Internationale Revue i 10 1927-1929
(1978)– [tijdschrift] Internationale Revue i 10– Auteursrechtelijk beschermd
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Ernst H. Posse
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chender Einzelner!) ist es, die ihn unfähig macht, Wege in eine klarere, geordnetere sozialistische Zukunft zu sehen. Und Hauptmotiv dieser Depression ist eine Einsicht die für ihn charakteristisch: die Alliierten verstehen es, mit der Parole ‘Demokratie in Gefahr!’ die Massen zu begeistern und eine einheitliche geistige Kampffront herzustellen. Sorel der sich von dem Glauben an die parlamentarische Demokratie abgewandt hatte, erwartete nicht mehr eine so wirksame Resonanz demokratischer Parolen. - Der Sieg des Bolschewismus lässt ihn, der damals im französischen Geistesleben durch die grosse Reihe seiner soziologischen Werke eine Rolle spielt, angesehene bürgerliche Zeitungen öffnen ihm ihre Spalten, zum ersten französischen Verteidiger des Bolschewismus werden, zum ersten Verteidiger von Format, auf dessen Worte man hört. Der vierten Ausgabe der ‘Réflexions sur la violence’ (1920) fügt er ein vielbeachtetes Plaidoyer für Lenin bei. Über das Werk (oder die Werke, deun wie das Echo ist das Fundament nicht einheitlich) kann hier nur ganz Allgemeines gesagt werden. Sorel basiert auf Saint-Simon, Proudhon und...Marx. Doch würde das nicht allein erklären, warum er über die sozialistische Gedankenwelt hinaus auch den aktiv traditionalistischen Strömungen (wie action française) Lehrmeister sein kann. Der grosse Einfluss, den Nietzsche und später Bergson auf Sorel ausgeübt hat, schafft - kombiniert mit der bestehenden sozialistischen Gedankenwelt - das irrationalistische, aktivistische Element in seinem Werk. Und dies ist das eigentlich Neue, das Sorel, die politischen Lehren des 20. Jahrhunderts wesentlich beeinflussend, produziert hat. Es ist die Idee von der ‘action directe’, vom Generalstreik als Mythos (von Mussolini umgewandelt in die Nation als Mythos. Mussolini 1922 vor dem Marsch auf Rom: ‘unser Mythos ist die Nation, die grosse Nation, die wir zu einer konkreten Realität machen wollen’), weiter die grundlegende Idee von der produktiven Rolle der Gewalt in der Geschichte. In der französischen Presse ist noch heute der Streit nicht beendet, ob Sorel, der Lehrer Mussolinis, wohl jemals die fascistischen Gewalttaten bejaht hätte. Wer die moralisch ethischen Motive berücksichtigt, die er als Rechtfertigung der revolutionären Gewaltanwendung anführt, muss zu dem Schlusse kommen: der Lehrer hätte seinen Schüler verdammt...wie er Lenin verehrte! Oder denken wir im Sinne Sorels, lassen jede banalisierende Vereinfachung fort und konstatieren ruhig, dass er in Mussolini zwar den Verräter aber den grossen Verräter gesehen hätte. Die wahre Bedeutung Sorels liegt in der Wiedererweckung proudhonistischen (teils auch bakunistischen) Geistes. Man denke nur an die Grundstimmung von ethischen und moralischen Wertungen in seinem Werk (die Verachtung des ‘bourgeois’) die ihn ebenso in Kampfstellung gegen die marxistischen wie alle parteisozialistischen Bewegungen bzw. deren Führer (Guesde, Jaurès usw.) gegen die Typen der ‘Berufspolitiker’ brachte. Um es kurz auszudrücken, ihm schien die Ethik des Sozialismus und die moralische Integrität u. Intensität des proletarischen Befreiungskampfes wichtiger als die blosse Feststellung des Entwicklungsstandes der Produktivkräfte. Wenn Sorel auch mit Marx den rücksichtslosen rein proletarischen Klassenkampf betonte (das im Gegensatz zu Proudhon, der alle ‘Gutgesinnten’ einschloss das heisst auch die integeren Elemente der Bourgeoisie) so ist doch sein Werk eine teils widerspruchsvolle aber geniale Kombination von Proudhon und Marx, in der proudhonistischer Geist vorwiegt. Eine solch kurze stichwortartige Übersicht muss vieles offen lassen, kann vieles nur andeuten und mag auch vieles als Zweifel zurücklassen. Die Übereinstimmungen im an sich sozialistischen Werk Sorels mit den Lehren des extremen Nationalismus und Traditionalismus werden zu derartigen Zweifeln führen. Und da kann nur allgemein gesagt werden, dass diese beiden Lager, die aus entgegengesetzten Motiven Gegner des in Europa herrschenden bourgeoisen, parlamentarischen und demokratischen Geistes sind, in negativen Zielen, in der Vernichtung dieses Geistes, in der Kritik notwendigerweise übereinstimmen müssen. Erst der Aufbau des Neuen führt sie auseinander, endgültig. In dieser Situation ist das Werk Sorels entstanden, daher seine eigenartige Resonanz. Der Sinn seines Werkes dagegen liegt im Sozialismus, für den er kämpfte. |
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