Horae Belgicae
(1968)–A.H. Hoffmann von Fallersleben– Auteursrechtelijk beschermd
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Einleitung.‘Man kann denken, welch ein höchst elendes Machwerk aus der zarten Kindheit unserer Literatur dies sein muss! Es hat nicht einmal, wie Melis Stoke, irgend einen historischen Werth. Die Herren Willems und Visscher haben uns der Mühe überhoben, unscren Lesern etwas von dieser ekeligen Misgeburt zum Besten zu geben.’Ga naar voetnoot1) So urtheilt ein geborener Holländer, ein Literarhistoriker und Kritiker, der ein dickes | |||||||||||||||||||
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sechsbändiges Werk über die holländischen Dichter geschrieben hat - Herr Witsen-Geysbeck. Das soll uns aber den Genuss dieser Dichtung durchaus nicht verkümmern, noch uns zu irgend einer Entschuldigung verleiten, dass wir diesem so schnöde beurtheilten Denkmale der Poesie sehr freudig viel Zeit und viel Mühe gewidmet haben. Wir erklären vielmehr unsrer Seits, dass es keinem Literator gelingen kann, aus der ganzen holländischen Poesie der Vergangenheit und GegenwartGa naar voetnoot2) ein zarteres, ein in Sprache und | |||||||||||||||||||
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Darstellung vollondeteres Gedicht nachzuweisen. Freilich hat die wunderliebliche Sage von der rothen und weissen Blume, dieser aus lauter Blüthenduft und Farbenglanz gewobene Stoff, grossen Antheil an dem Werthe dieser Dichtung. Grösser aber ist der Antheil, den wir dem Dichter selbst, Diederic van Assenede, zuerkennen müssen, denn er hat durch seine Bebandlung des wälschen Originals aus Flore und Blanchesleur ein neues, ein noch schöneres, ein echt holländisches Gedicht geschaffen. Und nicht gering sind etwa die Vorzüge, die Diederic vor dem französischen Dichter behauptet, man vergleiche nur! Und wer unter den dichtenden Zeitganossen seines Vaterlandes darf ihm gleichgestellt werden? Man zeige mir diese Lebendigkeit der Darstellung, die wir an Diederic bewundern, diese begeisterte, rührende Theilnahme an dem Schicksale seiner Lieblinge, dies besondere Geschick, schöne Einzeln-keiten in das Ganze zu verweben, dies unverkennbare Streben, den Hörer immer von neuem zu fesseln, diese Gewandtheit in der Sprache, diese Leichtigkeit im Reimen, die niemals ihre Zuflucht zu Flick-wörtern und nichtssagenden Redensarten nimmt. Und wer war dieser ausgezeichnete Dichter? Wir wissen nichts von ihm als seinen Namen und seine Heimath und dass er den Stoff seiner Dichtung aus dem Wälschen entlehnte. Diese kurzen Nachrich- | |||||||||||||||||||
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ten hat er selbst beiläufig in seinem Werke mitgetheilt.Ga naar voetnoot3)
Er nennt sich Diederic van Assenede, und so erfahren wir denn zugleich seine Heimath. Assenede liegt in Flandern, mitten zwischen Brugge und Antwerpen, nicht weit von Gent; es war einer der vier Hauptorte der sogenannten vier Ambachten und erhielt mit jenen zugleich im J. 1242 seine Rechte, die noch später Karl v. bestätigteGa naar voetnoot4). Assenede ist noch heutiges Tages ein Marktflecken.
Nicht so bestimmt lässt sich die Zeit angeben, wann Diederic lebte und dichtete. Wahrscheinlich gehört er der ersten Hälfte des xiv. Jahrhunderts an. Die Handschrift mag um dreissig oder vierzig Jahre jünger sein.
