der Malerei entscheidende Folgen erwachsen. Folgen, die man bei dem wesentlich anders gearteten Grunde, bei der photographischen Lichtfaktur nämlich, vergeblich suchen würde. Dass nicht der Stoff, sondern der Künstler das Werk ‘macht’, dieser an sich richtige Hinweis Mondrians bedarf natürlich keiner weiteren Erörterung. Aber Stoffe haben ihre lebendigen Eigenheiten und die schöpferische Arbeit des Künstlers besteht eben darin, aus dieser Eigenheit heraus zu gestalten, nicht etwa gegen sie.
Dass die Faktur nicht Selbstzweck ist, sondern lediglich Mittel, um einer Vision stoffliche Gestalt zu verleihen: diese Feststellung Behnes ist eine Binsenwahrheit, gegen die sich in meinen Aufsatz wohl kaum ein Verstoss finden lassen wird. Ebenso wahr ist aber auch, dass die Faktur kein Neutrum ist, das bei jeder Art von Malstoffen und bei jedem Stil die gleiche Beschaffenheit hat. Im Vergleich zur Faktur Holbeins ist eine impressionistische Faktur gewiss vordringlich. Ist sie darum etwa zum Selbstzweck geworden? Es ist klar, dass Faktur, wie es Dr. Behne zu bemerken für nötig hält, dem Ganzen unterordnet werden muss. Die Bildordnung, die der Künstler geistig vor sich hat, bestimmt den Materialisierungsprozess, d.h: die Art, wie der Stoff gesetzt und zwar in einer ganz bestimmten Ordnung auf die Malfläche gesetzt wird. Das Ergebnis dieses stofflichen Ordnens ist zugleich Faktur und Form, je nachdem, nach welcher Seite hin man die Schicht von Malstoff auf der Bildfläche ins Auge fasst. Gewiss hatte Leibl seinen guten Grund, das eine oder andere seiner Bilder zu zerschneiden, trotzdem es, wie bei ihm selbstverständlich, schöne Faktur hatte, d.h. handwerklich schön war. Aber das Ganze in solch einem Bild hat er wohl doch nicht gerade über die Fakturschönheit verfehlt, sondern einfach darum, weil seine Bildvorstellung nicht genügend klar und überlegt war.
Faktur plus Ordnung gleich Bild: diese Formel Behnes stimmt schon, mit der Bemerkung jedoch, dass auch die Faktur kein chaotischer Rohstoff mehr, sondern geordneter Stoff ist. Wie könnte sie sonst eine geordnete Farben- und Formvorstellung erregen? Fakturordnung plus Farben- und Formordnung: zumindest diese Erweiterung ist nötig, um der Formel Behnes die entsprechende Fassungskraft zu verleihen.
Behne kommt zu einer Folgerung, die ich seiner Meinung nach aus der Überwertung ziehen müsste, mit der ich Faktur und Handwerk angeblich betrachte. Auf Grund meiner Ausführungen, meint Behne, gehörte ein Bild von Mondrian mit der ersten besten ölübermalten Kitschphotographie zusammen, da beide Faktur haben. Behne vermeint hier etwas Unrichtiges in meinem Aufsatze ad absurdum zu führen. Die angeblich widersinnige Zusammenkoppelung Mondrians mit der kitschigen Oelübermalung erweist sich jedoch beim näheren Zusehen als eine zwar falsch adressierte, aber an sich durchaus richtige Selbstverständlichkeit. Warum sollen Mondrian und der Übermalungskitsch nicht zusammengehören? Ihre Verbindung wäre nur dann widersinnig, wenn man Qualität und Schund wahllos in einen Topf werfen wollte. Behne meint jedoch, ich müsste die Zusammengehörigkeit Mondrians und des Kitscheurs auf Grund ihrer Faktur behaupten, da ja beide Faktur hätten, mir aber die Faktur Hauptsache sei. Nun, ob Hauptsache oder nicht, das spielt hier keine Rolle. Tatsächlich aber gehören alle Bilder mit Pinselfaktur zur Malerei, ganz gleich wie wertvoll oder wie schlecht sie sind. Das Gleiche gilt von den Stilwandlungen. Was die verschiedensten Stilperioden der Malerei auch sonst noch gemeinsam haben, derart, dass solch unendlich verschiedene Künstler wie Duccio und Kandinsky etwa, gleicherweise Maler genannt werden können, mag diesmal dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist die Tatsache der Pinselfaktur hier wie dort ein grundlegender Gemeinschaftszug. Aus meiner Überwertung der Faktur, meint Behne noch folgern zu können, müste sich auch ergeben, das eine photographische Reproduktion nach Mondrian und eine Amateuraufnahme aus dem Wannseebad zusammengehören, da beide
fakturlos sind. Auch dieser Vorstoss trifft daneben. Natürlich gehören Photographien zusammen, ganz gleich was sie darstellen. Alle Photos sind Lichtbilder. Alle Photos haben den gemeinsamen Zug, Lichtfakturen zu sein. Das freilich, was den Gegenstand betrifft, eine photographische Repro-