Das niederländische Faustspiel des siebzehnten Jahrhunderts
(1910)–Jacob van Rijndorp– Auteursrecht onbekend(De hellevaart van Dr. Joan Faustus)
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Floris Groen.Über Fl. Groens Leben habe ich nur wenig finden können. Am 17. April 1685 schloss er in Amsterdam einen Spielkontrakt mit Jacobus van HachtGa naar voetnoot1). Auf der Kirmes 1687 war er im Haag. Er bestellte damals bei einem Haager Schreiner für 825 Gulden ein Schauspielzelt, genau wie das, in welchem auf der Haager Kirmes eben gespielt werde, um auf der Amsterdamer Kirmes darin zu spielen. Das Zelt im Haag gehörte ihm also augenscheinlich nichtGa naar voetnoot2). Am 18. August 1687 schloss er in Amsterdam einen Kontrakt mit Pieter Ploeg (der 1684 auf Fornenbergh's Theater spielte s. S. 117), gemeinschaftlich in einem Zelt Komödie zu spielenGa naar voetnoot3). Am 27. August 1687 zog er mit Schiff und Zelt auf die Kirmes zu MuydenGa naar voetnoot4). Kurz darauf starb er, und zwar als ein Armer; das Begräbnisregister des Westerkerkhof in Amsterdam enthält unter dem 24. August 1689 den Eintrag: ‘Floris Groen Komedie speelder op de Princegraft, byt Rooharts Brouwery in een gang - baar roef 14 - pro DeoGa naar voetnoot5).’ Seine Namensunterschrift ist die eines Ungebildeten.
Während seines Lebens erschienen vier Stücke unter seinem Namen:
Blyeindend Treurspel van den verloren Zoon. Gerymd door F. Groen. [Holzschnitt: Zwei Männer die sich umarmen] Amsterdam, Barent Smient 1677. 24 S.S. (Paris Bibl. Nat.). - Ein zweiter Druck: Leiden by Henrik van Damme 1700. 27 S.S. (Bibl. Leiden). Etwa 700 Verse, meist Alexandriner, Pathetisches in vier- und fünffüssigen Jamben. Der Sohn heisst Ferdinand, der Vater Adolf, der Bruder Theodoor; ausser ihnen tritt im väterlichen Hause nur noch die Schwester, Cornelia, auf. Ferdinand zieht mit dem fress- und sauffreudigen Knecht Jochem hinaus. Der Wirt heisst Bart, seine Frau Pieternel, die meretrix Helena, es wird nicht gesagt, in welchem Verhältnis sie zu den Wirtsleuten steht. Die Bankettscene ist reizlos dargestellt, nur Jochem | |
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singt ein Weinlied. Es wird nur gegessen und getrunken, nicht gespielt. Nachdem ihm alles weggenommen ist, wird Ferdinand noch tüchtig durchgeprügelt und Helena schüttet unter unflätigen Hohnreden ihren Nachttopf über ihn aus. Auch Jochem verlässt ihn. Der Bauer Ariaan lässt ihn mit seinen Schweinen essen, schickt ihn aber auch weg, als er ein Schwein, das ihm den Bissen nicht gönnen will, schlägt. Ein Engel verkündet, dass ihm vergeben sei, und er nach Hause kehren dürfe. Dort wird er vom Vater herzlich aufgenommen, und auch der Widerstand von Bruder und Schwester wird durch des Vaters Worte schnell gebrochen.
De gestrafte Staatzugt. Treurspel door F. Groen. Te Amsterdam, Gedruckt Voor de Liefhebbers. 1682 (mit gefälschter Perseverantervignette)Ga naar voetnoot1). Kaum 300 Verse. Artabazes, König von Syracus, hat einen Sohn Bocar, seine Frau Sabina einen Sohn Leonardo. Diese beiden Söhne und der Herzog Philippo sind verliebt in Selinde. Philippo von der Geliebten kommend tötet auf der Strasse Bocar, der zu ihr will, und beschuldigt den ebenfalls herkommenden Leonardo des Mordes. Der unglückliche Vater ist eben im Begriff den unschuldigen Sohn seiner Frau hinrichten zu lassen, als der Geist Bocars erscheint und alles aufklärt. Der ehrgeizige Philippo wird den Löwen vorgeworfen.
