entweder eine Substanz oder eine Quantität oder eine Qualität oder eine Relation (Verhältnis) oder ein Wo (Ort) oder ein Wann (Zeit) oder eine Lage oder ein Haben oder ein Thun oder ein Leiden. Substanz - um nur eine ganz allgemeine Vorstellung davon zu geben - ist z. B. Mensch, Pferd; quantitativ ist z. B. zweiellig, dreiellig; qualitativ ist z. B. weisz, sprachgelehrt; eine Verhältnisbestimmung, relativ, ist z. B. doppelt, halb, gröszer; ein Wo ist, wenn ich z. B. sage, auf dem Markte, im Lyceum; ein Wann z. B. gestern, im vorigen Jahr; Lage ist z. B. in der Aussage: er liegt, er sitzt; Haben z. B. er ist beschuht, er ist bewaffnet; ein Thun z. B. er schneidet, er brennt; ein Leiden, wenn ich sage: er wird geschnitten, er wird gebrannt.’ Dieser erste Teil des Organon hat denn auch die besondere Aufschrift: ‘Von den Kategorieen’. Das dritte Buch des Franziscus Picus würde im wesentlichen dem zweiten Teil des Organon: der ‘Hermeneutik’ d. i. der Lehre vom sprachlichen Ausdruck entsprechen. Das vierte Buch würde in der Lehre von den Schlüssen dem dritten Teile des Organon: ‘Die ersten Analytika’ entsprechen.
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voetnoot1
- Über Agricola und Barbirianus s. oben Kap. 26 und 27.
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voetnoot2
- Nach der griechischen Sage löst Ödipus das berühmte Rätsel der Sphinx. - Der Eigenname ‘Ödipus’ wird in der Folge gewissermaszen zu einem Gattungsnamen in dem Sinne: ‘Rätsellöser’.
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voetnoot1
- Über Alexander Hegius s. Einleitung I und II.
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voetnoot2
- Über Agricolas Schrift ‘de dialectica inventione’ s. oben Kap. 26.
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voetnoot1
- Über Seneca und seine Briefe an Lucilius s. Handbuch Kap. 8. - Bezüglich der angeführten Stellen vergl. Briefe an Lucilius XLVIII, 11; XLIX, 6.
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voetnoot1
- Über Augustinus s. Handbuch Kap. 3. - Augustins um das Jahr 397 entstandene Schrift: ‘de doctrina christiana’ sollte in ihren vier Büchern eine Anleitung zum Studium der hl. Schrift geben.
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voetnoot2
- Über Prudentius s. oben Kap. 50. - Die als ‘liber de trinitate’ von Murmellius aufgeführte Dichtung des Prudentius erscheint zumeist unter der Aufschrift ‘Apotheosis’, s. oben Kap. 49. - Die im Text angeführte Stelle aus dieser Dichtung bewegt sich im sogenannten zweiten jambischen Versmasz, welches aus der Verbindung eines sechsfüszigen und eines vierfüszigen jambischen Verses besteht.
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voetnoot1
- Über Raphael Volaterranus s. oben Kap. 57.
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voetnoot2
- Zeno aus Elea in Unteritalien lebte im V. Jahrhundert vor Chr. In seinen Schriften wandte er eine dem Zwiegespräch sich annähernde Form der Darstellung an. Dieser Umstand und die Thatsache, dasz er sich bei seinen Beweisführungen mit Vorliebe der Form des Dilemma bediente, haben es veranlaszt, dasz man ihn ‘den Erfinder der Dialektik’ hiesz. ‘Diese Dialektik ist negativ, weil seine Absicht nur war, den Gegnern der eleatischen Lehre den Vorwurf der Widersprüche zurückzugeben.’
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voetnoot3
- Epikur aus Gargettos in Attila (342-270 v. Chr.) hat von den einzelnen Teilen der Philosophie am wenigsten die Dialektik (Logik) ausgebildet. Im Gegensatz zu der Weise der meisten griechischen Philosophen seiner Zeit, welche durch befremdliche und selbst widersinnige Behauptungen zu glänzen und durch Kunstgriffe und Spitzfindigkeiten zu blenden und zu täuschen suchten, vermied er alle Ausdrücke und Wendungen von fremdartigem Klange und bewegte sich in seiner nach allseitiger Deutlichkeit strebenden Darstellung in der hergebrachten Sprechweise des Lebens. Gleichwohl hielt er die Dialektik - von ihm und seinen Schülern ‘Kanonik’ genannt - nicht für geradezu unentbehrlich. ‘Da die Philosophie nach Epikur nichts anders sein soll, als die Fähigkeit und die Kunst, glückselig zu leben, so würde, wenn nicht der Aberglaube die Menschen ängstigte und quälte, es keiner “Physik”, und wenn nicht Irrtümer den Menschen Leid brächten, es keiner Anweisung zum richtigen Denken (Dialektik, Logik) bedürfen. Jetzt aber ist beides dem eigentlichen Hauptteil “der Ethik” voranzuschicken’. Vergl. Lange, Geschichte des Materialismus, Seite 21-35, und Erdmann, Grundrisz der Geschichte der Philosophie I § 96. Seite 155 f.