Das Wälsche, woraus er den Stoff seiner Dich- | |||||||||||||||||||
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tung entlehnte, ist der nord-französische Roman Flore et Blanchefleur aus dem xiii. JahrhundertGa naar voetnoot5)). | |||||||||||||||||||
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Leider hat sich von diesem schönen Gedichte nur eine einzige Handschrift erhalten und nicht einmal in ihrer ursprünglichen Gestalt. Sie mag nach | |||||||||||||||||||
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ihrer ersten Abfassung, wie die alte Foliierung bestätigt, 26 Blätter enthalten haben, von guter Hand gegen Ende des xiv, Jahrh. geschrieben, auf jeder Seite zwei Spalten, jede Spalte gewöhnlich 40 Zeilen stark. Von dieser alten Hand rühren jetzt nur noch Bl. v-xviij her; Bl. i, ij und xix-xxvj sind dagegen von jüngerer schlechter Hand mit blässerer Dinte hinzugefügt. Hätten wir nur noch alle Blätter, wie sie zur Zeit der Foliierung waren! Leider aber ward die HS. im Laufe der Zeit grässlich verstümmelt. Bl. xix ist nur noch halb, von Sp. b. und c. zeigen sich nur einige Vers-Anfänge und Schlüsse; abermals Lücken trifft man Bl. xxiij. Sp. c. und Bl. xxvj. Sp. b. und c., und die älteren Blätter iij und iv sind herausgeschnitten. In diesem Zustande besafs schon Huydecoper die HS., der sie fleissig nebst den damit zusammen gebundenen mnl. Dichtungen (s. Huyd. proeve i, 141-143.) zu seinen sprachlichen Forschungen benutzte. Dann ging sie über an van Alewijn und kam so endlich in die Bibl. der Maatschappij der Nederl. Letterkunde zu Leiden. Die HS. überzeugte mich bald, dass es für das Gedicht wenig erspriesslich sei, es in dieser Gestalt treu abdrucken zu lassen. Ich hielt es demnach für nothwendig und den heutigen Ansoderungen an die Heransgeber ähnlicher Werke entsprechend, die vor- | |||||||||||||||||||
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handene Schreibungsverschiedenheit der beiden Schreiber, das Schwankende und Willkürliche, dessen sich jeder schuldig macht, zu beseitigen, ihre Schreibfehler zu verbessern, durch Interpunctions-Ga naar voetnoot6) und Anführungszeichen das Verständniss zu erleichtern, und die ganze Schreibung nach einfachen durchgreifenden Gesetzen, wie sie in den besten und ältesten Handschriften gewöhnlich beobachtet werden, zu regeln. Ob und wie weit mir diese nicht eben leichte Arbeit gelungen ist, mag der Text des Gedichtes selbst lehren, das bis jetzt unter allen mnl. Gedichten das erste ist, dem eine solche Sorgfalt zu Theil wird. Über die wichtigsten Abweichungen meines Textes von der HS. will ich nun Auskunft geben; die Klammern enthalten jedesmal meine Verbesserung, und die cursivgedruckten Wörter sind meine Zusätze. Ist jemand mit mir nicht einverstanden, so mag er die Lesart der HS. beibehalten und sie rechtfertigen, was ich nicht konnte. | |||||||||||||||||||
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34. 47. 3073. dicken (dicke) - 82. niement (niemen), so auch 2888. 3418. 3483. 3609. 3886. - 86. wort (wert) - 125. in allen side (in allen siden) - 128. borghe (berghe) - 161. ende - 174. ghevreischt (ghevreischet) - 177. inde vaert (in der vaert) - 211. middel (middelt) - 213. 214. ghewaren: ghebaren (gheware: ghebare) - 251. haers self lijf (h. selfs 1., wie auch 3956. sijns selfs 1. hätte geändert werden sollen) - 352. in wege (in weghen) - 431. des (tes) - 446. in lanc so (ie lanc so), so auch 540. 1069. 1073. - 475. 1352. onderwinden hem, doch kommt es auch ohne recipr. vor, Huyd. proeve i, 345. - 483. te weenne (te wenene) - 505. dien here (den here) - 591. worden (werden) - 603. lustege (listeghe), vgl. 1321. 