De mislukte Ontrouw. Treurspel door F. Groen. Te Amsterdam, Gedrukt Voor de Liefhebbers, 1682 (Mit gefälschter Perseverantervignette). Etwa 500 Verse. Prinz Thersite, als Frau verkleidet, will die schöne Hirtin Lucrece berücken. Seine Frau Dorinde, als Mann verkleidet, hat sich, ihm unbekannt, als Freund zugesellt und verrät im gefährlichen Moment das Geheimnis. Alles löst sich freundlich, indem Thersite bereut und alle ihm vergeben.
Bly-Spel van den Huwlyken Staat. Gerijmt door Floris Groen [statt Vignette in Holzschnittumrahmung die Worte: Niet van 't Collegie van Amsterdam]. In 's Gravenhage. By Levyn van Dyck, Boeck-drucker 1695. 32 S.S. kl. 8o (London British Museum, Paris Bibl. Nat.). Etwa 450 Verse. Dr. Busken Huet in Paris hatte die Güte mir zu bestätigen, dass dies Stück eine Bearbeitung von Bernagie's ‘De Huwelykenstaat, Kluchtspel’ ist, das im Jahre vorher in Amsterdam anonym unter der Vignette ‘Latet quoque Utilitas’ erschienen war. ‘Die Hauptlinien der Handlung und die Personen sind dieselben; der Stil ist weniger geistreich und platter als der Bernagie's.’
Das Auffälligste an diesen vier Dramen ist ihre Kürze, jedes von ihnen muss in weniger als einer Stunde abgespielt sein. Dafür giebt es nur | |
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éine Erklärung: Floris Groen war ein reisender Schauspieler, der seine Stücke so einrichten musste, dass er sie mehrmals am Tag vor einem immer wechselnden Publikum spielen konnte. Von solchen redet die Vorrede zu Arteminia (Nulla Quies ca. 1720): ‘De reden waarom den voorn. H. Koning het spel niet langer van regels heeft gemaakt, is dat zyn E. het in het licht heeft gegeven, ten dienst van zynen Schoonbroeder Daniel Admiraal, zynde in zyn leven een reizend Tooneelspeelder’ und der Herausgeber des ‘Onderwys in de Tooneelpoezie’ (Leiden 1765, S. 307): ‘Wy hebben van deze Historie in onze taale niet dan een zeer kort Treurspel... 't geen door reizende Tooneelspeelers, om op eenen dag verscheidene malen geld te kunnen ontfangen, in één uur afgespeeld wierdt.’ Einen solchen führt J. v. Hoven in seiner Haagsche Kermis redend ein (s. unten). Nun hat dieser Floris Groen augenscheinlich eine grosse Anzahl solcher ‘Tooneelboeken’ besessen, die er für seine Zwecke gedichtet oder bearbeitet oder auch nur verkürzt hatte. Von diesen für die Geschichte des Volksschauspiels wertvollen Manuskripten ist ein Teil erhalten, ein Teil vielleicht nicht hoffnungslos verschollen:
Man findet in dem Katalog Tongerlo 1754, S. 4, Nr. 78: ‘Floris Groen 8 Spellen. Van zyn eigen hand geschreven.’ Diese gingen in v.d. Marck's Besitz über, s. Naemrol v.d. Marck 1774, S. 2, Nr. 30: ‘Floris Groen acht spellen, door hem zelf geschreven in 4.’ Gesteigert wurden sie damals von Heyligert, dem Leidener Buchhändler und Mitglied der Leidener Kunstgenootschappen. Es ist mir bis jetzt nicht gelungen die Spur weiter zu verfolgen, was ich umsolieber möchte, da nicht ausgeschlossen ist, dass sich unter ihnen auch eine Abschrift des unumgearbeiteten Faust von Floris Groen befindet.
