Queeste. Tijdschrift over middeleeuwse letterkunde in de Nederlanden. Jaargang 2009
(2009)– [tijdschrift] Queeste– Auteursrechtelijk beschermd
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Das Schwesternbuch aus dem Lamme van Diesehaus in Deventer im Kontext der Schwesternbiographik der Devotio moderna
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Schon bald nach ihrer Gründung im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts setzte in den frühen Gemeinschaften die schriftliche Fixierung der Lebensläufe von verstorbenen Mitgliedern der ersten Hausgenerationen ein.Ga naar voetnoot6 In einigen Konventen wurden diese sukzessive verfassten Biographien von einem bestimmten Moment an zu den so genannten devoten Bruder- und Schwesternbüchern gebündelt. Diese Vitensammlungen bilden eine eigenständige Textgruppe innerhalb der Historiographie der Devotio Moderna.Ga naar voetnoot7 Aus dem Meester-Geertshaus und drei seiner direkten Tochterstiftungen sind - zusammen mit dem Codex aus dem Lammenhaus - insgesamt fünf Handschriften mit Lebensbeschreibungen devoter Frauen in der Volkssprache erhalten, für die in der Forschung inzwischen bestimmte Siglen gebräuchlich sind. Jeweils ein Codex stammt aus dem Lammenhaus (L), aus dem St. Agnes-Konvent in Emmerich am Niederrhein (E), und aus dem Windesheimer Chorfrauenkloster Diepenveen (DV). Zwei Handschriften mit Schwesternbiographien sind aus dem Meester-Geertshaus erhalten: ein Manuskript (G) enthält Viten zu Mitschwestern des eigenen Konvents, ein weiterer Codex enthält Viten Diepenveener Schwestern (D).Ga naar voetnoot8 Jedes der vier bislang zugänglichen Manuskripte mit Frauenviten (G, DV, D, E) ist jeweils einer Schreibhand zuzuweisen.Ga naar voetnoot9 Die in einem Schwesternbuch erfasste Berichtszeit reicht jeweils von den Anfängen der Gemeinschaft im letzten Viertel des 14. bzw. im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts bis zum Ende des 15. Jahrhunderts (G, E) bzw. bis spätestens ins erste Drittel des 16. Jahrhunderts (D, DV). Die Tatsache, dass der Berichtszeitraum somit jeweils mehrere Generationen der Hausgemeinschaft umfasst, hat zusammen mit anderen inhaltlichen und stilistischen Hinweisen zu der Schlussfolgerung geführt, dass die hinter einem Text stehende Schreibschwester zwar als Kopistin und Redaktorin fungiert hat, aber höchstens für einen Teil der zu ihren Lebzeiten verstorbenen Mitschwestern zugleich auch als Biographin verantwortlich | ||||||||||||||||||||||||||
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zeichnen konnte. Als Schreibschwester hat sie zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehendes Textmaterial zusammengetragen, arrangiert, und mit eventuell selbst verfassten weiteren Biographien durch (Neu-)Abschrift in einem Codex kompiliert. Dabei hat sie soweit wie möglich versucht, Textübergänge zu verwischen und der Vitensammlung den Charakter eines einheitlichen Erzählwerkes zu geben. Dieser Eindruck wurde noch dadurch unterstrichen, dass die Vitenserie mit einem Prolog bzw. Epilog (G, E) eingerahmt wurde und/oder doch wenigstens ein Register (G, E, DV) mit den Namen und Sterbedaten der im Schwesternbuch gewürdigten Hausmitglieder erhielt. Auf diese Weise erhielt die lose Reihe von Biographien einen in sich geschlossenen Charakter.Ga naar voetnoot10 Keine der Schreibschwestern gibt sich oder ihre Vorgängerinnen, die sich als Biographinnen der Gemeinschaft verdient gemacht hatten, namentlich zu erkennen. Das für diesen Texttypus gängige Bescheidenheits- und Anonymitätspostulat blieb also nach außen hin gewahrt. Hierbei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass die Schwestern den Text mit Wissen und Unterstützung ihrer Mitschwestern geschrieben haben und ihre Rolle als Historiographin des Konvents in der Gemeinschaft bekannt war.Ga naar voetnoot11 Die hier skizzierten gemeinsamen Kennzeichen der Textentstehung und -gestalt der vier genannten Schwesternbücher sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass jedes der Werke auch eigene Charakteristika besitzt, die es von den anderen unterscheidet. So bieten die Texte zusammengenommen einen guten Ausgangspunkt für die inhaltliche und strukturelle Einordung der Vitensammlung (L) aus dem Lammenhaus in den Kontext des Texttypus ‘devotes Schwesternbuch’. | ||||||||||||||||||||||||||
Äußere Merkmale der TextkonzeptionDas Schwesternbuch aus dem Lammenhaus hat einen Umfang von 164 Folios. Die insgesamt 24 Lebensbeschreibungen sind auf Folio 1r-161r verteilt. Die Blattgröße (14,5×10,5) ist deutlich kleiner als bei den anderen Schwesternbüchern, wo der Buchblock recht einheitlich zwischen 21 bzw. 21,5 × 14,5 bzw. 15 cm misst. Auch der Textumfang ist insgesamt geringer als bei den anderen Corpi mit Frauenviten.Ga naar voetnoot12 Die Sammlung mit Biographien aus dem Lammenhaus verkörpert ebenso wie die anderen Vertreter dieses Texttyps ein Stadium in der langjährigen Tradition der | ||||||||||||||||||||||||||
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Hausvitenschreibung und - kompilation. Doch bei diesem Exemplar konnte Herman Mulder erstmals den Prozesscharakter der Textentstehung auch direkt am Manuskript aufzeigen.Ga naar voetnoot13 Kodikologisch betrachtet besteht das Schwesternbuch aus vier Teilen. Eine Schreibschwester (Hand A) des Konvents hat drei Abschnitte und somit den größten Teil des Textes (1= fol. 1r-24v; 3= fol. 61r-87r; 4= fol. 88r-161r) erstellt. Ein kürzerer Zwischenabschnitt (2= fol. 25r-59v) stammt aus einer früheren Phase der Texterstellung und von einer anderen Schreibschwester (Hand B). Hier sind also - anders als bei den bislang bekannten devoten Frauenvitensammlungen - zwei unterschiedliche Hände im Codex nachweisbar.Ga naar voetnoot14 Für Schreibschwester B war der plötzliche Tod von sieben Schwestern an der Pest im Jahr 1483 der Anlass für die Vitenschreibung, schließlich hatte die Gemeinschaft hierdurch fast ein Drittel ihrer Mitglieder verloren.Ga naar voetnoot15 Dieser unerwartete Verlust musste auch deshalb eine eingreifende Erfahrung darstellen, weil die Pest mehrheitlich junge Schwestern dahingerafft und so eine große Lücke in den Generationen hinterlassen hatte, die - wie in den Viten der sieben Verstorbenen mehrfach betont wird - in der Blüte ihres Lebens standen.Ga naar voetnoot16 Zuvor war im selben Jahr zudem der Beichtvater der Gemeinschaft, Egbert ter Beke (1419-†16.04.1483), verstorben.Ga naar voetnoot17 Da seine Amtszeit im Konvent mit der Dienstperiode der Pesttoten übereinstimmt, kommt er in deren Biographien regelmäßig vor, aber auch die ihm selbst gewidmete Lebensbeschreibung steht inhaltlich in engem Zusammenhang mit diesen sieben und mehreren anderen Schwesternbiographien.Ga naar voetnoot18 Die Hauptverantwortliche für die Zusammenstellung der vorliegenden Vitensammlung war Schreibschwester A. Ihr lag eine Serie von neun bereits früher schriftlich fixierten Viten vor. Davon hat sie die erste Biographie abgetrennt und durch eine längere Version ersetzt und hinten weitere 16 Lebensbeschreibungen angehängt, so dass eine Vitenreihe von insgesamt 24 in sich geschlossenen EinzelbiographienGa naar voetnoot19 | ||||||||||||||||||||||||||
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entstand. Auch wenn Schreibschwester A sich also nicht die Mühe gemacht hat, den schon bestehenden Abschnitt mit den Viten der Pestopfer von der Vorlage abzuschreiben, war sie auf der anderen Seite doch bestrebt, dem Text sowohl seinem äußeren Erscheinungsbild nach als auch inhaltlich einen einheitlichen Charakter zu geben. Diverse Merkmale dokumentieren, dass diese Schreibschwester - wie die Schreibschwestern in den benachbarten Gemeinschaften des Deventer-Kring - die Phasen der Textentstehung soweit wie möglich kaschieren und die Vitenreihe als ein logisch konzipiertes Gesamtwerk erscheinen lassen wollte.Ga naar voetnoot20 Für ihr Ziel hat sich Schreibschwester A die äußere Gestalt der Vitenserie von der Hand ihrer Vorgängerin (B) zum Vorbild genommen. Im Erscheinungsbild entspricht der gesamte Codex darüber hinaus in vielerlei Hinsicht den anderen Schwesternvitensammlungen aus dem Deventer-Kring: Jeder Anfang einer Lebensbeschreibung ist durch eine rubrizierte Überschrift und eine Initiale markiert. Auch sind die Biographien innerhalb eines kodikologischen Abschnitts durchgehend ohne Leerzeilen und somit Platz sparend als laufender Text direkt hintereinander gesetzt.Ga naar voetnoot21 Die Rubrizierung und einzelne, vergleichsweise bescheiden ausgeführte Hervorhebungen des Anfangsbuchstaben in blauer Tinte haben vor allem eine ordnende Funktion für das lesende Auge. Die Markierung der Textanfänge ist umso wichtiger, da kein Register vorhanden ist, das als Orientierungshilfe dienen könnte. Gemäß dem Ideal der modernen Devoten ist der Codex ansonsten ohne weitere Ausschmückung geblieben und entspricht damit der schlichten Ausführung, der diesem Texttypus eigen ist.Ga naar voetnoot22 Für Einheitlichkeit sorgt der für alle 24 Biographien gewählte, jeweils gleich lautende Texteinstieg Dese guede... Auf diese Weise wurde zudem durchgängig der Buchstabe ‘D’ zur Anfangsinitiale. Dieses Vorgehen ist nicht als Zufall, sondern als bewusst gewähltes Strukturelement zu sehen, das den vier Textblöcken ein gemeinsames Äußeres gibt.Ga naar voetnoot23 Die rubrizierten Titel der Einzelviten haben weiterhin durch die gleich lautende Formulierung eine verbindende Funktion. Die acht Biographien im zweiten Textblock (=Hand B) zu den Pestopfern des Jahres 1483 und zu Fenne Zwee- | ||||||||||||||||||||||||||
