De op 10 december 1894 in Berlijn geboren Gertrud Chodziesner, schrijvend onder de naam Gertrud Kolmar, is tijdens de Tweede Wereldoorlog door de nazi's vermoord [1943-1944]. Zij heeft een uitgebreid lyrisch oeuvre nagelaten, van zulk een taalbeheersing, een poëtische verfijning, een bewogenheid, dat zij gelden mag als de grootste Joodse lyrica van alle tijden. Haar gedicht blijve onvertaald.
Wir Juden
Nur Nacht hört zu. Ich liebe dich, ich liebe dich, mein Volk,
Und will dich ganz mit Armen umschlingen heiss und fest,
So wie ein Weib den Gatten, der am Pranger steht, am Kolk,
Die Mutter den geschmähten Sohn nicht einsam sinken lässt.
Und wenn ein Knebel dir im Mund den blutenden Schrei
verhält,
Wenn deine zitternden Arme nun grausam eingeschnürt,
So lass mich Ruf, der in den Schacht der Ewigkeiten fällt,
Die Hand mich sein, die aufgereckt an Gottes hohen Himmel
rührt.
Denn der Grieche schlug aus Berggestein seine weissen
Götter hervor,
Und Rom warf über die Erde einen ehernen Schild,
Mongolische Horden wirbelten aus Asiens Tiefen empor,
Und die Kaiser in Aachen schauten ein südwärts gaukeln-
des Bild.
[pagina 234]
[p. 234]
Und Deutschland tragt und Frankreich tragt ein Buch und
ein blitzendes Schwert,
Und England wandelt auf Meeressch[i]ffen blaul[i]ch s[i]lbernen
Pfad,
Und Russland ward ries[i]ger Schatten m[i]t der Flamme auf
seinem Herd,
Und wir, wir s[i]nd geworden durch den Galgen und durch das
Rad.
Dies Herzzerspringen, der Todesschweiss, ein tranenloser
Blick
Und der ewige Seufzer am Marterpfahl, den heulender Wind
verschlang,
Und die durre Kralle, d[i]e elende Faust, die aus Scheiter-
haufen und Str[i]ck
Ihre Adern grun wie V[i]pernbrut dem Wurger entgegenrang,
Der greise Bart, in Hollen versengt, von Teufelsgr[i]ff zerfetzt,
Verstummelt Ohr, zerr[i]ssene Brau und dunkelnder Augen
Fl[i]ehn:
Ihr! Wenn die bittere Stunde re[i]ft, so w[i]ll ich aufstehn h[i]er
und [j]etzt
So will ich wie ihr Triumphtor se[i]n, durch das d[i]e Qualen
ziehn!
Ich will den Arm nicht kussen, den ein strotzendes Zepter
schwellt,
Nicht das erzene Knie, den tonernen Fuss des Abgotts har-
ter Zeit;
O konnt [i]ch wie lodernde Fackel [i]n die finstere Wusteder Welt
Auteursrechtelijk beschermd