Verscheidenheden
Zur Volksgeschichte. Der germanische Gräberfund in der Mark Brandenburg, der die wissenschaftliche Welt seit Jahrzehnten in Atem hielt, beschäftigte letzthin den Verein ‘Brandenburgia’ zu Berlin. Geheimrat Friedel teilte über das bereits erwähnte Hünengrab von Seddin bei Perleberg mit, dass diese altgermanische Grabstätte eine Höhe von 12 Metern und einen Umfang von weit über 200 Metern habe; grosse Blöcke bilden um dieselbe eine Art Schutzmauer, und die Sage geht, dass hier ein König im goldenen Sarge begraben sei. Man war daher seit Jahrzehnten bemüht, bis zur Grabkammer vorzudringen, und viele Schatzgräber haben ernsthafte Versuche mittels der ‘Wünschel-Rute’ unternommen, um zu den Schätzen zu gelangen. Erst nach vieljähriger Arbeit, durch die ungeheuren Steinmassen - für die umliegenden Ortschaften willkommener Pflasterungsstoff - zu Tage gefördert wurden, gelang es den Eingang der Grabkammer zu finden. Vor dem achteckigen Räume lagen drei wagerecht angeordnete Felsblöcke (die Steine der Grabkammer selbst stehen senkrecht); im Innenraume fand man eine gewaltige Urne aus Goldbronze, in der die Ueberreste des altgermanischen Königs aus dem sechsten Jahrhundert vor Christi ruhten. ‘Sanitätsrat’ Dr. Lissauer, der den Leichenbrand untersuchte, ist der Ansicht, dass der Be. stattete ein Alter von nur etwa 30 Jahren erreicht hat. Daneben fanden sich zwei Ton-Urnen, die die Reste einer Frau von etwa 25 Jahren und eines Mädchens von etwa 16 Jahren beherbergten. Das Schlachtschwert des Königs stand neben der grossen Urne, aufgerichtet mit der Spitze nach oben; hier lagen auch der schwere Trinkbecher, der am Gürtel befestigt wurde, die Lanzenspitze des alten Germanen, seine Streitakst, ein Meissel, alles aus Bronze. Bei den kleineren Urnen
wurden viele Bronze Gegenstände gefunden, wie Nadeln, Haarzangen, Messer, Ringe, Armbänder, Perlen usw., ferner ein Reibstein und viele Beigefässe. Der Fund stammt aus der sogenannten Hallstatt-(Salzstätte-)Zeit; die Formen sind zum Teil südlicher zum Teil nordischer Herkunft. Es fanden sich auch einige Eisenreste, was beweist, dass das Eisen damals zwar bekannt, aber noch sehr selten und kostbar war. Die Mark Brandenburg hat dies grösste aller Hünengräber Deutschlands dieser Tage fur den Preis von 2000 Mk. käuflich erworben, um es als Stammes-Denkmal für alle Zeiten zu erhalten; der Inhalt ist durch Kauf an das Märkische Provinzial-Museum übergegangen. Es soll demnächst eine umfangreiche, mit Abbildungen versehene Denkschrift über das ‘Königs-Grab bei Seddin’ erscheinen.