Nr. 12
Liebesklage, zu der bisher keine Textparallele auffindbar war. Schreiberin ist Elsbet, die jüngere Schwester der Besitzerin des Liederstammbuches. Dem auch mit zeichnerischem Talent (vgl. Abb. 6) ausgestatteten Adelsfräulein verdanken wir außerdem noch die Nrr. 19, 21 und 46. Elsbet huldigt in ihren übrigen Eintragungen wie auch hier der Mode des ‘höfischen’ Minneliedes und der Liebesklage. Inhaltlich und vom verwendeten Wortschatz her stellt sich dieses Lied zu D 46 und mehreren anderen Liedern unserer Hs.; auch andere Hss. der Zeit wie Pal. 343 (vgl. z.B. Nr. 91) wären als inhaltliche Parallelen heranzuziehen. Formal liegt eine im 16. Jh. häufiger anzutreffende Strophenform mit einem Wechsel von Langzeilen und binnengereimten Kurzzeilen und folgendem Reimschema vor: a b a b c/c d e/e d f/f d. Das gleiche Schema (ohne die beiden letzten Kurz- und die abschließende Langzeile) ist verwendet in Pal. 343, Nr. 132 und 157. Die nur noch unzureichende Verwirklichung dieses Modells in unserer konkreten Aufzeichnung von 1550 rückt das Entstehungsdatum des unbekannten Liedtypus um einige Jahre oder gar Jahrzehnte in die 1. Hälfte des 16. Jhs. hinauf.