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winges (Zeeuwinges) tragen alle dieselbe kurze Überschrift Van suster..., was die Zusammengehörigkeit dieser Schwesterngruppe unterstreicht.Ga naar voetnoot24 Durch die Formelhaftigkeit der Vitentitel fallen die Lebensbeschreibungen zu Egbert ter BekeGa naar voetnoot25 und Andries Yserens besonders ins Auge, deren Überschriften wesentlich länger ausfallen und im Erzählstil formuliert sind. Bei diesen beiden Texten ist auch der Beginn des Titels anders gestaltet: [fol. 1r]: Hier begint. die bekieringe. Ende dat doeghentlike Leuen. ende den doet des Eerwerdighen vaders here egbers ter beke, und [fol. 61r]: Hier beghint dat leuen onsen lieuer Eerweerdiger moeder andries ijserens.Ga naar voetnoot26 Gemäß der Gepflogenheit in historiographischen Texten wird in der Überschrift das Attribut ‘ehrwürdig’ mit der Nennung des Rektor- und Materamtes verknüpft und so die Sonderstellung dieser beiden Leitfiguren der Gemeinschaft betont. Weitere Ergänzungen in den Überschriften sind im vierten Abschnitt des Schwesternbuchs zu finden, der hierdurch weniger einheitlich wirkt. Hier sollten offenbar einzelne Schwestern aus der Gruppe anhand des Vitentitels herausgestellt werden.Ga naar voetnoot27 Weitere Möglichkeiten zur Hervorhebung einzelner Hausmitglieder im Lammenhaus sind die Position und die Länge der Viten in der Reihe. So steht die Biographie des Rektors Egbert ter Beke (fol. 1r-24v) am Beginn der Handschrift und bildet einen selbständigen und vergleichsweise langen Abschnitt.Ga naar voetnoot28 Die Lebensbeschreibungen der sieben Pestopfer im anschließenden zweiten Teil des Schwesternbuchs (fol. 24v-59v) variieren in der Länge zwischen zwei und sechs Folios. Die achte und letzte Biographie dieser Textreihe zur ehemaligen Mater Fenne Zeeuwinges ist mit einem Umfang von acht Folios die längste in dieser Vitengruppe. Die nachfolgende Lebensbeschreibung zur Mater Andries Yserens bildet - wie die Vita zu Egbert ter Beke - wiederum eine selbständige Einheit (fol. 61r-87r) im Codex. Dieser Text ist zugleich der längste im gesamten Schwesternbuch. Abschließend folgt der vierte Teil (fol. 88r-161r) der Vitensammlung mit einer Serie von 14 Schwesternbiographien. Diese fallen mit einem Umfang von in der Regel zwischen zwei und maximal sechs Folios wiederum kürzer aus. Eine Ausnahme bilden in dieser Vitenserie die etwas umfassen- | ||||||||||||||||||||||||||
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Abb. 1 Schwesternbuch, fol. 1r: Beginn der Biographie von Egbert ter Beke (Hand B). (© Herman Mulder)
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deren Biographien zu Schwester Emme van Muiden (fol. 105v-113v) sowie die Viten der beiden leiblichen Schwestern Truyde und Baete Saelmakers (fol. 113v-126r; 147r- 157r).Ga naar voetnoot29 | ||||||||||||||||||||||||||
Aufbau des SchwesternbuchsBei der Frage nach den Gründen Für die Abfolge der Viten im Schwesternbuch bieten diesbezügliche Untersuchungen zu den anderen Frauenvitensammlungen wertvolle Anhaltspunkte. Es hat sich gezeigt, dass dort die Sterbechronologie der Hausmitglieder das Grundprinzip Für die Reihenfolge der Viten war. Auch wollte man, selbst wenn es nur noch wenige Informationen zu diesen Hausbewohnerinnen gab, möglichst mit den Verstorbenen aus der ersten Generation der Gemeinschaft beginnen, um auf diese Weise die Phase der Hausgründung mit erfassen zu können. Ein zweites Kriterium war bei einigen Schwesternbüchern (E, DV) die Ämterhierarchie im Konvent.Ga naar voetnoot30 Auch die Anordnung der Lebensbeschreibungen aus dem Lammenhaus geschah mit dem Ziel, ein möglichst logisches Textarrangement zu erreichen. Den Ausgangspunkt bildete für Schreibschwester A die zu Beginn ihrer Arbeit bereits vorliegende Serie mit den acht Biographien der sieben Pestopfer von 1483 und der ehemaligen Mater Fenne Zeeuwinges. Die Schwestern starben in der Periode vom 15. August bis zum 20. September 1483. Ihre Viten sind konsequent gemäß der Sterbechronologie geordnet. Am Ende der Reihe folgt die Lebensbeschreibung von Mater Fenne. Nur bei ihr fehlen - anders als bei den vorhergehenden sieben Biographien dieses Abschnitts - die Angaben zur Anzahl der Dienstjahre im Konvent sowie das Sterbejahr. Aus einer externen Quelle, deren Informationen über weitere, indirekte Hinweise zumindest bekräftigt, wenn auch nicht sicher bestätigt werden können, lässt sich 1479 als wahrscheinliches Sterbejahr Fennes erschließen.Ga naar voetnoot31 Wenn Fenne aber vier Jahre vor den Pestopfern starb, hätte ihre Biographie gemäß dem Prinzip der Sterbe- | ||||||||||||||||||||||||||
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chronologie vorne in die Reihe gehört. Erschwerend kommt noch hinzu, dass Fenne Zeeuwinges nicht nur eher verstorben ist, sondern ihr als ehemaliger Mater auch aus hierarchischen Gründen Vorrang gebührt hätte. Somit stellt sich die Frage nach den Gründen für diese ungewöhnliche Reihenfolge. Was kann, anders gefragt, Schreibschwester B veranlasst haben, die sieben 1483 an der Pest verstorbenen Schwestern voranzustellen? Des Rätsels Lösung liegt wahrscheinlich in der Tatsache, dass zwischen der Vita Egbert ter Bekes und den Biographien der sieben Pesttoten eine inhaltliche Brücke gebaut ist, die zunächst für Schreibschwester B und anschließend auch für Schreibschwester A der ausschlaggebende Faktor für diese Vitenordnung gewesen ist: Egbert ter Beke hatte laut der Darstellung in seiner Vita kurz vor seinem Tode eine Reihe von anstehenden Sterbefällen im Haus vorausgesagt. Diese Prophezeiung bildet einen eigenen Höhepunkt am Ende seiner Lebensbeschreibung, die so aufgebaut ist, dass sie sowohl texttechnisch, als auch inhaltlich eine Einheit mit den nachfolgenden sieben Viten der an der Pest verstorbenen Schwestern bildet. Hierfür ist der Beginn des zweiten Textabschnitts (fol. 25r) als Fortsetzung einer Überleitung von der Voraussage Egberts auf die Vitenreihe der Pestopfer gestaltet. Schreibschwester A hat die Nahtstelle (fol. 24v-25r) zwischen dem ersten und dem zweiten Teil überspielt, indem sie den Beginn dieser Überleitung auf die letzte Blattseite der von ihr neu (auf) geschriebenen Vita Egberts (fol. 24v) gesetzt und so eine Verbindung zwischen der Biographie Egbert ter Bekes und der ihr vorliegenden Vitenserie der sieben Pestopfer (fol. 25r- 53r) geschaffen hat.Ga naar voetnoot32 Dies konnte deshalb gelingen, weil der Abschnitt mit der Vitengruppe der Pesttoten und der Mater Fenne Zeeuwinges auch schon zuvor Teil eines Manuskriptes war, in dem diese Überleitung eine Brücke zur Biographie des Beichtvaters (mitsamt der oben angesprochenen Weissagung) gebildet hat. Auch in diesem Vorläufer der heute vorliegenden Handschrift muss also eine Vita Egberts den Schwesterviten vorausgegangen sein.Ga naar voetnoot33 Im vorliegenden Codex (L) ist der letzte Abschnitt der Vita Egberts mit Blick auf die bereits vorliegende Schwesternvitenreihe geschrieben worden. Weist der erste Teil der Vita Egberts Parallelen mit der aus dem Deventerer Fraterhaus überlieferten lateinischen Lebensbeschreibung auf,Ga naar voetnoot34 ist vor allem der letzte Textteil aus dem Blickwinkel des Lammenhauses geschrieben. Hier bestimmt die Prophezeiung des Beichtva- | ||||||||||||||||||||||||||