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voetnoot4
- Die Physik des Aristoteles (φυσιxὴ α֨xρόασις) bietet in ihren Untersuchungen die metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft.
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voetnoot1
- Raimund von Sabande, geb. zu Barcelona, lebte als Doktor der Philosophie und Medizin und als Professor der Theologie zu Toulouse. Sein Hauptwerk: ‘Theologia naturalis sive liber creatum’ gab er 1436 heraus. Ein von ihm selbst verfaszter Auszug dieses Werkes erschien unter der Aufschrift: ‘Sex dialogi de natura hominis’; ein siebenter Dialog ‘Viola animi’ wird für untergeschoben gehalten. Raimunds Einleitung zur ‘natürlichen Theologie’ ist von dem Konzil von Trient auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt worden.
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voetnoot2
- Johann XXIII. 1410-1415; gest. 1419.
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voetnoot4
- Mit diesem absprechend geringschätzenden Ausdruck soll auf die im Vergleich zu den aristotelischen Schriften unbedeutenden Werke der Zeitgenossen hingewiesen werden.
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voetnoot1
- Im Text steht ‘Methodus’; es ist darunter die Schrift ‘ratio sive compendium verae theologiae’ zu verstehen. Vergl. über diese Schrift des Erasmus: oben Kap. 42.
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voetnoot2
- Duns Scotus 1274 (1266)-1308, Mitglied des Franziskanerordens, ‘der spitzfindigste unter den Scholastikern’, ‘doctor subtilis’ genannt, unter anderm berühmt wegen seiner Erklärungen zu Aristoteles.
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voetnoot3
- Über die ‘Ermunterung zum Studium der christlichen Weltweisheit’. (Paraclesis sive exhortatio ad christianae philosophiae studium) s. oben Kap. 42.
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voetnoot1
- Martinus Dorpius war Professor der Theologie zu Löwen.
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voetnoot2
- Über Alexander Gallus s. Handbuch Kap. 16.
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voetnoot4
- Wilhelm, nach seinem Geburtsort Occam (Grafschaft Surrey, England) Wilhelm von Occam genannt, lehrte zu Paris, starb zu München um das Jahr 1347. Der neuen Ansichten und Aufschlüsse wegen, wie er sie in den philosophischen und theologischen Wissenschaften vorbrachte, ward er von den Zeitgenossen ‘venerabilis inceptor’ genannt; Scharfsinn und Redegewandtheit brachten ihm den Beinamen: ‘doctor singularis ac invincibilis’ ein.
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voetnoot1
- Über die angeführten grammatischen Lehrbücher vergl. Kap. 54 und Kap. 5.
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voetnoot1
- Über Johannes Franziscus Picus s. oben Kap. 39.
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voetnoot2
- Die ganze Grobheit der Ausdrucksweise erhellt aus dem lateinischen Wortlaut: ‘Quos si latine loqui audias, non latialiter loqui sed pedere dijudicabis.’
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voetnoot3
- Mit ‘Barbarismen’ bezeichnete man Fehler gegen die richtige Aussprache der Wörter und gegen die Wahl des Ausdruckes; ‘Solöcismen’ wurden Fehler gegen die Richtigkeit der grammatischen Verbindung der Wörter genannt. - Die Solöcismen hatten ihren Namen von der kleinasiatischen Stadt Soloi (in Cilicien), deren Bewohner ihres schlechten Griechisch wegen berüchtigt waren, vornehmlich seit Pompejus nach Beendigung des Seeräuberkrieges (67 v. Chr.) gerade in Soloi viele der gefangenen Seeräuber angesiedelt hatte.
