Germania. Jaargang 6

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Vlamische Chronik

Zurücksetzung der vlamischen Sprache in eigenen Lande. - Folgender Vorfall, der sich kürzlich im Gemeinderate der vlamischen Stadt Brügge abspielte, giebt ein gutes Bild davon, wie das Vlamische selbst in rein vlamischen Städten behandelt wird. Ein Stadtverordneter der Arbeiterpartei beschwerte sich darüber, dass man ihn lächerlich mache, weil er mit der Forderung, die Berichte und amtlichen Belege auf Vlamisch zu übersetzen oder abzufassen, sein gutes Recht verlange; er sei nicht imstande, gewissenhaft seine Pflicht zu erfüllen, wenn er die Verhandlungen nicht verstehe. Im Gemeinderate sässen 3 Arbeiterverordnete, die nicht genug Französisch könnten, um einer französischen Besprechung zu folgen. Er gestehe dies ohne falsche Scham ein, da er sich in derselben Lage befinde wie alle Arbeiter in Flandern und in allen Ländern der Welt, wo man keine Arbeiter finden wird, die neben ihrer Muttersprache noch eine zweite könnten.

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Französische Anmassung in Vlamenland. - Die durchaus vlamische Bevölkerung der Sta[d]t Löven ist über die Haltung des Bürgermeisters bei dem jüngsten Besuch des kronprinzlichen Paares sehr aufgebracht. Der zukünftige Thronfolger, der ganz genau weiss, was ihm und seinem Hause die Liebe und treue Angänhlichkeit der Vlamen wert ist hatte sich dahin ausgesprochen, dass es ihm nicht unangenehm sein wurde, auf Vlamisch begrüsst und angeredet zu werden. Der Bürgermeister hat sich über die Rechte der Vlamen und den gewöhnlichsten Anstand hinweggesetzt, und verhindert, dass während des ganzen Aufenthalts des Prinzen vlamisch geredet wurde. Nur die freie Studentenschaft hat sich den Mund nicht verbieten lassen und hat - 600 an der Zahl - dem Thronfolger und dessen sehr beliebter Gattin Prinzessin Elisabeth in Bayern mit vlamischer Herzlichkeit einen begeisterten Empfang bereitet und auf vlamisch zugejubelt. Welches Unrecht dem Vlamentum durch diese Hintansetzung seiner Sprache geschieht, mögen folgende Ziffern zeigen: Das Ergebnis der jüngsten Volkszählung ist für die 5 vlamischen Provinzen: 4,368,153 Einwohner, für die 4 waalschen: 2,616,405, also zusammen eine Bevölkerung von 6,987,458. Wenn man nun bedenkt, das ungefähr 200,000 Vlamen sich im Waalenlande aufhalten, so erhält man ein Uebergewicht der Vlamen von 2 Millionen auf noch nicht ganz 7 Millionen Einwohner.

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Ein belgisches Schulschiff. - Das langerwartete belgische Schulschiff wird zur Wirklichkeit. Im Laufe des vorigen Monats sollte es entschieden werden, ob der Bau des Schiffes einer belgischen, deutschen oder englischen Firma übertragen werden sollte. Jetzt verlautet, dass eine schottische Werft den Auftrag erhalten hat. Ein bitterer Beigeschmack für die Belgier und besonders für die Vlamen liegt darin, dass die Herstellung dieses Schiffes, an das sich so viele nationale Hoffnungen knüpfen, de[n]n Auslande zufiel, und das[s] es, ob chon ausschliesslich für die vlamischen Seeleute bestimmt einen französischen Namen, und zwar ‘Comte de Smet de Naeyer’ tragen wird.

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Eine vlamische Forderung. - Van den Antwerpener vlamischen Vereinen ist an die Regierung eine dringliche Bittschrift gerichtet worden, worin gefordert wird, dass das neue Schulschiff einen vlamischen Namen bekommen, ferner, dass als Lehr- und Befehlssprache das Vlamische angewandt und das Diplom in beiden Sprachen m[i]t der vlamischen an erster Stelle abgefasst werden sollte. Dies scheint nur recht und billig, da doch nur die eigentliche Fischer- und seefahrende Bevölkerung die vlamische, nicht etwa die industrietreibende waalsche ist.

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Eine sozialistische Stellungnahme zum vlamischen Unterricht. - Für die Sozialisten wird auch endlich der volkstümliche Belang der vlamischen Bewegung deutlich; bis jetzt kam diese auf ihrein Kampfprogramm nicht vor, viel eher schien der Sozialismus, beeinflusst durch Frankreich, sich für die Entwicklung der französischen Ideen und zugleich der französischen Sprache zu erwärmen. Jetzt hat ein sozialistischer Stadtverordneter in Brüssel den Antrag eingebracht, der vlamischen Sprache in den Volksschulen und Fortbildungseinrichtungen ebenso viel Stunden zu widmen als der französischen und für eine Anzahl Fächer das Vlamische als Lehrsprache anzuwerden. In der Begründung seines Antrags hebt der Stadtverordnete hervor, dass die Brüsseler Bevölkerung weder die eine noch die andere Sprache genïgend be errscht, was sich nur dadurch erklärt, dass die Vlamenkinder in eine Sprache unterrichtet werden, die sie nicht verstehen, und die begriffliche Ausbildung ungenügend oder gänzlich verkümmert ausfillt, während sie die ganze Zeit auf das Erlernen der äusserlichen, fremden Sprachform verwenden. Viel Hoffnung besteht eben wohl nicht auf Annahme des Antrags, da der eigene Schöffer des Unterrichts sich dagegen Ausgesprochen