Griekse Camma. Ungedruckt. Kat. v.d. Kloot 1743, S. 45. Kat. Tongerlo 1754, S. 2, Nr. 38: ‘F.G. Griekze Camma Treurspel 1698[!].’ Naemrol v.d. Marck S. 2, Nr. 25 ohne Verfassernamen. Seitdem verschollen. - Den Stoff hatte schon 1631 E. Rodriguez in Antwerpen behandelt vgl. Worp I, 231.
De Kramp. Kluchtspel. Kat. v.d. Kloot 1743, S. 45. Verschollen.
De gyle stiefmoeder of belaagde kuisheid. Treurspel. - Kat. Tongerlo 1754, S. 2: ‘Floris Groen, Gyle Stiefmoeder, Treurspel 1697[!]. Idem het zelve nochmaals, zeer net in groot octavo geschreven.’ Ein solches kalligraphisch geschriebenes Heft befindet sich in der Universitätsbibliothek zu Amsterdam (Kat. Nr. 949). Inhalt: Asia, die junge Frau des alten Albertus und Stiefmutter von dessen Tochter Colombina, ist entzündet in Galasius, den Bräutigam der letzteren. Da der Widerstand des Galasius einerseits in der Liebe zu seiner Braut, andrerseits in seinem Respekt vor der Ehre seines Schwiegervaters beruht, dingt sie Mörder um Colombine zu töten und vergiftet | |
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er sich ihr hingiebt, die Wahrheit über die beiden Todesfälle wissen, und wird nun von Furien gepeitscht in den Wald getrieben. Dort findet er seine Braut in dem Augenblicke, wo die Mörder, ehe sie sie töten, ihre Lust an ihr büssen wollen. Er rettet sie. Der Richter spricht das Todesurteil über Asia, und die beiden Liebenden scheinen gerettet. Aber Asia ersticht plötzlich den Geliebten im Arme seiner Braut und stirbt dann selbst, froh ihn doch im Tode zu haben. Colombina geht ins Kloster. - Man sieht, das Stück hat nichts mit Wauthers, De verliefde Stiefmoeder, Antwerpen 1655 (nach Lope da Vega, El castigo sin venganza) und auch nichts mit ‘Die bulhafte Mutter’ in der ‘Schaubühne Englischer und französischer Comödianten, Frankfurt 1670’ zu schaffen.
Bei den Erben von O.B. Smient in Amsterdam, demselben, der mindestens eines von Floris Groen's Stücken bei dessen Lebzeiten herausgegeben hatte, erschienen im Jahre 1699 vier Trauerspiele, alle vier ohne Verfasserangabe, in gleich schlechter Ausstattung, mit je einem zum Inhalt gehörigen rohen Titelholzschnitt nach Art der Volksbücher, alle nur 400 bis 700 Verse lang und alle nur in diesem Druck überliefert. Augenscheinlich also Drucke nach den Manuskripten desselben Kirmeskomödianten. Die letzten drei sind in dem Leidener Exemplar unter A. Peys' Werke gebunden und werden daher diesem in den neueren Katalogen mit grösserer oder geringerer Bestimmtheit zuerteilt. Sie sind aber auch auf Floris Groen zu prüfen:
De Toveryen van Armida of het belegerde Jeruzalem. Treurspel. 15 S.S. (Paris Bibl. Nat.). Die Naamrollen Tongerlo 1754 S. 70, Leempoel 1772 S. 104 schreiben diese Bearbeitung des Peys'schen Stückes ausdrücklich Floris Groen zu. Die Naamrol v.d. Marck 1774 S. 82 Nr. 1252 beschreibt sie als ‘zeer verkort en veranderd, dat er maar weinige regels van behouden zijn.’ Dr. Busken Huet in Paris hatte die Güte für mich das Stück mit dem Original zu vergleichen, er schreibt: ‘Es ist eine Verhunzung des Stückes von Peys, oder vielmehr einiger aus dem Zusammenhang gerissener Scenen desselben. Unmöglich scheint mir, dass Peys, so mittelmässig er war, sein eignes Stück so zugerichtet haben könnte.’
