det. Aber heute soll sie schon dem Empfang der Oceanflieger aus Amerika dienen. Wie Stadthallen so sind, ist sie aussen längs gestreift, innen dagegen zur Unterscheidung diagonal bemalt. Aussen ist sie trutzig, innen dahingegen mehr wie ein Variété, wie Stadthallen eben so sind. Stundenlang ist der Saal übervoll, denn man erwartet heute die Oceanflieger. Die vorderen Reihen sind abgesperrt für die Verwandten der Flieger, hinten drängt es sich in den Gängen, und auf der Bühne stehen 3 leere Stühle, für die beiden Oceanflieger und noch wen. Vielleicht werden die da eine Cigarette rauchen. Nummer 2, die Industrieabteilung, enthält auch einen imposanten Lindwurm. Er stammt aus dem Siegfried-film und ist von ziemlichen Ausmassen. Aber leider tot, und da er aus Papiermaschee gemacht ist, so erschrickt so leichte niemand von den Besuchern. Anders der Siegfried, der ihn damals kalt gemacht hat, damit wir ihn in der Theaterausstellung bewundern können. Drittens die Versuchsbühne ist ein seriöser Raum mit Plüsch-Vorhängen. Herr Laslò spielt seine Farblichtmusik vor. Ich halte das für einen zwar sehr interessanten Irrtum, aber es bleibt ein Irrtum. Bilder sind keine Musik, wenn sie sich bewegen. Die Zeit in der Musik entspricht in der Malerei dem Raume. Und wie die Musik raumlos
ist, so gibt es in der Malerei keine Zeit. Verbindung von Musik und sich bewegenden Farbflecken ist ein Unding. Die Beziehung ist litterarisch, nicht sinnlich. Aber interessant. Daher war der Vortrag denn auch nicht gut besucht. Es waren nur 11 Personen da, während draussen und in der Stadthalle etwa zehntausend Menschen auf Chamberlin warteten, und der Rest von etwa hundert in der Industrieabteilung vor den Vexierspiegeln sich kranklachen wollte. Arme Kunst. Die Kunst von heute ist die Sensation. Und nun Nummer 4, die Kulturabteilung. Das sind viele, viele kleine Bühnenmodelle aus vielen, vielen grossen und kleinen Zeiten, nach vielen, vielen privaten und officiellen Anschauungen entworfen und gestaltet. Ich gelte ja sowieso als verrückter Künstler oder Halbidiot, aber mir haben besonders gefallen die Arbeiten von Tairoff aus Moskau, von Bragaglia aus Rom, vom Bauhaus und vom Sturm. Mein eigenes kleines Modell zu einer systematischen Normalbühne fand ich auch wieder, es stand sehr nett auf einem Postamentchen und war sehr neckisch als ein Bühnenentwurf von Moltzahn bezeichnet. Ich glaube, Johannes Molzahn, ohne t, wird sich schönstens bedanken. Ich habe mich auch im Sekretariat bedankt, und da zeigte man mir, dass mein Bühnchen im Katalog als Merzbühne bezeichnet war. Das beruhigte mich etwas, obgleich auch diese Bezeichnung falsch ist, denn es ist eine Normalbühne. Aber die ganze Ausstellung ist ja sowieso noch nicht fertig, sie ist ja auch erst Mitte vorigen Monats eröffnet worden. Interessant war im oberbairischen Alpendorf die Scenerie. Riesige Eisberge ragten allüberall, wie ich sie so zahlreich auf meiner Schweizerreise nie erlebt habe. Ein echter bairischer Seppl mit kurzen imitierten Lederhosen klebte noch eben mit Sichelleim echte bairische Pappdachziegel auf ein Hausdach. Aber schadet nichts, denn da in der Halle regnet es ja doch nicht durch. Die echten
Föhrenzweige waren schon trocken, rehrten aber noch nicht. Sie können ja zum Schluss ausgewechselt werden. Das echte Moos war trocken, wie die Föhren, dagegen scheinen die echten Farne zu leben. Sie sind aber bei der schlechten Beleuchtung sehr dünn gewachsen. Tischdecken sind natürlich blauweiss kariert. Das Bier ist sehr gut, Kunststück! Nett sieht es aus, wenn in der Gebirgslandschaft plötzlich die echte Tür ins Freie geöffnet wird, und es strömt der echte strahlende Tag hinein und verdunkelt die Bergriesen. Sone Tür ist grösser als ein Berg von 3500 m Höhe. Das nennt man Perspektive. Sinnig ist das Marterl mit hängendem Christus zwischen den Biertischen. Kinder, das war fein!