De Zeventiende Eeuw. Jaargang 11
(1995)– [tijdschrift] Zeventiende Eeuw, De– Auteursrechtelijk beschermd
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Die erste deutsche Ripa-Ausgabe 1669-1670 übersetzt von Laurentius Strauß und verlegt bei Wilhelm Serlin in Frankfurt am Main
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1. Titelblatt zum 1. Teil der Frankfurter Ripa-übersetzung, 1669.
Laut Titelblatt des ersten Teils der Iconologia oder Bilder-Sprach der Frankfurter Ausgabe, ist als Übersetzer ‘in unsere hochteutsche Mutter-Sprach’ ein gewisser ‘L.S.D.’ genannt, der sich im Widmungstext der Ausgabe ‘an Johann Ludwig Pöckhen’ als Laurentius Strauß (Lorenz Strauß)/ D(octore) zu erkennen gibt.Ga naar eind7. Der zweite Teil der Iconologia wurde dagegen nicht von Strauß, sondern von dem Verleger und ‘Buchführer’ Wilhelm Serlin eingeleitet. Dieser widmete den zweiten Teil dem Basler Buchhändler ‘Johann Rudolff König’ und nennt Strauß als Übersetzer nicht namentlich. Serlin gibt für die Übertragung ‘auß der Italiänischen in unsere Teutsche Sprach’, die er als Buchhändler und Verleger in Auftrag gegeben hatte, lediglich ‘... einen gelährten und selbiger Sprach wohlkündigen Mann’ an. Strauß selbst äußert in seinem Einleitungstext des ersten Teils, daß er sich ‘... von guten Freunden (habe) bereden lassen, einen Versuch zu thun, ob ich solches in unsere hochteutsche Sprach übersetzen könte...’. Zu diesen Freunden zählte offenbar auch der Buchhändler Wilhelm Serlin. Laurentius Strauß, am 9. Februar 1633 in Ulm geboren, war Mediziner, und seit 1662 als Professor der ‘Arzeney gelahrtheit und der Physik’ an der Universität in Gießen tätig.Ga naar eind8. An den Universitäten von Jena, Montpellier, Genf und Basel hatte er medizinische und philosophische Wissenschaften studiert und 1658 in Heidelberg promoviert. Danach begleitete er kurzfristig das Amt eines Hofmedikus in Darmstadt. Erst während seiner Professorentätigkeit in Gießen, also im Alter von 36 Jahren, muß Strauß mit der Übersetzung der Iconologia Ripas begonnen haben. In seinem Gesamtwerk, das vor allem medizinische und physikalische Schriften umfaßt, nimmt die Ripa-Übersetzung eine ausgesprochene Sonderstellung ein. Nur Strieder erwähnt in seiner Hessischen Gelehrten- und Schriftsteller Geschichte von 1812 Strauß als Autor der Übersetzung von ‘Caes. Ripae Iconologia | |
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2a. Liebkosung, Holzschitt, Frankfurter Ausgabe, 1669.
2b. Adulatione, Holzschnitt, Ripa-Ausgabe, Padua 1624/25.
2c. Adulatione, Holzschnitt, Ripa-Ausgabe, Venedig 1669.