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ters die Darstellung: [22r] ...hier nae al [22v] se dese hillige man synen doede began te ghenaeken. ende het began te comen in syn leeste yaer. daer hie inne steerf. Soe plach hie dickewile. al proffentierende voer te seggene. van eenre groeten steerften die toe comende was. Diese Voraussage Egberts wird ausführlich behandelt und kommentiert. Die hausinterne Berichtsperspektive wird hierbei noch dadurch unterstrichen, dass Egberts Worte aus einer seiner letzten Collationes im Lammenhaus zitiert werden:Ga naar voetnoot35 [22v] ...het gheschede op een tyt dat hie sat ende dede eenne c[ol]laecie den susteren Ende doe segede hie onder anderen woerden Susteren al myn waeren bedrocht my of wi sullen bi groeten hoepen gaen liggen ende steruen Ende ic soerghe dattet al soe zeer steeruen sal in onsen huese ende in den vwen. datter nauwe faesel bliuen en sal.Ga naar voetnoot36 Und angesichts dieser bevorstehenden Bedrohung habe er die Schwestern aufgerufen: [22v] ...hier omme laet ons. ons beteren. ende bereiden ende laet ons teergelt vergaderen. Ende laet ons maeken een guet opset. ende beter gi v. ic wil my of godwil oec beteren. Op dat wi te [23r] samene moeghen comen bi onsen lieuen heren. Anschließend richtet sich der Blick auf die bald nach dieser Aufforderung erfolgte Erkrankung des Beichtvaters. Egbert ter Beke starb drei Wochen nach Ostern an den Folgen einer FieberinfektionGa naar voetnoot37: [23r] Coert hier nae als een weinich tydes gheleeden was Soe began syne voerseghede proffesye eerst an hem seluen. want inden hilligher hoechtyt van paesschen. soe begaeuede hem onse lieue here mit eenre swaere suckten. die. die brant suckte hier. Daer doe voele luede an storuen. Das nach Ostern 1483 in Deventer grassierende Fieber und die anschließende Pestepidemie, an der zwischen dem 15. August und dem 20. September sieben Schwestern starben, werden als eine zusammenhängende Sterbewelle gesehen.Ga naar voetnoot38 So wie das Ende der Vita Egberts mit Blick auf die nachfolgende Vitengruppe der sieben Pestopfer geschrieben worden ist und also eine vorausverweisende Funktion | ||||||||||||||||||||||||||
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übernimmt, beginnt umgekehrt die Einleitung des zweiten Abschnitts des Schwesternbuchs mit dem Titel Vander groeter sterften die doe quamGa naar voetnoot39 mit einem Rückverweis zum vorausgegangenen Text: [24v] Hier nae een weinich tydes soe waert veruullet die proffesie des goeden Nilligen vades here egbers ter beke. van der auer groeten steerfte. Die hie voer al prof[25r]fentierende voer ghesecht hadde want hier quam binnen deuenter alsoe groeten steerfste binnen den seluen iaen Als hier in mans tijden gheweest hadde Ende dese steerfte began omme pinxteren ende duerde seer langhe Ende in desen huse als in lammen huse van diese storuen doe souen susteren ander pestelencien welker name dese sijnt...Ga naar voetnoot40 Es folgt ein kurzer Abschnitt mit der Aufzählung der Namen der sieben Schwestern, deren Lebensweg im nachfolgenden Abschnitt gewürdigt wird.Ga naar voetnoot41 Auch gibt Schreibschwester B an dieser Stelle noch einige Hinweise auf die Textstruktur, die auf ein wohlüberlegtes Vorgehen schließen lassen. Sie weist darauf hin, dass Alter und Sterbedatum der Schwestern nicht zu Beginn, etwa zusammen mit dem Namen in der Überschrift, sondern erst am Vitenende genannt werden. Auch kündigt sie an, dass jedes Schwesternleben für sich - also in einer EinzelvitaGa naar voetnoot42 - behandelt wird: [26r] ...Ende van eenre yegelicker bi sunderlinge.Ga naar voetnoot43 Die Redaktorin, Schreibschwester A, hat diese Überleitung anschließend mitsamt der Vitenserie in ihre Sammlung übernommen, so dass diese strukturellen Hinweise ihrer Vorgängerin (B) textübergreifend auch für die übrigen Viten in den nachfolgenden Abschnitten allgemeingültig wurden und unverändert stehen bleiben konnten.Ga naar voetnoot44 Die erzählerische Qualität der Einleitung zu den Viten der Pestopfer wird dabei insbesondere in der dritten und längsten Passage deutlich, die wiederum eine eigene Zwischenüberschrift erhalten hat: [25r] Uan somighen dinghen die ghescheden eer dat die pestelencie hier quam.Ga naar voetnoot45 Laut der Darstellung wurde die Pestepidemie nicht nur durch die Voraussage Egberts angekündigt, sondern auch durch einige unerklärliche Begebenheiten in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten, die von den Schwestern bereits damals als | ||||||||||||||||||||||||||
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schlechtes Omen bewertet worden waren.Ga naar voetnoot46 So hätten die Hausbewohnerinnen dreimal hintereinander weiße Rosenblätter auf dem Hof gefunden, obwohl die Rosen gar nicht geblüht hätten.Ga naar voetnoot47 Über der Schlafstelle einer Misschwester, die danach der Pest zum Opfer gefallen sei, habe man nachts ‘süßen Gesang’ gehört, [25v]... recht ofttet der enshelen sanck gheweest hadde. Auch hätten die Schwestern an verschiedenen Orten im Konvent und zu verschiedenen Zeiten Weihrauchduft wahrgenommen. Diese unerklärlichen Ereignisse hätten für große Unruhe in der Gemeinschaft gesorgt und seien als Wunder und als Ankündigung einer großen Anzahl von Sterbefällen interpretiert worden: [26r] ...woer wt dat die susteren al mercklic verueert weren ende mienden vollencomelic dat hoere volle steruen solde alst oec cort daer nae gheschede.Ga naar voetnoot48 Auch am Ende dieses Zwischenberichts ist wiederum eine kurze Überleitung hergestellt, diesmal zur ersten Biographie der Vitengruppe der Pesttoten: [26r] Der suster doechden. Nu wille wi voert schriuen van den souen voerschreuennen susteren van hoeren doeshesemen leuen somighe guede stichtige punten Ende van eenre yeselicker bi sunderlinge.Ga naar voetnoot49 Diese Überleitung ist zugleich als Rückverweis auf die zuvor aufgelisteten Namen formuliert, was das emsige Bemühen von Schreibschwester B zeigt, einen Zusammenhang zwischen den Viten in ihrem Manuskript herzustellen. Auch betont sie hier nochmals, dass jede Schwester einzeln behandelt wird.Ga naar voetnoot50 Es folgen die Lebensbeschreibungen zu den sieben Pestopfern im Spätsommer des Jahres 1483 und direkt danach - ohne jegliche Überleitung - direkt die Biographie Fenne Zeeuwinges (fol. 53r-59v).Ga naar voetnoot51 Die Vermutung, dass sie das Sterbejahr am Ende dieser Vita absichtlich nicht genannt und so den Bruch mit der Sterbechronologie zu vertuschen versucht hat, liegt deshalb nahe, weil Schreibschwester B diese Angaben ansonsten regelmäßig nennt, doch muss diese Frage bis auf weiteres offen bleiben. Für Schreibschwester A war der Bericht über die (zeitweilige) Materschaft Fennes am Ende dieses Textteils der Anlass, die Lebensbeschreibung ihrer Nachfolgerin in diesem Amt, Andries Yserens, als dritten Abschnitt (fol. 61r-87r) hieran anschließen zu lassen.Ga naar voetnoot52 Auf diese Weise entstand eine Textinsel von zwei Materviten. Auch wirkte der nahtlose Übergang zwischen der Vitengruppe der sieben Pestopfer zur Biographie Fennes im zweiten Textabschnitts weniger willkürlich. Allerdings lässt die Schreibschwester andererseits viel Leerraum (fol. 59v, 60r-v) zwischen dem zweiten und dritten Textteil, und so ist der Bruch dennoch deutlich sichtbar.Ga naar voetnoot53 | ||||||||||||||||||||||||||
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Abb. 2 Schwesternbuch, fol. 61r: Beginn der Biographie von Andries Yserens. (© Herman Mulder)
