Niederrheinische Liederhandschrift von 1574

[fol. 10r]

[Der maenet stehet an der hogestenn]

1.Der maenet stehet an der hogestenn,
Die Sonne hatt sich nieder gethaenn,
Mein Feinslieb stehet in noetenn,
Reich Gott wie mach es ir gahn
Es wehet mannicher kalter winndt,
Reich Gott moecht ich sey troestenn,
in ellendt dar ich sey finndt.

2. Mein feinß leib wolte mich lehrenn
Wie ich mich halten soll
Zu Zůcht vnnd aůch in ehrenn,
sey spraech es woll
Wer einen stedigenn boelenn hatt,
Die lieb in in der maessen
Das er kan abelon.

[fol. 10v]

 

 

 

3. Feinß leib ich woelte dicht bittenn

 

War dů bey denn leůtenn bist

 

Gedencke dů meiner mit nichte,

 

die welt ist voll argelist,

 

So gedencke dů meiner mit keinem wort,

 

So will ich dich lieb habenn

 

Dů bist meines hertzenn einn kroen.

 

 

 

4. Hertzlieb ich wolte dich bittenn

 

dů wolles meiner vergessenn nicht,

 

Schleůs mich vff dein hertze,

 

Schleůs mich hertz lieb darihn,

 

Vergis meiner nicht das bitte ich dich

 

So will ich dich wederůmb lieb habn

 

bis vf das ende mein.

 

[fol. 11r]

 

 

 

5. Der vns diß new liedtlein

 

vonn new gesůngenn hatt

 

Das hatt gethaen ein Růtther,

 

Gott gebe im ein Froelichs Jahr,

 

Er hatt aůs grůndt seines hertzens gethaen,

 

Er stůndt aůff loesen Worttenn

 

Der liebster zů taůsendt gůeter nacht.