oder Bildersprach, aus d. Italien. übers. von L.S.D. Frankf. 1669.’Ga naar eind9. Die Übersetzungsfähigkeiten des Doktors lagen in seiner Bildung begründet, die er vor allem seinem Stiefvater, dem Ulmer Ratsadvokaten Johann Ludwig Pöckh zu verdanken hatte.Ga naar eind10. Daher widmete Strauß auch seinem ‘Vatter Pöckh’ den ersten Teil der Iconologia, der 1669, im Erscheinungsjahr des Bandes, verstarb. Über die Mühen, die die Übersetzungsarbeit dem Mediziner Strauß offenbar bereitet hatten, informiert das Vorwort. Die Übersetzung sei ‘umb so viel desto schwerer gemacht worden, weil sehr viele Truckfehler im Italiänischen Exemplar geblieben, die es an vielen Orthen so verdunckelt haben, daß man den Inhalt und Verstand fast nur <habe> errathen müssen...’. Strauß bezeichnet seine Übersetzung auch als die erste: ‘... Wer diesem meinem Versuch, so in der gleichen Übersetzung, der erste ist.... gleichfals etwas wird zu gut halten, hat sich nicht zu besorgen, daß er deßwegen von Ehr- und Kunst-Leuten werde gescholten werden...’, d.h., daß ihm als Laie die Anerkennung von Kennern zuteil geworden war. Nach diesen Bemerkungen hat Strauß also nicht nur Ripa übersetzt, sondern zugleich auch korrigiert.Ga naar eind11. Schon im April 1687 starb Strauß mit 54 Jahren an einem ‘Kataralfieber’ auf der Reise zur Frankfurter Ostermesse. Nicht allein der frühe Tod des Übersetzers, sondern vor allem der frühe Tod des Verlegers Wilhelm Serlin, im Jahre 1674, dürften wohl Gründe dafür gewesen sein, daß nur zwei Teile der Ripa-Übersetzung ins Deutsche vollendet werden konnten und erschienen sind. Möglicherweise aber hatte der Verleger auch nur zwei Teile für das deutsche Lesepublikum vorgesehen. Der Verleger Serlin, der den zweiten Teil der Übersetzung dem nicht sehr erfolgreichen, 21jährigen Basler Buchhändler Rudolf Balthasar König gewidmet hatGa naar eind12., gehörte zu den tüchtigen und auch risikofreudigen Unternehmern des Frankfurter Verlagswesens in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts.Ga naar eind13. Er hatte die Marktlücke einer deutschen Ripa- Ausgabe auf dem Buchmarkt erkannt, und daher die Übersetzung aus dem Italienischen initiiert und den Freund Laurentius Strauß damit beauftragt. Serlin war bei seinem Tode hoch verschuldet, so daß seine Witwe, die den Verlag übernahm, wohl kaum an die Weiterführung der Iconologia dachte, und diese daher ein Fragment bleiben mußte. Den zweiteiligen Aufbau der Iconologia zeigt auch die französische Ripa-Ausgabe von Jean Baudoin aus dem Jahre 1643. Im Gegensatz zur deutschen Aus- | |
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3a. Eheliche Eintracht, Holzschnitt, Frankfurter Ausgabe, 1669.
3b. Concordia maritale, Holzschnitt, Ripa-Ausgabe, Padua, 1624/25.
4a. Bestätigung der Freundschaft, Holzschnitt, Frankfurter Ausgabe, 1669.
4b. Confermatione dell' amicitia, Holzschnitt, Ripa-Ausgabe, Padua, 1624/25.
gabe umfaßt sie aber beinahe vollständig alle allegorischen Personifikationen Ripas. Allerdings folgen sie einer eigenständigen Auswahl und Reihenfolge, Unterteilung und inhaltlichen Übertragung.Ga naar eind14. Eine Zweiteilung oder eine Unterteilung des Stoffes war also üblich, obwohl die italienische Erstausgabe von 1593 und die illustrierte von 1603 noch auf eine Teilung verzichteten. Aber schon die italienische Edition von 1613 war in zwei Teile mit gesonderter Seitenzählung unterteilt.Ga naar eind15. | |
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5a. Faulheit, Holzschnitt, Frankfurter Ausgabe, 1669.
5b. Accidia, Holzschnitt, Ripa-Ausgabe, Padua, 1624/25.
Da die beiden Teile der deutschen Übersetzung von Laurentius Strauß im Abstand von einem Jahr, 1669 und 1670 erschienen sind, kann man davon ausgehen, daß sie auch als selbständige Publikationen auf den Markt kamen, und erst später in einem Band zusammengefaßt wurden, zumal beide Teile auch die gleichlautenden Register besitzen.Ga naar eind16. Von Interesse ist vor allem die Frage nach der italienischen Vorlage, die Strauß für die Übersetzung benutzt hat. Sie war, wie er selbst bemerkte voller ‘Truckfehler’, die sogar den Sinn entstellten. Vergleicht man verschiedene italienische illustrierte Ausgaben mit der deutschen Fassung, so rückt als wahrscheinliche Vorlage die 1624/25 bei Pietro Paolo Tozzi in Padua erschienene Ripa-Ausgabe ins nähere Blickfeld.Ga naar eind17. Denn die Ripa-Ausgaben vor 1624 enthielten bei weitem noch nicht all jene Sinnbilder, die in der erweiterten Paduaner Ausgabe und auch in der Frankfurter enthalten sind.Ga naar eind18. Die Paduaner Ausgabe ist sogar in drei Abschnitte unterteilt, sie wurde aber mit einer durchgehenden Seitenzählung versehen und der Text wurde im Unterschied zur illustrierten Ausgabe von 1603 nicht im Block, sondern in Spalten gesetzt. Dieses Satzbild übernahme auch die deutsche Übersetzung. Vor allem aber entsprechen, bis auf einige Veränderungen, die Holzschnitt-Illustrationen beider Ausgaben einander, selbst die rahmenden Schmuckleisten sind in der deutschen Ausgabe wiederzufinden.