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Nach der Lebensbeschreibung von Andries Yserens folgt der vierte und letzte Abschnitt mit insgesamt 14 Schwesternbiographien. Zwar liegt hier die Annahme nahe, dass die Sterbechronologie auch bei dieser Vitenserie für das Textarrangement maßgeblich war, doch lässt sich dies nur bedingt prüfen, da Angaben zum genauen Sterbedatum der Schwestern meist fehlen. Am Ende der Viten wird nur der Sterbetag im Kirchenkalender und gelegentlich der Wochentag genannt, ohne dass darüber hinaus Hinweise auf das Sterbejahr ergänzt sind. Lediglich in der vorletzten Biographie dieser Serie zu Baete Saelmakers werden genauere Informationen gegeben: [156v] Si is ghe[157r]storuen int iaer ons heren duusent vijf hondert. ende drie. Des sonendages voer ons heren hemeluaerts dach.Ga naar voetnoot54 Einige Hinweise lassen darauf schließen, dass Schreibschwester A - wie sonst auch - das Konzept ihrer Vorgängerin (B) übernommen hat und die Anordnung der Biographien im vierten Textabschnitt konsequent gemäß der Sterbefolge geschehen ist. So wird berichtet, dass Merike Graeses, deren Lebensbeschreibung am Beginn dieses Blocks von 14 Schwesternviten steht, auf ihrem Sterbebett noch mit Kritikpunkten des Beichtvaters Jasper van Marborch zu kämpfen hatte. Merikens Sterbejahr fällt somit in die Zeit nach seinem Dienstantritt im Konvent.Ga naar voetnoot55 Weiterhin wird in Fenne Zeeuwinges Lebensbeschreibung berichtet, dass deren Mitschwester Emme kurz nach dem Tod Fennes ein Duftwunder am gemeinsamen Arbeitsplatz erfahren hat, das als Zeichen der Anwesenheit Fennes gedeutet wird.Ga naar voetnoot56 Emme van Muiden wird, zusammen mit Andries Yserens und einer weiteren Mitschwester, Hille ter Straeten, noch 1480 in einer Urkunde erwähnt.Ga naar voetnoot57 Diese Hinweise lassen darauf schließen, dass auch Emme und Hille nach Fenne verstorben sind. Die letzte Biographie dieser Reihe und des Schwesternbuchs insgesamt ist Griete Fosses gewidmet. Sie enthält zwar kein Sterbedatum, doch auf jeden Fall starb Griete nach Andries Yserens, denn in ihrer Vita wird eine Episode erzählt, wonach Griete einen ihr von Mater Andries aufgedrängten Rock zunächst zur Seite gelegt und dann - nach dem Tod von Andries - direkt an eine junge Schwester weitergegeben habe.Ga naar voetnoot58 Griete starb demnach später als Andries, und - gemäß der chronologischen Sterbefol- | ||||||||||||||||||||||||||
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ge - wohl auch nach Baete Saelmakers, also frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 1503. Diese Beobachtung stützt die Annahme von einer chronologischen Vitenfolge im vierten Textabschnitt, wobei die Zeitspanne der Sterbedaten nach 1483 einsetzt und mindestens bis 1503 reicht. In der Handschrift wurden durch das geschickte Vorgehen von Schreibschwester A die beiden Biographien der Matern vorangestellt, die in den Dienstjahren der hier erfassten Schwestern amtierten.Ga naar voetnoot59 Schreibschwester A konnte auf diese Weise die inhaltlich miteinander verbundene Vitengruppe Egbert ter Bekes und der sieben Pestopfer als eigene Textinsel zusammen vorausgehen lassen. Nach den beiden Materviten folgten am Werkende die 14 Biographien zu Schwestern, die sämtlich nach Fenne Zeeuwinges und - bis auf die zwei letzten - in der Amtszeit von Andries Yserens verstorben waren, als geschlossene Serie.Ga naar voetnoot60 | ||||||||||||||||||||||||||
Zeitliche Einordnung der Vitenschreibung im LammenhausDer letzte Satz am Ende der Vita zu Gritte Fosses gilt der Todesursache dieser Schwester. Danach bricht das Schwesternbuch ab, ohne dass noch eine allgemeine Schlussformel oder ein Epilog zur Abrundung der Vitenserie folgt.Ga naar voetnoot61 Am Werkende wäre zwar noch Raum für weiteren Text gewesen, doch da die Vitensammlung in ihrer heutigen Form eingebunden worden ist,Ga naar voetnoot62 kann man davon ausgehen, dass sie als abgeschlossen betrachtet wurde.Ga naar voetnoot63 Das in der vorletzten Biographie genannte Sterbejahr ist zugleich das jüngste genannte Datum im Schwesternbuch. Die Jahresangabe 1503 ist somit als Hinweis auf den terminus post quem für die Erstellung dieses Manuskripts zu betrachten.Ga naar voetnoot64 Die Anfertigung der in diesen Codex integrierten Vitenserie aus einer früheren Handschrift datiert wahrscheinlich nicht lange nach 1483.Ga naar voetnoot65 Nimmt man dieses Jahr | ||||||||||||||||||||||||||
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als terminus ante quem, ergibt sich für diese zwei Momente der Texterstellung eine Zwischenspanne von rund 20 Jahren. Zusammen haben beide Schreibschwestern einen Berichtszeitraum erfasst, der etwa in der Periode der Verbannung der Gemeinschaft in den Jahren 1426-32 einsetzt und bis ins Jahr 1503 reicht.Ga naar voetnoot66 Die Phase von der Hausgründung um 1390 bis zum Abzug aus Deventer im Jahr 1426 ist nicht in diesem Schwesternbuch enthalten.Ga naar voetnoot67 Externe Hinweise zeigen aber, dass es über die Periode von der Errichtung der Gemeinschaft bis gegen Ende der 1460er Jahre noch eine andere Serie von Viten zu Schwestern des Lammenhauses gegeben haben muss, die vor 1470 verstorben sind. Überbleibsel dieser mittelniederländischen Vorlage enthält eine lateinische Sammelhandschrift mit historiographischem Textgut aus dem Heer-Florenshaus in Deventer. Darin ist eine aus der Volkssprache übersetzte Sammelvita zu Geertrut ten Veene (†1469) und ihren beiden leiblichen Schwestern Fenne (†1428) und Griete ten Veene (†1444) aufgenommen.Ga naar voetnoot68 Geertrut war 1422 vom Meester-Geertshaus aus als Mater ins Lammenhaus gesandt worden. Sie übte dieses Amt dort länger als 40 Jahre aus.Ga naar voetnoot69 Den inhaltlichen Schwerpunkt der Sammelbiographie zu den drei Geschwistern Ten Veene bildet eindeutig Geertruts Leben im Lammenhaus, und hierdurch liegt dieser Konvent als Entstehungsort der mittelniederländischen Vorlage nahe.Ga naar voetnoot70 Die Existenz einer solchen Sammlung mit den Viten der Schwestern aus der Frühphase der Hausgeschichte erklärt zudem, warum die uns vorliegende Handschrift L aus dem Lammenkonvent nur Biographien zu nach 1479 verstorbenen Hausmitgliedern enthält. Zudem gibt es auch im Text selbst Anzeichen dafür, dass die Schreibschwestern sich von anderen Vitenserien, die im Haus vorhanden waren, absetzen wollten, so etwa, wenn es zu Beginn der Lebens- | ||||||||||||||||||||||||||
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beschreibung zu Baete Saelmakers heißt: [147r] Dese suede suster baete was ghebaeren van hier binnen. Ende het was saliger trude saelmaekers naetue[r]licke suster Daer hier voer van ghescreuent is in desen seluen bocke. Als interner Rückverweis auf die Biographie Trudes hätte Daer hier voer van ghescreuent is gereicht. Der zweite Teil des Satzes in desen seluen bocke entspricht ähnlichen Formulierungen, die in anderen Schwesternbüchern zur Abgrenzung von Parallel-handschriften mit Hausviten zu finden sind. Das nach 1503 erstellte Manuskript (L) wie auch der darin überlieferte Teil des bereits kurz nach 1483 abgefassten Codex mit Schwesternviten sind somit als Fortsetzung der im Haus schon länger gepflegten Konventsbiographik zu sehen.Ga naar voetnoot71 | ||||||||||||||||||||||||||
Sozialstruktur der Gemeinschaft im LammenhausInformationen zur Einschätzung der finanziellen und sozialen Lebensverhältnisse im Lammenhaus waren bislang mager und nur verstreut in sekundären Quellen zu finden. Gerhard Dambar vergleicht das Zusammenleben zwischen den Schwestern in diesem Konvent mit der Situation im Meester-Geertshaus: [S. 595] [...] gelijk die van Meester Geerts Klooster, met welker Zusteren kledinge die haere ook in alles over een quam, uitgezondert dat haer Hulzel ruimer was, veel lichtGa naar voetnoot72 om dat ze het ruimer hadden: want op meer dan een plaets staet geschreven, dat de Zusters van Lammenklooster rykelyker van kost en drank waren voorzien dan die van Meester Geerts Klooster. Ook zeggen ons de noch overige oude Aentekeningen van dit Huis dat deze Zusters, behalve het dagelijks andeel van kost en drank jaerlijks hooft voor hooft genoten op Kersdagh eenen offerpenning, eenen witten [S. 596] weggen ende een kroesken wijns; op Vrouwendagh, Paeschen, Pinxteren en Midwinter eenen witten weggen en wijn, en op kermis een deel spelden. Ook gaven zy jaerlijks aen die van heer Florens huis op Nieujaersdagh twee taeken wijns, een half pont ries nevens twee witte weggens; op goeden vrydagh vier kannen of twee taeken wijns, vier witte weggens en twee ponden ries, en op den 26 Augustus een groot stuk gebraets met vier kannen wijns en vier witte weggens. [...]Ga naar voetnoot73 Der großzügiger geschnittene Umhang symbolisiert laut Gerhard Dambar die größeren finanziellen Möglichkeiten der Schwestern im Lammenhaus. Jede Bewohnerin dort erhielt an bestimmten Feiertagen Zulagen in Form von Brot, Wein, Geld und anderen Dingen. Auch konnte die Gemeinschaft es sich erlauben, die Brüder im benachbarten Heer-Florenshaus mit Lebensmitteln (Reis, Wein, Brot, Gebratenes) zu unterstützen. Schon in der lateinischen Fassung der Lebensbeschreibung zu Geertrut ten Veene (†1469), die von 1422 bis in die 1460er Jahre das Materamt ausgeübt hat, wird deren | ||||||||||||||||||||||||||
