Volledige werken. Deel 15. Brieven en dokumenten uit de jaren 1872-1873

[31 juli 1872
Aantekeningen van Mimi in Dagboek]

31 juli 1872

Aantekeningen van Mimi, met afschrift van een brief van Multatuli aan Dr. C.F. Riecke, in Dagboek I. (M.M.)

Het afschrift, in gotische letters, heeft vier umlautstekens en ook een paar hoofdletters te weinig; deze kleine onjuistheden zijn hieronder verbeterd.

31 Juli 1872

Gister schreef D aan dr Riecke. we konden niet verzenden daar we geen postzegel hadden. hy bleef dus liggen. ik zal er wat uit copieeren: ... Ihre Petitionen habe ich aufmerksam gelesen... Daß man Ihnen Unrecht that, steht bei mir fest. Doch begreife ich ziemlich gut, warum und wie. Recht oder Unrecht ist in die Welt die Frage nicht und es liegt eine große Dosis Naivetät darin, sich auf sein Recht etwas einzubilden. Meinen Sie nicht daß ich dies sage, bloß der sarkastischen Sentenz wegen oder um eine sehr wohlfeile und abgenützte Pikanterie zu aueßern, nein ich behaupte daß es so ist, und nicht anders sein kann. Wo Recht geschieht ist es nur Zufall, eine Art Rouge und Noir.

Nie wird eine Prinzipienstreit ausgemacht aus Princip, immer nach neben Ursachen.

Wer sein Recht will gelten lassen, soll nicht behaupten daß er Recht hat. Er macht sich dadurch allen zum Feind.
Von allen Delicten ist Rechthaben das unverzeihlichste.
Schuld findet Mitleid - sei es auch nur aus Laune, und um sich 'nmal zu zieren mit sogenannte Christliche Sanftmuth, eine gemeine Speculation. ‘Sehst du wohl O Gott, wie ich dem Sünder seine Schuld verzeihe... denk 'nmal daran, und nimm ein Beispiel daran!’

Nun dogmaticé haben die Leutchen ganz Recht. Christus selbst hat

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es vorgeschrieben. Was will man mehr! Nach meiner Ansicht ist alle Religion höchst unmoralisch.

Ja, Schuld findet Mitleid, doch für Recht hat die Welt keine Sympathie. Ganz Natürlich! Schuld kann und muß bitten. Recht fordert. Wer Schuld verzeiht, macht den Almosen seiner Güte so klein er nur will. Wer die Rechnung des Rechts bezahlen soll, würde den ganzen Betrag der Rechnung zu liquidieren haben. Das will man nicht, und darum lieber die ganze Sache frech geläugnet oder todtgeschwiegen. Ach, ik weiß das alles ganz wohl, und leider bei Erfahrung! Meine Geschichte gehört zu der nähmliche Kathegorie. Auch ich handelte loyal und im Interesse des Staats und der Menschlichkeit. Mein Rechthaben war den vielen die anders thaten, ein Vorwurf, eine Beleidigung. Ich hatte mich für Gesetzlichkeit in die Schranken gestellt und man wußte es so zu drehen daß jetzt sehr vielen noch mich für einen Revolutionär quand même ansehen.

Man kann nicht lesen, wahrhaftig man kann nicht lesen! Ich publicirte officielle Stücke worin ich bloß forderte: das correct nachkommen der (ziemlich gute) Gesetze, doch hat man die Sache vorgestellt als ob ich alle Gesetzlichkeit über den Haufen werfen wollte. So geht es.

Noch eine Bemerkung die das Verfahren Ihrer Feinde... nicht entschuldigt, o nein, doch erklärt. Sie sind geistreich, das ist ein Fehler! Es wird einem dummen Menschen bisweilen gelingen sein Recht geltend zu machen, dem gescheuten nie. Wieder ganz natürlich! Der Dumme ist sans consequence. Man hat den Muth nicht, den Mann den man fürchtet neben oder über sich zu sehen. Das Publicum ist wie ein König, der sehr gemeinsam sein kann mit einem Bettler, doch großen Vasallen à distance hält. Sie möchten ihm die Krone rauben! Wer Geist und Charakter hat soll den Brutus oder den Sixtus V spielen. Das haben Sie nicht gethan. Auch ich war dumm genug, mich nicht dumm zu stellen. Darum sind wir nicht entweder Consul noch Pabst.

Wir haben auf Vernunft, Gerechtigkeit und das Gute, Wahre gerechnet. Wir hätten auf Dummheit Unrecht und Lüge rechnen sollen! Am Ende sind die Leute die Ihre Berechnung auf das Böse gründen sehr intelligent.

Die Welt ist wie eine Bettler-Kolonie wo nur Kupfermünze bekannt sind. Wer meint da seine Bankbillette von f 1000 wechslen zu können irrt sich.