Uebrigens hat man bis vor wenigen Monaten gar nicht versucht, neues Baumaterial elementar zu gestalten; man schuf Ersatz fü Uebliches, anstatt die Aufgabe aus ihren eigentlichen Elementen zu begreifen. Elementar lautet sie: ‘Es ist ein Baumaterial zu finden, das sich technich herstellen und industriell verwenden lässt, das fest, wetterbeständig, schallund wäarme sicher ist. Es wird ein leichtes Material sein müssen, dessen Verarbeitung eine Industralisierung nicht nur zulässt, sondern erfordert.’ (Mies van der Rohe, in ‘G’ Nr. 3, Berlin, Juni 1924). Das ist eine Aufgabe für Ingenieure und Chemiker.
Die Gegner des Industriellen Bauens wenden oft gern ein, dass selbst eine wesentliche Verbilligung des Mauerwerks nicht allzu ernst genommen werden könne, da die Kosten des Rohmauerwerks ja nur ca. 20% der Gesamtkosten des Hauses darstellen. Man hat auch hier wieder die Vorstellung des Ersatzes, nicht eines elementaren Konstruierens, das in absehbarer Zeit dazu führen wird, dass die Arbeit nicht nur des alten Maurers, auch des Zimmermanns, des Dachdeckers, des Klempneres, des Stukateurs, überflüssig wird, dass z.B. von einem Dach im herkömmlichen Sinn gar nicht mehr geredet werden kann. Im übrigen muss natürlich wie der Rohbau, so auch der Ausbau des Hauses mitsamt allen Teilen der Einrichtung verbilligt werden. Das ist, wie wohl allgemein angenommen wird, Frage eines geschickten Grundrisses.
Nicht allein! Eine ganz wesentliche Verbilligung z.B. der Installation von Wasser, Gas, Kanalisation, Strom, Telefon, Radio, wird nur dadurch möglich, dass das Bauen nicht länger handwerklich, sondern ingenieur-mässig betrieben wird. Es ist leicht einzusehen, dass das jetzt übliche Verfahren unrationell ist, wo ein Handwerker die Arbeit des vorigen vernichtet, wenn er seine Leitungen legt etc. Heizungs technicker, Arbeiter des Wasser-Gas-Elektrizitätswerks, der Post, vernichten nacheinander die saubere Arbeit des Maurers oder des Stukateurs, oder des Malers, und wenn die Schäden so gut wie möglich geheilt sind, so kommt ein Dekorateur, schlägt Hacken ein, wo es ihm gut dünkt - der Schaden wird vergipst - ein anderer legt Klingeelleitungen oder Radio, so gut oder schlecht es eben gehen will.
Allerdings möchte ein guter Architekt für alles Vorsorge treffen: so gut er kann, - die Wenigsten verstehen genügend von den Spezialfächem, zu dem verlohnt es sich der Mühe kaum, da für jedes einzelne Haus die peinlich genaue Durcharbeitung von vorne begonnen werden müsste.
Das wird eine wesentliche Stärke des Typenhauses sein: das gründlichste Kopfzerbrechen des Architekten und aller seiner Mitarbeiter wird sich lohnen. Die Erfahrung am immer wieder gleichen Objekt wird zu einer enorm präzisen Durcharbeitung der Wohnung, zur raffiniertesten Rationalisierung des Produktionsprozesses führen.
Die Normung aller einzelnen Teile und ihre Austauschbarkeit wird nicht nur die Erstellung, sondern vor allem auch die Erhaltung des Hauses verbilligen. Die Rücksicht auf die katastrophale Wohnungsnot wird dazu führen, dass auf spätere Erweiterung des Gebäudes (durch Anbau, Aufstockung, Wändeversetzen) derart in der Planung und Konstruktion des Hauses gerechnet wird, dass der spätere Ausbau nicht wesentlich teurer wird, wie wenn er zugleich mit dem Grundbau aufgeführt worden wäre.
So ist es selbstverständlich, dass ein katalogmässig bestellbares Haus zunächst auch ohne Badeeinrichtung, ohne Rolladen oder Doppelfenster, ohne Sonnensegel, ohne Telefon, ohne Radio gekauft werden kann; ja, es ist denkbar, dass sich die jungen Besitzer vorerst lieber ohne diese oder jene Tür behelfen wollen, dass ihr Bücherschrank vorerst keine Glastüre hat (das lässt sich mit der Zeit leicht ergänzen) aber sie werden die zunächst noch einfache, jedoch billige und praktische Wohnung lieber nehmen, als weiterhin in der leidigen möblierten Wohnung oder im Zimmer bei den Schwiegereltern auf die Hilfe des Wohnungsamts warten, - selbst auf die Gefahr hin, dass der neue Nachbar das gleiche. d.h. das ebenso praktische, ebenso saubere, ebenso billige, Haus hat, wie er selbst.
Vielleicht werden auf derartige Weise praktisch auch die oft geäusserten Bedenken hinfällig, dass die Typung eine starke Einförmigkeit hervorrufen werde, die letzten Endes sich auch auf den Umsatz ungünstig auswirken müsse.
Im Uebrigen wollen wir reine Formfragen heute nicht näher untersuchen.