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voetnoot1
- Lucius Apulejus aus Madaura in Afrika (II. Jahrhundert nach Chr.), anfänglich Rechtsanwalt in Rom, später Lehrer der Beredsamkeit (Wanderlehrer) in Afrika, schrieb unter anderm ein Werk: ‘Metamorphoseon libri XI’ (Elf Bücher Verwandlungen); es wird dasselbe auch unter der Bezeichnung: ‘Fabularum Milesiarum de asino libri XI’ aufgeführt; am bekanntesten ist dasselbe geworden unter der Aufschrift: ‘asinus aureus’, (der goldene Esel). Es ist eine wenig selbständige Nachahmung der Schrift von Lucian (s. oben Kap. 27): ‘Lukios’ (Λουxιος η Όνος). Die ehedem viel verbreitete Annahme, dasz ein Lucius aus Paträ (Lucius Patrensis) der Verfasser dieses Werkes, welches seine erste Umarbeitung durch Lucian und eine zweite durch Apulejus erfahren habe, gewesen sei, hat sich nicht als stichhaltig erwiesen. Ein Mensch, welcher durch Zauberei in einen Esel verwandelt worden, erzählt in diesem Werke seine Schicksale. Eine Reihe von Erzählungen, Schwänken, Fabeln, Märchen sind in die Darstellung eingeflochten. Auch unsinnige Spuk- und widerliche Schmutzgeschichten finden daselbst ihre Stelle zur Kennzeichnung des Aberglaubens und der Sittenverwilderung des absterbenden Heidentums. Diesem Werke verdankt die Nachwelt dann auch ‘die Aufzeichnung der Fabel von Amor und Psyche, einer der zartesten Dichtungen des Altertums, welche in jenen Schmutzroman als Perle eingesenkt ist.’ Vergl. Ferdinand Gregorovius: Kaiser Hadrian, Seite 370. - Die Erzählung von Amor und Psyche findet sich in Apulejus' Metamorphosen IV, 28 - VI, 24.
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voetnoot2
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‘vidĕris’: 2. Person Sing. Futur II bez. Perfekt Konjunkt. - ‘ vidēris’: 2. Person Singul. Indikat. Präs. Pass.
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voetnoot3
- Matthäus XXVII, 4: ‘Was geht das uns an? Sieh du zu!’ - Im Griechischen ist das Futurum gesetzt: τί πρòς ημᾱς; σ̀υ οψει.
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voetnoot1
- Unter der ‘Apologie’ ist der Brief (epistola apologetica) zu verstehen, welchen Erasmus in Sachen seines ‘Lob der Narrheit’ (s. oben Kap. 81) an Martin Dorpius richtete.
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voetnoot2
- ‘recommendatio’ ist in der mustergültigen Sprache nicht gebräuchlich.
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voetnoot3
- ‘conqueror, conqueri’ ist ein verb. deponens. Die Herleitung der angeführten Formen von ‘conqueror’ ist unmöglich.
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voetnoot1
- Nach dem griechischen ‘σχίδη’ sind die Formen ‘Schedula’ und ‘schidula’ die ursprünglichen.
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voetnoot2
- Dieser Satz erinnert an die Sprechweise der ‘epistolae virorum obscurorum’; s. oben Kap. 54.
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voetnoot1
- Über Philipp Beroald s. oben Fap. 57. Die von Philipp Beroald besorgte und mit Erläuterungen versehene Ausgabe des ‘goldenen Esels’ erschien im Jahre 1500 zu Bologna. - Vergl. oben Kap. 110.
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voetnoot2
- Matthäus XXVII, 4. Vergl. oben Kap. 110.
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voetnoot1
- Der Abschnitt geht aus mit den Worten: ‘Noctu dum fortassis nocturna terriculamenta larvasque formidant, dormiunt implicati conplexibus concubinarum, tubantes in Venerem, colentes ventrem et quae sub ventre sunt, concinentes illud voluptuosorum: Edamus, bibamus, concubamus cras enim moriemur.’
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voetnoot1
- Die Schrift des hl. Hieronymus: ‘Apologiae adversus libros Rufini libri II’ (aus dem Jahre 402; kürzere Zeit darauf erschien eine Fortsetzung derselben: ‘liber tertius sive ultima responsio adversus scripta Rufini’) wendet sich gegen Ansichten des Origenes.
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voetnoot3
- Wahrscheinlich Vulcatius (Volcacius) Gallicanus, der Verfasser einer Lebensbeschreibung des Gegenkaisers Avidius Cassius († 175).
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voetnoot4
- Über Victorinus s. Handbuch Kap. 17.
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voetnoot1
- Nach der Ansicht der Alten herrscht bei den Cimmeriern (im äuszersten Westen am Ocean) beständige Finsternis. Vergl. Homer, Odyssee XI, 14-19:
‘Jetzo erreichten wir des tiefen Oceans Ende.
Allda lieget das Land und die Stadt der cimmerischen Männer.
Diese tappen beständig in Nacht und Nebel, und niemals
Schauet strahlend auf sie der Gott der leuchtenden Sonne;
Weder wenn er die Bahn des sternichten Himmels hinansteigt,
Noch wenn er wieder hinab vom Himmel zur Erde sich wendet:
Sondern schreckliche Nacht umhüllt die elenden Menschen.’
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voetnoot2
- Über Theophrast vergl. oben Kap. 54.
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