Een kerk is een kerk
Ist eine Kirche ein Kindergarten?
Ist eine Kirche ein Saalbau?
Ist eine Kirche ein Wohnzimmer?
Eine Kirche ist eine Kirche.
Ist ein Theater eine Badeanstalt?
Ist ein Vogelkäfig ein Aquarium?
Ist ein Altar ein Tischtennistisch?
Ein Altar ist ein Altar.
I. Solange ich daran glaube, daß Gott in der Kirche anwesend ist - und er ist mindestens so lange anwesend, wie ich es glaube - solange versuche ich, den Raum für seine Anwesenheit würdig zu machen: das ist sakral.
Wenn die Feier des Opfers und das Hören des Evangeliums etwas anderes sind als das Kuchenbacken oder die Fließbandarbeit oder das Heimwerken, dann versuche ich, den Raum für die Feier und das Hören anders zu machen als den Raum für jene anderen Funktionen.
Wenn es mir und anderen erscheint, als ob die Feier des Opfers und das Hören des Evangeliums eine sublimiertere Art von Tätigkeit sind als jene anderen Funktionen, so bemühe ich mich, den Raum für die Feier und das Hören sublimierter zu machen als den Raum für das Kuchenbacken, die Fließbandarbeit und die Heimwerker-Tätigkeit.
Eine christliche Gemeinde bildet sich nicht in gemeinsamen Fastnachtsfeiern, Waldläufen und Kunstvorträgen. Sie bildet sich zunächst durch den gemeinsamen gleichen Glauben, danach im gemeinsamen Feiern des Opfers und im Hören des Evangeliums. Der Sauerteig der Gemeinde ist vor allem der Priester. Er ist kein Hierarch (mehr), sondern derjenige in der Gemeinde, der das Opfer vorfeiert, der das Evangelium vorliest und der die Diskussion in Gang setzt.
Für meinen Raum ergibt sich die Forderung, möglichst viele möglichst gut die Feier sehen und das Evangelium hören zu lassen, weil das die beste Voraussetzung für die Teilnahme ist. Ich setze den Altar nicht um ein oder zwei Stufen höher, um das Hierarchat des Priesters darzustellen, sondern damit man ihn besser sehen und hören kann. Die Fließbandarbeit, das Kuchenbacken und die Heimwerkertätigkeit bedürfen eines Raumes, der besondere Eigenschaften haben sollte, um zur Ausübung dieser Tätigkeiten anzuregen. Das persönliche und gemeinsame Gebet, die Feier des Opfers und die Verkündigung des Wortes bedürfen eines Raumes, der die besonderen Eigenschaften haben sollte, um zu diesen Contemplativa und Activa anzuregen.
Ein Raum für viele Funktionen, der beispielsweise gleichermaßen als katholische und evangelische Kirche, als Gemeindesaal, als Kindergarten und als Tischtennisraum benutzt werden soll, wird notwendigerweise zu einem möglichst neutralen Raum, um alle Funktionen zu erfüllen. Alles wird transportabel sein müssen: Gestühl, Tischtennistisch, Altar. Dieser Raum ohne Eigenschaften - ist er geeignet, das Leben reicher, die Menschen lebendiger und ihre Gefühle subtiler zu machen?
Die Soziologen sprechen bereits von einer Deformierung der ‘emotionellen Ausdehnungsfähigkeit’ als Folge der ‘Beschneidung der psychologischen Wachstumsmöglichkeiten’ durch die ‘eindimensionale’ Architektur (Heide Bernd, ‘Ist der Funktionalismus eine funktionale Architektur?’ in: ‘Architektur als Ideologie’, Frankfurt). Sollen wir dazu auch noch mit dem Kirchenbau beitragen? Ist das außerdem ein hinreichender Grund, evangelischen und katholischen Gottesdienst im gleichen Raum zu halten, weil - wie Erdmann Kimmig ausrechnet - ‘große finanzielle Mittel freiwerden’? Sollen - das wäre wohl gerecht - dann nicht auch die Zeugen Jehovas, die Mohammedaner, die Juden, die Mormonen im gleichen Raum Gottesdienst halten? Ist das nicht das gleiche Nivellements-Bedürfnis, wie die letzte Erkenntnis der Architekten, daß der große flexible Raum die Lösung für die meisten Bauaufgaben ist:
Die architektonische Lösung für das neue Theater ist der große, flexible Raum. Die Schule wurde in den letzten prämiierten Wettbewerbsentwürfen zum großen flexiblen Raum. Das Büro ist schon seit einigen Jahren zum großen flexiblen Raum geworden. Das Wohnhaus, hört man aus berufenem Munde, sei der große flexible Raum. Die Kirche...
Ist es schon so weit, daß die Auswechselbarkeit zum Ziel wird? Trifft dies auf den ‘mündigen, personalverantwortlichen Menschen’ zu oder auf den Massenmenschen? Hat nicht das Leben Höhen und Tiefen, Innerlichkeit und Äußerlichkeit, oder vielmehr: muß es das nicht alles haben und in möglichst großer Fülle, um zu einem reichen und ausgelebten Leben zu werden? Sollten wir nicht versuchen, die Architekturen unterscheidbar zu machen, um dem Menschlichen im Menschen entgegen zu kommen, das heißt für den religiösen Menschen einen ganz besonderen Raum zu machen - eine Kirche, eine Kirche, eine Kirche...
II. Die Kirche in ein Wohnhochhaus einzu-