soziale Bedingungen zwingen zu anderer Einstellung, und der kleine Architekt versucht den neuen Anfang beim Talmischloss nach alter Manier, wie er sich eben die neue Zeit vorstellt.
Die meisten denken an eine neue Form. Nur die wenigen Begabten wissen, dass es sich heute um eine neue Gesinnung handelt.
Der Anfang liegt nicht in der neuen Form, sondern in der Erkenntnis der neuen gesellschaftlichen Zusammensetzung. Gegenüber der chaotischen Gesellschaft braucht der Architekt innere Disziplin. Das erreicht man nicht durch Schlagworte oder grosse Geste, sondern nur durch Denken. Und Erfahrung. Heute muss der Architekt Führer sein und nicht nur private Wünsche der Bauherrn befriedigen.
Erforschen neuer Konstruktionsmethoden, Befriedigung sozialer Bedürfnisse, Erkennen der guten Lösungen und Weiterarbeiten auf den Erfahrungen, das sind unsere Schlösser, das sind die Ziele der Architektur. Es gibt schon viele begabte Architekten, zugegeben, die ehrlich und richtig arbeiten, aber selbst manche von den Begabten befinden sich noch befangen in formalen Hemmungen. Aber das bedaure ich am meisten, weil diese formalen Hemmungen der Begabten die ganze Entwicklung am meisten hemmen. Zugegeben soll sein, dass man oft nur schwer erkennen kann, wo solch eine formale Hemmung sitzt, aber der Architekt selbst muss es ganz genau selber wissen, warum er etwa einen Schornstein von der Mitte des Hauses oben in die Front vorgezogen hat, warum er Eisenbetonsäulen ins Zimmer baut, warum er etwa hier und da Klinker verwendet. Das kann alles unter Umständen richtig sein, man muss sich aber immer fragen, ob es vielleicht doch Dekoration ist. Ich bin Künstler, und zwar Kunstmaler. Ich liebe die Kunst sehr. Sie ist sogar heute in der Zeit sozialer Architektur nicht etwa überflüssig, sondern sehr wichtig. Aber ich bin für saubere Trennung. Die Architektur ist nicht da zur Befriedigung unklarer künstlerischer Triebe. Man sollte sich lieber in der Malerei gründlich ausleben, dann hat man sich abreagiert und betrachtet die Architektur ganz klar und sachlich.
TENTOONSTELLING ‘NEUES HAUS’ BRÜNN, TSJECHO-SLOWAKIJE 1928
Zie ook: i 10, 19, blz. 136.