633. van - 656. nie (ie) - 716. hise (icse) - 717. bi sinen live (bi minen live) - 724. te dienne (te dienene) - 749. lijf (lief) - 790. ende hi (ende ic) - 805. di dien (di) kinnen - 934. lijlie (lelie) - 941. weltijt (welctijt) - 957. si - 975. ic man (ie man) - 1037. op (in), vgl. 1121. - 1071. 1163. antwerde (antworde) - 1191. du ne wils - 1295. worden (werden) - 1304. ochte gader (ocht te gader) - 1321. bi onser lust (bi onser list) - 1367. di hi (die hi) - 1400. woude (soude) - 1401. soude (woude) - 1568. ne geen (no gheen) - 1570. 1. ben: hen (bem: hem) - 1584. aer | |||||||||||||||||||
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(haer) - 1596. al sijt (altijt) - 1628. harde (houde) - 1759. dede (dedi) - 1764. claer - 1900. te verne haer vert (te verne vort) - 2147. di dorper (die dorper) - 2153. maecte (maecten) - 2197. clarett (clareit)- 2199. dicken (dinken) - 2259. damlaken (tamlaken) - 2273. sie ic an hem (dafür wol zu lesen: sie hebben) - 2314. dompelike (dommelike) - 2343. ghi waert (ghi wert) - 2344. de amm. (den amm.) - 2350. in erterike (in ertrike) - 2435. ontfaen fi w. (ontfaen het w.) - 2452. ne gh. (no gh.) - 2453. v. dier joncfrouwen (v. die joncfrouwen) - 2461. van goude heelden (van gouden heelden) - 2468. daer - 2529. tenden jare (tenden van den jare) - 2619. 2713. sander daghes (sanders daghes) - 2622. out (hout) - 2638. cop - 2652. sien (lien) - 2735. in Sp. - 2738. toghede (togheden) - 2741. ghecochte (ghedochte) - 2749. vante (vanten) - 2768. moodene (nodene) - 2784. seken (seker) - 2787. vercope u (vercopen u) - 2793. met leiden hine (met leide hine) - 2797. man - 2892. hoechten (hoochsten) - 2898. mi - 2902. conste (consten) - 2908. so - 2931. sprac (scrac) - 3000. mi - 3019. leuede (levende) - 3022. dor - 3028. ioncfrouwe (joncfrouwen) - 3029. vale(wale) - 3055. minliken (minlike) - 3059. om poghede v (u om poghede) - 3067. luttel (lettel) - 3098. Floris - 3157. alse van van haer s. | |||||||||||||||||||
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waren (alse van haer s. ware) - 3168. neemt (neent) - 3172. loop (loopt) - 3198. luste leven (luste te leven) - 3204. veruaerden (vervaerde) - 3229. wijf - 3236. om twater (omt water) - 3253. dat si - 3315. iemen (niemen) - 3338. toren oder rouwe - 3370. beiden (scult wol hinzuzuf.) - 3380. und öfter vongnesse (vonnesse) - 3390. hoechten (hoochsten) - 3410. mochsse (mochtse) - 3423. was - 3428. loven (love) - 3450. wsdic (wart ic) - 3455. si - 3465. armen - 3512. reden (rede) - 3554. soude (woude) - 3563. wsp (warpt) - 3602. amis (amie) - 3604. hadden (hadde) - 3731. met sinen here (met sinen eren) - 3817. 8. ghevreiste: eischte (ghevreiste: eiste) - 3837. viel opt erde (op derde) - 3843. hore groten e. (horen groten e.) - 3895. tene houe (tenen hove) - 3917. floemene (noemene) - 3968. puppiin (Pippijn). Die früher schwankende Aussprache vieler Wörter, wie sie besonders in Flandern üblich war, hat zwar von jeher sehr das Reimen begünstigt, desto nachtheiliger aber auf die Schreibung gewirkt. Aus den mnl. Werken geht hervor, dass alle flandrischen Dichter manches Wort beliebig kürzen oder dehnen konnten, wie sie es eben zum Reime gebrauch- | |||||||||||||||||||