Der erste Teil der Frankfurter Ausgabe umfaßt 188 Textseiten einschließlich zehn detailliert angelegter Register und ist bis zum allegorischen Sinnbild ‘Zerknirschung des Hertzens’ (Compuntione) geführt. Der zweite Teil beginnt mit einer neuen Seitenzählung, was ebenfalls für eine separate Edition spricht und umfaßt 172 Seiten sowie 12 unpaginierte Registerseiten. Am Anfang stehen die Personifikationen der ‘vier Temperamente’ und am Schluß die Sinnbilder der ‘vier Elemente’. Im Unterschied zur italienischen Vorlage wurde hier jedoch von der gewohnten | |
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6a. Academia - Hohe Schul, Holzschnitt, Frankfurter Ausgabe, 1669.
6b. Academia, Holzschnitt, Ripa-Ausgabe, Padua, 1624/25.
Reihenfolge der ‘Temperamente’ abgewichen, so daß das phlegmatische Temperament vor dem sanguinischen steht. Vergleicht man die Frankfurter-Ausgabe mit der Paduaner Vorlage, so ist festzustellen, daß Strauß offensichtlich nur einen Teil des ersten Abschnitts aus Ripas Iconologia übernommen hat, nur bis zu den Personifikationen der ‘Elemente’, und daß der Verleger daraus zwei gesonderte Teile geschaffen hat. Ripas Fassung des ersten Teils geht jedoch weit über die Allegorien der ‘Elemente’ hinaus.Ga naar eind19. Die Übersetzung von Laurentius Strauß folgt im wesentlichen der alphabetischen Reihenfolge des italienischen Vorbildes. Daher bleiben die Erklärungen und die Abfolge der Sinnbilder, wie sie Ripa geordnet hat, weitgehend erhalten. Die im Titel der italienischen wie auch der deutschen Ausgabe genannten ‘Wissenschaften, Künste, Lehren’, die der Band enthalten soll, sind von Strauß nur als einzelne Sinnbilder übernommen worden, die im Titel gleichfalls erwähnten ‘himlischen Körper, Italienischen Landschaften, Flüsse’, sind bei ihm dagegen nicht vertreten, offenbar weil es nicht zur Vollendung des Werkes gekommen ist.
Der erste Teil der Frankfurter Ausgabe besitzt zwei Titelblätter. Das eine ist mit 14 Bildmedaillons gerahmt und zeigt in einer Seitenverkehrung die wichtigsten personifizierten Begriffe des ersten Teils der italienischen Auagabe, die mit dem Anfangsbuchstaben A beginnen: ‘Academie - Hohe Schul (Academia), Faulheit (Accidia), Hertzeleid (Affanno cordoglio), Ackerbau (Agricoltura), Freundschaft (Amicitia), Liebe zum Vaterland (Amor della patria), Astronomia (Astronomia), Schönheit (Bellezza), Große Gewalt und Ansehen (Auttorita), Reinigkeit des Hertzens (Beatitudine), Tugendhafte Verrichtung (Attione virtuosa), das liebreiche und freundliche Gemüt (Anima piaccuole), Liebe zu Gott (Amore verso iddio) und Frölichkeit (Allegrezza).’ Beide Titelblätter zum ersten Teil haben einen gleichlautenden Text, der entsprechend der italienischen Ausgabe Inhalt und Funktion des Werkes kurz benennt. Die zweite Titelei bemerkt in einem Zusatz | |
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7a. Cholerisches Temperament, Holzschnitt, Frankfurter Ausgabe, 1670.
