Bzzlletin. Jaargang 6(1977-1978)– [tijdschrift] Bzzlletin– Auteursrechtelijk beschermd Vorige Volgende [pagina 21] [p. 21] Worte seit Auschwitz Erich Fried 1. Worte geprägt von ihrem Schicksal dem Sprecher im Mund verbrannt von Flammen die ihn nicht verbrannten nur seine Eltern nur seine Schwester nur seine Freunde Kauderrotwelsch Todesdeutsch Knochenhebräisch Endlatein un- vermitteltes Zeignis von denen die nichts mehr vermitteln die nichts mehr vermittelt 2. Zusammengetriebene Worte vergattert oder gereiht und geschweisst mit Angstschweiss oder mit Todesschweiss Worte kristallisiert gefügt zu Gittern oder klebrig als Netz: Das genügt nicht gegen die Mörder Alle fast konnten sie durchschlüpfen durch dieses Hemmnis Lügen gewandt und gewunden und die Gewalt langst nicht mehr nur marschierend in Reih und Glied sondern gehoben sternwärts vom Wissen das treibt die Atome dem Mord zuliebe zun Selbstmord 3. Nur ein oder zwei von den Aengsten der Mörder bleiben hängen in deinem Verhau Ihre blutigen Lieder leiden an deinem Wort verlieren Worte und da und dort einen Reim Aber Horden von Worten der Horden brechen durch und ziehen gereimt oder ungereimt weiter Und bekämst du auch zu fassen so ein Lied eine dunkle Stelle das wäre kein Sieg: Von allen Seiten umgangen könntest du nichts mehr befragen und nichts mehr enthüllen nichts mehr gewinnen nichts umstimmen nichts überzeugen: In deiner grossen Niederlage verschwände dein kleiner Sieg 4. Andere Worte anders verzahmt (und nicht nur einander im Wort bleibend) tun jetzt not: verbrüdert mit anderen vielleicht sogar wortlosen Menschen Denn ohne die anderen Worte und ihre Menschen tot die Not alles was ihr beliebt und was deine Worte vielleicht widerlegen doch nicht mehr abwenden könnten Andere Worte neuere ältere arme unbeholfene Worte aber gefügt urn zu helfen töricht zum Teil aber vielleicht doch nicht ganz vergeblich nicht ganz so leicht überrennbar nicht ganz so wehrlos beiseite zu schieben Vorige Volgende