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[Gedichten van Alexander Kailand]
Alexander Kailand
Wir Juden...
Wir Juden sind auf dieser Welt
ein schmutziger Haufe billiges Geld,
von Gott längst abgewertet.
Er zieht uns nicht aus dem Verkehr,
er wirft uns weg, er ruft uns her, -
Und immer zahlen wir Schulden.
So wandern wir im Kreis herum,
von Hand zu Hand, den Buckel krumm,
uns reibt kein Putztuch helle.
Wo wären wir, wo wär die Welt,
führt sie ihr Leben ohne Geld, -
Wer zahlte ihre Schulden?
Drum braucht sie uns noch lange Zeit.
Doch sie wird rot, wenn ein Jud schreit:
Die Welt hat mich geschlagen,
Ich werd's dem Gotte sagen.
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Ballade von den Juden, der Wirtschaft und der Moral.
Der Grossindustrielle Abraham und Sohn,
und der Lumpenhändler Isidor Cohn
der andere aus Spremberg, -
sie beten beide zu dem gleichen Gott,
und ertragen beide gleichen Hohn und Spott.
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Wenn sie am Nachmittag über die Strasse gehn,
bleiben alle Uhren eine halbe Stunde stehen.
Die Polizei schritt dagegen ein
und schlug beide Juden kurz und klein.
Drauf begannen die Juden im Lande ein grosses Fasten
und liessen die Wirtschaft volle 8 Tage rasten.
Und nicht nur in Lemberg.
und auch nicht nur in Spremberg
schritt die Polizei wieder ein
und schlug noch ein paar Juden die Nase klein.
Seitdem schlagen alle Uhren im Lande nach altem Brauch:
ne viertel, ne halbe, ne dreiviertel, und ne ganze Stunde auch.
geht die Wirtschaft so gut
wie der Damenstrumpf von Bemberg.
Nur - die Moral bekam einen leichten Knax.
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Tischgebet
Nach der Mahlzeit setzen wir uns
und sprechen gemeinsam das Tischgebet.
Wer uns dieses Essen nicht gönnt,
Gelobt sei auch der Fremde am Wiesenrain.
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Wir beten nicht für Schweinefleisch,
doch sind wir keine Vegetarier.
zu der berühmten Rasse der Arier
Es ist ein bisschen frühzeitig auf Erden dunkel geworden.
Unseren Vätern war das Mahl
denn sie sprachen das Tischgebet!
Vielleicht dass der Ewige einst über die Länder geht
und dann sich erfüllet, was im Tischgebet steht?
Noch sitzen überall viele Gerechte
an den Tischen und hungern:
In Russland, in China, in Deutschland
Da hilft kein Zirkus und kein Parlament.
Sie hungern in einer Sprache aus Sonne und Wasser im vorderen Orient.
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Auch wir ...
Wir haben alle lustig mitgemacht,
als die Tiere aus den Wäldern,
und die kleinen Elfen aus den Feldern
Es geschah in einer einzigen Nacht.
Wir sind nicht besser als die Menschen sind,
die in den Kolonnen marschieren, und das Kind,
das weint um den toten Vater im kommenden Krieg.
Prälaten, Pastoren, Rabbiner haben die Fahnen gesegnet
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Nur ein kleiner Jude aus den Russo-Karpathen,
ein schmieriger, hungriger, armer, bärtiger Jude
glaubte! - und hat Gott nicht verraten.
Dafür zerstörte der Pöbel
bei der nächsten offiziellen Gelegenheit
in der armen, dreckigen Hunger-Trödel-Bude.
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Rückkehr
Wir wollen nun endlich nach Hause gehen,
die Gastgeber sind müde schon.
stinkt wie vor 'ner Operation.
Wir haben gesoffen, gestritten
so mancher sank zu Boden,
und blieb und stand nicht mehr auf.
Wir sind noch lange nicht müde
und gehen hinaus in die Nacht
und warten im feuchten Grase.
Wir haben so lang nicht gewacht!
Einst liebten wir alle Dinge,
nur unsere eigenen nicht.
Es bläst uns dieser Morgen
hinweg unser altes Gesicht.
Ade nun, Freunde und Feinde,
zu lange währte dies fast.
seid Ihr bei uns zu Gast.
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Ballade vom Irdischen Juden
Ein jeder Mensch darf gut und fromm und frech sein,
nur, - wenn er Jude ist, dann darf er's nicht.
Denn was bei anderen so ganz natürlich,
das steht als Mal in seinem Angesicht.
Drum hört, ihr Menschen, lasst euch sagen:
wir haben an diesem Mal sehr schwer zu tragen.
Ich mache mir nichts draus und lass den Nachbarn schrein,
und bin, so wie ich bin: mal gut, mal schlecht.
Ich kann mir (aus der Schöpfung) keine andere Nase leihen,
und bin, ein Krüppel, nur als Krüppel echt.
Drum hört, ihr Juden, lasst euch sagen:
ihr liegt dem Nachbarn schwer im Magen.
So richtig hassen kann ich meine Feinde nicht.
An jedem Dreck hat noch der Himmel seinen Teil.
Ich stand im Osten einst als grosses Licht,
jetzt kauft man auf den Märkten mich wohlfeil.
Drum hört, ihr Menschen, lasst euch sagen:
wir müssen uns auf Märkten mit euch schlagen.
Doch mehr noch, als die Feinde, die mich schlagen,
sind es die Freunde, die mich grausam plagen.
Sie haben mich mit Liebe erst umworben,
und schliesslich den Charakter mir verdorben.
Drum hört, ihr Juden, lasst euch sagen:
ihr dürft euch mit den Freunden nicht zu gut vertragen.
Der sei mein Freund, der ohne sich zu schämen
als Unikum lebt lustig auf der Welt,
wie ich! Seht her, macht keine Scenen:
so halb ein Trottel, und so halb ein Held ....!
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Dum hört, ihr Menschen, lasst euch sagen:
die rottel Trund die Helden werden es wagen.
Ich warte auf den Messias immer noch.
Es kommen heute nur die falschen nieder
Habt ihr gesehen, wie der Ochs im Joch
durchs Tor einzog als Held, Befreier, Sieger?
Der Ochse wird ein fetter Braten sein,
ein grosses Fest, und alle sind geladen,
die so wie wir, im Winde und allein
den Dreck der Erde an die Sonne tragen.
Drum Menschen, Juden lasst euch sagen:
ihr alle liegt der Sonne schwer im Magen!
(Jozef Cantré)
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