De standvastige Minnares, met de Dood van Tanaredo [sic], Prins van Selerne [sic]. Treurspel. Die Naamrollen Tongerlo 1754, Leempoel 1772, v.d. Marck 1774 schreiben es Floris Groen zu, nur Katalog v.d. Kloot 1743 giebt es mit den beiden folgenden zusammen unter A. Peys. - Die Vorlage dieser Bearbeitung, die der Charakterisierung derselben als Grundlage dienen müsste, habe ich noch nicht gefunden, und kann daher nur sagen, dass das holländische Stück von Boccaccio IV1 in drei Punkten abweicht: Der verstorbene Gemahl Sigismondas wird, statt als Herzog von Capua, als Herzog von Candia bezeichnet; hier stimmt das Drama mit Cornherts holl. Prosabearbeitung 1563 überein (Cornherts Quelle, die französische Übersetzung von Le Macon, hat ‘duc de Capoue’). Das Geheimnis wird durch einen eifersüchtigen Höfling verraten; hierin stellt sich das Drama zu A. v. Millerts Harcilia 1632, wenn auch die Namen andere sind. Und den Abschluss | |
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des Dramas bildet Tancredo's Tod in Übereinstimmung mit R. Wilmot's Dramatisierung 1591 (1568). Ob die deutsche Oper ‘Das tödtliche Liebesglück oder Freudentrauerspiel von Guiscardo und Sigismunda’ 1677 (Heine, Velten S. 27) in der Filiation eine Rolle spielt, weiss ich nicht. - Dieses Stück ist als kurze Tragödie der niedrigsten Jahrmarktbühne durch J. v. Hoven's Schildery van de Haagsche Kermis 1715 bezeugt. Nachdem v. Hoven von der Haagsche Schouwburg auf dem Buitenhof mit viel Respekt gesprochen hat, kommt er auf's Voorhout, wo die Spielbuden stehen: Daar krield het overal van menschen, jong en oud.
Daar staan de speelen net geplaatst. Men roept treê binnen,
't is maar twee stuivers, en men zal terstond beginnen.
Ziet eens, zegt Marri, hoe veel volk daar is in 't spul,
Je komt hier regt van pas, treê in maar, 't is geen prul.
Men speeld de dood hier van Tancredo, en heel prachtig,
Ik speel zelf d'oude Vorst, stap in, maar let aandachtig;
Wandt daar is niet dat aan een speeler meêr verveeld,
Terwyl hy bezig is, en deftig staat en speeld,
Als dat het volk gestaag met raazen hem komt stooren:
Ik pronuncieer dat het een lust is om te hooren.
De Liefde van Jupiter en Semele. Treurspel. Das holländische Stück wird in ‘Onderwys in de Tooneelpoezie’, S. 307, 312 erwähnt, ist also älter als 1669. Aus derselben Erwähnung geht hervor, dass es einem französischen ‘Les Amours de Jupiter et Semele’ entlehnt ist. Dr. Busken Huet in Paris hatte auf meine Bitte die Güte Cl. Boyer's im Jahre 1666 aufgeführte Tragödie dieses Namens mit dem holländischen Stück zu vergleichen, und bestätigte, dass letzteres ‘ohne Zweifel eine freie, gekürzte Nachbildung oder besser gesagt Verhunzung des sehr mittelmässigen französischen Stückes ist.’ Die Naamrollen führen es unter A. Peys an, der Herausgeber des ‘Onderwys in de Tooneelpoezie’ 1765 fügt zu derselben Verfasserangabe vorsichtig ‘wie man sagt’ hinzu.