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tenGa naar voetnoot7). Während also im Mhd. der Reim Grundlage aller Schreibung ist, lässt sich im Mnl. nur daraus abnehmen, dass ein Wort so und so ausgesprochen wurde und danach auf mehrfache Weise geschrieben werden konnte und auch wirklich geschrieben ward. Die langen Vocale werden geschrieben ae, ee, ij, oo, uu, aber nur vor einfachem und doppeltem Consonanten-Auslaut (also gaet weer mijn soon thuus), auch bei Contractionen und mancherlei Anlehnungen, hingegen vor einfachem Consonanten-Inlaute ganz den kurzen Vocalen gleich (also waren ghene sine scone husen). Diese Schreibung ist die vorherrschende in allen Handschriften, und in den allerältesten und besten die beinahe alleinige. Nur beim oo zeigt sich ein häufiges Vermischen mit dem oe (mhd. uo). Theils mochte hiezu die Analogie mit ae veranlassen, theils aber und wol noch mehr die in manchen Gegenden wenig unterschiedene Aussprache des oe von oo. So reimt Lodewijc van Velthem (aus der Herrlichkeit Daalhem, einer südwestlichen Gegend der Niederlande) in seinem Spieghel historiael 4. te doene: de gone, 4. 43. toe: also, 11. groot: doet, 13. groot: moet, 26. gomen: noemen, 27. ooc: boec, 29. 33. groot: doet, 42. 46. comen: noemen, 44. doe: dat stro, | |||||||||||||||||||
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46. doene: scone, und so noch sehr oft, denn dies sind hier nur die Stellen der ersten 50 Seiten.Ga naar voetnoot8) Minder nachtheilig ist der Wechsel zwischen w und ue statt uu, wie er in den Handschriften häufig vorkommt. Dies w ist nur uu, und jenes ue muss überall aufgegeben werden; vgl. Grimm Gr. i, 483. Die Schreibung der Consonanten ist schon von Grimm Gr. i, 486-506 hinlänglich besprochen worden; ich weiche wenig von ihr ab und hebe nur Folgendes heraus: die auslautenden d, g und v werden zu t, ch, und f, k zu c, vt zu ft, ng zu nc, ngt zu nct; gh steht vor e und i, g vor a, o und u, sch vor e und i, sc vor a, o, u, r und im Auslaut. Dass aber die Schreibung von der Aussprache abhängig ist und wie so viele Doppelformen einzelner Wörter entstehen konnten, lehrt am besten das Reimen. Die Vocale wechseln sehr häufig ab mit den ihnen verwandten: a mit e, e mit i, o mit u, u mit i, a mit ae, o mit oo, ee mit ae vor den Liquidal-Verbindungen ll, lm, mm, ngh, nk, nn, rd, rt, rgh, rc, rk, rm, rn, rp, rr, rs, rst, rf, rv, rw, hin- | |||||||||||||||||||
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undwieder auch vor der einfachen Liquida; - a mit o und e vor f, cht, ft; - e mit a vor s und t, ee mit ae vor t. Dies ist nicht etwa eine Eigenthümlichkeit unsers Dichters, sic findet sich bei allen guten und schlechten des xiii. und xiv. Jahrhunderts.
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Zuweilen kommen Doppelformen vor, die aussehen, als ob sie nur wegen des Reims auf eine feste Form mit dieser gleichklingend gemacht wären, z.B. 2546. ghevloeit: doeit (doet); 1474. 3825. met scatte: datte (dat). Aber auch diese lassen sich aus verschiedener Aussprache erklären. Ganz gewiss hat man früher neben doet auch doeit gesagt, wie man noch heutiges Tages in Antwerpen dood wie doeid ausspricht, Willems Verh. ii, 334. datte aber hört man noch heute in Flandern, z.B. wat is datte? Willems ii, 337. Neben diesen Doppelformen, die auf schwankender Aussprache beruhen, sind unserem Dichter wie | |||||||||||||||||||
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den übrigen noch andere geläufig, die aus wirklicher ursprünglicher Verschiedenheit gleichbedeutender Stammwörter hervorgehen oder durch Contraction bewirkt werden: 2785. hulden: versculden; 2865. soude: houde; 3019. soude: scoude; 3695. scult (3663. 3667. scout): sult; 3763. ghewelt: ghetelt; 1940. pliet (pleghet): niet. Reinaert 1559. 1811. stont: mont; 3297. stoet: voet.