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Talent herausgestellt, geschickt zu wirtschaften.Ga naar voetnoot74 Aus der von Otto Spitzen edierten Vita zu Andries Yserens geht weiterhin hervor, dass auch ihre Amtszeit als Mater in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts der Gemeinschaft eine enorme Blütezeit gebracht hat. In Andries' Vita wird neben ihren geistlichen und sozialen Führungsqualitäten ihr kaufmännisches Geschick umfassend gelobt. Ihre Biographin nennt diverse Beispiele für das tatkräftige Handeln dieser Frau und schreibt resümierend über Andries: [70v] Sie liet zeer scimpel ende een voeldich van wesen. mer sie konde. dat reigement ende die. dinghe des huyses zeer wyslicke. ende wal schiken ende totten oerber ende profit oerdenieren. want het was een kloec verstendel persoen. Ende bi oeren tyden soe is dit huys zeer voert ghegaen in tytlicken gude. Doe sie moeder waert. doe fans sie woer een guldens wert reydes geldes. Ende daer en weeren die susteren oec niet ryke of oec niet wal toe voeren. Mer in hoeren tyde waerdet merclicke beter. want sie belede al baeuen twie dusent guldenne an renten ende an erfenissen eer sie steerf. Ende daer toe weren die susteren oec wal te voeren. Oec soe vonden die susteren. doe sie doet was in hoere kisten. wal bi anderhalf hunde[r]t [71r] goldene gulden an ryeden gelde. Alsoe rechte wal conde sie puefer ende raedich wesen. Ende ten oerber oordeniere.Ga naar voetnoot75 Doch selbst das größte Talent, materiellen Besitz zu vermehren, konnte nur dann Früchte tragen, wenn auch tatsächlich genug Mittel da waren, mit denen man wirtschaften konnte. Dass es im Lammenhaus den nötigen finanziellen Spielraum gab, belegen die nun vorliegenden biographischen Hinweise zur Herkunft und zur Mitgift der einzelnen Hausmitglieder. Von den insgesamt 23 Schwestern, die in der Vitensammlung gewürdigt sind, stammten elf aus Deventer und zwölf kamen von außerhalb der Stadt in den Konvent.Ga naar voetnoot76 Zwar sind keine Adeligen aufgenommen, aber die Mehrzahl der im Textverlauf genannten Frauen gehörte dem reichen städtischen Bürgertum an und kam aus einflussreichem Hause.Ga naar voetnoot77 Bei mehreren Schwestern wird explizit darauf hingewiesen, dass sie aus einer Schöffenfamilie stammten.Ga naar voetnoot78 Auffallend | ||||||||||||||||||||||||||
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viele Hausmitglieder konnten zudem auf gute (verwandtschaftliche) Beziehungen zu Geistlichen, frommen Witwen und Rektoren von Deventerer Devotengemeinschaften zurückgreifen, die ihnen zu einem Platz im Lammenhaus verholfen haben.Ga naar voetnoot79 All diese Mitteilungen dokumentieren das weit über die Stadtgrenzen hinaus bis nach Gelderland und in den westfälischen Raum reichende Netzwerk von Verwandten und befreundeten Konventen. Das so entstehende Bild vom Einflussbereich des Lammenhauses bekräftigt die Angaben in den anderen Schwesternbüchern aus dem Meester-Geertshaus und dem Klosters Diepenveen über deren Kontakte jenseits der IJsselregion. In soziologischer Hinsicht traten im Vergleich zum Meester-Geertshaus, wo die Armut der Kandidatinnen regelmäßig thematisiert wird, ins Lammenhaus jedoch weit mehr Frauen aus der städtischen Oberschicht ein. Dieser Konvent nimmt somit in soziologischer Hinsicht eine Position zwischen dem Meester-Geertshaus und dem Windesheimer Chorfrauenkloster Diepenveen ein, dessen Mitglieder sowohl aus dem wohlhabenden Bürgertum als aus adeligen Häusern stammten.Ga naar voetnoot80 Durch ihre wachsende Mitgliederzahl wurden insbesondere die innerstädtischen Schwesternhäuser, die das Textilgewerbe vergleichsweise kostengünstig betreiben konnten, bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts immer schärfere Konkurrenten für die ortsansässigen Spinn- und Webbetriebe. Ihre Machtposition als weltliche Oberaufsicht gab den Schöffen in Deventer und in anderen Städten die Möglichkeit, das ökonomische Leistungsvermögen der Frauenkonvente einzudämmen. Der Magistrat in Deventer hat die Konflikte zwischen den Konventen und Handwerksbetrieben schließlich im Jahr 1463 dadurch zu lösen versucht, dass er die Schwesterngemeinschaften in ihrem personellen Umfang, ihrer Eigenständigkeit bei der Auswahl der Kandidatinnen und ihrer wirtschaftlichen Leistungskraft begrenzte:Ga naar voetnoot81 Item, die baginenhuyse sullen staen onder den rait, gelijck meyster Geerds huys, ende men en sall geen vreempt persoen dair innnemen. Ende Buyskenshuys sall versterven op XXVIII personen item Kerstkeus- ende Brandes-huys sall versterven op LX personen item Lammenhuys op XXIIII personen, ende mayster Geerds huys sal blyven op LX personen, als dat nu is; des en sullen die huyse vors. niet meer touwe hebben dan elke VI personen één touwe; ende sy en sullen gene erfnisse noch huysinge meer koepen noch hebben dan sy nu hebben.Ga naar voetnoot82 | ||||||||||||||||||||||||||
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Laut dem Bericht über die 1463 ergriffenen Maßnahmen des Magistrats zur Begrenzung der Mitgliederzahl in den städtischen Konventen sollte das Lammenhaus auf eine Schwesternquote von 24 Schwestern und fünf Webstühle schrumpfen (versterven).Ga naar voetnoot83 Dass diese Regelung in Deventer auch tatsächlich umgesetzt worden ist, zeigt die Lebensbeschreibung von Trwide Mommen. Sie war in das Lammenhaus eingetreten, obgleich dort kein Platz frei war. Trwide widersetzte sich dem Magistrat, der sie mit Hinweis auf diese Auflage aus dem Konvent holen wollte. Schließlich musste ihr Vater, Johan Mommen, eine gehörigen Buße für den Regelverstoß bezahlen: [97r] ...Ende als sie hier ghecomen was mitten wohne. Soe waert daer een groet oploep onder den raet. want sie hadden inghesat een seker ghetal van persoenen hier toe wonnen. Ende sie quemen hier mit der stadt baeden ende wolden sie wt desen huyse leiden Ende doe sie dat vernam doe waert sie seer verstuiert ende toernich. Ende satter vromlic tegen die schepene. ende segede hem in hoer ansichte. dat sie hier niet wt desen huyse en volde. ende doe sie dat hoerden doe worden sie toernich. ende setten hoer een tijt ende segeden hoer soe mannigen dach als [sie] daer inne voer soe mennich punt solde sie breken ende dier dage was voele. Doe ant[97v]woerde sie weder ende segede dat sie hier bliuen volde. ende dat hoer vader ryke ghenoch weer dat toe betaelen Ende doe genck die raet al verstuiert van hier ende hoer vaeder moste al dat gelt betalen tot enen stuuer toe. ende dat dede hoer vader geerne. want hi hadde sie seer lief. Andries Yerens, die den Konvent ab Ende der 1460er Jahre bis nach der Jahrhundertwende erfolgreich leitete, hatte laut ihrer Biographin am Ende ihrer Dienstzeit eine bemerkenswerte Summe ‘losen Geldes’ (ryeden gelde) angespart. Der Besitz der Gemeinschaft muss also bei der Ergreifung der Maßnahmen zur Begrenzung der Schwesternhäuser im Jahr 1463 bereits so umfangreich gewesen sein, dass die erzwungene Verminderung der Anzahl der Webstühle und das Verbot des Erwerbs von weiteren Immobilien für den Konvent kein wirkliches Existenzproblem mit sich brachten. Das selbstbewusste Auftreten der Trwide Mommen gegenüber den Schöffen zeigt zudem, dass diese Auflagen gegebenenfalls mit Geld und dem nötigen Einfluss - z.B. familiäre Beziehungen zu Ratsmitgliedern - umgangen werden konnten.Ga naar voetnoot84 | ||||||||||||||||||||||||||
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Insbesondere jemandem, der die beiden anderen Schwesternbücher aus dem Meester-Geertshaus in Deventer und dem St. Agnes-Konvent in Emmerich im Hinterkopf hat, muss auffallen, dass in den Biographien aus dem Lammenhaus wesentlich häufiger und mit großer Selbstverständlichkeit konkrete Summen Geldes bzw. Besitztümer genannt werden, die die Gemeinschaft im Zusammenhang mit dem Eintritt einer Schwester als Mitgift oder Erbe bekommen hat. ähnlich wie im Diepenveener Schwesternbuch DV wird auch hier die Abkunft bzw. der ins Haus eingebrachte materielle Zugewinn einer Schwester genannt, aber sodann häufig in Gegenüberstellung zu ihrem Leben im Konvent an ein Exempel gekoppelt, das das Streben der Schwester nach persönlicher Demut und Armut in weltlichen Dingen dokumentiert. So sollte ihre wahre Abkehr von allen irdischen Werten betont werden. Im Fall von Griete Fosses ist deren Festhalten an armseliger Kleidung gleich anhand von mehreren, ‘aus dem Leben gegriffenen’ Episoden dokumentiert. Diese Serie von Beispielen ihres Armutsstrebens münden schließlich in die Mitteilung, dass sie den ihr von Mater Andries aufgezwungenen weißen Rock zunächst zur Seite gelegt und dann - nach dem Tod von Andries - sogleich wieder abgegeben habe, so dass eine junge - also rangniedrigere - Schwester ihn bekam: [158v] Op een ander tyt waert hoer ghedaen enen soeuerlicken wijtten [159r] roeck omme te dragen. ende als sie den nemen moste. soe nam sie en ende legeden hen. Mer soe vroe als moeder andries doet was soe gaef sie en weder auer ende en woldes niet langer hoelden. ende doe waert hie eenre Tonger suster ghegeuen te draghen aldus rechte arm woldet wesen van wtwendigen dingen. want al soe rechte snoede rocke doeke ende ander rietscaep hadde sie dat sie liet of sie dat armste kijnt wanden huuse hadde gheweest. Daer sie nochtans die ryckste was. want onse huus is wal van hoer verbetert soe voer ende nae bij die duusent guldene. ende al wassie dus rijke sie wolde nochtans arm wesen ende hieten. Want wanneer dat men hoer guetlike toe sprack ende segede suster griete y synt ene rike ioncfrowe. soe antwoerde sie weder [159v] zeer neernstelyke ende segede. ic en syn niet ryke. mer ic bin een arm kint. want dat ic hebbe dat hoert den susteren toe ende niet myne. Ende gene eer noch voertsettinge enGa naar voetnoot85 begeerde sie te hebbene van hoeren gueden. noch oec verlichtinge in hoeren arbeide want sie plach soe nerich te wesen op hoer werck recht of sie hier niet ghebracht en hadde. Ende nummermeer en hoerde men dat sie gloeryerde. ende segede. soe voele of soe voele hebbe ic hier ghebracht. mer sie hielt hoer al kleine ende scimpel. schemel ende oetmoedich... Derartig langatmige Beteuerungen und Exempla zur Veranschaulichung der Bescheidenheit einer Schwester aus reichem Hause zeigen - gegen den Strich gelesen -, dass Abkunft und Geld im Zusammenleben der Gemeinschaft sehr wohl eine wenigstens unterschwellige Rolle gespielt haben müssen. Zwar wird betont, dass Griete, die direkt zu Beginn ihrer Vita als klein gewachsen, kränklich und kaum körperlicher Arbeit fähig beschrieben wird, ihr angebotene Sondervergünstigungen nicht annehmen wollte und stets verneinend auf Anspielungen bezüglich ihres Reichtums reagiert haben soll. Doch gerade durch diesen Hinweis zeigt die hier zitierte Passage, dass die Schwestern beim Umgang mit Griete sehr wohl den finanziellen Zugewinn im Hinterkopf hatten, den sie dem Haus eingebracht hatte. Die Biographin spricht diesen | ||||||||||||||||||||||||||
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Aspekt im Laufe der Darstellung immer wieder an. Darüber hinaus zeigen auch die Hinweise zum Umgang der Schwestern mit wertvollen Dingen im Konventsalltag, dass der Lebensstandard der Schwestern im Lammenhaus höher gewesen sein muss als etwa im Meester-Geertshaus. Insbesondere ist regelmäßig von Privatbesitz der Schwestern die Rede, der als Geschenk von Familienangehörigen ins Haus kam und der dann auf Wunsch der Konventualin in den gemeinschaftlichen Besitz übergegangen ist. So hat Baete Saelmakers noch kurz vor ihrem Tod dafür gesorgt, dass von ihren Verwandten und Bekannten Geld für diverse Devotionalien gespendet wurde: [154v] Sie hadde oec cort voer hoerre door onse hilligen zeer verbetert. want sie was een saeke dat wi die groete sanctanne cregen. ende den saluaeter ende datGa naar voetnoot86 cruce mit marien beelde. ende iohannus ende hier inne was sie soe rechte nerich ende trouwe dat sie dat gelt [155r] somwilen buttens huuse bat van hoeren vrenden. ende vanden genen daer sie vrij toe was dat sie dan te volleste hadde. ende hadde sie onse lieue here langher ghespaert inden leuen sie soude noch bet ghedaen hebben. want sie hadde zeer voele in hoeren syn begrepen dat sie noch haepte te verbeteren eer dat sie storue. mer des heren wille was al anders... Beispiele wie dieses zeigen den größeren Spielraum der Bewohnerinnen des Lammenhauses, was ihre Gepflogenheiten im Umgang mit privaten Wertgegenständen und sonstigem Eigentum betrifft. Die Biographie zur Mater Andries Yserens ist gefüllt mit Lobesworten über ihre Führungsqualitäten sowie ihre Frömmigkeit. Viele Details aus ihrem Leben und zahlreiche persönliche Zwischenkommentare weisen darauf hin, dass die Biographin die Mater noch gekannt hat. Eine Passage fällt dabei besonders ins Auge. Nachdem sie ausführlich Andries Yserens' alltäglichen Umgang mit Meditation und Gebet geschildert hat, führt die Biographin sich selbst als Zeugin für die Kraft der Fürbitten an, die sie regelmäßig am eigenen Leibe erfahren habe, wenn sie die Mater um Hilfe gebeten habe: [81v] Dat hoer ghebed groot van machte bi gaede was dat is dickewile onder vonden in voele saeken. want die ghene die dit gheschreuen heuet die heuet dickewilre tot hoer ghecoemen mit enen belasteden droeuigen harten. Ende heuet hoer oer lijden ende passien gheklaget. ende heuet koers hilligen ghebedes begeert. Ende ten is hoer in wende ghefeilt. Sie en waert [82r] van binnen verlichter of ghetroestet hoe vaeke dat siez oec dede.Ga naar voetnoot87 Die Biographin (dieghene die dit geschreuen heuet) tritt an dieser Stelle als Augenzeugin auf. Dies ist das einzige Mal, dass sich im Schwesternbuch eine Biographin so ausdrücklich als Betroffene des Geschilderten einbringt. Zwar bleibt sie im Text anonym, doch dies ist zunächst eine ‘konstruierte Anonymität’: ihre Mitschwestern wussten schließlich, dass sie die Lebensbeschreibung schrieb; ein Wissen, das erst später, im weiteren Verlauf der Texttradierung, aus dem kollektiven Gedächtnis verschwand.Ga naar voetnoot88 Indem sie sich selbst als Zeugin des Geschehens einbringt und auch durch die insge- | ||||||||||||||||||||||||||
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samt große Detailkenntnis, die diese Vita auszeichnet, gibt die Biographin sich eine Autorität, wie sie ansonsten im Schwesternbuch nicht zu finden ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist über den Namen und die Position der Schwester im Konvent ansonsten nichts bekannt, aber diese und andere kommentierende Passagen in der Vita weisen auf eine lebenserfahrene Frau hin, die es sich erlauben konnte, ihre eigene Meinung über das Geschehen mit in den Text einzubringen.Ga naar voetnoot89 Ihr selbstbewusstes Auftreten als Biographin zeigt sich auch an einer anderen, in diese Lebensbeschreibung aufgenommenen Passage, die Otto Spitzen nicht in seine Edition der Vita übernommen hat, weil sie in der Handschrift nachträglich gestrichen worden war.Ga naar voetnoot90 Diese Episode berichtet über Spannungen, die die Schwesternschaft zwischenzeitlich gespalten haben sollen. Der Unfriede war dadurch entstanden, dass ein Teil der Gemeinschaft gute Kontakte mit den PaternGa naar voetnoot91 pflegte und deren Rat folgte, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Rektor und Mater Andries kam: [82r] van binnen verlichter of ghetroe[s]ter hoe vaeke dat siez oec dede...Ga naar voetnoot92 Über die Gründe für die Streichung dieser Passage kann man nur mutmaßen. Vielleicht fand jemand, dass diese Mitteilung das in der Vita beschriebene Idealbild von der Eintracht zwischen Mater und Schwesternschaft ins Wanken bringen würde. Dennoch bleibt dieser Eingriff in den Text auffällig, zumal es auch sonst im Schwesternbuch durchaus kritische Töne über das soziale Miteinander gibt. Streitereien und Konflikte aufgrund von Unterschieden in Charakter und Temperament werden - | ||||||||||||||||||||||||||