De Maaltijd van Don Pederoos Geest of de Gestrafte Vrijgeest. Treurspel. Freie Bearbeitung von Dorimond's oder De Villiers' Le Festin de Pierre ou le Fils criminel, die in einstimmiger Tradition A. Peys zugeschrieben wird (Worp II 227). Es ist noch zu untersuchen, ob nicht auch dieses kurze Stück die Bearbeitung eines verschollenen ausführlichen ist. Und gewiss ist zu beachten, dass ‘De Gestrafte Vrijgeest’, den Rijndorp kurz vor seinem Tode zum Druck vorbereitete, und an welchem laut der Vorrede verschiedene Verfasser gearbeitet haben, von diesem kurzen Stück abhängig zu sein scheint (Worp a.a. O. Mir fehlte das Material die Sache selbst zu untersuchen).
Rijndorp besass und spielteGa naar voetnoot1) und bearbeitete Mehreres von Floris Groen:
De Visscher door Liefde. Rijndorp sagt von dem Stück in der | |
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Vorrede zum Nulla Quiesdruck: ‘By Floris Groen met groot genoegen voor de Aanschouwers vertoond, doenmaals genaamt den Prinselyken Visscher door Liefde of Herstelde Trouw, zynde een geschreven boek, 't geen tot nu toe, by gelegentheid den kunstbeminners vertoond kan werden, maar geene Regel daar in te vinden, die gemeenschap heeft, zoo als het nu met den druk in 't licht gegeven werd....’ Er besass das Manuskript schon vor 1700 und verwendete viel Zeit an seine Bearbeitung (Einen ‘vermeinten Fischerssohn’ spielte Treu in München 1681/85, vgl. Trautmann, Jahrbuch für Münchener Gesch. I 257).
Arteminia. In der Vorrede zum Nulla Quiesdruck wird erzählt, dass von dem Stücke auch ein Manuskript von Floris Groen im Besitz der Gesellschaft sei.
Im Jahre 1699 führte Rijndorp in Rotterdam De bedrogen Vrouwenbewaarder auf, und sein Verleger G. Rammazeyn druckte im Jahr 1707 ‘De Vrouwbewaarder bedroogen. Kluchtspel. Versiert met verscheide Dansen’. Es gehörte also augenscheinlich noch zu Rijndorp's Repertoire. Das Stück wird einstimmig Floris Groen zugeschrieben.
Die Posse Monsieur la Grand en Madame Petiet, welche G. Gasinet im Jahre 1713 mit dem ausdrücklichen Vermerk, dass sie auf der Haagsche Schouwburg gespielt werde, herausgab, wird ebenfalls seit Naamrol v.d. Marck 1774, Floris Groen zugeschrieben.
Endlich werden noch zwei Stücke von Floris Groen in der Vorrede zu ‘Steiloor of de Schynheilige Bedrieger. Derde druck. Amsterdam 1713’ genannt. Dort wird unter andern schlechten Übersetzungen Molièrescher Stücke eine ungedruckte des Tartuffe erwähnt; dazu wird in einer Anmerkung unter dem Text ausgeführt: ‘Door een Tooneelspeler, F. Groen genaamt, genoeg door zyne Beuzelgrollen [Schundstücke], als Dokter Faustus enz. bekent, die het stuk niet alleen zeer slecht overgezet, maar ook door het uitlaaten en inbrengen van Personaadjes, en onnoodige veranderingen elendig mishandelt heeft. Gelyk het nog dagelyks by de Leidsche en Haagsche Tooneelspelers vertoont wordt.’ Von diesem Tartuffe lässt sich beweisen, von diesem Faust mehr als wahrscheinlich machen, dass sie in Rijndorps Bearbeitung erhalten sind. In Rijndorps Nachlass befand sich nämlich ein Tertuffe und ein Dr. Joan Faustus, und J. v. Hoven sagt von diesen beiden Stücken, dass er sie ebenso wie den ‘Gestrafte Vrijgeest’ auf die Liste der Werke Rijndorp's setzen wollte ‘omdat zijn E. (is 't niet in 't geheel) ten minste voor het grootste gedeelte, daar aan gearbeid heeft,’ d.h. obgleich sie nur Bearbeitungen niederländischer Bühnenmanuskripte waren (Kloris en Roosje, N.Q. 1727 hinter S. 14).