Eine andere Reimeigenthümlichkeit unsers Dichters muss ich noch erwähnen, die aber ebenfalls auch anderen eigen ist, sich sogar im Mhd. vorfindet: bei klingenden Reimen hat zuweilen das auslautende n gar keine Geltung, als 605. voeren: Blancefloere; 744. hare: ghebaren; 1156. ghescriven: live; 1198. bewenden: ten ende; 1928. haren: gheware; 2120. binnen: minne; 2432. tappe: nappen; 2538. sinnen: inne; 2665. oghen: hoghe; 2903. bi stade: gheladen; 3175. seden: mede; 3205. ghewinnen: ghesellinne; 3439. seden: dede; 3511. sede: reden; 3683. te slane: die tranen. So auch im Reinaert 285. ghevaren: bare; 423. carine: schinen; 531. raden: rade; 581, neve: leven; 583. minnen: ghewinne; 607. te hove: gheloven; 619. hamen: bequame; 759. sonne: gheronnen; 1005. ere: heren; 1525. utermaten: gate; 1817. pine: aenschinen; 1929. Widelanke: danken; 2343. dinghen: manghelinghe; 2775. sinnen: | |||||||||||||||||||
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coninghinne; 3461. hulde: sculden. Esopet 229. ghenade: gheladen; 337. vrouwen: trouwe. 348. ere: onteren. Es kommen also nur zwei Reime bei unserem Dichter vor, die sich auf keine Weise rechtfertigen lassen: 1582. sere: gheschede und Diese beiden gehören zu den schlechten Reimen, oder, wenn wir es milder ausdrücken wollen, zu den Assonanzen. Es ist wirklich zu bewundern, dass unser Dichter sich ihrer so streng enthalten hat; bei anderen kommen sie häufiger vor: Ferguut ghesleghen: ghedreven, gheswighen: bliven, upheven: reghen, reghene: devene, boven: ellenboghen. - Walewein draghen: draven, hove: hertoghe, open: gheloken, cnape: sake, cnape: ghemake, slapen: waken, begrepen: spreken, s. Huyd. op Stoke ii, 266. - Reinaert 105. man: nam, 107. gram: began, 211. laset: versadet, 231. Isengrijn: rijm, 451. graf: was, 795. swinghen: vingheren, 1471. net: ongherec, 2101. Isengrine: rime, 2317. verslanc: vant, 3379. trac: dat, 3769. scraven: waien, 4087. gheest: bleef, 4213. stonden: wouden - Esopet 49. jeghen: mede, 203. stoten: lopen, 336. uut: ghebruuc. - Die historischen und didact. Dichter, Stoke, Maerlant, van Velthem u.a., übergehe ich. | |||||||||||||||||||
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Nun noch Einiges über die Aussprache. In der Heimath der mnl. Poesie müssen wir auch die richtige Aussprache des Mnl. suchen, und ich glaube, wenn sie überhaupt noch zu finden ist, dass sie nur da gefunden werden kann. Darf auch Holland mit gleichem Rechte wie Flandern und Brabant die mnl. Litteratur als sein Eigenthum in Anspruch nehmen, so darf es doch deshalb noch nicht die unter den Gebildeten übliche Aussprache des jetzigen Holländischen auf das Mnl. anwenden, sondern muss vielmehr in dieser Beziehung Flandern und dessen benachbarten Gegenden weit nachstehen. Zur Begründung dieser Ansicht liefert Beweise genug J.F. Willems in seiner Abhandlung over het Hollandsch en Vlaemsch in seiner Verhandeling over de nederduytsche Tael- en Letterkunde ii. D. (Antw. 1820-24. 8o.) blz. 276-383. ae, kein Umlaut wie das mhd. und hochd. ae, sondern das jetzige holländische aa und flämische ae, ist wie jenes in Holland und dieses in Flandern und Brabant auszusprechen, also wie ein reines gedehntes a in unserm Hahn. oe tönt wie ein deutsches u in Huhn, oo wie ein deutsches o in Hohn. Schreibung und Aussprache scheiden beide Laute, obschon beide in früherer Zeit oft mit einander verwirrt wurden: oe ist das mhd. uo, und oo das mhd. ô, ou. Das mnl. ou, | |||||||||||||||||||
