Mededelingen van de Stichting Jacob Campo Weyerman. Jaargang 12
(1989)– [tijdschrift] Mededelingen van de Stichting Jacob Campo Weyerman– Auteursrechtelijk beschermd
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Jacob Campo Weyerman und Johan van GoolGa naar eind*
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leicht zugängliche Quellen zusammen, wählte daraus was seinem Publikum interessierte, und bearbeitete sein Material um es für seine Leser mundgerecht zu machen. Weyerman nennt viele Schriftsteller, aber die meisten davon kannte er nur, weil Houbraken sie als Quelle benützt hatte. Dann und wann muß Campo aber etwas in neuen Büchern nachgeslagen haben. Auch den Archif des Haager Künstlervereins hat er benützt. Wichtiger ist, daß er Tatsachen, Gerüchte und Meinungen, die damals in Umlauf waren, aufgezeichnet hat, und daß er von den vielen alten und neuen Kunstwerken berichtete, die er mit eigenen Augen gesehen hatte. Ob Weyerman die Biographien der antiken Künstler unmittelbar dem Plinius entnommen hat, und ob er Franciscus Junius gelesen hat, ist mir noch nicht klar. Er konnte aber Latein lesen und schreiben und er spottete über Houbrakens Mangel an Bildung. Die Lebensgeschichten der Maler des 15. und 16. Jahrhunderts sind dem Van Mander entliehen worden. Die stark gekürzte Kompilation von Houbraken nimmt weniger als zwei von Campos vier Bänden ein. Weyerman behauptete, daß er sein Werk schrieb um die Liebe zur Kunst wiederzubeleben. Weil der slechte Zustand der Kunst um 1729 oder die Notwendigkeit der Kunstförderung aber nach dem Vorwort kaum noch erwähnt werden, nehme ich an, daß der Verfasser die Kunstliebe mehr ausnützen als fördern wollte. Er schrieb für Sammler und er schrieb dasjenige, das diese gerne lesen wollten: Tatsachen und amüsante Geschichten über das Leben der Künstler, sowie Rezensionen ihrer Werke. Weyerman behauptete in seiner Einführung, daß er Houbrakens Schouburgh verbessern wollte und meines Erachtens hat er das in mancher Hinsicht getan. Aus der Kunsthandlung und dem Sammelwesen kannte er viele Werke, die er aus seinem guten Gedächtnis beschreiben konnte. Seine kunstkritische Bemerkungen über Farbe, Zeichnung, Pinselstrich usw. sind scharfsichtig und unabhängig. Die Besprechung von Leben und Werke eines Künstlers werden, anders als bei Houbraken, von einander getrennt. Beziehungen zwischen der Lebensweise eines Malers und der Eigenart seines Oeuvres sieht Weyerman nicht; deshalb werden die zahlreiche Anekdoten nie auf Wert und Bedeutung der Kunstwerke bezogen. Jedes kunsttheoretische Argument wurde ausgelassen. Weyerman hatte für die Theorie gleich wenig Begabung wie Interesse. Er tadelte Houbraken vor allem wegen seinen unleserlichen und wirrköpfigen Erörterungen über die Kunsttheorie. 1964 war Jan Emmens' Urteil nicht viel günstiger. Weyerman hat sich nicht sehr viel Mühe gegeben um Tatsachen zu sammlen und zu überprüfen. Eine hübsche Geschichte war ihm teurer als genaue Fakten. In sehr vielen Fällen wußte Weyerman nicht, wann seine Künstler geboren oder gestorben waren. Er fand aber hundert verschiedene Ausdrücke um sich über diesen Mangel hinwegzusetzen: Der Maler war noch jung als er starb und nicht sehr alt als er begraben wurde. Nach den von anderen schon erwähnten Künstlern kamen die jüngeren Maler - Zeitgenossen von Weyerman, die Houbraken noch nicht kennen konnte oder die dieser vor hatte in seinem nie erschienenen 4. Band zu besprechen. Was Campos Buch hier so faszinierend macht, ist nicht nur daß er Houbraken fortsetzt und erweitert, sondern auch, daß er völlig verschiedene Ausschnitte des Kunstbetriebes kannte und erwähnenswert fand, als sein Vorgänger. Er kannte viele Maler, die ihre Werke während der antwerpener Wochenmarkt im Freien verkauften, andere, die nur noch malten um ihre Schulden zu bezahlen, und wieder andere, die hauptsächlich oder ausschließlich als Gehilfe in der Werkstatt eines erfolgreichen Por- | |
