Onze Stam. Jaargang 1907
(1907)– [tijdschrift] Onze Stam– Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd
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[Nummer 5] | |
Hildens Hochzeit.
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Weiter wälzet sich die Flùt
Wilder, siegestrùnkner Horden
Unter Sengen, Raùben, Morden,
Und des Führers Uebermùt
Uebersteigt schon alle Schranken,
Schwelgt in schwindelnden Gedanken,
Herr der Erde nicht allein,
Gottesgeiszel will er sein,
Nennt er sich freventlich.
Eines hemmt den Siegeslaùf,
Hildens hoher Vater harret,
Und ein Wald von Eisen starret,
Halt den Weltbezwinger aùf.
Hallend rùft das Horn die Helden,
Graunvoll wie die Lieder melden,
Wütet, wogt die Völkerschlacht,
Schild, vom Ger getroffen, kracht,
Helmdach gellt ùnd zerschellt.
Ströme Blùtes trinkt das Feld,
Roter Schaùm schwellt Wassers Wogen,
Dürstgeqùält, ins Knie gebogen
Schlürft sein eigen Blut der Held.
Endlich schweigt das Schlachtenwetter,
Wer noch atmet, preist als Retter
Wodan oder Jesùm Christ;
Siegerin geblieben ist
In der Schlacht Uebermacht.
Tot der König, hin sein Glück,
Und gestürzt das Reich am Rheine;
Von dem edlen Stamm alleine
Blieb schön Hilde nùr zùrück.
Als der wilde Sieger schaùte
Die von Tränen ganz betaùte,
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Brach sein stolzer Uebermùt,
Zwang ihn heiszer Minne Glùt,
Warf der Süszen ihn zù Füszen
Der die halbe Welt bezwang,
Fleht vergeblich urn Erhörùng,
Hoheitvoll ünd mit Empörùng
Weist der wilden Werbung Drang
Ab die Jungfrau: ‘Nùr dem Einen,
Dem Verlobten kann vereinen
Mich der reinen Minne Band,
Doch entweiht mich deine Hand,
Kürzt der Stahl meine Qùal.’
Aùch dem Niebezwùngnen naht
Endlich seines Schicksals Wende
Und dem Siegeslaùf ein Ende
Macht die höchste Heldentat.
Schaùrig schallt die Totenklage,
Und im Lager, geht die Sage,
Grollend wie ein wùnder Leù
Birgt sich Etzel: Nicht aufs neu
Sich zù schlagen, darf er wagen.
Rückwärts heiszt die Losùng nùn,
Rückwärts flùten seine Scharen,
Die des Erdballs Schrecken waren,
Und die blüt'gen Waffen ruhn.
Manche holde Fraù und Zofe
Blüht an seinem Königshofe;
Keine gleicht dem hohen Bilde
Der in Tränen schönen Hilde
Weisze Rose, freùdelose.
In des Königs Heldenschar
Walther war der kühnste Degen,
Folgend ihm aùf allen Wegen,
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Schùtz und Schirm in der Gefahr.
Hochgepriesen, hochgeehret
Eines nùr ihm stets verwehret
Etzel, der Verlobten Hand.
Selbst erhofft er ùnverwandt,
Starr im Sinne, ihre Minne.
Wieder war dùrch Walthers Kraft
Ein gewalt'ger Sieg errùngen
Und ein starker Feind bezwùngen;
Die gesamte Ritterschaft
Feiert laùte Freùdenfeste,
Dasz vom Weine schwer die Gäste
Schlafen in den Tag hinein,
Nùr der Held des Tags allein
Sorgt ùnd wacht, wohlbedacht.
Hebt die Holde auf sein Rosz,
Füllt mit rotem Gold zwei Schreine
Und entflieht im Morgenscheine,
Eh' es ahnt der trùnkne Trosz.
Hilden schon verloren glaùbend,
Rast der König racheschnaùbend,
Wùtentbrannt dùrch Hof und Haùs,
Schickt die schnellsten Reiter aùs,
Den Verwegnen zù begegnen.
Eingeholt, ùmringt, ùmstellt,
Wie der Bär von bisz'ger Meùte,
Lechzend nach der nahen Beùte,
Wehrt sich ritterlich der Held;
Unter seines Schwertes Streichen
Türmen Leichen sich aùf Leichen -
Da rollt ach die starke Hand
Abgehaùen in den Sand,
Er erliegt ùnbesiegt.
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Vor des Königs Stuhl gebracht,
Steht die Jùngfraù sonder Tränen
Hoch ünd hehr - sein heiszes Sehnen
Dieses Bild aùfs neù entfacht.
‘Willst dù nùn die Meine werden,
Bist die Höchste dù auf Erden,
Tot ist meine Königin’.
Starr schaùt Hilde vor sich hin,
Sagt dann still: ‘Ja, ich will’.
Endlich scheint erreicht das Ziel,
Und der König trùnknen Mùtes
Folgt dem Drang des heiszen Blùtes,
Hofft aùf holder Minne Spiel -
Doch kaum streift die weiszen Glieder
Seine Hand, so fährt hernieder
Blitzend ein gezückter Stahl,
Trifft ihn wie der Donners Strahl -
Welch Geschick! - ins Genick
Vor dem Pfühle kniet die Braùt,
Weich ùmwallt von Schleiers Falten,
Totenwache will sie halten,
Von den Lippen kommt kein Laùt.
Als sie rohe Schergen packen,
Neigt sie nùr den weiszen Nacken,
Vorwärts wallt der Locken Gold,
Und das schönste Haüpt entrollt -
Rache rùht, Blùt ùm Blùt.
Dr L. Wilser.
Heidelberg, März 1907.
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