Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
(1976)–Katharina van Bronckhorst en Batenborch– Auteursrechtelijk beschermd
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Nr. 94aant.I.
‘Weck up, weck up den werden gast,Ga naar margenoot+
der falck zwengt sich up der stangen!
ehr swengt sich na des dages gelast,
darna hait er vorlangen.
5[regelnummer]
darumb ich dich in truwen raide,
dat du mich ein weinch horest:
de morgensterne am hemel staidt,
schaff, das eth nit werde zuspaidt,
eher er van dannen kerett.’
II.
10[regelnummer]
‘Schoin wechter, schoin, vormydt den schall,
wat hilfft dir dyn schimffen?
du deist uns bieden groiß ungevall,
es mach dir nith gelingen,
das du vorschreckst den werden gast,
15[regelnummer]
he kumpt doch lieder selden.
es isth doch nith des dages glast,
du bringest uns bieden in oiverlast,
du machts es noch entgelten.’
III.
‘Schoin frouwe, schoin fraw, sidt nith so swill,
20[regelnummer]
durch eine zwartze wolchen
mich duchte ich sege eine sterne so hell,
darnach der dach qwam stolchen;
off ich darin bedraigen byn,
des geve ich my in schulden,
25[regelnummer]
es ist docht nith der dach so nach herby,
ir synt noch woll einer stunde fry,
spairt mich in uren hulden.’
IV.
Dem gast dem gast sy dat vorkuindt,
eres hertzen Tabernakel,
30[regelnummer]
in heißer lieb ehr hertz entsuindt
und flammet recht wie ein fackell.
se meinet de stundt eyn Jar soll duiren,
se heds kein vordreißen,
se plegte nach erhes hertzen beger,
35[regelnummer]
beß das de lechte morgenstern
qwam an den hemel schießen.
V.
Des nam des nam der weehter acht,
der Dauw fell uf den anger,
der fagel stemme mit soihte kraft
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40[regelnummer]
erhalet in dem hagen.
als bald der wechter das vorhoirt,
he moist se aver warnen,
van Jamer reiff he uf ein oirt:
‘ô wie es ist auch werlich moirth,
45[regelnummer]
ich moiße oiber warnnen.
VI.
‘Hoir lieffster, hoir, was ich dir doin kundt,
mir zampt nith lenger zuswigen,
laiß af und brich der liebden bund,
der dach der kumpt her stigen;
50[regelnummer]
uiß orienten nimpt he den keer,
luchtet hoich aiver alle de zynnen.
Ô werdes wyff, schoin dyner eher,
wiltu folgen myner leher,
so schaff den gast von dannen!’
VII.
55[regelnummer]
Als bald als bald se das vorhoirt,
sie erschrack in heldes arme,
van jamer sanck se uf ein orth:
‘ach Godt, O laiß dich erbarmen!
mit gewrungen henden ich dir klach
60[regelnummer]
und bidt dich innichlichen,
mach es gesyn, vorhalt den dach,
ich frucht das ich genslich vorzaich,
werdt he uns alhye erslychen.
Ga naar margenoot+ VIII.
Do ward, do ward der edel knaͤff
65[regelnummer]
durch wundt bes in syn hertz,
doch troist er sich im ungemach
und sprach: ‘lais ab dyn smertze,
ob ich mich mit dem lyffe scheide,
myn hertz sall by dyr bliven
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genslich vorbunden by mynene Eyde,
das es sich nummer van dir scheide,
de zyt mit dir zuvor driven.’
IX.
‘Din troist, din troist, dine gude woird
durchsniden mir myne geleder,
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doch bidde ich dich, myn hogster orth,
fuige dich doch balde herweder
und sluith mir in dines hertzen schryn,
ich bidt dich innichlichen,
und sluith mir in dines hertzen schryn,
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80[regelnummer]
sint ich nit lenger mach by dir syn,
so doe mir ein Breiflin schriven.’
X.
‘Myn heill, myn heill, myn uffenthalt,
was mir din duigent lertt,
des hestu gants und gar gwalt;
85[regelnummer]
zu dir myn hertze kerett
und gewunnet noch nummer freude of moidt.
ja sold ich dich begeven:
ich werde gewundt in jamers noidt,
so weher mir doch der bitter doidt
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vyll beßer dan das leben!
XI.
‘Gnad fraw, gnad fraw, ich fair darhen.
der schepper aller dinge,
der erhalt uch in der gnaden syn
und das uch nith mislinge,
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bewair lyff feill ehr und guith
vor allem ungevalle.’
‘laiß dich der reiße nith werden schwer
und frauve dich der weder keer,
du scheider guide geselle.
XII.
100[regelnummer]
‘Scheid hen, scheid hen, ich wunsch dir heil.
der scheffer aller dinge,
der erhalt uch yn der gnaden syn
und under synem scherme,
Ja wair du in dem lande ferest,
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godt mois diner alzyt plegen,
vor kummer und oich vor liedt bewair,
und uch gsunt her weder spair.’
So gaff sie ehme die segenn.
XIII.
Das freulin in dem bedde saß,
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mit lichtenklaren oigen,
ire lichten wangen woirden naß,
mit mannigen heißen tranen:
‘Ach Got, wannher sall ich ehn sehen,
den strick baven allen falcken?’
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lustlich spranck ehr durch den klee,
ehr bieder scheiden das dede wehe,
dermit der dach qwam walcken.
* * * Heimlich vorswiggen unnd ganntz woll bedacht
haidt mannige sache zum guden ende gebracht.
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