rungen aus Byzanz, auch wohl Aufzeichnungen von dort. So ist die
Quelle des Kapitels über die Eunuchen unbekannt. Die drei Schlussformeln über
die Ernennung zum Patricius, Richter und römischen Bürger gehören ebenfalls dem
Anonymus an; die Sonderüberlieferung in einer Handschrift der
Langobardengeschichte des Paulus Diaconus aus dem elften Jahrhundert, die wohl
in Rom geschrieben ist, ist nicht Quelle, sondern Ableitung. Für
die Verfassungsgeschichte sind diese Formeln nicht verwertbar; nur
Formalien sind echt, das Ganze Konstruktion.
Der Anonymus ist Parteigänger der Tusculaner und will ihre Herrschaft
rechtfertigen; er ist kein Geistlicher, das Papsttum spielt bei ihm keine Rolle.
Die Romidee ist hier mit der Kaiseridee identisch, die “renovatio imperii” das
Ziel, wie sie den lombardischen Politikern Ottos III. vorgeschwebt hatte, doch
rein ideal, ohne deren Machtpolitik, oder die der Ravennaten des Wibert.
Glühendes Nationalgefühl, Verherrlichung Roms, dem das neuerstandene Kaisertum
neuen Glanz bringen, Wetteifer mit Byzanz, das übertrumpft werden soll. Über das
Mittelalter hinweg schweift die Sehnsucht zurück zur Antike; sie soll von
störenden Zutaten befreit, in reiner Form wiederhergestellt werden. Gedanken,
die damals in den lombardischen Politikern eine reale Macht gewonnen hatten. Auf
Leo von Vercelli folgt Benzo von Alba. Spuren des Libellus reichen bis zu
Bonifaz VIII. Doch die nationalrömische Färbung dieser italienischen Richtung
der Kaiseridee, wie sie dann unter den Staufern zu der politisch treibenden
Kraft wird, vertritt nur der Anonymus von 1045 in der Urgraphia’.
Allem Anschein nach hat Schramm die immer noch nicht endgültig abgeschlossene
Graphiaforschung ein beträchtliches Stück weitergeführt. Im obigen Zusammenhang
beabsichtigte ich nur, das Verhältnis des sog. ‘Libellus de caeremoniis Romani
imperatoris’ zur Politik Ottos III. klarzustellen. Aus den von mir kursiv
gedruckten Zeilen erhellt jedoch dass mein Ergebnis: ‘Die Graphia ist eine
systemlose Kompilation, ohne Rücksicht auf die Realität als Zeremonialbuch
aufgesetzt und aus den verschiedensten Quellen bearbeitet, die als solche über
die Hofhaltung Ottos III. keinen Aufschluss