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trätmalers arbeiteten. Auch Maler, die nur Muster für die Teppichindustrie lieferten, wurden erwähnt. Sein Buch gibt viele Einblicke im bunten Leben des Kunstproletariats des späten 17. Jahrhunderts. Houbraken und später Van Gool haben diese Unterwelt verneint oder nur vage angedeutet. Sie wollten ja die Würde der Kunst zeigen und fordern. Weyerman wollte nur seine Leser amüsieren. Was die anderen weggelassen haben, mag er übertrieben haben. Es ist aber ein großes Jammer, daß er den geplanten Band über Fälscher, Kopisten, Händler, Fliessbandmaler, usw. nie geschrieben hat. Sein 4. Band, der posthum publiziert wurde, ist im haager Gefangnis verfaßt worden. Besonders dieser letzte Band erwähnt Künstler, über denen man sonst nirgendwo Auskünfte bekommen kann. Es ging nicht gut mit der Kunst in Holland im frühen 18. Jahrhundert. Houbraken hatte das schon gesagt und Van Gool würde das zu seinem Hauptthema machen. Auch Weyerman wußte, daß viele Maler Grund zum Klagen hatten. Anders als Houbraken und Van Gool verglich er die eigene Zeit nicht dauernd mit dem idealisierten 17. Jahrhundert. Er meinte nicht, daß es für jeden einzelnen Maler gute Chancen geben sollte, und wenn ein Künstler Probleme hatte, war er meistens selber Schuld daran. Jede zweite Biographie spricht von unmäßigem Alkoholkonsum. Weyermans eigener Bedarf an Flüssigkeit war anscheinend groß, aber beherrschbar. Der Autor klagte über die slechte Zeit, in der er lebte, war aber völlig unsystematisch über Anfang, Verschlimmerung, Verbesserung, Symptome oder Ursachen dieses Verfalls. Kriege und slechte Wirtschaft nannte er einige Male in diesem Zusammenhang, besonders den Krieg von 1672. Einmal aber behauptete er, daß die Chancen für Maler nach dem Kriege von 1672 verbessert seien. Ein anderes Mal ließ er sogar schwierige Zeiten für die Künstler auf einem Friedenschluß folgen und zwar den des Jahres 1697. Der Blumenmaler Weyerman hatte kein Vorurteil gegen die Fachmalerei. Genremalerei war ihm gleich viel wert wie biblische oder mythologische Darstellungen und beide faßte er als ‘Historienmalerei’ zusammen. Ein Maler, meinte er, sollte immer in allem was er mache, die Wirklichkeit nachahmen, müßte aber auch ein Gleichgewicht zwischen der Malkunst und der Natur suchen. Niedrige Gegenstände fand der Autor attraktiv, wenn sie gut gemalt waren; nur war dabei wichtig den Anstand zu wahren und nicht gegen der Wahrscheinlichkeit zu streiten. Mit diesen Bemerkungen ist Weyermans Kunsttheorie so ungefähr erschöpft. Als Kunstkritiker hatte Jacob Campo Weyerman nur einen Regel: das peinlich glatte, überverfeinerte Malen in der leidener Tradition verabscheute er. Vorsichtshalber sprach er sich in den Biographien von einzelnen Künstlern meistens nur mittelbar aus, er nannte aber Pieter van Slingelandt und Adriaen van der Werf als übereifrige Maler, die zu präzise arbeiteten. Balthasar Denner fand er sogar noch schlimmer als diese beiden. Einigermaßen staunend bemerkte er, daß Van der Werf als erster den Stil der leidener Feinmalerei bei erhabenen Gegenständen verwendete. Sein Gegenbeispiel bilden die Gemälde, die die großen Maler des klassischen Altertums unvollendet hinterlassen hatten. Diese Werke erwarben immer den größten Ruhm, weil der Geist hier ergänzen konnte, was der Maler noch nicht fertig gemacht hatte. Ansonsten war der Verfasser so unbefangen, wie ein Kunstkritiker eben sein soll. Wie gesagt urteilte er über Zeichnung, Farbe, Pinselführung mit großer Freiheit, mit gutem Geschmack, mit Sachkenntnis und Kennerschaft. Amüsant ist eine | |