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obschon ganz anders entstanden wie das deutsche au, hat doch mit ihm gleichen Laut, wie au in Auge. uu, und vereinfacht u, das mhd. û, iu, ist gleichlautend dem deutschen ü in Hühner, und so wird das, sich aus uu entwickelte, heutige holländische und flämische ui noch jetzt von vielen Flamländern ausgesprochen, also huis, muis wie huus, muus, Willems Verhand. ii, 336. und von den Seeländern ebenfalls A.F. Sifslé in de Jager Taalk. Magazijn ii. st. blz. 170. Daraus leite ich denn ab die ü-Aussprache des kurzen u, die noch durch die Übergänge des i in u und umgekehrt des u in i mehr bestätigt wird, vgl. Grimm Gr. i, 471. 472. ie ein gedehntes i mit leise nachklingendem e, wie man es noch jetzt in Seeland ausspricht, auch etwa wie die Süddeutschen lieb sagen, nur schwächer; dat ic sie (dass ich sehe) ist also anders auszusprechen als dat ic si (dass ich sei). ij darf durchaus nicht nach holl. Art gesprochen werden. Seine Vereinfachung im In- und Auslaute (i) deutet schon an, dass es nur wie ein gedehntes i tönte, also wie ein deutsches i, ie oder ih in dir, zieren, ihn. Dass diese Aussprache des ij die ursprüngliche ist und für die heutige Sprache die richtige sein sollte, beweist ihr noch heute bei weitem überwiegender Gebrauch. ij wie î sprechen die Friesen und Groninger, die Bewohner von Geldern und | |||||||||||||||||||
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Overijssel, die Seeländer und alle Westflanderer. Die Aussprache des ij wie ei hat dagegen nur aufzuweisen das eigentliche Holland und einzelne Gegenden Brabants, Willems Verh. ii, 313. Für den i-Laut des ij spricht auch noch manches Andere. Die Ableitungssylbe lijc, früher schon oft gekürzt in lic (in Handschriften sogar lec geschrieben, z.B. natuurlec), wird noch jetzt in Holland und Brabant lek ausgesprochen, und auf gleiche Weise gekürzt hört man beim Volke in Holland noch andere Wörter mit ij: mij, gij, zij, wij, mijn, zijn, klingen, wenn nicht der Ton darauf ruht, wie me, ge, se, we, men, sen, s. Bomhoff in de Jager Taalk. Magaz. ii. st. blz. 244. Ich gehe zu den Consonanten über. Das anlautende sch ist wie das hochd. sch in Niedersachsen, das inlautende und auslautende (letzteres sc geschrieben), besonders nach Vocalen, nur sehr schwach zu aspirieren, etwa wie man in Seeland noch heutiges Tages visschen wie vissen, menschen wie mensēn spricht. Ganz verwerflich ist jedoch die holl. und westfälische Aussprache, welche s von ch trennt, vgl. meinen Reineke xviii. Bei allen sonstigen Verbindungen mit s gilt gar keine Aspiration. - g lautet ganz gleich dem deutschen vor a, o, u, gh dem deutschen g vor e, i, und die Verbindung ngh ist ganz anszusprechen wie das deutsche ng; vergl. | |||||||||||||||||||
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Willems Verh. ii, 340. 337. Die harte holländische Aussprache vieler Consonanten und besonders der erwähnten Dental- und Gutturalverbindungen würde das Liebliche des Mnl., was sich schon in der grossen Neigung zum Assimilieren, Inclinieren und Contrahieren ausspricht, gänzlich zerstören.
Breslau, 10. Oct. 1835.
H.v.F. |
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