Verzamelde werken. Deel 4. Cultuurgeschiedenis 2
(1949)–Johan Huizinga– Auteursrecht onbekend
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Middeleeuwen
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Über die Verknüpfung des Poetischen mit dem Theologischen bei Alanus de InsulisGa naar voetnoot*Für jede Dichtung ernstlich religiösen Inhaltes, welche poetische Gestaltungen, die nicht unmittelbar in der betreffenden Glaubenslehre fundiert sind, mit den Grundsätzen dieser Lehre verbindet, erhebt sich die Frage: wie haben sich im Geiste des Dichters diese poetischen Figuren, Bilder und Visionen zu den rein philosophisch oder theologisch bewussten Überzeugungen verhalten? Fasst man leztere als feststehend und gegeben auf, welcher Ideenwert bleibt dann für den poetischen Bestandteil übrig, der sich meistens nicht vollständig aus dem Ganzen der Dichtung loslösen lässt? Und falls der Zusammenhang beider Elemente organisch scheint, wie ist er dann beschaffen? Ganz dringend werden diese Fragen, wenn es sich um einen mittelalterlich-christlichen Dichter handelt, wie Alanus de Insulis, den bedeutenden Vertreter der lateinischen Poesie des zwölften Jahrhunderts, der zugleich ein bedeutender Theologe aus der Zeit vor der vollen Entfaltung der Scholastik war. Er hat in seinen beiden berühmten Dichtungen, Liber de planctu Naturae und Anticlaudianus, den poetischen Vorstellungsschatz, den er, wie zu erwarten ist, gänzlich der literarischen Tradition der Spät-antike verdankt, mit besonderer Lebendigkeit und Prägnanz gehandhabt. Man hat sich im Allgemeinen damit begnügt, die reiche Bilderwelt des Dichters, soweit sie sich den Formen seiner unverdächtigen Rechtgläubigkeit nicht direkt einfügte, bloss als Literatur zu betrachten, als etwas von seiner religiösen Auffassung im Grunde Geschiedenes und für diese UnverbindlichesGa naar voetnoot1. So einfach liegt unseres Erachtens die Sache nicht. Die saubere Trennung zwischen dem Dichter und dem Kirchenlehrer, welche sich schon im Werke nicht durchführen lässt, hat sicher auch im Leben nicht bestanden. Wenn es sich somit um einen Versuch handelt, sich von der persönlichen Geistesart eines mittelalterlichen Menschen eine Vorstellung zu schaffen, so ist doch diese Aufgabe nicht eigentlich psychologisch. Nur auf die richtige Auffassung eines konkreten Geistesinhalts kommt | |
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es an. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Untersuchung nicht auf scharfe Begriffsbestimmungen hinauslaufen kann. Vielleicht wird im Folgenden lediglich klargelegt, dass eben eine Frage vorliegt, welche ungelöst bleiben muss. Der Reingewinn wäre also nur eine Warnung, nicht allzu scharf begrifflich bestimmen zu wollen, wo das ästhetische Bedürfnis sich in die Vorstellungen des Glaubens hineinmischt. |
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