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Weyerman zu Ohren gekommene Geschichte über Jacob van Campen, der ein Bild gemalt haben sollte, um ein Werk Rembrandts zu übertreffen. Zweck der Anekdote war, Van Campens Überlegenheit zu zeigen. Weyerman aber fand beide Werke, die zu dieser Erzählung Anlaß gegeben hatten, obwohl sehr verschieden, gleich gut. Weyermans Ansichten über Leben und Kunst kann man deshalb so leicht zusammenfassen, weil er versucht hat, nur wenige zu haben. Er wollte ein ‘Gentleman’ sein, ein eleganter Herr, der sich in allen Kreisen frei und leicht zu bewegen wußte. Er hat nie versucht sich mit dem Adel gleich zu tun, aber ein Spiessbürger wollte er noch viel weniger sein. Freiheit in Urteil und Benehmen war ihm teuer. So lange man nicht unmoralisch war, sollte man die moralischen Vorschriften nicht zu ängstlich befolgen. Wenn man seine kleine Sünden in gutem Stil begang, mußte man auf Toleranz seiner Mitbürger rechnen können. Schelmenromane waren im 18. Jahrhundert beliebt und Weyermans literarisches Werk wie auch sein privates Leben zeugen davon.
Johan van Gool war ein ganz anderer Mensch als Jacob Campo Weyerman. Er war ein sehr mittelmäßiger Maler, ein Spezialist für Landschaften mit Kühen und Schafen in der Nachfolge des Paulus Potter und des Adriaen van de Velde. Seine Ausbildung empfing er in Den Haag, wo er immer gewohnt und gearbeitet hat. Außerhalb Holland hat er wenig gereist, aber in dieser Provinz kannte er fast jede private und öffentliche Gemäldesammlung. Wie viele andere Maler, war er ab und zu als Kunsthändler tätig. Er hatte ein gutes Gedächtnis, war meines Erachtens ein guter Kunstkritiker, war aber dafür bekannt, daß er seine scharfen Urteile auf unangenehme Weise und an schlecht gewählten Augenblicken vortrug. Als er seine Nieuwe Schouburg schrieb, wollte er Houbrakens unvollendete Groote Schouburg ergänzen und verbesseren. Anders als Weyerman tat er dies nicht, um mit seiner Feder einen leichten Gewinn zu machen. Van Gool schrieb einen unbelebten Stil, der ihm gleich wenig Freude gemacht haben muß wie dem Leser. Er hat die Veröffentlichung Jahre lange voorbereitet und hat seine Arbeit erst angefangen als er über 60 Jahre alt war und seine Hauptarbeit als Maler ruhen lassen konnte. Er war davon überzeugt, daß er mit dem Schreiben dieses Buches eine wichtige Aufgabe übernommen hatte. Die niederländische Kunst war im Verfall und Van Gool wollte für ihre künftige Besserung kämpfen. Über ihn und sein Buch habe ich fünf Aufsätze geschrieben, deshalb will ich mich hier kurz fassen. Daß die holländische Kunst nach dem Tode Rembrandts in Verfall geraten sei, scheint bis vor kurzem eines der wenigen Axiomata der Kunstgeschichtschreibung gewesen zu sein. Auch schon De Lairesse, Houbraken, Weyerman und Van Gool sprachen vom Verfall in der Kunst ihrer Zeit. Jeder von diesen Künstler-Schriftsteller aber meinte etwas anderes damit. Und was sie gemeinsames sagten, underscheidet sich grundsätzlich von den Ansichten der Kunsthistoriker des 20. Jahrhunderts. Van Gool hat sich vor allem zur gesellschaftlichen Lage von Kunst und Künstlern geäußert. Er stellte mit großem Bedauern fest, daß die Zahl der Künstler schroff gesunken war. Ein wirtschaftlich wichtiger Zweig der Luxusindustrie, so könnte man modern sagen, starb über die Hälfte ab. Natürlich sprach Van Gool nicht von Industrie! Gerade weil es die edle Kunst war, die so leidete, war er entrüstet. Die wichtigste Folge des Schrumpfens des Kunstmarktes war, daß | |
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Portret in Johan van Gool De nieuwe schouburg. Deel I. 1750. KBM 142 E 22 (= bandenkamer 1759 D 5).
