Das Gebet der Buren.
‘Vater, hörst Du den Hörnerton?’
‘Britten sind es, mein junger Sohn;
Weit vom Norden über das Meer
Sandte sie Englands Königin her,
Welche die Schmach von Majuba Hill
An uns Buren jetzt rächen will.
Aber so wahr ein Herrgott lebt,
Der uns voran im Kampfe schwebt,
Nimmermehr werden wir Buren Knechte;
Heldenkränze im heissen Gefechte
Durften sich Deine Brüder erwerben,
Die ich mit blutender Seele zu Grabe
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Draussen auf grüner Haide trug;
Und auch Du, an Jahren ein Knabe,
Bist doch muthig und alt genug,
Für die Freiheit kämpfend zu sterben!’
Sie nehmen die Büchse und steigen zu Ross,
Von Süden her nahen die Britten,
Und hüben wie drüben mit Schwert und Geschoss
Wird löwenmuthig gestritten;
Es glüht allmälig der Flintenlauf
Und Blitz auf Blitz zuckt leuchtend auf,
Granaten streuen ihr tödtlich Blei,
Ihr Krachen erstickt das Wehegeschrei;
Und wo die Kugel vorbei gesaust,
Da mäht der Säbel in wuchtiger Faust.
Heut erntet reichlich der grimme Tod,
Bis über den Bergen von Leichen
Verglimmt das blutige Abendroth.
Wie Nebel wallt hin der Pulverdampf,
In Dämmerung sinken die Pfade,
Die Waffen ruhen, es schweigt der Kampf;
Für Albions Krieger zum Weichen
Schlägt dumpf der Tambour Chamade.
Von Blut besudelt, zerfetzt, bestaubt,
Neigt suchend ein Bur das verwundete Haupt,
Er späht den Todten ins Angesicht,
Doch den er suchet, er findet ihn nicht,
Und wo er immer mit Fragen drängt,
Ob niemand, niemand den Sohn geschaut,
Die Antwort, die er rings empfängt,
Ist Todesröcheln und Schmerzenslaut.
Und weiter auf seinem trüben Gang
Schleicht suchend der Alte die Reihen entlang,
Bis endlich dort an des Hügels Rand
Sein Auge auf einen Todten fällt:
Ein Jüngling, dessen erstarrte Hand
Noch fest umschlossen die Büchse hält,
Ob längst auch schon sein Auge brach.
Sieh dort, die röthliche Todesspur!
Der Brust, die ihm der Lanzenschalt
Dicht unterm Herzen grimm durchstach,
Entquillt der dunkle Lebenssaft,
Den gierig der dürre Boden trinkt.
In seine Kniee sinkt der Bur,
Ihm zittert das Herz im Leibe,
Den letzten Sohn, sein Stolz, sein Glück,
Das ihm für Tage des Alters gewinkt,
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Auch ihn als Todten bringt er zurück
Daheim dem jammernden Weibe.
Die Todeswunde der jungen Brust
Bedeckt er mit seinem Tuche,
So kniet er am Boden und betet still;
Doch da er den Segen sprechen will,
Da wandeln sich ihm unbewusst,
Die Worte zum lauten Fluche:
‘Nicht umsonst voll Heldenmuth
Gabst du hin dein junges Blut,
Das um Vergeltung zum Himmel schreit,
Die, nicht fern mehr dünkt mich die Zeit,
Ueber die Schuldigen kommen soll,
Kommen voll Schrecken, ihr Mass ist voll.
Fluch Dir, Volk voll Habsucht und Sünden,
Das nicht Recht und Verträge achtet,
Stets nur unter erlogenen Gründen
Frech nach fremdem Besitzthum trachtet.
Vater im Himmel erhöre mein Fleh'n,
Zu Dir bet ich aus Herzensgrund:
Gieb, dass rings auf dem Erdenrund
Drohend der Zorn der Völker erwache,
Dass von allen Enden der Welt
Unheilkündend wie Sturmeswehn
Donnernd der helle Kampfruf gellt
Auf gegen Albion! Auf zur Rache!’
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