Der Tartuffe, den Rijndorp 1713 spielte, war nach obiger Notiz also der von Floris Groen. Den holländischen Titel dieser Bearbeitung überliefert J. van Hoven in seinem Geburtstagsgedicht vom Jahre 1714, wo | |
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er unter Rijndorps Rollen auch Tertuffe nennt. In der Namensform stimmt also Rijndorps hinterlassenes Stück mit dem Floris Groens überein. Und diese Namensform ist charakteristisch für Fl. Groen: Bei Eigennamen und Fremdwörtern herrscht bei ihm in den unbetonten Vokalen eine wahre Anarchie, eine Erscheinung, die auf mündliche Tradition oder wenigstens mündliche Abnutzung weist. Im ‘Verloren Soon’ steht Pares, Paares für Paris, Selet für Salet, perfimeeren für parfumeeren; in ‘Gestrafte Staatszugt’ Seracusen für Siracusen; in ‘Standvastige Minnares’ Selerne für Salerne; ähnlich stehen in der ‘Gyle Stiefmoeder’ durcheinander Albartus und Albertus, Galasius für Gelasius. Doch darf ich nicht verschweigen, dass die Schreibung der nachlässigen Aussprache ‘Tertuffe’ auch Abraham van Blanken in der Vorrede zu seinem Steyloor, Amst. 1677 entschlüpft, auf dem Titelblatt steht jedoch die richtige Form. Ferner werden in obiger Notiz der Bearbeitung Fl. Groen's Weglassungen, Hinzufügungen und Veränderungen vorgeworfen. All dies findet sich in der Tat in Rijndorp's Tertuffe: Weggelassen sind Mad. Pernelle und Flipote, hinzugefügt ist der bei Molière nur genannte Diener Laurens; verändert sind Molière I, 1-4 und der fünfte Akt.
Dokter Faustus war im Jahre 1713 als Machwerk des 1689 verstorbenen Floris Groen allgemein bekannt d.h. Groen's Faustbearbeitung war die niederländische Fassung, die man damals auf der Bühne, vermutlich der Jahrmarktsbühne, sah. Der ‘Dr. Joan Faustus,’ den Rijndorp neben seiner Bearbeitung von Fl. Groen's Tertuffe hinterliess, war ebenfalls die Bearbeitung eines holländischen Bühnenmanuskriptes (vgl. auch in J. v. Hovens Widmung die Worte ‘Dit spel door Rijndorps pen voor 't grootste deel gedicht’). Nun ist einerseits kein andrer holländischer Faust nachweisbar als der Floris Groens, und andrerseits ist oben nachgewiesen wie vielfache Beziehungen Rijndorp zu Floris Groen hatte. Da liegt der Schluss auf der Hand, dass Rijndorp's Dokter Joan Faustus die Bearbeitung von Fl. Groens Dokter Faustus ist. Der jetzige Titel scheint dem Stück erst nach 1727 von J. v. Hoven gegeben worden zu sein. Auch die Namensform ‘Mifastofeles’ mit den veränderten unbetonten Vokalen würde heranzuziehen sein, wenn nicht die ältesten Drucke von Marlowe's Faust, die Form Mefastofilis und Mefastofilus mit Vorliebe zeigten, und dadurch bewiesen, dass dieselbe nicht auf holländischer sondern auf englischer Aussprache des Wortes beruht. Diese Schreibung ist also vielmehr als einer der kostbaren Reste von der Vorgeschichte des kontinentalen Stückes zu betrachten. |
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