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wie auch in den Vitensammlungen aus dem Deventerer Meester-Geertshaus und aus dem Emmericher St. Agnes-Konvent - regelmäßig thematisiert. Diese Auseinandersetzungen konnten auch mit hierarchischen Beziehungen zu tun haben, doch ging es dann nicht um Dissonanzen mit der Mater, sondern um Unstimmigkeiten zwischen einer Schwester und ihrem Beichtvater. Ein Beispiel hierfür im Schwesternbuch aus dem Lammenhaus bietet die Lebensbeschreibung der Hille ter Straeten. Wegen ihrer Tatkraft und praktischen Ader war diese Schwester in der Ämterhierarchie des Konvents zur Procuratrix aufgestiegen und befasste sich vornehmlich mit den wirtschaftlichen Belangen des Hauses. Ihre besonderen Fähigkeiten in diesem Bereich zahlten sich insbesondere bei der Errichtung des großen Bethauses und des Krankentraktes aus. Diese Baumaßnahmen fielen in die Amtszeit von Andries Yserens. Hille war laut der Darstellung in ihrer Vita hierbei nicht immer einer Meinung mit ihrem Vorgesetzten und Beichtvater Egbert ter Beke. Wenn ihrer Ansicht nach eine seiner Entscheidungen nicht nutzbringend für die Gemeinschaft war, setzte sie sich laut der Darstellung in ihrer Vita darüber hinweg: [126v] Ende daer toe hadde sie voele bedriues ende onleden want doe men dyt groete bede [127r] huys ende dat sickhuys timmeren ende maeken solde. Doe was sie here egbert een groet onderstant. ende een groet behulp in der timmeracien. want sie conde die dinge recht wyslicke ende wal schicken. ende oerdenieren. want het gheschede eens op een tyt. dat here egbert een dinck gheoerdeniert hadde te maeken anden bedehuyse dat niet wal dienlick en was. ende daer die susteren oec zeer quelke mede te ereden weren Doe swech sie alstille. hent ter tyt toe dat here egbert wtte was omme saeken die hie te doene hadde. Ende doe genc sie toe ende lietet maeken alset den susteren ghelieuede. ende behaegelick was Ende en sach daer niet in an haeue danck of behaegen van hoeren ouersten daer van te crigen Mer sie sach an den oerber ende den ghemeenen vrede [127v] der susteren. Ende doe here egbert weder toe huys quam ende sach dat syn begrip niet voer ghegaen en was. Doe was hi merkelike ghestuiert in synen sijn Mer sie onder veesen mit doegencliken woerden. ende mit wijsen reeden. als sie altoes plach te doene. wanneer dat hoer auersten wat voer hadden. dat niet dienlick of oerberlick en was. Sie hadde al die wtwendegen onlede des huyses onder handen te verwaeren. als op onse eruen te trecken. Ons renten te maenen. ende als wi wat te rechten ende te doene hadden dat verwaerde sie vaste. (=Abb. 3) Die Gründe für das eigenmächtige Handeln Hilles liegen laut der Biographin in ihrer Absicht, die Dinge für die Schwestern so angenehm und günstig wie möglich zu gestalten. Ihr ging es nicht um die Dankbarkeit ihrer Mitschwestern, sondern einzig um die Vorteile für und den Frieden in der Gemeinschaft. Diese Motive und Hilles persönliche Uneigennützigkeit legitimieren ihren Ungehorsam gegenüber dem Vorgesetzten. Nach Egberts Rückkehr erklärte Hille dem erzürnten Beichtvater ihre Beweggründe für die Änderungen ‘...mit tugendhaften Worten und mit weisen Argumenten, wie sie es immer zu tun pflegte, wenn ihre Oberen etwas planten, das nicht hilfreich oder nützlich war.’ Mit dieser Erklärung endet das Exempel, ohne dass noch eine Reaktion des Beichtvaters erwähnt wird. Abschließend wird Hilles Aufgabenbereich noch einmal explizit genannt. Der nachträgliche Eingriff in die Vita der Mater legt die Vermutung nahe, dass der Beichtvater möglicherweise weniger als Teil der Gemeinschaft gesehen wurde als die | ||||||||||||||||||||||||||
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Abb. 3 Schwesternbuch, fol. 127r: Biographie von Hille ter Straeten, Bericht über das Eingreifen der Procuratrix bei den Baumaßnahmen (Hand B). (© Herman Mulder)
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Mater und die Nachricht über Unstimmigkeiten zwischen Andries Yserens und der Schwesternschaft darum im Nachhinein als problematischer gesehen wurde als der Bericht über den Konflikt mit Egbert ter Beke. Das innerhäusliche Gemeinschaftsleben (ghemene leven) galt als höchstes Gut.Ga naar voetnoot95 | ||||||||||||||||||||||||||
Frömmigkeitspraxis der Schwestern im LammenhausEine der auffälligsten Episoden handelt von einer mirakelhaften Rettung vor Räubern, die in der Lebensbeschreibung zu Andries Yserens erzählt wird.Ga naar voetnoot96 Dem Wundererlebnis geht eine lange Passage voran, in der die Gebetsübungen der Mater thematisiert werden.Ga naar voetnoot97 Andries Yserens war als Mater des Konvents sehr mit weltlichen Aufgaben belastet, doch sobald sie diese ‘äußeren Dinge’ geregelt hatte, wendete sie sich den spirituellen Aspekten [79r] in hoer hoexken ende in hoer boexken zu.Ga naar voetnoot98 Andries' Streben, um - wenn irgend möglich - an den gemeinschaftlichen Gebetsübungen teil zu nehmen, wird ebenso beschrieben wie ihr Bemühen um das intensive private Gebet. Dabei zeigten ihre Gebetshaltung - langanhaltendes Knien und geschlossene Augen - den Schwestern, wie konzentriert Andries dabei den Blick nach innen richtete. Doch auch der Inhalt ihrer Gebete wird umschrieben und insbesondere ihre Verehrung für die Mutter Gottes und ihre intensiven meditativen Übungen zu den Leiden des Herrn: [80v] Ende sie plach dickewile te vliegen mit hoeren ghedachten. Op die walruckende roede roesen der wonden ons lieuen heren Ende plach die vaeke te bedouwen mit deuoeten innigen traenen. Ende soeck daar wt dat suete hoenich der inwendige contempelacen. ende der hoegher beschouwingen Daer hoer ghemoede. dicwile zeer hoege in verheuen stanz. Ende mit innerliken medelyden koers harten plach [81r] sie dickewile auer te denchken dat weerde bitter lyden ons lieven heren. Ende plachet op te offeren den hemelschep vader voer hoer sunden ende ghebreke daer sie hoer schuldich in bekende.Ga naar voetnoot99 Dass Andries' Gebete äußerst erfolgreich waren, zeigte - so ihre Biographin - die wirtschaftliche und spirituelle Blütezeit, die die Gemeinschaft in der Amtszeit dieser Mater erlebt hat: [81v] hoer ghebede ende benedixcien reyckeden zeer wyde ende veer. want dit huus waert ghebenedyet in tytlicken ende in geestlicken guede in hoeree tyt.Ga naar voetnoot100 Die Mater schloss in ihr Gebet die lebenden und die verstorbenen Mitglieder des Konvents ein und hierbei ganz besonders diejenigen Menschen, von denen sie wusste, | ||||||||||||||||||||||||||
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dass sie von inneren Zweifeln gequält wurden. Insgesamt demonstrieren diese ausführlichen Passagen über die frommen Übungen das Selbstverständnis der Schwestern als Gebetsgemeinschaft, die sowohl die Lebenden wie auch die Toten umfasst. Der Mater kommt hierbei als spirituelle Leitfigur eine Vorbildfunktion für die eigenen Misschwestern und - durch die Memoriafunktion der Vita - auch für nachfolgende Generationen zu: [82v] Dat ghebet ende dar lesen was hoer waepen ende schilt daer sie mede plach te striden tegen hoer viande van buutten ende van binnen. Ende wat sie mit hoeren ghebe[de] eens vercrech. Daer van wille wy scriuen. een sueverlic exempelken.Ga naar voetnoot101 Geschildert wird nach dieser Einführung in den Zwischenbericht, wie Andries mit einer Schwester über Nijmegen nach Buren (zwischen Culemborg und Tiel) reiste und während der Reise auf dem Schiff auf zwei dunkle Gestalten traf, die hämische Bemerkungen über sie machten: [83r] ...twie bister mans persoenen. die lieten ofttet moerdernaers weeren.Ga naar voetnoot102 Besonders verdächtig machten sie sich dadurch, dass sie die beiden Frauen nach ihrem Ziel fragten und, an der Anlegestelle angekommen, deren Weg einschlugen. Den beiden Frauen war dies nicht geheuer und ängstlich fragten sie sich, was sie tun sollten. Andries Yserens folgte ihrer Gewohnheit und bat in einem Gebet Christus, Maria und alle Heiligen um Hilfe. Unversehens stand ein alter Mann vor den Schwestern, fragte sie freundlich nach ihrem Ziel und wies ihnen dann einen anderen Weg als den, den sie ursprünglich gehen wollten: [83v] ...Ende als sie dus stunden bedrocker ende segen toe. soe compter onversienlicke bi hem staende. een oelt reverende. eerber man Ende die sprack hem zeer vrentlicke toe. ende vraegede hem ende segede susteren woer weer u geerne. sie antwoe[r]den hem weder toe buueeren. Doe segede hi hem soe en gaet dien weck niet. ende wees hem den weck daer die bister mans hen ghegaen hadden. ende segede daer plecht men die luude wal teGa naar voetnoot103 vermoerden. Ende hi wees hem enen anderen weck... [84r] Ende doe hi hem dit ghesecht haddde. doe weeren sie van binnen zeer verblyde. ende hem duchte recht ofte hem die hillige engel toe ghespraken hadde. Ende als sie wolden beginnen te gaene nae dien weghe. soe was hem voert van stonden an die selue man vetten oegen soe dat sies nergen. of nergent of sien of oegen en conden.Ga naar voetnoot104 Das plötzliche Erscheinen und Verschwinden des alten Mannes in dieser Notsituation kommentiert die Biographin am Ende: [84r] ...dat wal een merckelic myrakel was. want het is vollencomelic te gheloeuen dattet eene hillige was. die van gade daer ghesant. was omme hoer te troesten in hoeren lyden.Ga naar voetnoot105 Der Mitteilung von Andries Yserens' Tod im Alter von über 70 JahrenGa naar voetnoot106 geht eine ausführliche Darstellung der Sterbebettszene voraus, die die besondere Hochachtung der Gemeinschaft vor dieser Mater dokumentiert. Ihr wurden von den Schwestern übersinnliche Eigenschaften zuwiesen, ‘wie heilige Leute sie zu haben pflegen’: [85v] Ende doe dele sie als hillige luude plegen te doene. ende proffentierde hoeren doet te voeren | ||||||||||||||||||||||||||
