Menno ter Braak
aan
Albert Vigoleis Thelen
Den Haag, 15 februari 1937
Haag, 15 Febr. '37
Kraaienlaan 36
Lieber Heer Thelen
Haben Sie herzlich Dank für Ihre beiden Briefe. Leider habe ich mich in Querido geirrt, oder besser gesagt: meine Informationen waren nicht richtig. Man hatte mir nämlich gesagt, dass der Geschäftsleiter des Verlags, dr. Landshoff, sich nach der Übersetzung erkündigt hatte; und meine Folgerung, dass er sich deshalb für die Ausgabe interessieren würde, war etwas voreilig. Landshoff schrieb mir nämlich, dass er mit Übersetzungen noch wenig Glück hatte (bis auf jetzt) und dass er darum nicht riskieren konnte ein Buch herauszugeben, für das im voraus schon kein Absatz, in Holland möglich war. Sonst... etc. da hat er, als spezifisch holländisch orientierter Verleger, natürlich ein ein wenig Recht; ich glaube, sein Absatz von Emigranterliteratur ist auch wohl zum grössten Teil auf Holland basiert.
Immerhin ist und bleibt es erfreulich, dass Mann sich so verantwortlich benimmt, wenn es taktisch vielleicht auch weniger günstig für uns ist in diesen Augenblick. Köntten Sie nicht, mit der Zusage von Mann in der Hand, mal versuchen bij Oprecht? Oder Europa Verlag? Die beiden haben grosse Erfolge geerntet mit Emigrantbüchern. Bei Oprecht wird vielleicht eine Empfehlung sein, dass Bernhard von Brentano mich als einen Beschützer der wahren Emigration zu betrachten scheint, und dass ich einen gross aufgemachter Artikel über den ‘Briefwechsel’ im Vaderland schrieb.
Über die Thomas Mann Stiftung habe ich schon etwas berichtet. Wissen Sie noch Neuigkeiten über Organisation, vorläufige Resultaten u.s.w.? Dann empfehle ich mich in Namen des Vaderland!
Vestdijk kenne ich sehr gut. Ich werde mit ihm über Ihre Absichten sprechen.
Was die ‘Scriptores medii aevi Helvitica’ anbetrifft: ich wüsste im Moment nur einen mann, ausserhalb Huizinga, dem ich die Besprechung für eine Zeitung (also in einen mehr allgemeinen Sinn) anvertrauen würde. Er heisst R. van Lier (2e Schuytstraat 246, Haag), ist ein Schüler Huizingas und in seinem Fach ausgezeichnet. Er ist nur noch nicht berühmt. Er würde aber dem Buch durch eine Besprechung (die in einer Zeitung sowieso anonym erscheint, wenn es wissenschaftliche Bücher gilt) einen wirklichen Dienst leisten können. Vielleicht kann sich Ihr Schwager mal mit ihm in Verbindung setzen? Ich halte sehr viel von diesem jungen Mann.
Kafka habe ich selbst schon besprochen (als er noch in Berlin erschien, und dann auch ‘Beschreibung eines Kampfs’). Graf werde ich anftragen Rilke-Buch ist nichts besonderes, habe ich mit einer kurzen Notiz schon erledigt.
Auf Wiederhören (und -Sehen?). Mit herzichem Gruβ
Ihr M.tBr.
Origineel: Den Haag, Letterkundig Museum