Menno ter Braak
aan
Albert Vigoleis Thelen
Eibergen, 15 september 1937
Eibergen, 15. Sept. '37
Lieber Thelen
Schon ist Christus der Antichrist an Thomas Mann abgegangen. Für mich wird seine
Antwort entscheidend sein. Lehnt er ab, dann bedeutet das, dass seine ‘konservative Revolution’ konservativ ist ohne die Gegenseite des Revolutionären; und ehrlich gesagt, als ich den Aufsatz noch einmal durch las, fing ich erst recht an zu fürchten, dass er so sein würde. Auf jeden Fall können wir abwarten. Ich muss sagen, dass ich in seiner Persönlichkeit und seiner intellektuellen Rechtschaffenheit sehr viel Vertrauen habe. Wenn er ablehnt, wird er es ehrlich tun, und wir werden wissen, woran wir uns zu halten haben. Er schrieb mir vor kurzem einen Brief, nachdem er meinen Aufsatz ‘Nietzsche contra Freud’ (von dem ich eine alte deutsche Übersetzung besitze) gelesen hatte, der sehr sympathisch war und Zeugnis ablegte von einer wirklich beispiellosen Aufrichtigkeit auch dem eigenen Standpunkt gegenüber: er hoffe, die Kritik über das Christentum ‘würde ihn nicht zu sehr ins Fleisch schneiden’. Also: vom schneiden und vom Fleisch hängts ab.
Selbstverständlich können wir einen Aufsatz bringen über Teixeira! Empfehlen Sie ihn einfach als etwas, dass man kennen muss, wenn man ein gebildeter Mensch sein wil), und Het Vaderland steht schon bereit! Mit Porträt, wenn möglich! 1½ bis 2 Spatten. Und wann
erscheint die holl. Übersetzung des ‘Paulus’?
Ich möchte im Sonntagsblatt darüber schreiben. Also machen wir es so, dass Sie erst über Teixeira schreiben, und ich dann nachher über das Buch.
Ich habe meine letzte Ferienwoche verbraucht im Achterhoek; habe mich leidenschaftlich mit Luther beschäftigt. Von scheissen, [huren] und stinken bin ich momentan besonders stark erfüllt, weniger von der Reformation.
Grüssen Sie Ihre Frau und die Marsmans herzlichst
Ihr
Menno ter Braak
Origineel: Den Haag, Letterkundig Museum