7b. Colerico, Holzschnitt, Ripa-Ausgabe, Padua, 1624/25.
7c. Colerico per il fuoco, Holzschnitt, Ripa-Ausgabe, Venedig, 1670.
für den deutschen Leser, daß die Iconologia ‘nunmehr aber in unsere hochteutsche Mutter-Sprach übersetzt’ sei. Die Erläuterungen zu den einzelnen Begriffen entsprechen weitgehend der italienischen Vorlage, besitzen aber einen unterschiedlichen Textumfang, der von vier Zeilen (Wagen der Götter - Carro della divinitá) bis zu 15 Spalten (Selbst Lieb - Amor sa stesso) reichen kann. Die deutsche Schreibweise der Wörter ist in beiden Teilen nicht einheitlich. Die Texte sind mitunter ‘zweckmäßig’ gekürzt, darunter auch die lateinischen Zitate und Motti, die nur teilweise ins Deutsche übertragen wurden. Korrekturen brachte Strauß vermutlich mehrfach an, wie beispielsweise im Text zur ‘Faulheit’ (Accidia), wo er statt des 70. Psalms den 71. Psalm nachweisen konnte. Gleichfalls übernahm Strauß vom italienischen Vorbild die Differenzierung einiger Sinnbilder und deren unterschiedliche Bedeutungen, wie beispielsweise das Sinnbild der ‘Liebe’ und deren sieben Versionen.Ga naar eind20. Während in den italienischen Ripa-Ausgaben die Sinnbild-Varianten Zwischenüberschriften tragen, kommt Strauß mit dem Titel ‘Ein anders’ oder ‘Ein andere Vorstellung’ aus.
Wie schon erwähnt, hat Strauß beide Teile mit je zehn identisch lautenden Registern versehen, deren Begriffe allerdings nach dem deutschen Alphabet geordnet sind, und allein durch diese Register sind die dem italienischen Alphabet folgenden Sinnbilder in beiden Werkteilen zu erschliessen. Die Aufschlüsselung der Register entspricht der Paduaner Vorlage von 1624/25 vollkommen: 1. Begriffe (In sich haltend die vornehmbsten Bilder/ so in diesen gantzen Werck begrieffen sind); 2. Sachen und Materien (In sich begreiffend Die hierinnen enthaltene merckwürdigste Materien und Sachen); 3. Gebärden, Bewegungen, Stellungen (Von den Gebehrden/ Bewegungen und Stellungen deß menschlichen Leibs); 4. Natürliche Kunst, Kunsthandwerk und andere Sachen (Von allerhand hierinn befindlichen natürlichen Kunst: Handwercks- und anderen Sachen); 5. Tiere und Vögel (Der hierinnen begriffenen Thiere und Vögel); 6. Pflanzen, Bäume, Kräuter (Der hierinnen begriffene Pflantzen/ Bäume/ Kräuter und Gewächse); 7. Fische (Die hierinnen begriffene Fische); 8. Farben (Die hierinn begriffene Farben); 9. Autoren und Schriftsteller (Die hierinnen angezogenen Authorn und Scribenten); 10. Inscriptionen und Überschriften (Der alten Inscriptionen und Überschrifften). | |
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8a. Phlegmatisches Temperament, Holzschnitt, Frankfurter Ausgabe, 1670.
8b. Flemmatico, Holzschnitt, Ripa-Ausgabe, Padua, 1624/25.
Mit der Übernahme jener zehn Verzeichnisse stellt Strauß gewissermaßen eine ‘verlorene Weltordnung’ wieder her, da im Laufe der Zeit alle enzyklopädischen Kompendien bei Übersetzungen oder Neuauflagen ein einheitliches alphabetisches Register erhielten, das diese ‘Weltordnung’ nicht mehr widerspiegelte.
