ARCH. G. RIETVELD
GESCHÄFTSHAUS WESEL NACHTAUFNAHME
So entstand, um eine ihrer Theorien zu nennen, die Theorie der Notwendigkeit des geschlossenen Stadtbildes. Resultat ‘Das Bayrische Viertel’ in Berlin, die sogenannten ‘Modernen Viertel’ in Amsterdam, und ähnliche in vielen anderen Städten. Der Kulissenstädtebau entstand. Diese kindliche Theorie wütet überall noch nach. Oft wird diese Kulisse dann sogar ‘modern’ aufgezogen.
Die Stadt und die von Menschen gestaltete Landschaft sind Ausdrucksformen der menschlichen Gesellschaft. Diese ist heute chaotisch. Kulissen können dieses Chaos höchstens verdecken. Der klarschauende heutige Mensch will Wirklichkeit, auch wenn sie hässlich ist. Er weiss, dass die Menschheit die Konsequenzen ihres eigenen Denkens und Wissens heute nicht beherrscht.
Auf diesen Erkenntnissen entwickelt sich nun Neues. Man fängt an über das Leben und Wohnen selbst, in der Stadt und auf dem Lande, nachzudenken. Die Formen der Strassen und Plätze werden an erster Stelle nach ihrer funktionellen Notwendigkeit diskutiert. Man versucht Spielflächen und Sportplätze richtig in der Stadt zu verteilen. Man fragt sich ab, zu welchem Minimum die Bebauungsdichte pro qkm. herabgehen darf, um eine elektrische Vorortbahn exploitieren zu können. Die Stadtanlage selbst wird auf ihren hygienischen Wert geprüft, und wenn Mängel da sind, spürt man die gesellschaftlichen oder technischen Ursachen auf. Es ist hauptsächlich Aufklärungsarbeit, die jetzt gemacht wird. Neue rationelle Stadtformen können so entstehen, man sieht wieder Möglichkeiten, um die Landschaft, auch die Industrielandschaft, harmonisch und bewohnbar zu gestalten. Die Kulissen sind überflüssig geworden.
Ir. S, VAN RAVESTEYN
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