Nr. 33
Das Lied, das Katharina hier ihrer Sammlung einverleibt hat, gehört seiner Aussage nach eng zur folgenden Nr. 34, mit der es auch die gemeinsame Singweise hat. In diesen beiden Stücken wird ausnahmsweise einmal ein geistlicher Ton angeschlagen. Hier lebt das Repertoire des niederrheinischen Adelskreises offensichtlich nicht aus dem Liedgut und der Motivik des spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen höfischen Minneliedes, sondern hier findet reformatorischer Geist seinen Ausdruck in einem von tiefem Ernst getragenen Lied, das ein Indiz dafür darstellt, daß der Kreis um die Schreiberin Katharina von Bronckhorst konfessionell der neuen Lehre zuneigte. In dem Lied kommen Vorstellungen aus dem Umkreis des Totentanzes ebenso zum Tragen wie biblische Motive des NT. Der Anfang von Str. VIII verwendet die Antithese vom breiten und schmalen Weg, der später im Andachtsbild seine graphisch einprägsame Gestaltung gefunden hat (s. dazu u.a. Martin Scharfe, Evangelische Andachtsbilder, Stuttgart 1968, S. 263-270). Das Auftreten vieler Wörter nld. Herkunft läßt eine Vermittlung des Liedes von ndl. Gebiet her wahrscheinlich werden. Aufschlußreich ist es, daß dieses offensichtlich auf ndl. Boden entstandene Lied die Erweiterung eines vorreformatorischen geistlichen Liedes darstellt, das mit fünf Strophen im Liederbuch der Anna von Köln (um 1500) als Nr. 35 belegt ist (s. die Edition von W. Salmen und J. Koepp, Düsseldorf 1954 = Denkmäler rheinischer Musik, Bd. 4, S. 23). In ndl. und reformierter Traditionssphäre findet sich das gleiche Lied mit acht Strophen in dem ndl. Liederbuch Een deuoot ende profitelyck boecxken, Antwerpen 1539, Ausgabe von D.F. Scheurleer, 's-Gravenhage 1889, S. 79, Nr. LVII; die zugehörige Melodie steht auch in den Souterliedekens, Antwerpen 1540, Ps. 48. Vgl. auch Ldhs. Manderscheid ca. 1580, Nr. 69.