Die 117 Holzschnitt-Illustrationen der Frankfurter Ausgabe entsprechen, bis auf Ausnahmen, weitgehend der Paduaner Edition von 1624/25. Deutliche Veränderungen sind in Gebärden (Kopf-, Hand- und Beinhaltungen) der Kleidung und Umgebung der Figuren sowie in den Binnenschraffuren zu erkennen. Oft wurden die Vorlagen auch seitenverkehrt übernommen. Beispielsweise erscheint in der Frankfurter Ausgabe die Personifikation der Liebkosung (Adulatione) in Seitenverkehrung und Einzelheiten, etwa in der Darstellung des Baumstamms bzw. Bienenstocks und die Binnenschraffuren wurden verändert, während die venezianische Ripa-Ausgabe von 1669Ga naar eind21., den Holzschnitt aus der Paduaner Ausgabe übernommen hat, jedoch ohne die Schmuckleisten. Oft sind in der deutschen Ausgabe die allegorischen Figuren in ein landschaftliches oder architektonisches Umfeld gesetzt, das den italienischen Darstellungen generell fehlt. So erscheint das Sinnbild der Ehelichen Eintracht (Concordia maritale), ein sich umarmendes Paar, vor einem Stadtpanorama mit Kirchturm. Unterschiedlich zum Vorbild ist auch die Kleidung, denn das ‘deutsche’ Paar trägt ein zeitgenössisches Kostüm. Hier wäre erstmals zu fragen, ob die italienische Vorlage überhaupt benutzt wurde, da der Bildtypus eingreifend verändert wurde. Auch beim Holzschnitt Bestätigung der Freundschaft (Confermatione dell' amicitia) ist an eine Neuschöpfung des Bildtyps zu denken, da Figurenstellung, landschaftlicher Hintergrund, Haltung und Gewandung sowie die Schraffur in anderer Weise als im Vorbild dargestellt sind. Ähnliche Veränderungen weist auch die Darstellung der Faulheit (Accidia) auf, die in der Frankfurter Ausgabe vor einer zerfallenen Hauswand sitzt und de- | |
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9a. Sanguinisches Temperament, Holzschnitt, Frankfurter Ausgabe, 1670.
9b. Sanguigno, Holzschnitt, Ripa-Ausgabe, Padua, 1624/25.
ren Kleidung und Haltung des Schriftbandes mit dem Motto ‘torpet iners’, sich vom Vorbild unterscheiden. Auch hier könnte man an einen neu geschaffenen Holzschnitt-Typus für die deutsche Ausgabe denken. Die Figurendarstellungen der Frankfurter Ausgabe wirken insgesamt einfacher und plumper als die eleganteren und bewegteren Holzschnitte des italienischen Vorbildes, dessen Illustrationen weitgehend an die erste illustrierte Ausgabe von 1603 anknüpfen. Denn in dieser war der Grundtypus der allegorischen Figur mit Attribut, der Haltung und Gewandung im wesentlichen für alle nachfolgenden Illustrationen festgelegt worden.
Die generelle Vereinfachung, die bei den Holzschnitten der deutschen Ausgabe auffällt, ist z.B. an der Personifikation Academia Hohe Schul (Academia) abzulesen, die übrigens in der Ausgabe von 1603 noch gänzlich fehlt, da diese Allegorie erst 1624/25 durch Ripas Mitarbeiter Zaratino Castellini eingeführt wurde. Vor allem ist hier der links im Bildfeld der Vorlage von 1624/25 erscheinende Baum weggenommen, dadurch wirkt die Gesamtdarstellung klarer und auch überschaubarer. Im zweiten Teil der deutschen Ausgabe, die mit den Sinnbildern der Temperamente (Complessioni) beginnt, lassen die Holzschnitte generell an Neuschöpfungen als an Übernahmen aus der Paduaner Vorlage denken. So wurde für das Cholerische Temperament eine vollkommen andere Darstellung gewählt worden. Während das italienische Vorbild einen nackten, nach rechts eilenden Jüngling mit flatterndem Umhang und den Attributen Lanze, Löwe und Schild mit lodernder Flamme, zeigt, den auch die venezianische Ausgabe von 1670 übernahm, ist in der deutschen Ausgabe ein anderer Figurentypus dargestellt: ein nach links schreitender Krieger mit nacktem Oberkörper, Helm und erhobenem Schwert, der Schild lehnt an einem Sockel und der Löwe mit hoch aufgerichtetem Schweif tritt von rechts ins Bild. Danach folgt, abweichend von der gewohnten Reihenfolge, das Sinnbild des Phlegmatischen Temperaments, offenbar auch in einer neuen | |
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Bildfassung. Im Gegensatz zur italienischen Vorlage, die einen alten Mann im Pelz darstellt, zeigt die deutsche einen vor einer Hauswand sitzenden Mann mit Nachtmütze. Links von ihm steht ein ruinöser, von Unkraut überwachsener Architekturbogen. Auch der Holzschnitt des Sanguinischen Temperaments ist in der deutschen Ripa-Ausgabe verändert worden. Statt eines schlanken Jünglings mit Laute, eines einfachen Notenständers und eines grasenden Ziegenbocks, sind ein reich gekleideter Jüngling, ein üppig ornamentiertes Notenpult und ein Ziegenbock mit wolligem Fell dargestellt.
