jedem beliebigen Ort und zu jeder beliebigen Zeit zu wiederholen. Der mechanische, ‘seelenlos’ genannte Charakter dieser Wiedergabe, der durch den maschinellen Betrieb solcher Musikapparate unvermeidlich war, haftete dieser Art Musik stets als Mangel an. In jüngster Zeit ist man nun auf die Idee gekommen, direkt für mechanische Instrumente zu komponieren. Sollte dieser Gedanke überhaupt einen Sinn haben, so müsste dieser Sinn darin liegen, dass in der mechanischen Art der Wiedergabe selbst nicht nur ein Unterschied gegen die natürliche, sondern sogar ein Reiz zur produktiven Ausnützung gefunden wurde. Denn es wäre offenbar zwecklos, ein Musikstück für mechanisches Klavier zu komponieren, wenn es nicht anders klingen sollte, als wenn es von einem Pianisten in den Aufnahmeapparat des mechanischen Systems gespielt worden wäre. (Der Reiz, der darin liegt, dass man auf dem mechanischen Instrument beliebig schnell spielen kann, ist zu gering, um eine Methode zu begründen.) Es wird augenscheinlich gerade das, was bisher als Mangel empfunden wurde, der maschinelle Charakter der Wiedergabe, positiv gewertet und zum Kompositionsprinzip erhoben. Dieser maschinelle Charakter liegt in einer ‘unmenschlichen’ Klarheit, Exaktheit und Präzision des akustischen Verlaufs.
Dass in dieser ein neuer, bisher nicht gekannter Reiz gefunden wird, ist nicht so erstaunlich. Diese Art motorischen Charakters finden wir schon in der unerbittlichen Rhythmik der Jazzmusik. Hier ist durch innere Disposition der Spieler und unermüdliche Übung bei den berühmten amerikanischen Kapellen ein Grad von geradezu phänomenaler und beispielloser Präzision erreicht, der allerdings schon durch die Struktur dieser Musik, die rhythmisch unsäglich einfach und zugleich beispiellos kompliziert ist, gefordert und nahegelegt wird. Ganz gewiss ist es dem weltbeherrschenden Einfluss dieser Musik zuzuschreiben, dass sich der Sinn für ihr aus dem Musikgefühl aller Exoten stammendes stereotypes, maschinell anmutendes Stampfen auf unsere ganze Art des Hörens ausgebreitet hat, aber sie hätte nicht diese Geltung erreicht, wären wir nicht zu ihrer Aufnahme durch eigene Entwicklung disponiert. Wir sehen also auch in diesen Bestrebungen, ähnlich wie in der neuen, photographie-ähnlichen Malweise die Tendenz, das menschlich-willkürliche Moment in der zu Erscheinung kommenden Oberfläche des Kunstwerks (dort äussere Bildfläche - hier Klangbild der Wiedergabe) zugunsten eines mechanisch Erzeugten oder wenigstens so Scheinenden zurücktreten zu lassen.
Der enge Zusammenhang der Musik mit dem Theater und die Erfahrungstatsache, dass künstlerische Tendenzen meist auf allen Gebieten zugleich sich irgendwie äussern, hat ähnliche Bestrebungen auch in der dramatischen Kunst gezeitigt. Man hat Apparate ersonnen, die es ermöglichen, einen Film mit der dazugehörigen Musik synchron verlaufen zu lassen, d.h. zu garantieren, dass das zu einem bestimmten Moment des Films gehörige musikalische Element gleichzeitig mit jenem hörbar wird. Obgleich diese Apparate auch eine Regulierung der Ablaufsgeschwindigkeit des Films gestatten, so liegt es auf der Hand, dass die Willkür des musikalischen Interpreten durch die Möglichkeiten der Filmgeschwindigkeit Grenzen gesetzt sind, und ihren inneren Sinn werden diese Apparate erst haben, wenn die Musik schon in den genau festgelegten Massen des optischen Ablaufs komponiert ist, was wiederum eine gewisse ‘Mechanisierung’ der Musik nach sich zieht, wie überhaupt diese Art Mechanisierung sich immer von selbst ergeben wird, wo mehrere Verläufe gleichsinnig gemacht werden sollen.
Man hat versucht, das Theater selbst zu mechanisieren, indem man zuerst die Menschen in präzise, puppenhafte Bewegungen zwang, dann konstruktivistische Dekorationen ersann die auf ihre maschinelle Beschaffenheit schon durch ihr Aussehen hinwiesen, und schliesslich sogar versuchte, die Menschen zum Teil durch Automaten zu ersetzen. Hier liegt ein uraltes Vorbild mechanisierten Theaters vor: das Marionettenspiel. Das Wesen der Marionette ist halbmechanisch, indem zwar die Willkür des Spielers, beziehungsweise die des Konstrukteurs der Puppe an sich keine Grenze hat, sich aber nur innerhalb der durch die Mechanik festgesetzten Linien auswirken kann. Der Eindruck des Puppenspiels ist daher