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want sie segele dat sie nu steruen solde. ende dat sie van dier suckten niet op staen en solde. als sie oec dele.Ga naar voetnoot107 Auch im Sterben stand die christozentrische Ausrichtung ihres Glaubenslebens deutlich im Vordergrund. Auf dem Sterbebett hielt Andries ein Kreuz in der Hand, das sie liebkoste, und schließlich begrüßte sie Christus als ihren Bräutigam: [86r] Ende hier nae gheschedet op enen dach dat sie lach in stilheilen recht of sie gherostet hadde. ende doe waert sie luuede sprekende. ende segele tijs al ghedaen. tijs al ghedaen. alle [86v] lyden is en wech. alle lyden is en wech. Die brudegom comet mit allen hilligen ende wil my haelen.Ga naar voetnoot108 In ihren letzten Stunden versuchte Andries, die Kreuzigungsszene zu imitieren. Dies wird aus der Perspektive der um ihr Bett stehenden Mitschwestern geschildert: [86v] Ende als sie dan naekede den bitteren doede. Soe lach sie enen helen nacht in swaeren stervens noede. ende al den nacht woelde sie liggen mit wtghereckten armen als onse lieue here anden cruce ghehangen hadde. ende als hoer die susteren die arme omme hoere roste wat te rechte leeden. soe woerp sie sie al weder van hoer Ende als dan die daegeraert auer gheleden was. ende was ghecomen totter sester wren. Soe is sie ghetreden wt den daele der traenen. ende is ghewandert tot den vaeder lande Ende als sie dan doot ende verschelen was. soe wolden die susteren hoer doede licham trattieren als men die doelen plecht te trattieren. ende te handelen. Ende doe vonden sie dat sie hoeren rechteren voet hadde ghelecht op hoeren luchteren voet. recht [87r] als ons lieuen heren voete gheneghelt weren anden cruce. woer wt dat die susteren vermoededen dat sie hoeren door steerf ende oefferde in den doet ons lieuen heren want sie hem soe ghelick mytten wtwendigen leden hoers lichames was.Ga naar voetnoot109 Die Kreuzhaltung symbolisiert Andries' Streben, ihr Leben und ihr Sterben in die Nachfolge der Leiden des Herrn zu stellen.Ga naar voetnoot110 Das sueferlic exempelken, wie die Biographin den Wunderbericht in der Vita von Andries Yserens einleitet, ist nicht die einzige Episode im Schwesternbuch, in der übernatürliche Kräfte eine Rolle spielen. Egbert ter Bekes Weissagung zukünftiger SterbefälleGa naar voetnoot111 gehört ebenso in diese Kategorie wie das Duftwunder, das Schwester Emme kurz nach dem Tod von Fenne Zeeuwinge beim Rosenkranzbeten erfuhr. Da dieses Mirakel an dem Ort stattfand, wo sie zuvor regelmäßig zusammen mit Fenne gearbeitet und den Rosenkranz gebetet hatte, deutete sie es als Zeichen für die Anwesenheit der verstorbenen Fenne: [59r] het gheschede eens coert daer na dat suster fenne ghestoeruen was Dat suster emme daer sie die daer mede plach toe verwaeren sat ende las hoeren crans op die steede daer sie twie dyckewile toe samene hoer crensken ghelesen hadden Soe gheschedet dat daer alsoe sueten ghenoechlicken rocke quam [59v] in suster emme nese alsoe dat hoer duchte dat sie nie hoer dage soe soeten roeke gheraeken enGa naar voetnoot112 hadde Ende doe hadde sie wollencomen gheloue dat suster fenne bi hoer was ende visentierde hoer in dier steeden. | ||||||||||||||||||||||||||
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Derartige unerklärliche Sinneswahrnehmungen und Erscheinungen von verstorbenen Misschwestern sind auch in anderen Schwesternbüchern zu finden.Ga naar voetnoot113 Diese Berichte zeugen von dem Gemeinschaftsgeist zwischen den Schwestern, der über den Tod hinaus bestehen bleibt. So wie die Lebenden für die Toten beten, können umgekehrt die Toten ein gutes Wort für die Lebenden einlegen. Weitreichender als das Duftwunder der Emme van Muiden ist die eschatologische Züge tragende Vision ihrer Misschwester Lamme Geerdes (†5.09.1483). Schwester Lamme, die nach sieben Dienstjahren im Alter von nur 23 Jahren an der Pest starb, hatte auf ihrem Sterbebett eine Vision vom ‘ewigen Leben’ (Paradies), wo sie unter anderen die Deventerer Rektoren Egbert ter Beke (†1483), Petrus Horn (†1478) und Derrick van Maeseick (†1483) erblickte. [42v] Ende der wilen dat sie in crancheiden lach soe gheschedet eens dat hoer duchte dat sie quam voert ewige leuen Ende daer quam sante peter bi hoer ende vragede wat sie daer toe doene hadde ende hie segede hoer gi moeten daer noch al bet bi doen Ende hier na dochte hoer dat sante pauuelGa naar voetnoot114 bi hoer quam ende die dede [43r] hoer een vensterken op wanden ewigen leuen Ende doe duchte hoer dat sie onsen lieuen heren sach ende marien syn ghebenedide moeder Ende oec duchte hoer dat sie daer voele geestlicker lude sach die sie wal eer ghekant hadde als heer egbert ter beeke ende heer peter van hoerne ende heer derck maseick Ende voert soe duchte hoer dattet daer wonderlicke schoene ende soeuerlic was Mer sie en mochte daer doe niet bliuen Ende als sie weder tot hoer seluen ghecomen was soe vertelde sie den susteren die bi hoer weren wat sie ghesien ende ghehoert hadde. Es ist kein Zufall, dass Schwester Lamme bei ihrem ‘Blick in den Himmel’ neben Christus und Maria eine Reihe von geistlichen Personen sah, die sie selbst gekannt hat und die bedeutende Leitfiguren der devoten Bewegung in Deventer waren. Die Bemerkung von Petrus, sie selbst müsse erst noch mehr ihr Bestes geben, ehe sie dorthin gelangen könne, ist als Aufforderung an die gesamte Schwesternschaft zu verstehen. Ein Platz im Himmel muss verdient werden, doch durch die Gnade des Herrn sind überirdische Momente auch schon auf Erden möglich. Diese und viele weitere Erzählelemente verbindet das Schwesternbuch aus dem Lammenhaus mit den anderen Schwesternbüchern aus dem ‘Deventer-Kring’. In allen Frauenvitensammlungen steht das irdische Dasein im Konvent im Mittelpunkt. Geschildert wird das Streben jeder Schwester nach dem idealen Frömmigkeitsleben, eingebettet in den Hausalltag der Gemeinschaft. Jede Handschrift enthält Lebensbeschreibungen von Frauen unterschiedlicher Herkunft, verschiedenen Alters und Charakters. So entsteht ein Bild vom Zusammenleben frommer Frauen, in dem Raum für individuelle Lösungen zur Bekämpfung und Überwindung weltlicher Sehnsüchte und persönlicher Eigenschaften ist, die dem devoten Ideal entgegenstehen. Ein solches Potpourri von Beispielen religiöser Lebenspläne ist der gegebene Fundort für nachfolgende Generationen von Schwestern, die mit ähnlichen Problemen kämpfen und die buchstäblich am selben Ort in die Fußstapfen ihrer Vorgängerinnen treten wollen. Die wenigen Aspekte, die in diesem Beitrag angesprochen werden konnten, zei- | ||||||||||||||||||||||||||
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gen neben diesen Gemeinsamkeiten aber bereits auch einige Unterschiede zwischen dem Zusammenleben im Lammenhaus und dem Meester-Geertshaus auf der einen und dem Emmericher St. Agnes-Konvent und - in noch viel stärkerem Maße - dem Windesheimer Frauenkloster Diepenveen auf der anderen Seite. Darüber hinaus bietet dieses Schwesternbuch auch interessante Perspektiven für die Untersuchung des Prozesscharakters devoter Schriftlichkeit, weil der Codex - anders als die anderen Sammelhandschriften mit Frauenviten - nicht aus einem Guss aufgeschrieben wurde, und die verschiedenen Stufen der Textentstehung somit nicht verdeckt wurden. Die anstehende Edition des gesamten Textes eröffnet der Devotio-Forschung neue Möglichkeiten für die Erforschung des Glaubenslebens und der Schriftkultur religiöser Gemeinschaften in Stadt und Konvent am Rande der Neuzeit. | ||||||||||||||||||||||||||
SamenvattingHet verloren gewaande zusterboek uit het Lamme van Diesehuis te Deventer is teruggevonden door Herman Mulder. In dit artikel wordt deze bundel met 24 biografieën in de context geplaatst van het corpus van zusterboeken van de Moderne Devotie. Er wordt een beeld geschetst van het ontstaansproces van deze tekst, de inhoud, de structuur en de doelstelling van de vitenverzameling. Tevens wordt aan de hand van de tekst een eerste poging gedaan om het sociaal-culturele en religieuze samenleven van de zusters voor het voetlicht te brengen in vergelijking met andere devote vrouwenconventen die behoorden tot de Deventerkring.
Adresse der Verfasserin: Rijksuniversiteit Groningen, Faculteit der Letteren, Duitse Taal en Cultuur Oude Kijk in 't Jatstraat 26 nl-9712 ek Groningen a.m.bollmann@rug.nl | ||||||||||||||||||||||||||
Literatuur
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