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gute Maler nicht mehr für die Kunsthandlung arbeiten konnten. Wer Erfolg haben wollte, der mußte einen Mäzen haben. Wer aber Werke auf Vorrat machte, wußte, daß die wichtigen Sammler ihn nicht finden würden. Seine Gemälde wurden als Dutzenware im Gemäldeladen vertrieben. Über die Folgen dieser wirtschaflichen Änderungen für Stil und Qualität der Kunstwerke äußerte Van Gool sich nicht. Wenn bestimmte Bedingungen erfüllt waren, mußte ein Wiedererwachen der Kunst möglich sein, meinte er. Der große Erfolg einzelner Künstler wie Jan van Huysum galt ihm als Beweis dafür, daß diese Möglichkeit keine weit entrückte oder sogar imaginäre sei. Die Künste würden wieder wie im 17. Jahrhundert erblühen, wenn jeder junge Maler ernsthaft versuchen würde, den großen Beispielen aus dem vorangegangenem Jahrhundert gleich zu kommen. Grundbedingung war, daß die Künstler anständig lebten. Gute Kunst und slechte Sitten waren bei ihm unvereinbar, und die Liberalität des Weyerman in sittlichen Sachen mißbilligte er sehr. Van Gool sprach nicht, wie Houbraken es getan hatte, von irgendeiner Parallele zwischen der Lebensweise eines Künstler und dem Stil oder der Qualität seines Oeuvres. Sein Ideal war ein Einverleiben der Künstler in den gehobenen Schichten des Großbürgertums, wo bekanntlich Anstand und gute Sitten vorherrschten. Politische und kirchliche Ämter erwähnte Van Gool in seinen Künstlerviten mit Stolz. Das beste Beispiel, das er in diesem Zusammenhang geben konnte, war Adriaen van der Werf: vom Kralinger Müllersohn zu Rotterdamer Patrizier! Wie auch Weyerman, kontrastierte Van Gool die bürgerliche Solidität mit der Schönmacherei und Unzuverlässigkeit des Adels. Nicht nur die Maler, auch die Sammler und Kunstförderer sollten ihre Verantwortlichkeit wissen. Die Sammler aber hatten seit etwa 1710-1720 angefangen, alte, statt zeitgenössische Kunst zu kaufen. Werke alter Meister wurden als solide Geldanlage und nicht aus Liebe zur Kunst gekauft, meinte Johan van Gool. An den Wänden der vornehmen Wohnungen war durch die Mode des Tapezierens mit Goldleder oder anderen Materialien kaum noch Platz für das Aufhängen von Tafelgemälden zu finden. Außer die Tapeten hatten auch die monumentale Wandgemälde die Tafelbilder aus großen Teilen der Wohnung gedrängt. Nach der Meinung Van Gools hatte der Verfall erst um 1710-1720 angefangen. Er klagte kaum über Kriege und politische Änderungen, wahrscheinlich weil er nur die Ursachen betonen wollte, die die zeitgenössischen Künstler und Liebhaber selber bekämpfen konnten. Die Rolle, die Van Gool zu spielen hatte, war diese, daß er die Maler ermahnte fleißig zu sein, sittig zu leben und möglichst gute Arbeit zu leisten. Die Maler des 17. Jahrhunderts beschrieb der Autor, um den jungen Künstlern der eigenen Zeit Muster zum Nacheifern anzubieten. Zugleicherzeit wollte er zeigen, daß Künstler, die es verdienten, unsterblich wurden und ewigen Ruhm erwarben. Die Biographiensammlungen des Van Mander, des Houbraken und seine eigene sind ja aere perennius. Durch den Zweck, dem sein Buch dienen sollte, war Van Gools literarische Arbeit weitgehend bestimmt. Weyerman hatte dem Kunstproletariat der Dutzenmaler, Kopisten, Fälscher usw. mit dem scharfen Auge des Journalisten wahrgenommen. Van Gool beschränkte sich auf einer Auswahl von Malern, die fast alle auch jetzt noch für Sammler, Händler und Kunsthistoriker von Interesse sind. Van Gool sammelte Fakten und überprüfte die so weit er konnte; darüber hinaus gab er sein eigenes Urteil als Kunstkritiker. Weyerman hatte die Tatsachen erwähnt, die er ohne Mühe hatte finden können; er sam- | |
