Jacob van Hoddis
Trilogie der Liedenschaftlosen.
EIN KONIG sitzt auf seinem Tron und spricht: ‘Alle meine Strassen sind gepflastert, - kein Steinchen kann meine Schritte hemmen, alle meine Strassen sind gepflegt - kein Staubchen kann meine Kleider beschmutzen - alle Strassen sind mit Baldachinen überdeckt - keine Regenpfütze kann mich zum ausgleiten verleiten doch was hilft das alles gegen die furchtbare Erkenntnis:
man könnte über sich selber stolpern. “Herr Geheimrat, es tut mir leid - wir müssen zu Hause bleiben - man könnte über sich selber stolpern”.
Sie müssten sich selber vergessen lernen - sagte der Geheimrat, - streichen Sie das Datum ihres Regierungsantrittes aus dem Kalender - sehen Sie sich nicht in den Spiegel, denn durch die Reinlichkeit des Glases bringen Sie Ihre Gestalt mit dem Nichts in Verbindung - sagte der Geheimrat - den
auf Flügeln des Gesanges...
Ich wäre nicht die erste Frau die mich verführt, - seufzle der König -, Sie übersehen die Gefahren des Mitleids und der rein menschlichen Einfühlung.
DIE TANZERIN - sagt “Uff” und der Balletmeister setzte sich und sagte “Schluss”. Die Tänzerin warf die unverschämten Flitter auf einen Schämel und slellte sich in ein Waschbecken um sich ab zu seifen. Sie war erhitzt und kokettierte heftig mit ihrem Spiegelbild.
Der Lehrer biss sich in die Lippen. Sie schien gar keine Empfindung für die Anwesenheit eines Mannes zu haben. Er fand sich plötzlich schamlos.
Sie fixierte die Rubinenknöpfe seines festgestärkten oberhemdes, - sagen Sie etwas? Seine Lippen zitterten, seine cynisch langen Finger umkrallten die Knie. Die ganze herrische Gestalt, die nur aus Knochen und Sehnen zu bestehen schien, dieses anatomische Praeparat aus dem Panoptikum den ein grausamer Medikaster alles Fett wegpraepariert hatte, verkrampft sich zur einer Bitte, “lass mir meine Uberlegenheit”. Er spricht hastig von der hohen Schule des Tanzes, von den Idealen der reinen Kunst.
“Leichtigkeit Fräulein, Leichtigkeit Fräulein”. So ein alter weishaariger Tanzmeister wäre gerne Jehova selber, der Donner von Sinai, nichts dürfte mehr schwer sein und alles müsste heiter werden’. Lächeln, mein Fräulein, goldig lächeln. Bewegung alles und Muskelmeisterschaft überhaupt, niemand durfte an Tragödien denken.
Sie steckte die Ringe an ihre Wurstfinger und drückte ihm heftig die Hand.
Draussen wartete ihr Galan, ein biederer Realgymnasiast. ‘Schularbeiten schon gemacht?’ fragte sie schnippisch. Er ging neben ihr die Hände in den Hosentaschen und starrte verzweifelt auf die Reihe von Bogenlampen, die die Allee an ihrem Ende den Boden Zu berühren drohte - gemäss einem Gesezt der Perspektive - äusserst modern phantastisch - aber jeder traditionnellen Lyrik abhold: ‘Josephine, sagte Er, was soll man mit Ihnen reden?’ Man soll überhaupt nicht reden, kam die Antwort.
Er sah sie von der Seite an und errinnerte sich mit Beschämung bei einer Keilerlei den kürzeren gezogen zu haben.
‘Man sollte es sich leichter machen’, hiess es weiter. Und dann unter Androhung einer Umarmung: Ich würde er euch gönnen, wenn der alte liebe Gott wäre. Vor lauter Hupsa Grazie und Tackt tralala würdet ihr keine ruhige Minute haben’.
EIN AFFE war einst, der war ein Dorfschütze unter den Affen und jede Nacht traf er sich mit seinen Kumpanen zu Kokusessen und Witze erzählen.
Doch einst auf dem Wege zum Wirtshaus kam es über ihn