Nach Donato Pasquardi, dem Herausgeber der Iconologia von 1630, hat ein Cavaliere d'Arpino, hinter dessen Namen sich der Maler Guiseppe Cesari verbirgt, die Holzschnitte für die ersten Illustrationen der Ausgabe von 1603 geschaffen.Ga naar eind22. Viele der späteren Holzschnitte, auch die Paduaner Ausgabe von 1624/25, gehen im Typus weitgehend auf diese ersten Illustrationen zurück, und übernehmen von dort auch die rahmenden Schmuckleisten, Fruchtgehänge, Putten mit Vasen oder weibliche bzw. männliche Hermenfiguren. Diese Rahmenleisten wurden in der deutschen Ausgabe grundlegend verändert. Während die Paduaner Iconologia gesondert gedruckte, üppige Ornamentleisten aufweist, deren Varianten immer wiederkehren, übernahm die deutsche Ausgabe diesen Rahmentypus nicht, sondern hat fünf sehr simple Schmuckleisten entwickelt, von denen zwei im ersten und fünf im zweiten Teil wiederholt verwendet werden. Daß auch sie gesondert gedruckt wurden, beweist die Darstellung der Erkandtnuß (Congnitione), die keine Rahmenleisten besitzt.
Auffällig ist, daß der deutsche Holzschneider nicht alle Illustrationen der Paduaner Ausgabe übernommen hat. So erscheint beispielsweise das allegorische Sinnbild der Gewohnheit (Consuetudine) in der Strauß'schen Übersetzung nur als Text, obwohl die Ausgaben von 1603 wie von 1624/25 mit Illustrationen ausgestattet sind. Fast gleich ist das Format der Holzschnitte in beiden Ausgaben, das sich zwischen 7,5 × 8,0 und 9,5 × 9,2 cm bewegt. Die Anordnung der Illustrationen auf den Textseiten sind dagegen nicht einheitlich, sondern sie erscheinen vor, nach oder zwischen den dazugehörigen Textspalten.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß die deutsche Ripa-Ausgabe von 1669/70 keine vollständige Übersetzung darstellt, sondern, daß nur der erste Teil unvollständig übertragen wurde, und daß dies wahrscheinlich mit dem frühen Tod von Verleger und Übersetzer zusammenhängt. Für die Übersetzung hat Laurentius Strauß vermutlich die 1624/25 in Padua erschienene Ripa-Ausgabe als Vorlage benutzt. Das beweisen nicht nur die weitgehend wörtlich übersetzten Texte, sondern vor allem auch der Typus der Holzschnitt-Illustrationen, die der deutsche Holzschneider allerdings weitaus einfacher wiedergegeben hat. Dieser, bisher nicht näher bekannte Illustrator, hat entweder den Bildtypus der italienischen Vorlage weitgehend übernommen, ihn stark verändert oder eine neue Bildvariante geschaffen, offenbar in Konzession an den deutschen Benutzer. Dabei hat er vor allem das erzählerische Moment in den Darstellungen hervorgehoben und Seitenverkehrung sowie Abweichungen in der Gewandung, Haltung und Gebärde der allegorischen Figuren eingeführt. Besonders auffällig ist die Einbeziehung eines | |
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landschaftlichen Hintergrundes, der die räumliche Wirkung der Darstellung steigert. Untersuchungen zur Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte dieser deutschen Ausgabe, von der die Auflagenhöhe nicht zu ermitteln war, stehen noch immer aus. |
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