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melte aber auch Gerüchte und Anekdoten, die die Art und Weise, wie man über Künstlern zu sprechen gewohnt war, in großem Farbreichtum darlegen. Beide Schriftsteller waren gute Kunstkritiker mit scharfen Blick für Qualität. Beide kannten viele Werke aus Versteigerungen, aus der Kunsthandlung und dem Sammelbetrieb. Beide hatten eine noch viel wichtigere Quelle: ihre Bekanntschaft mit vielen Künstler-Kollegen.
Wir wollten von neuen Entwicklungen sprechen! Mein Studium von Weyerman und Van Gool mag in mancher Hinsicht neu sein, das reicht aber nicht für einen Platz in dem Programm dieses Kunsthistorikertages. Wichtiger ist das schnell wachsende Interesse der Kunsthistoriker für die holländische Kunst des späten 17. Jahrhunderts. Die Aufmerksamkeit für holländische Historienmaler ist seit den 50'er Jahren im ständigen Wachsen. Zuerst wurden die utrechter Caravaggisten rehabilitiert, dann die Manieristen, dann die haarlemmer Klassizisten. Dadurch hat die Toleranz für ausländische Einflüsse in der niederländischen Kunst ständig zugenommen. Die Malerei des späten 17. Jahrhunderts muß nicht mehr von vorneherein verurteilt werden, weil sie irgendwie an Italien oder Frankreich erinnert. Einige Maler dieser Generation, wie Van der Werf und De Lairesse, gehören mit zu den führenden Künstlern des Jahrhunderts; andere wie Jan van der Heyden und Jan Weenix zeigen wie bei den Fachmalern die künstlerische Qualität und die schöpferische Neuerungskraft noch nicht nachgelassen hatten. Was war überhaupt los mit der Kunst dieser Dezennien? Es wird schwer sein, gemeinsame Eigenschaften bei so verschiedenen Künstlern zu finden. Noch unwahrscheinlicher ist es, daß man alle diese Maler als Repräsentanten des Verfalls betrachten könnte. Welches Verfalls überhaupt? Der Begriff wurde in der modernen Kunstgeschichtschreibung nie definiert; nie wurden Ursachen und Symptome des sogenannten Verfalls klar von einander unterschieden. Nie wurde die Entwicklung der Idee des Verfalls historiographisch untersucht. Man kann nicht von Verfall sprechen, ohne das Problem der Periodisierung zu berühren: kein beliebter Gegenstand in der heutigen Praxis der Kunstgeschichtsschreibung. Aber: wann hat die Blütezeit des 17. Jahrhunderts aufgehört? Nach dem Tode Rembrandts? Als De Lairesse zu arbeiten aufhörte? Als Van der Werf starb? Das immer wechselnde Verhältnis zwischen Tradition und Erneuerung, zwischen eigenständige und ausländische Einflüsse, zwischen Rückgriffe auf Vergangenem und Vorgriffe auf die Zukunft, ist für die letzten drei Dezennien des 17. Jahrhunderts noch nicht studiert worden. Es sieht aber aus, als würde dies sich in der nächsten Zukunft schnell ändern. Dabei wird sich herausstellen, daß die zeitgenössischen gedruckte Quellen reiche Goldminen sind. |
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